Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.11.2019, RV/5100749/2014

Kalkulatorische Schätzung und Sicherheitszuschlag aufgrund mangelhafter Aufzeichnungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch Einzelrichter in der Beschwerdesache über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Grieskirchen Wels vom betreffend Einkommensteuer 2009, Umsatzsteuer 2009, Einkommensteuer 2010, Umsatzsteuer 2010, Einkommensteuer 2011 und Umsatzsteuer 2011 zu Recht: 

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
    Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
    Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
     

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer betreibt ein Hotel mit dazugehörigem Restaurant in der Rechtsform eines Einzelunternehmens.

Im Zuge einer beim Beschwerdeführer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung betreffend ua Umsatzsteuer und Einkommensteuer der Jahre 2009 bis 2011 wurden unter anderem diverse Mängel in der Buchführung festgestellt, die im Besprechungsprogramm für die Schlussbesprechung im Wesentlichen wie folgt dargelegt wurden:

  • Betreffend die Erfassung der Geschäftsfälle im Verkauf (Bonierungs- und Abrechnungssystem) hätten keine Grundaufzeichnungen zur Verfügung gestellt werden können. Für diesen Bereich seien zwar Auswertungen in Form von Excel-Dateien vorgelegt worden, jedoch konnten die (vollständigen) Daten (Registrierkassen-Journal mit fortlaufender Geschäftsfall-Nr.) nicht auch auf Datenträgern zur Verfügung gestellt werden.

  • Weiters seien die Inventuren unvollständig. Insbesondere seien selbst hergestellte Getränke Selbst hergestellte Getränke und Kaffee-Bohnen nicht in die Inventur aufgenommen worden. Die Original-Bestandsaufnahmen konnten nicht für alle Prüfungsjahre vorgelegt werden.

  • Der Prüfer stellte zudem fest, dass pro Prüfungsjahr einige Ausgangsrechnungs-Nummern gefehlt hätten.

  • Betreffend die Führung des Kassabuches stellte der Prüfer fest, dass nachträgliche Einfügungen und Überschreibungen vorgenommen worden seien.

Zudem wurde vom Prüfer festgestellt, dass die erklärten Rohaufschläge in den Prüfungsjahren stark schwanken würden. Es wurde vom Prüfer daher eine Nachkalkulation durchgeführt, welche zusammengefasst Kalkulationsdifferenzen in folgender Höhe ergab:

Weiters hätten sich beim Kaffee mengenmäßig enorme Differenzen zwischen dem erklärten Wareneinsatz und den erklärten Erlösen ergeben.

Die vom Prüfer für die Kostenstelle Küche („Kalkulationsdifferenz 10%“) durchgeführte Kalkulation zeigt folgendes Bild:

Die festgestellten „Kalkulationsdifferenzen 20%“ resultieren aus nach vergleichbarem Schema für einzelne Warengruppen (Wein, Bier, alkoholfreie Getränke, Spirituosen, Rauchwaren) durchgeführten Nachkalkulationen.

Im Zuge der Schlussbesprechung wurden vom Prüfer die von ihm festgestellten Kalkulationsdifferenzen aufgrund der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente und Einwendungen auf folgende Beträge reduziert:

Im Jahr 2009 wurde somit die Kalkulationsdifferenz 20% von 13.000,- Euro auf 8.000,- Euro reduziert; die Kalkulationsdifferenz 10% wurde von 41.000,- Euro auf 15.000,- Euro reduziert. Im Jahr 2011 wurde die Kalkulationsdifferenz 20% von 28.000,- Euro auf 8.000,- Euro reduziert.

Auf dieser Grundlage nahm der Prüfer Zuschätzungen in Höhe der festgestellten Kalkulationsdifferenzen vor. Darüber hinaus wurde vom Prüfer aufgrund der festgestellten Buchführungsmängel sowie aufgrund festgestellter Mängel in der Gutscheinverwaltung ein Sicherheitszuschlag iHv 1% des erklärten Umsatzes festgesetzt. Im Jahr 2011 wurde zudem ein (zusätzlicher) „Eigenverbrauch“ im Betrag von 2.000,- Euro in Ansatz gebracht.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ unter anderem entsprechende Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheide, jeweils nach Wiederaufnahme der betreffenden Verfahren.

