Vorsteuerberichtigung auf Grund eines Konkursverfahrens
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/15/0012 eingebracht. Mit Erk. vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des L, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes S, vertreten durch G, vom betreffend Umsatzsteuerfestsetzung für Mai 2011 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der Bescheid betreffend Umsatzsteuer für Mai 2011 wird abgeändert.
Die getroffenen Feststellungen sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.
Entscheidungsgründe
Die Abgabenbehörde erster Instanz hat im Rahmen einer Nachschau die Zeiträume Jänner bis Dezember 2010 und Jänner bis Mai 2011 betreffend eine Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuern infolge Insolvenz vorgenommen. Als Grundlage diente das Anmeldeverzeichnis zu 7 . Die Berichtigung umfasste die in den Forderungen aus Lieferungen und Leistungen enthaltene Umsatzsteuer € 90.537,31 sowie Vorsteuern aus Forderungen der Leasinggeber in Höhe von € 94.35,77. Insgesamt wurde eine Berichtigung der Vorsteuern in Höhe von € 184.573,08 vorgenommen und gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 für Mai 2011 festgesetzt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens mit eine Berichtigung gemäß § 16 UStG 1994 vorzunehmen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid wurde berufen und unter anderem ausgeführt, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin dem Masseverwalter mitgeteilt habe, dass die von der Schuldnerin geltend gemachten Vorsteuerguthaben von der Abgabenbehörde erster Instanz zu keinem Zeitpunkt akzeptiert worden seien und auch nicht gebucht wurden. Von der Schuldnerin seien keine Vorsteuerguthaben mehr abgegeben worden, nachdem Vorsteuerguthaben von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht anerkannt worden seien. Es bestehe daher kein Anlass zu einer nochmaligen Vorsteuerkorrektur. Der angefochtene Bescheid müsse daher mit 0,00 neu festgesetzt werden. Im Übrigen werde auf die zahlreichen Berufungen der Schuldnerin verwiesen, die integrierter Bestandteil dieser Berufung seien.
Der Geschäftsführer der Schuldnerin (P) habe unter anderem gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer für Jänner 2010 sowie für den Zeitraum Februar bis September 2010 berufen und es werde auf diese Berufung verwiesen. Herr P habe in mehreren Gesprächen den Masseverwalter mitgeteilt, dass gegenüber dem Finanzamt keine Zahllasten, sondern Guthaben bestehen würden und habe dazu eine Aufstellung übergeben. Darin werde vom Geschäftsführer der Schuldnerin (P ) ein Guthaben in Höhe von € 24.711,75 ausgewiesen. Da dieses Guthaben im nunmehr angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt worden sei, sei dieses in dem nunmehr angefochtenen Bescheid zu berücksichtigten.
Für den Fall dass die Abgabenbehörde erster Instanz diesen Ausführungen nicht folgen sollte, werde in eventu zur Vorsteuerberichtigung Folgendes vorgebracht:
Die im Anmeldeverzeichnis ersichtlichen Insolvenzforderungen würden sich nicht nur aus Bruttobeträgen, sondern aus Kapital, Schadenersatzansprüchen, Prozeßkosten (inkl. gerichtlichen Pauschalgebühren) und Zinsen zusammensetzen. Unter Zugrundelegung der Bruttobeträge ohne Zinsen sowie der angemeldeten Bruttokosten errechne sich für die Vorsteuerberichtigung ein Betrag von € 166.322,61, wie der erstellten Tabelle des Masseverwalters zu entnehmen sei. Diese Tabelle sei nach dem im Anmeldeverzeichnis und den einzelnen Forderungsanmeldungen erstellt worden.
Hierzu sei folgendes auszuführen:
Leasinggeber/Nettoforderungen
Von den Leasinggebern
ON 4 R,
ON 6 O,
ON 8 C
ON 25 H
ON 29 M,
ON 35 B,
ON 37 K
seien überwiegend Schadenersatzforderungen angemeldet worden, die sich anhand der Auflösungswerte bzw. restlichen Raten der Leasingverträge berechnen. Diese Schadenersatzforderungen seien daher als Nettobeträge angemeldet worden.
Bankverbindlichkeiten
Die Forderungsanmeldungen
ON 5 O.
ON 7 UC
ON 20 B.
ON 32 T
würden sich auf Bankverbindlichkeiten aus Kreditverhältnissen beziehen.
Nicht gegenüber der Schuldnerin bestehende Forderung
Die Forderungsanmeldung ON 13 (N) betreffe die Firma Y und nicht die Schuldnerin. Für die Forderung der A (ON 17) hafte die Schuldnerin lediglich als Zahlungsgarantin. Die der Forderungsanmeldung zugrunde liegenden Leasingverträge würden auf WH und die Y. lauten.
