Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 24.04.2007, RV/0967-L/06

Aufrechnung im Abschöpfungsverfahren

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des WH, geb. X, Adresse, vom gegen den Abrechnungsbescheid (§ 216 BAO) des Finanzamtes Grieskirchen Wels, vertreten durch AD Elisabeth Röbl, vom entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Anlässlich der Berufung wird der Bescheidspruch insoweit berichtigt, als er zu lauten hat:

Es wird festgestellt, dass die Verrechnung der Gutschriften aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2002 bis 2005 in Höhe von 813,31 € (2002), 541,43 € (2003), 306,00 € (2004) und 159,72 € (2005) mit den beim Zollamt Linz Wels (ehemals Hauptzollamt Linz) auf den Abgabenkonten 011-5002 und 011-4987 bestehenden Rückständen rechtmäßig gewesen ist.

Hinsichtlich der Gutschriften aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2000 und 2001 in Höhe von 4.577,00 S bzw. 620,92 € wurde am bzw. am eine Baranweisung an die angegebene Adresse veranlasst.

Entscheidungsgründe

Am beantragte der Berufungswerber (in der Folge kurz: Bw) in einem als Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005 bezeichneten Schreiben

  • die unverzügliche Barauszahlung der Gesamtgutschrift von 465,72 € durch die Post an ihn persönlich;

  • einen Nachweis und eine Begründung dafür, warum dies bis dato nicht erfolgt sei bzw. wo sich die Gutschriften befänden oder unzulässig zweckentfremdet anderweitig verwendet worden seien sowie

  • die Übermittlung einer schriftlichen bescheidmäßigen Darstellung des Sachverhaltes zu den angeführten Anträgen innerhalb von 14 Tagen.

Zur Begründung führte der Bw an, dass er in den Anträgen auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2004 und 2005 ausdrücklich eine Auszahlung im Postweg beantragt habe. In der Buchungsmitteilung Nr. 2 vom zur St.Nr. 000/0000 sei zwar die Rückzahlung eines Betrages von 465,72 € ausgewiesen, aber nicht ersichtlich, in welcher Form und wohin diese erfolgt sei. Seine diesbezügliche mündliche Anfrage sei ausweichend und keinesfalls richtig beantwortet und damit das gesetzlich verbürgte Parteiengehör verletzt worden. Nach den Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) seien Gutschriften aus Arbeitnehmerveranlagungen unmittelbar an den Antragsteller auszuzahlen bzw. anzuweisen. Da auf seinem Abgabenkonto eindeutig ein Guthaben von 465,72 € ausgewiesen sei, hätte eine Barauszahlung an ihn per Post längst erfolgen müssen.

Unabhängig von der Berufung stelle er die Anfrage, wohin die Gutschriften aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2000 bis 2003 geflossen seien. Hierüber fehle bis heute jede Information, obwohl in den Bescheiden der Hinweis "dieser Betrag wird in den nächsten Tagen bar durch die Post ausbezahlt werden" angeführt sei. Auch für diese Jahre beantrage er die unverzügliche Barauszahlung einschließlich Verspätungszinsen laut BAO.

Das Finanzamt wertete dieses Anbringen als Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides und stellte mit Abrechnungsbescheid vom fest, dass die Verrechnung der am aus der Verbuchung der Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005 entstandenen sonstigen Gutschriften von 306,00 € und 159,72 € mit dem beim Hauptzollamt Linz, St.Nr. 111/1111, bestehenden Rückstand rechtmäßig gewesen sei und diese Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von 465,72 € getilgt worden seien.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005 mit Schriftsatz vom insofern angefochten worden seien, als die aus den Arbeitnehmerveranlagungen resultierenden Abgabengutschriften nicht zur Auszahlung gebracht, sondern mit dem beim Hauptzollamt Linz bestehenden Abgabenrückstand verrechnet worden seien. Gegen die Ermittlung der Abgabengutschriften selbst seien keine Einwendungen erhoben worden.