Der Beschwerdeführer erhob gegen die hier verfahrensgegenständlichen Bescheide rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Sicherheitszuschläge unangemessen hoch ausfallen würden und die festgestellten Kalkulationsdifferenzen nicht der Realität entsprächen. Betreffend die Kalkulationsdifferenzen wird in der Begründung zunächst darauf verwiesen, dass die verbrauchten Waren zum Teil in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden (zB Verbrauch von Spirituosen in der Küche) und dass bestimmte Produkte zum Teil als Begrüßungs- und/oder als Weihnachtsgeschenke an die Kunden und Geschäftspartner abgegeben würden.

Betreffend den vom Prüfer in Ansatz gebrachten Rohaufschlag Küche (Kalkulationsdifferenz 10%) wird vorgebracht, dass ein Rohaufschlag von 320% überhöht sei und darauf verwiesen, dass es eine große Vielfalt an angebotenen Speisen sowie vom Kunden abhängige unterschiedliche Preise für diese gäbe und eine Nachkalkulation daher unmöglich sei. Zudem sei der Wareneinsatz aufgrund hoher Qualitätsstandards „generell höher als in so manchen Vergleichsbetrieben“.

Betreffend das Streitjahr 2009 wird ausgeführt, dass in diesem Jahr (bis Herbst) ein Zubau realisiert wurde und die Baustelle zu diversen Beeinträchtigungen im Betriebsablauf geführt habe, sodass der Schwund im Bereich Küche für dieses Jahr auf 8% zu erhöhen sei. Zudem seien Handwerker und diverse mit der Baustelle betraute Personen regelmäßig zum Essen eingeladen worden. Darüber hinaus seien die Baufirmen inklusive Arbeiter zweimal zu Eröffnungsfeiern eingeladen worden. Auch Gästen seien aufgrund der mit der Baustelle verbundenen Beeinträchtigungen verschiedenste Einladungen zugekommen, deren Aufzeichnung allerdings verabsäumt worden sei. Zudem seien im Jahr 2009 diverse Produkte als Weihnachtsgeschenke verteilt worden („Vierzeiler, Linzer-Torte, Marmelade ca. 50 Stück“).

Auch bei den Getränken (Kalkulationsdifferenz 20%) sei es im Zuge der Bauarbeiten (im Jahr 2009) zu diversen Einladungen gekommen. Zudem seien bestimmte Getränke zum Teil in Pauschalangeboten enthalten und seien daher nicht gesondert boniert worden (zB Kaffee und alkoholfreie Getränke bei Seminaren; Kaffee bei Frühstücksbuffet; Sektfrühstück für Hochzeitspaare [ca 20 mal pro Jahr; zudem gebe es für die Hochzeitspaare eine Nächtigung inklusive Frühstück kostenlos]; eine Flasche Wein und Mineralwasser bei „candle light dinner“ [ca 50 mal pro Jahr]).

Beim Bier sei zu berücksichtigen, dass der Vater des Beschwerdeführers Bier im Wert von 3.500,- Euro netto pro Jahr konsumiert habe.

Die vom Prüfer im Jahr 2011 festgestellte Kalkulationsdifferenz beim Wein könne man sich nicht erklären. Den Kellnern sei „mehrmals aufgefallen, dass die Kühllade für den Wein in der Bar bis zum Dienstantritt am Nachmittag relativ schnell aufgebraucht wurde. Da im Haus nicht alles abgesperrt werden kann, besteht die Möglichkeit sich Zutritt zu verschaffen.

Betreffend die von der belangten Behörde in Ansatz gebrachten Sicherheitszuschlag wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eingestehe, „dass Schlampigkeitsfehler passiert sind bei der Vergabe von Rechnungsnummern, Gutscheinverwaltung (da die Aufzeichnungen früher manuell geführt wurden), mangelnde Aufzeichnungen bzgl. Einladungen bzw. bei der Kassabuchführung. Solche Fehler entstehen gerade in der Hektik des Tagesgeschäftes vor allem im Restaurant und an der Rezeption.“ Diese Vorkommnisse würden jedoch nicht die von der belangten Behörde angesetzten Sicherheitszuschläge rechtfertigen und seien „daher auf ‚Null’ zu setzen.“

Zur oa Berufung wurde der belangten Behörde vom Prüfer eine Stellungnahme (Aktenvermerk vom ) übermittelt, in der ua zum Punkt Kalkulationsdifferenz ausgeführt wird, dass die in der Berufung vorgebrachten Argumente – soweit sie berechtigt seien – bereits im Zuge der Schlussbesprechung in Form entsprechender Abschläge berücksichtigt worden seien. Dies sei erkennbar an der im Zuge der Schlussbesprechung (im Vergleich zum Besprechungsprogramm) erfolgten Reduktion der Kalkulationsdifferenzen.

