Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 24.04.2006, RV/1971-W/03

Mietvertrag auf 10 Jahre abgeschlossen, einmalige Kündigungs- möglichkeit der Mieterin nach 2 Jahren vereinbart

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/16/0072 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch F., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , St. Nr. XY betreffend Gebühren entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) als Pächterin hat am 18./ mit der B-Gesellschaft als Verpächterin, einen Pachtvertrag betreffend die Geschäftseinheit Nummer SU 25 mit einer Nutzfläche von ungefähr 156 Quadratmetern abgeschlossen.

Die Vertragsurkunde wurde von beiden Vertragspartnern unterfertigt und dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien zur Vergebührung angezeigt.

Gemäß Punkt 7. des Vertrages ("Wichtige Finanzzahlen") wurden bezüglich des Pachtzinses folgende Vereinbarungen getroffen:

"7.1. Der vom Bestandnehmer zu bezahlende Jahreszins stellt den jeweils höheren Betrag von Mindestzins und Umsatzzins dar.

7.1.1 MINDESTZINS ..... Monatlich EUR 24,00 pro Quadratmeter für das erste Geschäftsjahr. Für jedes folgende Geschäftsjahr beträgt der Mindestzins den jeweils höheren Betrag von a) dem Mindestzins, welcher für das vorangehende Geschäftsjahr zu bezahlen war; und b) 80 % des für das vorangehende Geschäftsjahr zu zahlenden Jahreszinses

7.1.2. UMSATZZINS ....: 8,5 % des Umsatzes des Bestandnehmers in jedem Geschäftsjahr

7.2. NEBENKOSTEN Vorauszahlung der Nebenkosten für die erste Nebenkostenperiode .....

7.2.2. Kosten der WERBUNG: EUR 6,07 pro Quadratmeter pro Monat....."

Betreffend die Vertragsdauer heißt es im Vertrag unter Punkt 9. (DAUER): "Das Pachtverhältnis wird auf die Dauer von 10 Bestandjahren abgeschlossen, beginnend mit dem Tag, an dem der Bestandnehmer den Bestandgegenstand zum Geschäftsbetrieb eröffnet. Zahlungsbeginn ist auf jeden Fall der ."

Gemäß Punkt 10. (Spezielle Abreden) heißt es sodann: "Die Vereinbarung kann durch den Bestandnehmer einmalig mit Ablauf des zweiten Bestandjahres unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden......"

Auf Grund dieses Rechtsgeschäftes schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € 735.920,40 in Höhe von € 7.359,20 vor. Dabei ging das Finanzamt bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage von einer bestimmten Dauer und somit vom 10-fachen Jahresentgelt aus.

Da nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabenpflicht noch ungewiss war, erfolgte die Vorschreibung gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung bringt die Bw, vor, dass gemäß Punkt 10. des Vertrages unter dem Titel "spezielle Abreden" ihr das Recht eingeräumt worden sei, mit Ablauf des 2. Bestandjahres das Bestandverhältnis unter Einhaltung einer sechs monatigen Frist ohne Angaben von Gründen zu kündigen.

Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege, wenn nach einem dem Wortlaut auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag auch nur eine Partei ein unbeschränkte Kündigungsrecht eingeräumt sei, ein Vertag auf unbestimmte Zeit vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 15 Abs. 1 GebG sind das Vorliegen eines Rechtsgeschäftes und die Errichtung einer Urkunde über dieses Rechtsgeschäft Voraussetzung für die Gebührenpflicht.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 lit a GebG entsteht die Gebührenschuld bei zweiseitig verbindlichen Rechtsgeschäften - wie beim Mietvertrag -, wenn die Urkunde von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Unterzeichnung.

Als wesentlicher Grundsatz des Gebührenrechtes ist im § 17 Abs. 1 GebG bestimmt, dass für die Festsetzung der Gebühr der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend ist. Andere Tatsachen oder Abreden, auf die in der Urkunde nicht Bezug genommen ist, sind für ihre gebührenrechtliche Beurteilung unmaßgeblich.

Weiters ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt (§ 17 Abs. 4 leg.cit. ).