Nach Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 215 und 216 BAO stellte das Finanzamt weiters fest, dass eine Rückzahlung der Gutschriften aus den Arbeitnehmerveranlagungen (auch jener der Jahre 2000 bis 2003) auf Grund der zwingend anzuwendenden Bestimmung des § 215 Abs. 1 und 2 BAO nicht durchgeführt hätte werden können. Auch das am zu Z beim BG G eröffnete und nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens mit Beschluss vom aufgehobene Schuldenregulierungsverfahren sei der Aufrechnung nicht entgegen gestanden. Eine Aufrechnung sei gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz der Konkursordnung (KO) unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden sei oder die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung erworben worden sei. Grundsätzlich könnten sich nach der Konkursaufhebung weder der Gläubiger auf die Erweiterungen der Aufrechnungsbefugnis (§ 19 Abs. 2 KO) noch der frühere Gemeinschuldner auf konkursrechtliche Beschränkungen (§ 20 Abs. 1 KO) berufen. Die erweiternden bzw. einschränkenden Aufrechnungsbestimmungen der Konkursordnung seien nur während des Konkursverfahrens gültig, welches gegenständlich am aufgehoben worden sei.

Der Verrechnung sei auch nicht eine allfällige Restschuldbefreiung im Zusammenhang mit dem Abschöpfungsverfahren entgegengestanden. Nach § 213 KO komme eine Restschuldbefreiung erst nach Beendigung des Abschöpfungsverfahrens in Betracht. Dieses sei derzeit aber noch anhängig. Selbst im Falle einer Restschuldbefreiung nach Beendigung des Abschöpfungsverfahrens bestehe nach § 214 Abs. 3 KO keine Pflicht zur Rückzahlung der über die Quote erlangten Befriedigung. Für das Finanzamt habe demnach kein Aufrechnungsverbot gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz KO bestanden; vielmehr seien die Verrechnungsvorschriften der BAO anzuwenden gewesen.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung beantragte der Bw u.a. die eheste Rückzahlung aller Gutschriften aus seinen Arbeitnehmerveranlagungen der Jahre 2000 bis 2006, eine lückenlose Aufklärung und einen Nachweis über den tatsächlichen Verbleib bzw. die Verwendung der Gutschriften sowie die Einräumung des ordentlichen Parteiengehörs. Die begründeten Ausführungen seiner Berufung, auf die er verweise, seien bisher nicht beachtet worden. Die bei den Arbeitnehmerveranlagungen errechneten Gutschriften seien nur der Ausgleich für während der Lohnzahlungszeiträume zu viel entrichtete Lohnsteuer, die nur ihm persönlich zustehe. Die Unterhaltsleistungen für seine minderjährige Tochter seien nachweislich geleistet worden und stellten einen ebenso nur ihm persönlich zustehenden Gutschriftsteil dar wie die Personenversicherungsprämien. Alle anderen Argumentationen des Abrechnungsbescheides (§§ 214 und 215 BAO) seien falsch zitiert, da bis heute keinerlei Nachweis über die tatsächliche Verwendung der Gutschriften erbracht worden sei. In den gerichtlichen Verfahren (KO und Abschöpfung) seien keinerlei Hinweise bzw. Beschlüsse über eine Einbehaltung von allfälligen Lohnsteuergutschriften bzw. ein Rückgriff auf solche enthalten, sodass die Bestimmung des § 215 Abs. 4 BAO anzuwenden sei, wonach Gutschriften aus Arbeitnehmerveranlagungen dem Antragsteller ungeschmälert auszuzahlen seien. Über die angeblichen Rückstände beim Hauptzollamt Linz Nr. 111/1111 seien ihm bisher weder Berechnungsgrundlagen noch Buchungsmitteilungen oder Kontoauszüge zugesandt worden, sodass die Richtigkeit bzw. Gültigkeit anzuzweifeln sei.

