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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 21.04.2005, RV/4081-W/02

Bewertung der Vorräte, Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen unterlassener Ermittlungen

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A. GesmbH. & Co KG, Adresse, vertreten durch Kelemen & Kelemen Treuhand KEG, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 8380 Jennersdorf, Raxerstraße 13, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Oberwart vom betreffend Umsatzsteuer sowie einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Wirtschaftsjahre 1997/1998, 1998/1999 und 1999/2000 entschieden:

Die Berufung gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Wirtschaftsjahre 1997/1998, 1998/1999 und 1999/2000 wird als zurückgenommen erklärt.

Die Bescheide betreffend Feststellung von Einkünften für die Wirtschaftsjahre 1997/1998, 1998/1999 und 1999/2000 werden gemäß § 289 Abs. 1 BAO aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Firma A. GesmbH. & Co KG (Berufungswerberin, Bw.) betreibt eine Tankstelle, eine Kfz-Reparatur und einen Kfz-Handel. Die Kommanditisten sind B. (70%) und C. (30%). Die Veranlagung der Wirtschaftsjahre 1997/1998, 1998/1999 und1999/2000 (in der Folge mit 1998 - 2000 bezeichnet) erfolgte zunächst erklärungsgemäß.

Auf Grund diverser Feststellungen im Rahmen einer Betriebsprüfung der Jahre 1998 - 2000 wurde hinsichtlich Umsatzsteuer und Gewinnfeststellung das Verfahren wiederaufgenommen und neue Feststellungs- und Umsatzsteuerbescheide erlassen.

Folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden bescheidmäßig festgestellt (Schillingbeträge):


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1998
1999
2000
Einkünfte lt. Erstbescheid
173.264
21.772
112.905
Einkünfte lt. Wiederaufnahme
215.264
15.696
310.470

Abgesehen von der Erhöhung des Inventurwertes von zwei Gebrauchtwagen, für die von der Bw. zu Unrecht ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen worden war, enthält der Betriebsprüfungsbericht keine Feststellungen über die Bewertung von Vorräten.

Die Bw. brachte gegen die Umsatz- und Feststellungsbescheide 1998 - 2000 eine Berufung ein.

Da eine Begründung sowie eine Erklärung fehlte, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden und welche Änderungen beantragt werden, wurde die Bw. vom Finanzamt aufgefordert, die Mängel bis zu beheben.

Mit Schriftsatz vom leistete die Bw. dem Mängelbehebungsauftrag Folge, allerdings nur bezüglich der Gewinnermittlung 1998 - 2000. Bezüglich der Umsatzsteuer enthält das Schreiben keine Ausführungen.

Die Bw. bringt vor, der Entwurf zum Jahresabschluss zum Bilanzstichtag weise einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 883.406,78 € (12.155.942 S) aus. Auf Grund der Höhe des negativen Eigenkapitals sei von einer Überschuldung i.S. des Insolvenzrechtes auszugehen.

Aus den Jahresabschlüssen der Jahre 1998 bis 2001 sei ersichtlich, dass die Vorrätebewertung in jener Höhe durchgeführt worden sei, um ein ausgeglichenes Ergebnis ausweisen zu können. Tatsächlich seien jedoch in den Jahren 1998 bis 2002 Verluste von ca. 1 Mio. € (13.760.300 S) erwirtschaftet worden, welche bei korrekter Vorrätebewertung im Entwurf zum Jahresabschluss zum ausgewiesen seien. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei dieser Verlust auf den Zeitraum 1998 bis 2002 aufzuteilen.

Die Verteilung der Bestände sei der Beilage zu entnehmen. Es werde davon ausgegangen, dass die Differenz der tatsächlichen Bestände und der bilanzierten Bestände auf die Jahre 1998 bis 2002 gleichverteilt werde.

Die Einkünfte der Bw. seien daher laut den beiliegenden berichtigten Erklärungen festzustellen (Schillingbeträge):


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1998
1999
2000
Einkünfte lt. Berufung
-1.817.886
-4.034.665
-5.338.557

Korrektur der Bewertung der Fahrzeuge:


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1998
1999
2000
2001
Summe Bestandsveränderung
-2.033.150
-4.050.361
-5.649.027
-809.641
-12.542.178

Der Berufung ist weiters ein Sanierungskonzept beigelegt, in dem auf eine Abwertung sowie Bestandsveränderung von Vorräten von 931.227 € (12.813.963 S) und Einzelwertberichtigungen von Forderungen von 68.840 € (947.259 S) im Geschäftsjahr 2001/2002 hingewiesen wird. In Aussicht genommen wird insbesondere eine Kapitalzuführung durch die Aufnahme dreier weiterer Kommanditisten und ein Abverkauf von Liegenschaften zur Reduktion von Bankverbindlichkeiten. Durch einen erhofften Schuldnachlass lasse sich in der Folge eine positive Entwicklung der Bw. erwarten.