In der Folge erließ die belangte Behörde betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2009 – 2011 Beschwerdevorentscheidungen, die die von der Betriebsprüfung vorgenommenen Hinzurechnungen in Form von Kalkulationsdifferenzen und Sicherheitszuschlägen bestätigten. Begründend wurde dazu wie folgt ausgeführt:

Im Zuge der Schlussbesprechung wurden die Grundlagen zur Schätzungsberechtigung und Schätzungsverpflichtung gem. § 184 BAO dargelegt. Dem steuerlichen Vertreter wurden dabei Schätzungsausgangspunkt, die angewendete Schätzungsmethodik, sonstige Überlegungen und Schlussfolgerungen ausführlich zur Kenntnis gebracht. Die vom steuerlichen Vertreter vorgebrachten Einwendungen (Baustelle, Verpflegung Bauarbeiter, Eröffnungsfeiern, Eigenverbrauch Vater, Spirituosen Küche, Begrüßungsstamperl, etc.) wurden erörtert und dementsprechend beim Schätzungsergebnis berücksichtigt.

In der gegenständlichen Berufung/Beschwerde wurden bezüglich der festgestellten Kalkulationsdifferenzen und vorgenommenen Sicherheitszuschläge inhaltlich keine neuen Argumentationen bzw. neuen Anhaltspunkte vorgebracht. Die in der Berufung wiederholt angeführten Einwendungen (Eigenverbrauch Vater, Baustelle, Eröffnungsfeiern, Spirituosen Küche, etc.) sind bereits im Zuge der Schlussbesprechung abgehandelt bzw. berücksichtigt worden. Der Ansatz eines Sicherheitszuschlages war notwendig, weil die Bücher und Aufzeichnungen unvollständig geführt wurden (zB fehlende Verbuchung Gutscheine, etc.). Die Höhe des Sicherheitszuschlages deckt dabei im Mindestmaß bspw. die nachträgliche Bestandseinbuchung von Gutscheinen (siehe Schlussbesprechungsprogramm) ab. Überdies gab der Abgabepflichtigen selbst zu, dass bei den Aufzeichnungen Fehler passiert sind. Die Schätzung der Umsätze und die Verhängung eines Sicherheitszuschlags erfolgten somit zu Recht.“

Mit Schreiben vom stellt der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers einen Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 2009 – 2011. Darin wird beantragt, „die festgesetzten Kalkulationsdifferenzen zu berichtigen und die Sicherheitszuschläge auf € NULL zusetzen.“ In der Begründung wird dabei zunächst auf die in der Berufung bereits enthaltene Begründung verwiesen. Weiters wird darauf hingewiesen, dass die vom Prüfer festgestellten Kalkulationsdifferenzen in den einzelnen Jahren 2,3% (2009), 0,49% (2010) und 0,78% (2011) vom Gesamtumsatz betragen würden. Diese Differenzen könnten durch die in der Berufung dargelegten Umstände hervorgerufen werden. Zu der in der Schlussbesprechung thematisierten Problematik der Gutscheinverwaltung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass ausgestellte Gutscheine ab Oktober 2006 in einer Liste erfasst würden; davor sei eine Erfassung ausgestellter Gutscheine gänzlich unterblieben. Bei Einlösung der Gutscheine werde die erbrachte Leistung in das Kassensystem einboniert und als Zahlungsmittel „Gutschein“ eingegeben. Bei Bilanzerstellung zum Stichtag seien die Gutscheinbestände aus dem Zeitraum 10/2006 bis 12/2011 buchhalterisch angepasst worden. Zum Kassensystem wird zusammengefasst vorgebracht, dass die Unmöglichkeit einer Journalauswertung in der Sphäre des Anbieters des vom Beschwerdeführer verwendeten Kassensystems zu sehen und dem Beschwerdeführer nicht bekannt gewesen sei.