In allen Arbeitnehmerveranlagungsbescheiden sei die Auszahlung der jeweiligen Gutschriftsbeträge innerhalb weniger Tage im Postweg an ihn persönlich schriftlich dokumentiert, doch sei diese nicht durchgeführt worden. Dies stelle sowohl formell als auch materiell einen Verstoß gegen geltende gesetzliche Vorschriften dar und müsse als Irreführung des gutschriftsberechtigten Steuerzahlers angesehen werden. Einen gravierenden Verfahrensmangel stelle dar, dass das Finanzamt auf seine Fragen sachlich nicht eingegangen sei und dieses zu keiner Aufklärung bzw. Lösung beigetragen habe. Auf Grund des Abschöpfungsverfahrens müsse er vom Existenzminimum leben, sodass die unterbliebenen Auszahlungen eine mutwillige unzulässige Bedrohung bzw. Verminderung seiner Lebensmindestgrundlagen darstellten.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung teilweise insoweit statt, als der Bescheidspruch zu lauten habe: "Auf Grund Ihres Anbringens wird gemäß § 216 BAO festgestellt, dass die Verrechnung der aus der Verbuchung der Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2005 entstandenen sonstigen Gutschriften rechtmäßig war."

Im angefochtenen Abrechnungsbescheid sei lediglich über die Gutschriften aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2004 und 2005 abgesprochen worden, wogegen hinsichtlich der Jahre 2000 bis 2003 nur in der Begründung erwähnt worden sei, dass eine Rückzahlung der Gutschriften aus den Arbeitnehmerveranlagungen auf Grund der zwingend anzuwendenden Bestimmungen des § 215 Abs. 1 und 2 BAO nicht habe durchgeführt werden können. Die Begründung sei insofern zu berichtigen, als die sich aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2000 (4.577,00 S) und 2001 (620,92 €) ergebenden Gutschriften am bzw. am mittels Baranweisung an den Bw ausbezahlt worden seien.

Die weiteren Gutschriften aus den Veranlagungen für 2002 in Höhe von 813,31 €, für 2003 in Höhe von 541,43 €, für 2004 in Höhe von 306,00 € und für 2005 in Höhe von 159,72 € seien mit den beim Hauptzollamt Linz zu Abgabenkonto Nummern 222/2222 und 111/1111 bestehenden Abgabenrückständen verrechnet worden.

Im Übrigen sei die Berufung aber abzuweisen, wobei das Finanzamt abermals auf die Bestimmungen der §§ 213, 215 Abs. 1 bis 4 und 239 BAO sowie auf §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1, 213 und 214 Abs. 3 KO verwies. Eine Rückzahlung der sich aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2002 bis 2005 ergebenden Gutschriften habe auf Grund der zwingend anzuwendenden Bestimmung des § 215 Abs. 1 und 2 BAO nicht durchgeführt werden können.

Dem Vorbringen, in den Arbeitnehmerveranlagungsbescheiden sei die Auszahlung der jeweiligen Gutschriftsbeträge innerhalb weniger Tage im Postweg dokumentiert, sei entgegen zu halten, dass in den Bescheiden für die Jahre 2002 bis 2005 tatsächlich der Hinweis "Die Abgabengutschrift wird Ihrem oben angeführten Abgabenkonto gutgeschrieben" angeführt gewesen sei. Anlässlich seiner persönlichen Vorsprache sei dem Bw darüber hinaus mitgeteilt worden, dass die Gutschrift mit den beim Hauptzollamt Linz bestehenden Abgabenschuldigkeiten verrechnet worden sei.

Die Behauptung, beim Hauptzollamt Linz bestünden keine Rückstände, entspreche ebenfalls nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, da laut Mitteilung des Hauptzollamtes Linz dort zum noch ein Rückstand von 28.198,82 € aushafte. Dieser Rückstand sei auch zum Schuldenregulierungsverfahren beim BG G angemeldet worden.

