Unternehmereigenschaft einer Privatstiftung
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Miterledigte GZ: |
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RV/0972-W/04 |
RV/1547-W/07 |
RV/1943-W/07 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., W., vertreten durch Leitner + Leitner GmbH & Co KG, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, 4040 Linz, Ottensheimerstraße 30, 32 und 36, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2000, 2001, 2002, 2005 und 2006 entschieden:
Den Berufungen wird Folge gegeben.
Die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2000, 2001, 2002, 2005 und 2006 werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine Privatstiftung, welche mit Stiftungsurkunde vom errichtet wurde. Stifter sind A., B., C. und D..Gemäß Punkt III der Stiftungsurkunde wurden der Bw. von den Stiftern insgesamt S 1,000.000,00 (€ 72.672,83) Bareinlagen gewidmet. Weiters wurden der Bw. von A. und B. insgesamt 100 % der Geschäftsanteile an der X-GmbH gewidmet. Gemäß Punkt IV der Stiftungsurkunde ist primärer Stiftungszweck"die Wahrnehmung der Eigentümerfunktion hinsichtlich der ihr übertragenen Unternehmensbeteiligungen und die Sicherstellung einer einheitlichen Willensbildung bei den mit der Stiftung verbundenen Unternehmen." Im Rahmen dieser Eigentümerfunktion solle die Stiftung alle Vorkehrungen treffen, die für den Bestand und die Rentabilität der ihr gehörigen Unternehmungen der X-Gruppe zweckmäßig seien. Weiterer Zweck der Bw. ist die Versorgung der in Punkt V der Stiftungsurkunde genannten Begünstigten. In einer Absichtserklärung der Stifter der Bw. vom wurden dem Stiftungsvorstand Richtlinien für seine Tätigkeit dargelegt, wobei die Stifter von der Annahme ausgingen, dass die Kenntnis ihrer Wünsche und Intentionen den Stiftungsvorstand in seiner Tätigkeit unterstützen werde. Die Wünsche und Intentionen der Stifter lauten wie folgt: "(2) Vorzugsweiser Zweck der Privatstiftung ist die Sicherung des Fortbestandes und der Rentabilität der Unternehmungen der X-Gruppe und der Erhalt des Vermögens für Begünstigte und Letztbegünstigte. (3) Zu diesem Zweck wird dem Stiftungsvorstand die Aufgabe übertragen, die X-Gruppe neu zu strukturieren. Die X-GmbH soll als Holding im wesentlichen die strategische Ausrichtung des Unternehmens, die Überprüfung der Einhaltung der Jahrespläne, der Forschung und Entwicklung und das Marketing für die Gesamtgruppe übernehmen. Die operativen Unternehmungen sollen in Personengesellschaften (GmbH. & Co. KG) ausgegliedert und die operative Verantwortung den Geschäftsführern dieser Gesellschaften übertragen werden, die für das Erreichen der gesetzten Ziele und Pläne selbst verantwortlich sein sollen. (4) Um eine möglichst effektive Besetzung des Managements sicherzustellen, soll nach dem Wunsch der Stifter dem Stiftungsvorstand die alleinige Kompetenz bei der Besetzung von Führungspositionen innerhalb der X-Gruppe zukommen. (5) Es entspricht dem Wunsch der Stifter, die Willensbildung in der Gruppe zu versachlichen und eine im Unternehmensinteresse gelegene Entscheidungsfindung zu gewährleisten. Bei Auffassungsunterschieden der Führungskräfte der X-Gruppe soll dem Stiftungsvorstand die alleinige Kompetenz zukommen, die Konflikte verbindlich und letztgültig für alle zu lösen.