Im Bereich des III. Abschnittes des Gebührengesetzes insbesondere aus den Bestimmungen des § 17 ist die formalrechtliche Betrachtungsweise deutlich erkennbar. Bei solchen Tatbeständen ist schon aus dem Tatbestandsmerkmal heraus bei der Beantwortung der Frage, ob der Sachverhalt unter eine Norm subsumiert werden kann, die entsprechende formalrechtliche Beurteilung geboten und nur in diesem tatbestandsmäßig vorbestimmten Rahmen für die wirtschaftliche Betrachtungsweise Raum gegeben.

Strittig ist im Berufungsfall alleine die Frage der Vertragsdauer.

Entsprechend den in den §§ 15 - 17 GebG normierten Grundsätzen und in Verbindung mit § 33 TP 5 GebG gilt der gegenständliche Pachtvertrag auf 10 Jahre abgeschlossen. Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass der Pächterin das Recht eingeräumt wurde, mit Ablauf des 2. Bestandjahres das Bestandverhältnis einmalig unter Einhaltung einer sechs monatigen Frist ohne Angaben von Gründen zu kündigen. Denn macht die Pächterin von diesem ihr eingeräumten Recht keinen Gebrauch, so läuft der Vertrag ohne weitere Kündigungsmöglichkeit weitere 8 Jahre.

Der Formulierung im Vertrag zufolge erstreckt sich der Bestandvertrag somit von vornherein auf einen gesamten Zeitraum von 10 Jahren, ohne dass es dazu einer neuerlichen Willenseinigung von Verpächter und Pächter bedarf. Entsprechend den für die Festsetzung der Gebühren maßgebenden Urkundeninhalt der Punkte 9 und 10 haben die Vertragspartner eine auflösend bedingte Vertragsdauer vereinbart.

Der Inhalt des Begriffes "Bedingung" im Tatbestand des § 17 Abs. 4 GebG, wonach es, wie bereits ausgeführt, auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss ist, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt, ergibt sich aus dem bürgerlichen Recht (vgl. dazu die §§ 696 und 704 ABGB sowie die Ausführungen von Koziol/Welser, Bürgerliches Recht 12 I, 175f.). Danach versteht man unter einer Bedingung die einem Rechtsgeschäft von den Parteien hinzugefügte Beschränkung, durch die der Eintritt oder die Aufhebung einer Rechtswirkung von einem ungewissen Umstand abhängig gemacht wird. Sollen die Rechtswirkungen eines Geschäftes sofort eintreten, aber wieder aufhören, wenn und sobald ein ungewisses Ereignis eintritt, so ist das Geschäft unter einer auflösenden Bedingung (Resolutivbedingung) geschlossen (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/15/0171 und vom , 2000/16/0322).

Wie sich aus Punkt 9 des vorliegenden Vertragstextes eindeutig ergibt, wurde der Pachtvertrag auf 10 Jahre abgeschlossen; beschränkend dazu wurde in Punkt 10 vereinbart, dass der Pächterin das Recht eingeräumt wird, mit Ablauf des 2. Bestandjahres das Bestandverhältnis einmalig unter Einhaltung einer sechs monatigen Frist ohne Angaben von Gründen zu kündigen. Damit ist die Möglichkeit der Kündigung jener ungewisse Umstand, der die vereinbarte Bestanddauer vorzeitig auflösen kann.

So muss auch der Einwand der Bw., es liege im Berufungsfall durch die Möglichkeit der Kündigung nach Ende des zweiten Bestandsjahres ein Vertrag auf unbestimmte Zeit vor, ins Leere gehen. Denn im Falle der Nichtinanspruchnahme der einmaligen Kündigungsmöglichkeit durch die Bw. wird der Vertrag nicht auf unbestimmte Zeit verlängert, sondern bleibt ohne weiter Möglichkeit der Aufkündigung für die von vornherein bestimmte Zeit von insgesamt 10 Jahren aufrecht.

Die Berufung war somit als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Mietvertrag
bestimmte Dauer
Kündigung
Bedingung
Verweise


Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at