Mit Eingabe vom stellte der Bw den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Im Wesentlichen forderte er die eheste Nachüberweisung sämtlicher Gutschriften aus den Jahren 2002 bis 2005, die sich aus den Arbeitnehmerveranlagungen ergeben hätten, sowie einen Nachweis über die angeblich erfolgten Überweisungen der Gutschriften aus den Arbeitnehmerveranlagungen der Jahre 2000 und 2001.

Auffallend sei, dass laut Berufungsvorentscheidung die Gutschriften für die Jahre 2000 und 2001 an ihn ausbezahlt worden seien, obwohl die in Zweifel zu ziehende Zollfestsetzung auch damals schon bestanden habe. Rechte gegen diese Zollabgabenschätzung seien ihm nie eingeräumt worden bzw. würden gravierende Verfahrensmängel vorliegen, die die sofortige Löschung dieser angeblichen Rückstände bewirken müssten. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit sei ebenso verletzt worden wie das Parteiengehör, zudem liege eine unrichtige Gesetzes- und Sachverhaltsdarstellung vor. Entscheidende Rechte seien ihm nie eingeräumt worden, sodass keinerlei Berechtigung bestehe, die angesprochenen Gutschriften nicht direkt an ihn auszuzahlen. Bis heute fehlten die entsprechenden Kontoauszüge mit Ausweisung der Gutschriften auf dem Steuerkonto 000/0000 und die tatsächliche Verwendung. Dies gelte auch für die ominöse Zollabgabe, die nie richtig dargestellt und begründet worden sei. Damit die Verhinderung der Gutschriftsauszahlung an ihn zu rechtfertigen, entbehre jeder gesetzlichen und sachlichen Grundlage. Darüber hinaus sei abermals auf die in den Berufungen vorgebrachten Begründungen zu verweisen, die scheinbar nicht zur Kenntnis genommen worden seien. Durch die absichtliche Vorenthaltung der angesprochenen Gutschriften entstehe für den Bw ein unzulässiger finanzieller Schaden, der einklagbar sein werde. Bei den gerichtlichen Verfahren sei die ungerechtfertigte Zollabgabenfestsetzung nicht gewürdigt oder begründet worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 216 BAO idF BGBl I 180/2004 ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Ein Abrechnungsbescheid dient ganz allgemein dem Abspruch über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto und kommt insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten über die Verrechnung von Gutschriften in Betracht.

Nach § 215 BAO ist ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist (Abs. 1). Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist (Abs. 2).

Die Verwendung der Guthaben gemäß § 215 Abs. 1 und 2 BAO ist zwingend und nicht dem Ermessen der Behörde überlassen; § 215 Abs. 1 und 2 BAO ist auch dann anzuwenden, wenn ein Abgabepflichtiger auf einem Abgabenkonto über ein Guthaben verfügt und als Gesamtschuldner eine auf einem anderen Abgabenkonto gebuchte Abgabe schuldet.

Eine Umbuchung ist die Übertragung eines Guthabens oder einer Gutschrift auf ein anderes Konto desselben oder eines anderen Abgabepflichtigen innerhalb derselben Abgabenbehörde, wogegen unter einer Überrechnung eine derartige Übertragung auf ein Konto (desselben oder eines anderen Abgabepflichtigen) bei einer anderen Abgabenbehörde zu verstehen ist.

Ein Guthaben entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt.

Ob Umbuchungen oder Überrechnungen gem. § 215 BAO rechtmäßig sind, ist im Verfahren gemäß § 216 BAO zu entscheiden. Im Verfahren über einen Antrag auf Abrechnungsbescheid ist aber die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung nicht mehr zu prüfen ().

Im Abrechnungsverfahren trifft die Partei die Behauptungslast und die Konkretisierungspflicht hinsichtlich der Fragen der strittigen Verrechnungsvorgänge und Gebarungskomponenten ().