(6) Es ist weiters der Wunsch der Stifter, dass der Stiftungsvorstand für eine klare Trennung der Kompetenzen und eine strikte Einhaltung der getroffenen Regelungen - sei es im Gesellschaftsvertrag, sei es in Gesellschafterbeschlüssen oder der Geschäftsordnungen - Sorge trage. Der Stiftungsvorstand soll daher Geschäftsordnungen erlassen, Informationsrechte, -pflichten und -wege festlegen und überhaupt alle ihm notwendig erscheinenden Maßnahmen setzen und Regelungen festlegen, mit denen nach seiner Einschätzung bestmöglich diese Ziele erreicht werden. (7) Letztendlich entspricht es dem Wunsch der Stifter, dass dann, wenn die Rentierlichkeit des Unternehmens oder Teile des Unternehmens nicht mehr gegeben sein sollte, Verwertungs-, Schließungs- und Sanierungsmaßnahmen in Gang gesetzt werden. Der Stiftungsvorstand soll dazu nach eigenem Ermessen alle Maßnahmen ergreifen, die ihm zur Verwirklichung des Zieles eines Vermögenserhaltes notwendig erscheinen; er kann nach seinem Ermessen das Unternehmen (oder Teile hievon) verkaufen oder stillegen oder strategische oder institutionelle Partner - sei es im Wege der Anteilsübertragung oder im Wege der Kapitalerhöhung - hereinnehmen. Ein solcher Handlungsbedarf ist im besonderen dann zu unterstellen, wenn die Eigenkapitalrendite, gerechnet auf den Durchschnitt der letzten drei Jahre (beginnend mit dem Geschäftsjahr 1999) geringer ist als die Hälfte jener Rendite, die man bei einer Veranlagung der buchmäßigen Eigenmittel im Sekundärmarkt erzielen würde."
Die Bw. erklärte mit Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 mit 20 % Umsatzsteuer zu versteuernde Umsätze in Höhe von S 225.000,00 (€ 16.351,39) und machte den Abzug von Vorsteuern in Höhe von S 95.656,00 (€ 6.951,59) geltend. In der Beilage zur Umsatzsteuererklärung 2000 findet sich die folgende Erläuterung: "Im Lichte der Rechtsprechung des EuGH zur konzernleitenden Holding (RS Cibo, Welthgrove, Polysar und Sofitam) werden ... die Vorsteuern aus den allgemeinen Kosten der Privatstiftung geltendgemacht, da die Stiftung nur über einen unternehmerischen Bereich verfügt, nicht aber über einen nichtunternehmerischen. Die Privatstiftung führt nur umsatzsteuerpflichtige Umsätze, nämlich die Erbringung von Beratungsleistungen aus. Daher sind zu den Vorsteuern aus Vorleistungen zur Erbringung der Beratungsleistungen auch alle Vorsteuern im Zusammenhang mit den allgemeinen Kosten der Stiftung abzugsfähig."
Mit dem vom Finanzamt am erlassenen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2000 wurde der Bw. der Abzug der geltend gemachten Vorsteuer versagt und ausgesprochen, dass hinsichtlich der von ihr in Rechnung gestellten Umsatzsteuer in Höhe von S 45.000,00 (€ 3.270,28) eine Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 bestehe. Dies wurde damit begründet, dass es nach § 1 PSG Privatstiftungen untersagt sei, eine gewerbliche Tätigkeit auszuüben, weshalb das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit im Sinne des UStG 1994 zu verneinen sei.