Der Betriebsprüfer entgegnete zum Berufungsvorbringen, er habe im Zuge der Betriebsprüfung keine Überbewertung der Bestände hinsichtlich Neufahrzeugen, Gebrauchtfahrzeugen, Motorrädern incl. Zubehör und Ersatzteilen festgestellt. Es sei auch während der Betriebsprüfung vom steuerlichen Vertreter niemals ein Einwand gegen die Inventurbewertung vorgebracht worden.

Gegen die beantragte Abwertung spreche, dass dies keineswegs den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Der Fehler einer nicht vorgenommenen Abwertung werde vielmehr in den Vorjahren liegen, da die Inventurbewertung über Jahre hinaus gleich durchgeführt worden sei. Es müsste somit jenes Jahr korrigiert werden, in dem erstmals eine Überbewertung entstanden sei.

Es sei aus der Berufung keine Begründung für eine Abwertung ersichtlich. Sollte es sich um eine Abwertung der Ersatzteile handeln (so genannte Gängigkeitsabschläge aufgrund verminderter Absatzmöglichkeit), so sei es für die steuerliche Anerkennung einer Teilwertabschreibung erforderlich, dass am Bilanzstichtag in werterhellender Betrachtung tatsächlich eine Wertminderung von Wirtschaftsgütern vorliegt und dadurch eine verminderte Absatzmöglichkeit ausgelöst werde. Bei Ersatzteilen im Kfz-Sektor sei dies aber nicht der Fall, da alte Ersatzteile zum gleichen Preis weiterfakturiert werden. Eine Abwertung wegen eines "Gängigkeitsabschlages" sei daher zu verwehren.

Darüber hinaus könnten auch wegen des steuerlichen Nachholverbotes die Auswirkungen eines unrichtigen Bilanzansatzes nicht in einem späteren Wirtschaftsjahr nachgeholt werden.

Die Bw. entgegnete mit Schreiben vom zu dieser Stellungnahme des Betriebsprüfers, das Sanierungskonzept sowie die Bilanz zum mit einem ausgewiesenen Vorratsbestand von 726.923,32 € (10.002.683 S) sei von der D. Bank geprüft und in Ordnung befunden worden. Die D. Bank habe zur Unternehmenssanierung einen Schuldnachlass von 250.000 € (3.440.075 S) gewährt. Mit der Bank E. werde derzeit über einen Schuldnachlass verhandelt.

Der Vorratsbestand sei in jener Höhe (11.362.000 S zum ansteigend bis 22.817.000 S zum ) angesetzt worden, um den Banken gegenüber ein ausgeglichenes Betriebsergebnis darstellen zu können. Angesichts der Erhöhung des Vorratsbestandes im Verhältnis zur Bilanzsumme (von 52,1% der Bilanzsumme zum bis 81,6% zum ) hätte dem Betriebsprüfer das Missverhältnis auffallen müssen. Dieser habe betreffend des Vorratsbestandes keine weiterführenden Prüfungshandlungen gesetzt, da dies nur zu einem steuerlichen Minderergebnis aus der Betriebsprüfung hätte führen können.

Eine Richtigstellung der Vorräte im Geschäftsjahr 2001/2002 sei wegen des steuerlichen Nachholverbotes unzulässig, da dies in den Jahren der Verursachung (1998 bis 2000) zu erfolgen habe.

Auf Grund der offensichtlichen Bilanzierungsfehler, welche von den Banken bereits geprüft worden seien und für erwiesen gelten (bereits gewährter Schuldnachlass), hätte auch die Betriebsprüfung betreffend der Vorräte weitere Maßnahmen setzen müssen.

Beigelegt ist ein Schreiben der D. Bank vom , mit welchem ein Forderungsverzicht von 250.000 € unter der Voraussetzung der Einhaltung von in der Folge genannten Bedingungen gewährt wird.

Über die Berufung wurde erwogen:

Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide:

Entspricht eine Berufung nicht den im § 250 Abs. 1 oder Abs. 2 erster Satz BAO umschriebenen Erfordernissen, so hat die Abgabenbehörde dem Berufungswerber die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist als zurückgenommen gilt (§ 275 BAO).

Der Berufung fehlte im gegenständlichen Fall eine Begründung sowie eine Erklärung, in welchen Punkten die Bescheide angefochten werden und welche Änderungen beantragt werden. Dem Mängelbehebungsauftrag des Finanzamtes wurde hinsichtlich der Umsatzsteuer nicht entsprochen.

Die Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 1998 - 2000 gilt daher gemäß § 275 BAO als zurückgenommen.