Eine Anfrage der Referentin bei der Zollbehörde ergab, dass der Bw auf dem dort geführten Konto 222/2222 Alleinschuldner war und dieses Konto - nach Überrechnung der sich aus der Arbeitnehmerveranlagung 2002 und teilweiser Überrechnung der sich aus der Arbeitnehmerveranlagung 2003 ergebenden Gutschrift - nunmehr auf Null gestellt wurde, wogegen der Bw die auf dem weiteren Konto 111/1111 der Zollbehörde aushaftende Verbindlichkeit als Gesamtschuldner schuldet. Der weitere Gesamtschuldner sei für die Behörde mangels einer bekannten inländischen Wohnadresse nicht greifbar. Auf letztgenanntes Konto wurden der Restbetrag der sich aus der Arbeitnehmerveranlagung 2003 ergebenden Gutschrift sowie die Gutschriften aus den Veranlagungen 2004 und 2005 überrechnet.

Während die Berufung vom auch die Gutschrift aus der Arbeitnehmerveranlagung 2006 umfasst, bezieht sich der Vorlageantrag vom wiederum nur auf die aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2000 bis 2005 resultierenden Gutschriften. Der Einkommensteuerbescheid 2006 erging zudem erst am . Der Rechtsmittelbehörde ist verwehrt, erstmalig bescheidmäßig über die Verrechnung der Einkommensteuergutschrift 2006 abzusprechen. Obwohl die Verbuchung dieser Gutschrift nicht verfahrensgegenständlich ist, ist dennoch anzumerken, dass am die Gutschrift aus der Arbeitnehmerveranlagung 2006 in Höhe von 267,00 € ebenfalls auf das Konto 111/1111 überrechnet worden ist.

Laut Auskunft des befragten Zollorgans wurden die Abgaben im Jahr 1991 wegen Schmuggels bescheidmäßig vorgeschrieben.

Die strittigen Buchungsvorgänge - Verwendung der sich aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2000 bis 2005 ergebenden Gutschriften - stellen sich an Hand der Aktenlage wie folgt dar:

Der Einkommensteuerbescheid 2000 datiert vom und ergab eine Gutschrift in Höhe von 4.577,00 S. Nach dem Bescheidspruch findet sich der Hinweis, dass die Abgabengutschrift in den nächsten Tagen bar durch die Post ausbezahlt werde. Diese Auszahlung über die Österreichische Postsparkasse veranlasste das Finanzamt am .

Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom führte zu einer Gutschrift von 620,92 €; der Hinweis auf die Barauszahlung ist gleich lautend wie im Einkommensteuerbescheid 2000. Die Baranweisung an den Bw veranlasste das Finanzamt am .

Der Einkommensteuerbescheid 2002 mit einer Gutschrift von 813,31 € wurde am mit dem Hinweis, dass die Abgabengutschrift dem Abgabenkonto des Bw gutgeschrieben worden sei, erlassen. Da dem Finanzamt offenbar bekannt geworden war, dass beim Hauptzollamt Linz (nunmehr Zollamt Linz Wels) Abgabenrückstände aushafteten, wurde die gesamte Gutschrift am auf das Abgabenkonto 222/2222 überrechnet.

Der Einkommensteuerbescheid 2003 erging am . Die sich ergebende Gutschrift von 541,43 € wurde am teilweise auf das Konto 222/2222 und teilweise auf das Konto 111/1111 des Zollamtes Linz Wels überrechnet. Einen Rückzahlungsantrag des Bw vom wies das Finanzamt mit der Begründung ab, dass das Guthaben von 541,43 € aus der Arbeitnehmerveranlagung 2003 am zur teilweisen Tilgung der fälligen Abgabenrückstände an das Hauptzollamt Linz (222/2222 und 111/1111) überwiesen worden sei.