In der dagegen eingebrachten Berufung vom brachte die Bw. vor, dass es sich bei der von ihr ausgeübten Tätigkeit nicht um eine vom Verbot des PSG umfasste gewerbliche Tätigkeit handeln würde. Die Bw. trete nicht am Markt auf, sondern erbringe nur Leistungen im Konzern und sei nicht auf Gewinn ausgerichtet. Man beschränke sich auf den Ersatz der im Zusammenhang mit der Konzernleitung entstandenen Aufwendungen. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass es sich bei den Aktivitäten der Bw. um gewerbliche Tätigkeiten handle, würde dies nicht das Vorliegen einer ansonsten gegebenen Unternehmereigenschaft verhindern, was sich aus § 23 Abs. 2 BAO sowie aus § 2 Abs. 1 UStG 1994 ergebe. Privatstiftungen seien aufgrund mangelnder Spezialregelungen im UStG 1994 wie andere juristische Personen des privaten Rechts zu behandeln (Ruppe, UStG, § 2, Tz 20), d.h. sie hätten Unternehmereigenschaft dann und soweit, als sie durch Leistungen an Dritte im Wirtschaftsleben in Erscheinung treten würden (). Holdinggesellschaften, die reine Vermögensverwaltung betrieben, seien keine Unternehmer im Sinne des UStG 1994. Gesellschaften jedoch, die als geschäftsleitende Holding fungierten, käme die Unternehmereigenschaft des UStG 1994 laut einhelliger Auffassung in Lehre (Ruppe, UStG, § 2 Tz 118, 127), Verwaltung (Rinnhofer, ÖStZ 1996, 495) und Judikatur () sehr wohl zu. Die Bw. sei aufgrund ihrer einer Holdinggesellschaft vergleichbaren Tätigkeit analog wie eine solche zu behandeln. Geschäftsleitende Tätigkeiten einer Holdinggesellschaft seien im Gegensatz zu Tätigkeiten der Vermögensverwaltung dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen.Geschäftsleitend seien Tätigkeiten einer Holdinggesellschaft, die die Geschäftsführung der Gesellschaften beträfen, an denen Beteiligungen gehalten würden; etwa Leitungsfunktionen im Konzern, wenn diese für die anderen Gesellschaften erbracht und diesen auch verrechnet würden. Rinnhofer spreche von Leistungen (aus Dienstleistungsverträgen), die üblicherweise von der Geschäftsführung der einzelnen (untergeordneten) Gesellschaften erbracht oder zugekauft würden. Der EuGH gehe in seinen Entscheidungen (, RS C-60/90 "Polysar" und , RS C-333/91 "Sofitam") von unternehmerischer Tätigkeit aus, sobald eine Holdinggesellschaft Einfluss auf die Geschäftsleitung der Beteiligungsgesellschaften nehme und/oder diesen gegenüber Dienstleistungen erbringe. Im gegenständlichen Fall komme dem nichtunternehmerischen Bereich der Bw. nur eine sehr untergeordnete Rolle zu, weil ausschließliches Vermögen der Bw. die Anteile an Gesellschaften der X-Gruppe seien.Durch die Konzentration der Anteile bei der Bw. solle der Stiftungszweck erreicht werden, nämlich eine einheitliche Konzernleitung zu gewährleisten und auch dafür tätig zu werden. Die Bw. habe die Leitungsfunktion des Konzerns inne. In diesem Rahmen werde sie unternehmerisch tätig und erbringe Leistungen an ihre Tochtergesellschaften, die diese sonst von Unternehmensberatern und anderen Spezialisten zukaufen müssten. Beispielsweise manage die Bw. die Sanierung der anderen Gesellschaften im Konzern, treffe die strategischen Entscheidungen für diese operativ tätigen Gesellschaften und führe unter anderem auch Bankgespräche.In diesem Umfang würden die Tätigkeiten der Bw. Unternehmereigenschaft begründen und daher für die damit im Zusammenhang stehenden Leistungen an die Bw. zum Vorsteuerabzug berechtigen. Umgekehrt resultiere die Umsatzsteuerpflicht nicht aus der Ausstellung von Rechnungen, sondern aus den im Rahmen der Unternehmereigenschaft von der Bw. erbrachten Leistungen.Auch für die Untergesellschaften seien die Leistungen, die durch die Bw. an sie erbracht würden, betrieblich veranlasst. Denn es handle sich um Leistungen, die allein im geschäftlichen Interesse der Gesellschaften gelegen