Sonstiges
Die Forderungsanmeldung ON 22 (Z) würde sich auf einen vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrag beziehen.
Innergemeinschaftliche Leistungen
Auf innergemeinschaftliche und daher umsatzsteuerfreie Leistungen würden sich die Forderungsanmeldungen folgende Gläubiger beziehen:
ON 28 Ü,
ON 31 F und
ON 33 DP
Unter Berücksichtigung des vom Geschäftsführer der Schuldnerin behaupteten Vorsteuerguthabens und der vom Masseverwalter erstellten Vorsteuertabelle errechne sich somit in eventu eine maximale Umsatzsteuerschuld in Höhe von € 141.610,86 (€ 166.322,61 abzüglich € 24.711,75).
Es werde daher der Antrag gestellt, die Abgabenbehörde erster Instanz möge den Bescheid betreffend der Festsetzung der Umsatzsteuer für Mai 2011 aufheben und Umsatzsteuer mit 0,00 oder in eventu mit € 141.610,86 festsetzen.
Der Berufung wurde durch Erlassung einer Berufungsvorentscheidung teilweise stattgegeben und die Umsatzsteuer für Mai 2011 mit € 166.322,61 festgesetzt.
In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass auf Grund der Vorbringen des Masseverwalters hinsichtlich der nicht steuerbaren Schadenersätze, Bankverbindlichkeiten, Garantien, Wechselzahlen etc. die Korrektur im beantragen Ausmaß von € 166.322,61 vorgenommen werde. Das behauptete Vorsteuerguthaben in Höhe von € 24.711,75 habe auf die gegenständlich Entscheidung keinen Einfluss, weil sich dies auf die bei der Rechtsmittelbehörde (Unabhängiger Finanzsenat, Außenstelle Salzburg) unter den Geschäftszahlen RV/0075-S/11 und RV/0076-S/11 anhängige Verfahren beziehen würden.
Gegen diesen Bescheid wurde vom Masseverwalter ein Vorlageantrag eingebracht. In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass mit Berufungsvorentscheidung vom betreffend den Umsatzsteuerbescheid für November 2011 - richtig ist Mai 2011 - auf Grund des Anmeldeverzeichnisses die Vorsteuerberichtigung mit € 166.322,61 festgesetzt worden sei. Da auf Grund des Ergebnisses der Betriebsprüfung festgestellt worden sei, dass die Schuldnerin bereits seit längerer Zeit keine Leasingraten mehr bezahlt habe und die von der Schuldnerin begehrte Vorsteuer nicht gebucht worden sei, könne nicht eine Vorsteuerkorrektur vorgenommen werden, weil dann eine doppelte Belastung bei der Schuldnerin vorliege.
Dem Masseverwalter würden die anlässlich der Betriebsprüfung geprüften Rechnungen der Leasinggesellschaften nicht vorliegen. Es sei jedoch davon auszugehen, wenn die Schuldnerin die Aufkündigung der Leasinggesellschaften im Zivilprozess bekämpfe und keine Leasingraten an die Leasinggeber bezahlt habe, die Forderungen der Leasinggeber im Insolvenzverfahren zur Anmeldung gebracht würden. Diese Forderungsanmeldungen der Leasinggeber seien bei der Vorsteuerberichtigung (Umsatzsteuerbescheid für Mai 2011) berücksichtigt bzw. zu Grunde gelegt worden.
Es könne somit nicht sein, dass einerseits die von der Schuldnerin begehrten Vorsteuerrückzahlungen wegen Nichtzahlung der Rechnungen nicht anerkannt würden, andererseits jedoch eine Vorsteuerberichtigung anhand nicht bezahlter Rechnung durchgeführt werde. Es sei davon auszugehen, dass es sich hiebei beide Male um dieselben Rechnungen handle. Hiedurch sei die Schuldnerin doppelt belastet, sodass letztlich nur ein Bescheid bestehen könne - entweder der Umsatzsteuerbescheid für Mai 2011 oder die Umsatzsteuerbescheide für Oktober, November und Dezember 2010.
Die Berufung wurde der Rechtsmittelbehörde (Unabhängiger Finanzsenat, Außenstelle Salzburg vorgelegt und der Masseverwalter von der Vorlage verständigt.
Über fernmündliches Ersuchen des Referenten wurde vom Masseverwalter die in der Berufung angeführte Excel Tabelle, in der eine Berichtigung von € 166.322,61 vorzunehmen sei übersandt, sowie auf weiteres Ersuchen die Nachweise zu den Forderungsanmeldungen der R (ON 4), O (ON 6), C (ON 8), Z (ON 22), H (ON 25) und der B (ON 35) übersandt.
Über die Berufung wurde erwogen:
A) Festgestellter Sachverhalt
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde mit das Konkursverfahren eröffnet wodurch die Entgelte von Unternehmern, die steuerpflichtige Lieferungen oder sonstigen Leistungen an die Schuldnerin erbracht haben, uneinbringlich geworden sind und daher bei der Schuldnerin eine Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuer vorgenommen wurde.