Die Einkommensteuerbescheide 2004 (Gutschrift von 306,00 €) und 2005 (Gutschrift von 159,72 €) wurden am ausgefertigt. Die Überrechnung des gesamten Betrages zur teilweisen Abdeckung des auf dem Konto 111/1111 aushaftenden Rückstandes veranlasste das Finanzamt am .

Auch die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 enthielten den Hinweis, dass die jeweiligen Abgabengutschriften dem Abgabenkonto des Bw gutgeschrieben worden seien.

Dafür, dass die Abgabenschulden, für deren Tilgung die genannten Gutschriften verwendet wurden, nicht fällig oder ausgesetzt gewesen wären, ergeben sich aus der Aktenlage weder Anhaltspunkte, noch wurde dies vom Bw behauptet.

Der Ansicht des Bw, die aus den Arbeitnehmerveranlagungen resultierenden Gutschriften seien jedenfalls an ihn auszuzahlen, steht der eindeutige Gesetzeswortlaut des o.a. § 215 Abs. 1 und 2 BAO entgegen. Für die in § 215 Abs. 1 und 2 BAO zwingend vorgesehene Verwendung von Guthaben ist der Entstehungsgrund des Guthabens - sei es durch Unterhaltsleistungen oder durch Leistung von Versicherungsprämien, durch nicht ganzjährige Beschäftigung oder unterschiedlich hohe Bezugszahlungen - unmaßgeblich.

Der Bw ist weiters darauf hinzuweisen, dass die von ihm erwähnte Bestimmung des § 215 Abs. 4 BAO nur soweit zur Anwendung gelangen kann und Guthaben nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 BAO zurückzuzahlen sind, als Guthaben nicht nach Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind. Gegenständlich war aber nach § 215 Abs. 2 BAO vorzugehen, sodass für die Anwendung des § 215 Abs. 4 BAO kein Raum blieb.

Zu der erhobenen Forderung, das Finanzamt möge einen Nachweis für die Auszahlung der Gutschriften aus den Veranlagungen 2000 und 2001 erbringen, ist festzuhalten, dass laut Aktenlage Rückbuchungen der angewiesenen Beträge nicht ersichtlich sind und es daher dem Bw obliegt, allfällige Nachforschungen beim zuständigen Postamt anzustellen, wer die an ihn angewiesenen Beträge wann übernommen hat.

Zutreffend erläuterte das Finanzamt dem Bw bereits mit Berufungsvorentscheidung vom , dass weder die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens am und die Aufhebung dieses Verfahrens mit Beschluss vom noch die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens am der Aufrechnung entgegen standen. Wenngleich der Bw diesen Ausführungen zu Recht nicht entgegen trat, ist dennoch ergänzend auszuführen, dass im Zuge eines Konkursverfahrens den Aufrechnungsvorschriften der Konkursordnung (insbesondere §§ 19 und 20 KO) Vorrang vor den Verrechnungsregeln der BAO zukommt.

Die Abgabengutschriften der Jahre 2000 bis 2003 entstanden vor Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens und wurden auch vor dessen Eröffnung verrechnet, sodass zweifellos die Verrechnungsvorschriften der BAO zum Tragen kamen.

Die Gutschriften aus den Arbeitnehmerveranlagungen 2004 und 2005 entstanden dagegen während des Abschöpfungsverfahrens.