Am wurde die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Gemäß § 323 Abs 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Dementsprechend stellt das Bundesfinanzgericht auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Beschwerdeführer betrieb in den Streitjahren 2009 bis 2011 bzw betreibt ein Wellnesshotel mit dazugehörigem Restaurant in der Rechtsform eines Einzelunternehmens.

Nach der Maßgabe der Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung über den Zeitraum 2009 bis 2011 sind folgende Mängel der Bücher und Aufzeichnungen des Beschwerdeführers festzustellen:

1. Aufzeichnungsmängel Losungsermittlung: Die Erfassung der Geschäftsfälle im Verkauf erfolgte mittels elektronischer Datenverarbeitung. Die diesbezüglichen Grundaufzeichnungen konnten vom Beschwerdeführer nicht zur Verfügung gestellt werden; stattdessen erfolgte eine Vorlage von Auswertungen in Form von Excel-Dateien.

2. Unvollständige Inventuren: Bestimmte Produkte (selbsthergestellte Getränke, Kaffeebohnen) wurden nicht in die Inventur aufgenommen. Darüber hinaus konnten die Uraufzeichnungen zur Inventur nicht vollständig vorgelegt werden.

3. Fehlende Ausgangsrechnungsnummern: Bei den in der Buchhaltung erfassten Ausgangsrechnungen sind in jedem der Streitjahre Lücken bei den vergebenen Rechnungsnummern festzustellen.

4. Formelle Mängel Kassabuch: Das Kassabuch weist nachträgliche Einfügungen und Überschreibungen auf.

5. Mängel bei der Gutscheinerfassung: Ausgestellte Gutscheine wurden seit Oktober 2006 in einer Liste erfasst; davor ist eine Erfassung ausgestellter Gutscheine gänzlich unterblieben. Bei Bilanzerstellung zum Stichtag sind die Gutscheinbestände aus dem Zeitraum 10/2006 bis 12/2011 buchhalterisch angepasst worden.

Aufgrund dieser Mängel ist davon auszugehen, dass nicht alle Geschäftsfälle ordnungsgemäß erfasst wurden.

In Übereinstimmung mit der im Zuge der Betriebsprüfung vom Prüfer vorgenommenen Nachkalkulation sind Kalkulationsdifferenzen in folgender Höhe festzustellen:

2.Beweiswürdigung

Die Feststellungen betreffend die Mängel der Bücher und Aufzeichnungen des Beschwerdeführers (Aufzeichnungsmängel Losungsermittlung; unvollständige Inventuren; fehlende Ausgangsrechnungsnummern; formelle Mängel Kassabuch; Mängel bei der Gutscheinerfassung) beruhen auf den von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist. So wurden zwar im Vorlageantrag Erklärungen für die festgestellten Mängel bei der Gutscheinerfassung und betreffend das Kassensystem vorgebracht; das Bestehen der festgestellten Mängel wurde jedoch nicht in Abrede gestellt. Vielmehr wurde darauf hingewiesen, dass der „Hotelbetrieb mit Wellness […] überdurchschnittlichen Einsatz der gesamten Familie [erfordert] und es kann dabei auch die eine oder andere Ungereimtheit auftauchen.“ Auch in der Beschwerde wurde bereits eingestanden, „dass Schlampigkeitsfehler passiert sind bei der Vergabe von Rechnungsnummern, Gutscheinverwaltung (da die Aufzeichnungen früher manuell geführt wurden), mangelnde Aufzeichnungen bzgl. Einladungen bzw. bei der Kassabuchführung. Solche Fehler entstehen gerade in der Hektik des Tagesgeschäftes vor allem im Restaurant und an der Rezeption.

Betreffend die festgestellten Kalkulationsdifferenzen ist wie folgt auszuführen:

(i) Kalkulationsdifferenzen 20%

Die festgestellten „Kalkulationsdifferenzen 20%“ beruhen auf der vom Prüfer für einzelne Warengruppen (Wein, Bier, alkoholfreie Getränke, Spirituosen, Rauchwaren) durchgeführten Nachkalkulationen.

Hinsichtlich der Schätzungsmethode durch Nachkalkulation bringt die Beschwerde nichts vor. Umstritten ist lediglich die Höhe der Zuschätzungen.