Berufung gegen die Feststellungsbescheide:

Gemäß § 289 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wenn die Berufung weder zurückzuweisen noch als zurückgenommen oder als gegenstandslos zu erklären ist, die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden können.

Von der Bw. wurde erstmals in der Berufung vorgebracht, dass die Bewertung der Vorräte zu hoch angesetzt worden sei. Ermittlungen zur Überprüfung der Bewertung des Umlaufvermögens wurden nach der Aktenlage vom Finanzamt nicht getätigt.

Das Finanzamt wird daher in Hinblick auf die amtswegige Ermittlungspflicht des § 115 Abs. 1 BAO unter Wahrung des Parteiengehörs Feststellungen zu treffen haben, ob den angefochtenen Bescheiden tatsächlich eine Überbewertung der Vorräte zu Grunde liegt und gemäß § 4 Abs. 2 EStG eine Bilanzberichtigung zu erfolgen hat.

Umlaufvermögen ist gemäß § 6 Z. 2 lit. a EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden. Zu ermitteln ist vom Finanzamt, ob gegebenenfalls die überhöhte Vorrätebewertung auf einem falschen Ansatz der Anschaffungskosten beruht oder ob eine Abwertung auf einen niedrigeren Teilwert unterlassen wurde und welche Vorräte davon betroffen sind.

Dabei ist zu beachten, dass bei der Ermittlung des Gewinns gemäß § 5 EStG - wie im vorliegenden Fall gegeben - ein gegenüber den Anschaffungskosten gesunkener Teilwert bei der Bewertung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens ohne Einschränkung angesetzt werden muss (unbedingtes Niederstwertprinzip) (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/ Wanke, EStG 1988, § 6, Anm 23). Für den niedrigeren Teilwert ist der Steuerpflichtige beweispflichtig (Doralt, EStG, § 6, Tz. 145, ). Zu beachten ist auch der Grundsatz der Nachprüfbarkeit der Inventur. Die Inventurmaßnahmen sind so zu dokumentieren, dass sie ein sachverständiger Dritter ohne besondere Schwierigkeiten nachvollziehen kann (Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 6, Anm. 3). Die Bw. wird daher konkret darzulegen haben, wie und auf welcher rechtlichen Basis die Ermittlung von neuen Werten vorgenommen wurde.

Gängigkeitsabschläge vom Lagerbestand sind grundsätzlich zulässig, wenn die Verkaufspreise herabgesetzt werden (Doralt, EStG, § 6, Tz.234).

Für den Fall, dass aus Sicht der Abgabenbehörde erster Instanz die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegende Bewertung der Vorräte tatsächlich den Gegebenheiten nicht entsprochen hat, ist in weiterer Folge vom Finanzamt das Fehlerursprungsjahr festzustellen, da wegen des Prinzips der periodenrichtigen Gewinnermittlung ein unrichtiger Bilanzansatz mit steuerlicher Wirkung nur im Fehlerjahr, nicht aber in einem späteren Wirtschaftsjahr nachgeholt werden kann (Nachholverbot, Doralt, EStG, § 4, Tz.171).

Da die durchzuführenden Ermittlungen anders lautende Bescheide nach sich ziehen können, waren die angefochtenen Feststellungsbescheide gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz daher aufzuheben. Ein Verschulden der Abgabenbehörde erster Instanz hinsichtlich der Unterlassung der Ermittlungen ist für die Anwendbarkeit des § 289 Abs. 1 BAO nicht erforderlich. Ob tatsächlich anders lautende Bescheide zu erlassen sein werden, hängt vom Ergebnis des vom Finanzamt durchzuführenden Ermittlungsverfahrens ab (Ritz, BAO-HB, § 289, Seite 228).

Wegen des Umfangs der vorzunehmenden Verfahrensergänzungen war der Aufhebung der Vorrang vor der Durchführung von zweitinstanzlichen Ermittlungen zu geben. Eine entsprechende Prüfung und Würdigung des strittigen Sachverhaltes durch die Abgabenbehörde erster Instanz ist auch deshalb zweckmäßig, da das neue Vorbringen erstmals in der Berufung thematisiert wurde.

Gemäß § 284 Abs. 3 BAO kann von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn eine Aufhebung nach § 289 Abs. 1 BAO erfolgt oder eine Berufung nach § 275 BAO als zurückgenommen zu erklären ist. Um einen erhöhten Verwaltungsaufwand zu vermeiden, wurde daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 284 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Aufhebung
Zurückverweisung
Bewertung der Vorräte
Nachholverbot
Inventur
Verweise
Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 6, Anm 23
Doralt, EStG, § 6, Tz. 145

Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 6, Anm. 3
Doralt, EStG, § 6, Tz. 234
Doralt, EStG, § 4, Tz. 171
Ritz, BAO-HB, § 289, Seite 228

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at