seien - nämlich Leitungsfunktionen, die diese ansonsten zukaufen oder selbst erbringen müssten. Alleine der Umstand, dass die Bw. diese Leistungen auch durch ihre Organe erbringe, könne nicht zur Aberkennung der Unternehmereigenschaft bei der Bw. bzw. der Abzugsfähigkeit bei den empfangenden Gesellschaften führen. Denn die Leistung werde von der Bw. durch ihre Organe bzw. von ihr beauftragte Personen erbracht (schließlich könne die Privatstiftung nicht selbst handeln) und verrechnet. Die Bestimmung in der Konzernumlagevereinbarung, dass die Untergesellschaften der Privatstiftung die Auslagen zu ersetzen hätten, sei nicht als generelle Auslagenersatzbestimmung, sondern als Berechnungsmodus für die Vergütung für die Geschäftsleitung zu verstehen. Der Wert der geschäftsleitenden Leistungen der Privatstiftung ergebe sich aus den Honorarnoten der diese Leistungen ausführenden Personen. Somit könne nicht von nichtunternehmerischen Leistungen der Bw. oder nicht betrieblich veranlassten Ausgaben der Gesellschaften gesprochen werden, da eindeutig Leistungen im Rahmen des jeweiligen Unternehmens vorliegen würden. Der Vorsteuerabzug stehe auch aus den allgemeinen Kosten der Bw. zu, da im Lichte der neuesten Rechtsprechung des EuGH geschäftsleitenden Holdinggesellschaften, mit denen die Bw. aufgrund ihrer geschäftsleitenden Tätigkeit vergleichbar sei, der Vorsteuerabzug für sämtliche Vorleistungen zustehe, wenn diese über keinen nichtunternehmerischen Bereich verfügten.In der Sache der "Cibo Participations", C-16/00, habe der EuGH umsatzsteuerlich die Beteiligungen bei Vorliegen von konzernleitenden Tätigkeiten diesem unternehmerischen Bereich zugeordnet. Eine Aufteilung der Vorsteuern aus Vorleistungen, die in direktem Zusammenhang mit dem Erwerb und Halten von Beteiligungen stünden, nach dem Verhältnis von umsatzsteuerpflichtigen Leistungen zu Zinsen und Dividenden sei nicht vorzunehmen. Die einzige Aufteilung, die nötig wäre, müsste im Verhältnis von umsatzsteuerpflichtigen zu (unecht) umsatzsteuerbefreiten Leistungen erfolgen. Dieser Fall treffe aber nicht zu, da alle Leistungen der Bw. deren umsatzsteuerlichem Bereich zugehören würden.
Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2000 wurde mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZ. RV/4083-W/02, als unbegründet abgewiesen.
Diese Entscheidung wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2004/13/0053, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Es wurde vom VwGH ausgesprochen, dass sich der Unabhängige Finanzsenat nicht mit Art und Ausmaß der von der Bw. erbrachten Leistungen auseinandergesetzt habe und keine Feststellungen zur konkreten Gestaltung der Leistungsbeziehungen getroffen habe. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre eine nähere Auseinandersetzung mit den fakturierten Leistungen unter dem Gesichtspunkt des möglichen Vorliegens einer geschäftsleitenden Holding erforderlich gewesen, wobei auch auf das Gemeinschaftsrecht Bedacht zu nehmen gewesen wäre.
Umsatzsteuer für die Jahre 2001, 2002, 2005 und 2006:
Auch in den Umsatzsteuererklärungen für diese Jahre wurde von der Bw. entsprechend der Vorgehensweise betreffend das Jahr 2000 aus dem gleichen Grund zu versteuernde Umsätze erklärt und der Abzug von Vorsteuern geltend gemacht.
Mit den vom Finanzamt erlassenen Bescheiden betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2001 (vom ), für das Jahr 2002 (vom ), für das Jahr 2005 (vom ) und für das Jahr 2006 (vom ) wurde der Bw. mit Verweis auf die betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2000 ergangene Berufungsentscheidung vom , GZ. RV/4083-W/02, der Abzug der geltend gemachten Vorsteuerbeträge versagt und die erklärten Umsätze wurden gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 als umsatzsteuerpflichtig behandelt.