Im Allgemeinen ist anzumerken, dass seitens des Beschwerdeführers keine zielführenden Beweisanträge zur Ermittlung wirklichkeitsnaher Schätzungsgrundlagen erstattet wurden. Zu den vom Beschwerdeführer implizierten Diebstählen betreffend den Wein im Jahr 2011 ist anzumerken, dass diese durch keinerlei konkrete Anhaltspunkte untermauert wurden, sodass insoweit kein substantiiertes Vorbringen vorliegt. Betreffend die sich auf das Jahr 2009 beschränkenden Einladungen von Handwerkern und Bauarbeitern ist zudem anzumerken, dass der vom Beschwerdeführer in seiner Umsatzsteuererklärung 2009 unter der KZ 001 angegebene Eigenverbrauch nur um ca 1.200 Euro höher war als im Folgejahr (6.795,41 Euro in 2009; 5.579,95 Euro in 2010; 12.653,55 Euro in 2011) und auch sonst keine diesbezüglichen Aufzeichnungen vorgelegt wurden. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die vom Prüfer vorgenommene Nachkalkulation in jedem Streitjahr nach demselben Schema erfolgte und diese im Jahr 2010 sogar zu einer negativen Kalkulationsdifferenz führte (dh die erklärten Erlöse waren in diesem Jahr höher als die kalkulierten Erlöse). Weshalb die vom Prüfer durchgeführte Nachkalkulation nur in den Jahren 2009 und 2011 zu nicht der Realität entsprechenden Ergebnissen geführt haben sollte, vermochte der Beschwerdeführer im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen nicht glaubhaft darzulegen.

Die in der Beschwerde erfolgten Vorbringen wurden vor diesem Hintergrund – soweit berechtigt – nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes bereits ausreichend durch die belangte Behörde berücksichtigt. So wurde die Kalkulationsdifferenz 20% aufgrund der bereits in der Schlussbesprechung vorgebrachten Einwendungen von 13.000,- Euro auf 8.000,- Euro reduziert. Im Jahr 2011 wurde die Kalkulationsdifferenz 20% von 28.000,- Euro auf 8.000,- Euro reduziert.

(ii) Kalkulationsdifferenzen 10%

In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass der Rohaufschlag Küche mit 320% überhöht sei. Zudem sei eine Nachkalkulation aufgrund der Vielfalt der unterschiedlichen Speisen und aufgrund vom Kunden abhängigen Preisunterschieden unmöglich.

Betreffend die Schätzungsmethode ist wie folgt auszuführen:

Wenn in einem Betrieb Waren ihrer Natur nach mit verschiedenen Rohaufschlagssätzen gehandelt werden, kann der Abgabepflichtige durch eine vollständige Darlegung seines Wareneinsatzes die Unrichtigkeit des von der Behörde ermittelten durchschnittlichen Rohaufschlages einwenden (Stoll, BAO-Kommentar 1934). Geschieht dies nicht, kann die Behörde von einem Durchschnittsrohaufschlag ausgehen ().

Im Beschwerdefall beschränkt sich das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der angewandten Schätzungsmethode auf die Behauptung der Unmöglichkeit einer Nachkalkulation, ohne dabei zielführende Beweisanträge zur Ermittlung wirklichkeitsnaher Schätzungsgrundlagen zu erstatten. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen kann der Beschwerdeführer damit jedoch keine Bedenken an der vom Prüfer angewandten Schätzungsmethode hervorrufen. Insbesondere ist für das Bundesfinanzgericht nicht erkennbar, durch welche andere Schätzungsmethode ein im Vergleich zu der vom Prüfer gewählten Methode der Realität näherkommendes Schätzungsergebnis erzielt hätte werden können.

Betreffend die Höhe der Zuschätzungen ist wie folgt auszuführen:

Die im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten Erklärungen zu den vom Prüfer im Bereich „Küche“ festgestellten Kalkulationsdifferenzen beziehen sich großteils auf diverse Einladungen im Zuge der Bauarbeiten im Jahr 2009. Soweit in diesem Zusammenhang Einladungen von Handwerkern und Bauarbeitern zum Mittagessen und/oder Frühstück sowie zu Eröffnungsfeiern angesprochen werden, ist – ebenso wie bei den Kalkulationsdifferenzen 20% – anzumerken, dass der vom Beschwerdeführer in seiner Umsatzsteuererklärung 2009 unter der KZ 001 angegebene Eigenverbrauch nur um ca 1.200 Euro höher war als im Folgejahr (6.795,41 Euro in 2009; 5.579,95 Euro in 2010; 12.653,55 Euro in 2011) und auch sonst keine diesbezüglichen Aufzeichnungen vorgelegt wurden. Betreffend das Vorbringen, dass auch Gäste, die sich durch die Bauarbeiten belästigt fühlten, eingeladen worden seien, ist darauf zu verweisen, dass eine Aufzeichnung dieser Einladungen der Beschwerde zufolge „in der ganzen Hektik der Baustelle und dem laufenden Betrieb“ verabsäumt worden sei. Auch in der Beschwerde werden keinerlei Angaben über das Ausmaß dieser Einladungen gemacht, sodass sich das Vorbringen als nicht substantiiert erweist.

Soweit die in der Beschwerde in diesem Zusammenhang erfolgten Vorbringen berechtigt waren (zB erhöhter Schwund im Bereich Küche während der Bauarbeiten), wurden diese nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes bereits ausreichend durch die belangte Behörde berücksichtigt. So wurde die Kalkulationsdifferenz 10% aufgrund der in der Schlussbesprechung vorgebrachten Einwendungen im Jahr 2009 von 41.000,- Euro auf 15.000,- Euro reduziert.

Betreffend das Vorbringen, dass der (im Jahr 2011 in Ansatz gebrachte) Rohaufschlag Küche mit 320% überhöht sei, ist anzumerken, dass in den Vorjahren vom Prüfer zwar ein niedrigerer Rohaufschlag in Ansatz gebracht wurde (300% in 2009 und 310% in 2010); die im Jahr 2011 errechnete Kalkulationsdifferenz war im Vergleich zu den Vorjahren jedoch deutlich geringer (15.000 Euro in 2009; 6.000 Euro in 2010; 2.000 Euro in 2011). Zudem wurden im Beschwerdeverfahren keinerlei konkrete Vorbringen oder Beweisanträge betreffend die tatsächliche Höhe des anzusetzenden Rohaufschlages erstattet. Weshalb der vom Prüfer in Ansatz gebrachte Rohaufschlag gerade im Jahr 2011 zu nicht der Realität entsprechenden Ergebnissen geführt haben sollte, vermochte der Beschwerdeführer somit nicht glaubhaft darzulegen.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die unter Punkt 1 angeführten Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Berechtigung zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen

Gemäß § 163 Abs 1 BAO haben Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften des § 131 BAO entsprechen, die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

Gemäß § 184 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

§ 184 Abs 3 BAO ist unter anderem dann zu schätzen, „wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.“

Im Beschwerdefall entsprechen die Bücher und Aufzeichnungen aufgrund der festgestellten Mängel nicht den Vorschriften des § 131 BAO, sodass die in § 163 Abs 1 BAO normierte Vermutung der ordnungsgemäßen Führung derselben nicht zur Anwendung gelangt.

Liegen – wie im Beschwerdefall – formelle Fehler der Bücher und Aufzeichnungen vor, die zu Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen Anlass geben, bedarf es nach der Rechtsprechung des VwGH keines Nachweises, dass die genannten Unterlagen mit den Wirtschaftsabläufen tatsächlich nicht übereinstimmen (vgl zB ; ). Zwar steht dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit offen, die sachliche Richtigkeit seiner formell mangelhaften oder unrichtigen Aufzeichnungen zu beweisen und damit der ansonsten bestehenden Schätzungsbefugnis entgegenzuwirken (vgl wiederum ); im vorliegenden Fall hat jedoch der Beschwerdeführer die schon vom Prüfer festgestellten Mängel seiner Buchführung niemals bestritten, sondern es wurde ausschließlich die Höhe der in Ansatz gebrachten Zuschätzungen moniert.

Im Beschwerdefall war somit bereits auf Grund der von der Betriebsprüfung aufgezeigten wesentlichen formellen Mängel in der Buchführung und Aufzeichnungsführung eine Schätzung im Hinblick auf die Bestimmungen des § 184 BAO jedenfalls geboten (vgl zB ; und 0034).