B) Beweisaufnahmen
Bericht über die Umsatzsteuerprüfung Jänner bis September 2010
Elektronisch an die Abgabenbehörde erster Instanz übermittelten Voranmeldungen für die Monate Oktober, November und Dezember 2010
Niederschrift über das Ergebnis der UVA-Nachschau gemäß §146 BAO
Anmeldeverzeichnis zu 7
Aufzeichnung des Masseverwalters der vorzunehmenden Vorsteuerberichtigung
Forderungsanmeldung der R mit Anlagen
Forderungsanmeldung O
Forderungsanmeldung B..
Forderungsanmeldung C
Ergänzende Schriftsätze zu 2 (Klage C gegen Schuldnerin)
Forderungsanmeldung Z
Wechselmandatsklage der Z
Forderungsanmeldung der H mit Anlagen
Urteil des Landesgerichts zu 9 (H gegen die Schuldnerin)
C) Beweiswürdigung
Aus den aufgenommenen Beweisen ergibt sich, dass die Schuldnerin in den Monaten Jänner bis Dezember 2010 insgesamt Vorsteuern in Höhe von € 402.284,99 geltend gemacht hat. Im Zuge der Umsatzsteuerprüfung den Zeitraum Jänner bis September 2010 wurden Vorsteuern in Höhe von € 162.564,85 wegen Fehlen der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht anerkannt und durch die zur Geschäftszahl RV/0075-S/11 ergangene Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg bestätigt. In diesem Zusammenhang wird auf die ergangene Entscheidung des Unabhängiger Finanzsenates, Außenstelle Salzburg verwiesen.
Für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2010 wurden Vorsteuern Höhe von € 123.663,55 geltend gemacht und von der Abgabenbehörde erster Instanz wegen Fehlens der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht anerkannt und durch die zur Geschäftszahl RV/0669-S/11 ergangenen Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg bestätigt. In diesem Zusammenhang wird auf die ergangene Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg verwiesen.
Nach Abzug der nicht anerkannten Vorsteuern in Höhe von € 287.495.19 verbleibt somit ein Betrag an geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von € 114.489,80. Ausgehend vom Anmeldeverzeichnis und den vom Masseverwalter übersandten Unterlagen haben die Gläubiger der Schuldnerin eine Korrektur der in ihren Lieferungen und sonstigen Leistungen ausgewiesenen Umsatzsteuer in Höhe von € 201.330,92 vorgenommen. Dieser Betrag übersteigt aber die vom Geschäftsführer der Schuldnerin (P ) - nach Abzug der nicht anerkannten Vorsteuerbeträge - geltend gemachten Vorsteuerabzug um € 86.841,42, sodass für eine Vorsteuerkorrektur nur mehr ein Betrag von € 114.489,90 verbleibt. In diesem Zusammenhang wird auf die Tabelle "Vorsteuerkorrektur RV/0703-S/11" verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einwendungen des Geschäftsführers der Schuldnerin (P ) sowie des Masseverwalters wird auf die zu den Geschäftszahlen RV/0075-S/11 und RV/0669-S/11 ergangenen Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg wird verwiesen, worin über die vom Geschäftsführer der Schuldnerin (P ) eingebrachten Berufungen gegen die Aberkennung der Vorsteuern für den Zeitraum Jänner bis September 2010 und Oktober bis Dezember 2010 abgesprochen wurde.
D) Rechtliche Würdigung
Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist (§ 16 Abs. 1 UStG 1994).Abs. 1 gilt sinngemäß, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist § 16 Abs. 3 Z 1, Satz 1 UStG 1994).
Im Falle eines Insolvenzverfahrens ergibt sich für den Gemeinschuldner die Verpflichtung, im Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit die Vorsteuerberichtigung vorzunehmen. Im Konkursfall muss im Einzelfall das Ausmaß der Berichtigung ermittelt werden (siehe Ruppe, UStG3, § 16, Tz 79). Auf Grund der Höhe der angemeldeten Forderungen von über 4.2 Mill € und einer vom Masseverwalter eingewendeten Masseunzulänglichkeit sowie seines Antrag auf Schließung des Unternehmens, ist von Uneinbringlichkeit auszugehen und daher eine Korrektur der geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von € 114.489,90 vorzunehmen.
Der Berufung gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für Mai 2011 war teilweise statt zu geben und der angefochtene Bescheid abzuändern.
Beilagen:
Berechnungsblatt Vorsteuerkorrektur
Umsatzsteuerfestsetzung Mai 2011
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 3 Z 1 Satz 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 16 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Vorsteuer Korrektur Berichtigung Konkurs Uneinbringlichkeit |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at