Die Bw. brachte gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer Berufungen ein, und zwar die Berufung vom gegen den Bescheid für das Jahr 2001, die Berufung vom gegen den Bescheid für das Jahr 2002, die Berufung vom gegen den Bescheid für das Jahr 2005 und die Berufung vom gegen den Bescheid für das Jahr 2006. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Bw. im Rahmen der Sanierung des P. folgende geschäftsleitende Leistungen, die über die reine Beteiligungsverwaltung hinausgehen würden, an ihre Tochtergesellschaft X-GmbH gegen Entgelt erbringen würde: StrategischeKonzernleitung; Eingriff in die Verwaltung durch monatliche, in den Vorstandssitzungen festgelegte Vorgaben; Erstellung und Einführung eines monatlichen Berichtswesens; monatliche Controllingtermine mit den Geschäftsführern, in denen die anstehenden Aufgaben zwischen Geschäftsführern und Mitgliedern des Stiftungsvorstands aufgeteilt würden; Führung von Bankgesprächen; rechtliche Beratung; Finanzierungsberatung und Unterstützung bei der Erschließung von Finanzierungsquellen; Sanierungsberatung und Erstellung eines umfangreichen Sanierungskonzeptes; Unternehmensberatungsleistungen. Durch diese Leistungen werde im Sinne der Judikatur des EuGH (zuletzt C-16/00 "Cibo Participations"; C-77/01 "EDM") und des VwGH (zuletzt , 1997/13/0012) Unternehmereigenschaft gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 begründet. Der Vorsteuerabzug für diese Gesellschaften stehe daher zu und die Umsatzsteuer werde aufgrund der unternehmerischen Leistungen geschuldet. Zur Untermauerung der Sachverhaltsvorbringen wurde von der Bw. die Beweisführung angeboten, wobei die Befragung der Mitglieder des Stiftungsvorstandes, die Befragung Dritter, die Vorlage der Protokolle der Stiftungsvorstandssitzungen und der von der Bw. ausgestellten Rechnungen angeregt wurde.
Die gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2001 und 2002 gerichteten Berufungen wurden mit Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes vom und vom als unbegründet abgewiesen.
Die Bw. stellte mit Anbringen vom und vom Anträge auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz
Die gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2005 und 2006 gerichteten Berufungen wurden ohne vorherige Erlassung von Berufungsvorentscheidungen dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Bw. begehrt die steuerliche Anerkennung als Unternehmerin gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 und macht unter Berufung auf die Vergleichbarkeit ihrer Tätigkeiten mit jenen einer geschäftsleitenden Holding das Recht auf uneingeschränkten Vorsteuerabzug geltend.
Die rechtliche Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes wird in Entsprechung der vom VwGH getroffenen Aussagen im zur Umsatzsteuer für das Jahr 2000 ergangenen Erkenntnis vom , Zl. 2004/13/0053, mit welchem die abweisende Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZ. RV/4083-W/02, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben wurde, vorgenommen.
Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Diese Kriterien gelten auch für Privatstiftungen (Ruppe , UStG 3, § 2 Tz 20; N. Arnold in Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht, Rz III/1 m.w.N.). Darauf, ob die Tätigkeit der Privatstiftung gegen das in § 1 Abs. 2 Z 1 PSG verankerte Verbot der Ausübung einer über eine bloße Nebentätigkeit hinausgehenden "gewerbsmäßigen" Tätigkeit verstößt, kommt es dabei nicht an (vgl. N. Arnold , a.a.O.). Für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung muss nicht geprüft werden, ob etwa eine Konzernleitung durch eine Privatstiftung den durch § 1 Abs. 2 PSG vorgegebenen Rahmen überschreitet (vgl. zu dem im Schrifttum als zulässig erachteten Maß an "einheitlicher Leitung" etwa N. Arnold , Privatstiftungsgesetz 2, § 1 Tz 16a; vgl. auch a.a.O., Tz 21, § 17 Tz 5 und § 22 Tz 11 ff; Novacek , FJ 2008, 126 ff nach FN 51).