Soweit im Vorlageantrag vorgebracht wird, dass die vom Prüfer festgestellten Kalkulationsdifferenzen im Verhältnis zu den Gesamtumsätzen geringfügig seien, ist dem zu entgegnen, dass nach der Rsp des VwGH nur bei einer formell ordnungsgemäßen Buchführung davon gesprochen werden kann, dass eine nur geringfügige Differenz zwischen erklärtem Umsatz und kalkuliertem Umsatz zur Vornahme einer Schätzung nicht berechtige (). Lediglich wenn sich durch eine Nachkalkulation Bedenken ob der sachlichen Richtigkeit einer formal ordnungsmäßigen Buchführung ergeben, setzt eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach der Rsp des VwGH die Überschreitung einer Toleranzgrenze voraus (vgl ).

Im Übrigen ist anzumerken, dass die Notwendigkeit einer Schätzung kein Verschulden der Partei – zB am Fehlen von Aufzeichnungen – voraussetzt, sondern beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die wahren Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln und zu berechnen (vgl ua , wonach es ohne Belang ist, aus welchem Grund Aufzeichnungsmängel aufgetreten sind; ; Ritz, BAO6 § 184 Rz 6 mwN). Das im Vorlageantrag enthaltene Vorbringen, dass die Unmöglichkeit einer Journalauswertung in der Sphäre des Anbieters des vom Beschwerdeführer verwendeten Kassensystems zu sehen sei, geht somit ins Leere.

3.2. Schätzungsmethode und Anwendung eines Sicherheitszuschlages

Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei (vgl Ritz, BAO6 § 184 Rz 12 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist Ziel einer Schätzung, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen (vgl zB ; und ), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (zB ; ). Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung dieses Zieles am geeignetsten erscheint (vgl Ritz, BAO6 § 184 Rz 12 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).

Im Beschwerdefall wurde vom Prüfer für einen Teilbereich eine kalkulatorische Schätzung durchgeführt, gegen die sich der Beschwerdeführer nicht substantiiert gewendet hat (siehe dazu die unter Punkt 2. erfolgten Ausführungen). Darüber hinaus wurde vom Prüfer bzw von der den Feststellungen des Prüfers folgenden belangten Behörde ein Sicherheitszuschlag in Ansatz gebracht, der mit 1% vom Gesamtumsatz berechnet wurde.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass – in Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind – auch die Anwendung eines Sicherheitszuschlages ein zulässiges Element der möglichen Schätzungsmethoden darstellt (zB ; ; ). Hiermit werden Fälle erfasst, in denen es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht gesetzeskonform aufgezeichnet wurden (vgl zB ; ; ). Solche Sicherheitszuschläge können sich (beispielsweise) an den Gesamteinnahmen, an den Einnahmenverkürzungen oder auch – wie im gegenständlichen Fall – an den Umsätzen orientieren ().

Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass dem Sicherheitszuschlag – ebenso wie anderen Schätzungskomponenten – kein Strafcharakter zukommt (kein „Straf-Zuschlag“; vgl Ritz, BAO6 § 184 Rz 18 mwN). Auch der Sicherheitszuschlag hat damit dem Ziel, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, zu dienen. Vor diesem Hintergrund kommt im Beschwerdefall allerdings der Ansatz eines Sicherheitszuschlages insoweit nicht in Betracht, als bereits kalkulatorisch geschätzt wurde. So darf nach der Rsp des VwGH etwa kein zusätzlicher Sicherheitszuschlag verhängt werden, wenn die Einnahmen global – etwa kalkulatorisch – geschätzt werden (; Ritz, BAO6 § 184 Rz 18 mwN).

Jene Umsätze, für die eine kalkulatorische Schätzung durchgeführt wurde, sind somit aus der Bemessungsgrundlage des Sicherheitszuschlages auszuscheiden. Die Sicherheitszuschläge sind folglich auf folgende Beträge zu reduzieren: 5.025 Euro im Jahr 2009; 6.221 Euro im Jahr 2010; 5.965 Euro im Jahr 2011. Betreffend die Berechnung dieser Beträge wird auf das beiliegende Berechnungsblatt („Neuberechnung Sicherheitszuschlag“) verwiesen.

Im Übrigen ist unter den gegebenen Umständen nicht zu erkennen, dass griffweise und sich dementsprechend einer detaillierten Begründung entziehende Zuschätzungen in Form von Sicherheitszuschlägen in der oa Größenordnung im Beschwerdefall unsachlich wären.

4. Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis folgt das Bundesfinanzgericht der hg einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

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