Gemäß § 200 Abs. 4 KO wird das Schuldenregulierungsverfahren nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt ist eine auf § 215 Abs. 1 oder Abs. 2 BAO gestützte Verrechnung einer Konkursforderung sowohl mit vor als auch mit nach der Aufhebung entstandenen Steuergutschriften ohne Einschränkung zulässig. § 206 Abs. 3 KO beschränkt eine allfällige Aufrechnung nach Maßgabe der §§ 19 und 20 KO nur auf von der Abtretungserklärung erfasste Forderungen des Schuldners, das ist gemäß § 199 Abs. 2 KO der pfändbare Teil der Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion. (Einkommen-)Steuergutschriften fallen nicht unter diese Schuldnerforderungen. Diese sind weder "Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis" noch "sonst wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion", sondern eigene davon unabhängige Forderungen gegenüber dem Finanzamt. Der Umstand, dass die Festsetzung der Einkommensteuer auf Grund der Einkommensverhältnisse während eines Kalenderjahres erfolgt, hat noch nicht zur Folge, dass die Abgabengutschrift von der Abtretungserklärung umfasst wurde. Zwischen dem Bw und der Abgabenbehörde besteht weder ein Arbeitsverhältnis noch ein ähnliches zu wiederkehrenden Leistungen führendes Verhältnis (vgl. Fischerlehner, SWK 2002, S 840).

Auch eine Berücksichtigung nicht angemeldeter Forderungen während des Abschöpfungsverfahrens ist gemäß § 207 Abs. 1 KO noch möglich. Während des Abschöpfungsverfahrens sind bloß Exekutionen einzelner Konkursgläubiger in das Vermögen des Schuldners nicht zulässig (§ 206 Abs. 1 KO). Eine auf § 215 Abs. 1 und 2 BAO gestützte Verrechnung stellt keine Exekutionsmaßnahme, sondern eine Entrichtungsform dar (vgl. Ritz, BAO³, § 215 Tz 4).

Die durch das Gericht gemäß § 213 Abs. 1 KO auszusprechende Restschuldbefreiung kommt erst dann in Frage, wenn das Abschöpfungsverfahren gemäß § 213 Abs. 6 KO mit Beschluss beendet und das Ausmaß der Restschuldbefreiung öffentlich bekannt gemacht ist. Ab diesem Zeitpunkt entstandene Gutschriften dürfen mit Forderungen, die unter die Restschuldbefreiung fallen, nicht mehr verrechnet werden.

Gegenständlich war das Abschöpfungsverfahren zum Verrechnungszeitpunkt noch anhängig. Da § 206 Abs. 3 KO nicht anwendbar war, bestand für das Finanzamt kein Aufrechnungsverbot gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz KO. Anzuwenden waren die Verrechnungsvorschriften der BAO, wobei sich aus § 215 Abs. 2 BAO eindeutig die Verpflichtung des Finanzamtes zur Überrechnung der Guthaben ergab.

Nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens war daher die Aufrechnung der später entstandener Einkommensteuerguthaben 2004 und 2005 mit den genannten, beim Zollamt Linz Wels aushaftenden Verbindlichkeiten zulässig.

Wie bereits eingangs erwähnt, ist im Abrechnungsbescheidverfahren die Rechtmäßigkeit von Abgabenfestsetzungen nicht zu prüfen, sondern wären derartige Einwendungen in Form von Rechtsmitteln gegen die entsprechenden Abgabenfestsetzungsbescheide geltend zu machen gewesen.

Nach § 115 Abs. 2 BAO ist Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach ständiger Rechtsprechung erstreckt sich das Parteiengehör nur auf sachverhaltsbezogene Umstände, nicht jedoch auf Rechtsansichten.

Nachdem das Finanzamt in der Begründung zur Berufungsvorentscheidung ausdrücklich darauf verwies, dem Bw anlässlich einer Vorsprache die Verrechnung der Gutschriften mit Abgabenschuldigkeiten beim Hauptzollamt Linz dargelegt zu haben, ist nicht erkennbar, wodurch genau sich der Bw in seinem Recht auf Gewährung des Parteiengehörs verletzt erachtet.

Die Verrechnungsvorschriften des § 215 BAO sind zwingendes Recht, sodass die Verrechnung nicht im Ermessen der Abgabenbehörde stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 215 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 199 KO, Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914
Schlagworte
Abschöpfungsverfahren
Verrechnung
Rückzahlung

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