Die entscheidungserhebliche Bedeutung kommt im konkreten Fall der Beurteilung des Sachverhaltes im Lichte des vom VwGH (im die Umsatzsteuer für das Jahr 2000 betreffenden Erkenntnis) angesprochenen Gesichtspunktes des möglichen Vorliegens einer geschäftsleitenden Holding unter Bedachtnahme auf das Gemeinschaftsrecht zu.
Bei Holding-Gesellschaften, deren operative Tätigkeit im Eingreifen in die Geschäftsführung der Beteiligungsgesellschaft besteht und sich darauf beschränkt (sog. geschäftsleitende Holding als Sonderform der gemischten Holding), liegt nach der Rechtsprechung des EuGH eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Art. 4 Abs. 2 der 6. MWSt-RL vor, wenn die Eingriffe Tätigkeiten darstellen, die nach Art. 2 der 6. MWSt-RL der MWSt unterliegen, wie etwa die Erbringung von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen an Tochtergesellschaften ( "Welthgrove", Slg I-5679). Aus dem Verweis auf Art. 2 der 6. MWSt-RL, ergibt sich, dass es sich um entgeltliche Tätigkeiten handeln muss; aus der bereits zitierten EuGH-Judikatur ist andererseits abzuleiten, dass Dividenden nicht als Entgelt zu betrachten sind. Es bedarf also einer speziellen Abgeltung dieser Tätigkeiten, die freilich auch in Form von Konzernumlagen bestehen könnte (vgl. Ruppe , a.a.O., § 2 Tz 36/3).
Kein Zweifel kann daran bestehen, dass Vorsteuern, die im Zusammenhang mit den oben genannten Dienstleistungen stehen, abzugsfähig sind (sofern die Dienstleistungen zu besteuerten Umsätzen führen). Für den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Dienstleistungen, die beim Erwerb oder der Veräußerung der Beteiligungen in Anspruch genommen wurden, ergibt sich daraus nicht unmittelbar eine klare Antwort. Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom , 98/13/0087 (noch zum UStG 1972), die Auffassung vertreten, dass die lediglich mit Beteiligungserträgen verbundene Gesellschafterstellung keine Unternehmereigenschaft verschaffe; der Beteiligungserwerb könne nicht dem Unternehmensbereich zugeordnet werden; dieser werde allein durch die Dienstleistungen gegenüber den Tochtergesellschaften gebildet. Der VwGH behandelt somit die geschäftsleitende Holding genauso wie sonstige gemischte Holdinggesellschaften und lässt den Vorsteuerabzug nur im Zusammenhang mit den erbrachten Dienstleistungen zu. Der EuGH hat sich mit der geschäftsleitenden Holding im Urteil vom , Rs C-16/00 "Cibo Participations", Slg I-6663, befasst. Aus Art. 17 Abs. 5 der 6. MWSt-RL leitet der Gerichtshof ab, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur entsteht, wenn die bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen direkt und unmittelbar mit Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, zusammenhängen und dass dabei der vom Steuerpflichtigen letztlich verfolgte Zweck unerheblich sei. Er kommt dort zum Ergebnis, dass die Kosten dieser Dienstleistungen Teil der allgemeinen Kosten des Steuerpflichtigen seien und damit zu den Preiselementen aller Produkte eines Unternehmens gehören. Solche Dienstleistungen hingen demnach direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen zusammen. Der Vorsteuerabzug richtet sich dann danach, ob bzw. inwieweit die Gesellschaft "besteuerte" (= steuerpflichtige) Umsätze tätigt. Aus "Cibo Participations" könnte abgeleitet werden, dass eine Holdinggesellschaft in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wenn sie irgendwelche (steuerpflichtigen) entgeltlichen Leistungen gegenüber dem Beteiligungsunternehmen erbringt, mögen diese auch noch so geringfügig sein. Das ist ebenso wenig befriedigend wie die Auffassung des VwGH, der den Beteiligungsbereich der geschäftsleitenden Holding stets als nichtunternehmerisch einordnen möchte (vgl. Ruppe , a.a.O., § 2 Tz 36/4).
Nach Ruppe bietet sich die folgende vermittelnde Lösung an: Der Erwerb und das Halten von Beteiligungen sind dann der Unternehmenssphäre zuzurechnen, wenn ihr Zweck die Einflussnahme auf die Beteiligungsgesellschaften ist, wenn somit eine finale Verknüpfung zwischen der Beteiligung (dem Beteiligungserwerb) und dem Eingreifen besteht. Eine solche Situation unterscheidet sich deutlich von der einer gemischten Holding im engeren Sinn, die neben der Beteiligung Leistungen gegenüber Dritten erbringt und bei der daher die nichtunternehmerische Sphäre der Beteiligung von der unternehmerischen Sphäre der entgeltlichen Leistungen unterschieden werden kann. Mit "Cibo Participations" ist diese Sicht vereinbar, wenn man davon ausgeht, dass auch der EuGH die Kosten des Beteiligungserwerbs wohl nur dann als allgemeine Geschäftskosten ansieht, wenn die Beteiligung die Grundlage und das Motiv (und nicht bloß ein Vorwand) für die entgeltlichen Leistungen ("Eingriffe") ist. Dass eine solche differenzierende Betrachtungsweise schwieriger ist als eine undifferenzierte Gewährung des Vorsteuerabzuges, trifft zweifellos zu, ist jedoch der Preis für ein systemkonformes Ergebnis (vgl. Ruppe , a.a.O., § 2 Tz 36/5; Ruppe, JBl 2003, 823).
Es wurden von der Bw. über Aufforderung des Unabhängigen Finanzsenates Unterlagen zum Nachweis der Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit beigebracht. Aus den vorgelegten Protokollen zu den Sitzungen des Stiftungsvorstandes ist zu entnehmen, dass die Bw. konzernleitende Tätigkeiten ausübte und es sich hierbei um über die reine Beteiligungsverwaltung hinausgehende Dienstleistungen handelte. Anhand der vorgelegten Eingangsrechnungen ist nachvollziehbar, dass der weitaus überwiegende Teil der Vorsteuern auf Vergütungen für die in den Restrukturierungsprozessen der X-Gruppe intensiv eingebunden Stiftungsvorstände entfällt und dass die betreffenden Leistungen der Bw. umsatzsteuerpflichtig weiterverrechnet wurden.
Aus den vorgelegten Unterlagen geht insgesamt hervor, dass die Vorbringen der Bw. über die Art und das Ausmaß der von ihr fakturierten Leistungen den Tatsachen entsprechen und somit in den betreffenden Abgabenerhebungszeiträumen von der Entfaltung einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen und somit vom Vorliegen der Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG 1994 auszugehen ist. Die von der Bw. entfalteten Aktivitäten entsprechen dem Tätigkeitsbereich einer geschäftsleitenden Holdinggesellschaft im Sinne von Rechtsprechung und Lehre und sind daher (im Gegensatz zu Tätigkeiten der Vermögensverwaltung) dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen. Da der mit der Errichtung der Bw. verfolgte Zweck eindeutig in der Einflussnahme auf die Beteiligungsgesellschaften gelegen war und somit eine finale Verknüpfung zwischen der Beteiligung (dem Beteiligungserwerb) und dem Eingreifen bestand, unterscheidet sich die Situation der Bw. eindeutig von einer gemischten Holding im engeren Sinn.
Daher kommt der Bw. im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage das Recht auf uneingeschränkten Vorsteuerabzug in nachgewiesener Höhe zu, und zwar für das Jahr 2000: € 6.951,60, für das Jahr 2001: € 5.393,79, für das Jahr 2002: € 5.306,89, für das Jahr 2005: € 3.281,13 und für das Jahr 2006: € 5.917,82.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
Beilagen: 5 Berechnungsblätter
Wien, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Zitiert/besprochen in | ÖStZ 2012/372 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at