Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 20.04.2005, RV/1650-W/04

1.) Feststellungsbescheid gegenüber der Verlassenschaft nach Einantwortung ist ein Nichtbescheid 2.) Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme 3.) Ertragswertmethode zur Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten


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Miterledigte GZ:
RV/0612-W/05


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/1650-W/04-RS2
Liegt nach Aufhebung eines Abweisungsbescheides betreffend einen Wiederaufnahmeantrag (der im nach dem Antrag wiederaufzunehmenden Verfahren erlassene Bescheid war ein Nichtakt), welcher in der Berufung gegen den Abweisungsbescheid aufrecht erhalten wird, dieser Wiederaufnahmeantrag wiederum offen und unerledigt vor, ist dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen, weil ein bescheidmäßig abgeschlossenens Verfahren noch nicht vorhanden ist.
Folgerechtssätze
RV/1650-W/04-RS1
wie RV/2746-W/02-RS3
Weist ein Feststellungsbescheid ua eine Verlassenschft an Stelle der Erben als Beteiligte aus, obwohl es eine solche Verlassenschaft nicht (mehr) gibt, so kann dieser Bescheid gegenüber einer Person, der gegenüber die einheitliche Feststellung wirken soll, keine Wirkung entfalten. Diesfalls findet die einheitliche und gesonderte Feststellung nach der Rechtsprechung überhaupt nicht statt (). Es handelt sich daher bei diesem "Feststellungsbescheid" iSd § 188 BAO tatsächlich um einen Nichtbescheid.
RV/1650-W/04-RS3
wie RV/3841-W/02-RS1
Bei einem unentgeltlich erworbenen vermieteten Gebäude ist für die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten, welche auf Antrag als AfA-Bemessungsgrundlage gewählt wurden, das Ertragswertverfahren tauglich, wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. , ÖStZB 1989, 105 und vom , 98/13/0109, ÖStZB 1999, 736) bestätigt hat. Auch in der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass sich der Marktpreis von Mietobjekten am Ertragswert orientiert. Für das Ertragswertverfahren spricht dessen Entwicklung des fiktiven Grundstückskaufpreises aus den objekteigenen, verläßlich überprüfbaren Ertragswertmerkmalen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Dr. U.S. als Beteiligte an der Miteigentumsgemeinschaft G.F. und Mitbesitzer, Vermietung, in W., vertreten durch RA, sowie WTHDGesmbH, 1.) vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 6/7/15 vom über die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 1999 2.) vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 6/7/15 vom betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2001 (Vorlageantrag vom ) und 3.) vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 6/7/15 vom betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 2002 entschieden:

ad 1.) Der Berufung wird Folge gegeben. Der Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 1999 wird aufgehoben.

ad 2. und 3.) Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2001 und 2002 werden abgeändert.

Die in den Kalenderjahren 2001 und 2002 erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden wie folgt festgestellt:


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2001
2002
- S 440.004,55 (- € 31.976,38)
€ 23.605,67

Davon entfallen auf:


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2001
2002
G.F.
- S 66.077,46
(- € 4.802,04)
€ 4.461,64
Dkfm. L.S.
- S 146.079,17
(- € 10.615,99)
€ 7.911,36
Dr. U.S.
- S 277.847,92
(- € 16.558,35)
€ 11.232,67

Der unabhängige Finanzsenat hat über den nach Aufhebung des Abweisungsbescheides vom wiederum offenen bzw. unerledigten Antrag vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 1999, welcher in der Berufung vom aufrechterhalten wurde, beschlossen:

Dieser Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Zu Beginn des Jahres 1999 waren wie auch in Vorjahren an der Miteigentümergemeinschaft "Dkfm. K.S. und Mitbesitzer" A. zu 1/6, B. zu 1/30, G.F. zu 1/6, C. zu 1/30, D. zu 1/30, E. zu 1/30, F. zu 1/30 und Dkfm. K.S. zur Hälfte beteiligt (vgl. die Beilagen zu den Steuererklärungen 1999 und Vorjahre sowie den Kaufvertrag vom ).

Mit Kaufvertrag vom erwarb Dkfm. L.S. an der Liegenschaft in W. die fünf 1/30-Anteile der o.g. Miteigentümer und den 1/6-Anteil des A. um insgesamt S 1,000.00,00 zuzüglich S 35.000,00 Grunderwerbsteuer und S 10.000,00 Grundbuchseintragungsgebühr. Als Stichtag für die Verrechnung der Nutzungen und Lasten wurde der vereinbart.

Dkfm. K.S. verstarb am (vgl. die Eingabe vom , Aktenseiten 28/1999 oder 20/2001). Die Einantwortung der Verlassenschaft nach K.S. - in Bezug auf den Hälftemiteigentumsanteil an dem Objekt in W., zugunsten seiner Tochter Dr. U.S. (im Folgenden: Bw.) - erfolgte am (vgl. die Eingabe vom sowie den Grundbuchsauszug).

In der mit beim Finanzamt für die Miteigentümergemeinschaft eingebrachten Erklärung der Einkünfte von Personengemeinschaften für das Jahr 1999 wird noch die "Verlassenschaft nach K.S." angeführt.

Aus den Beilagen zu den Steuererklärung für 1999 ist ersichtlich, dass die in Anspruch genommene Absetzung für Abnutzung (AfA) in Bezug auf sämtliche Miteigentümer nach der bisherigen Höhe - also so, wie sie für die Vorjahre berechnet wurde - und zeitanteilig ermittelt und angesetzt wurde; die restlichen Zehntelabsetzungen aus 1990 wurden ebenso zeitanteilig berücksichtigt.

Der Einkünftefeststellungsbescheid für 1999 vom und der infolge Berichtigung einer falsch bezeichneten Miteigentümerin hinzutretende Berichtigungsbescheid vom ergingen an "S.Dkfm.K. und Mitbesitzer", die Zurechnung des betreffenden Einkünfteanteils erfolgte an die "Verlassenschaft nach S.K.". Hinsichtlich der Höhe der gemeinschaftlichen Einkünfte sowie der Anteile an den Einkünften folgte der Feststellungsbescheid der Abgabenerklärung.

Ab dem Veranlagungsjahr 2000 wurden die Feststellungsbescheide an "G.F. und Mitbesitzer" adressiert und erfolgte die Aufteilung der Einkünfte entsprechend der Miteigentumsanteile der drei nunmehrigen Miteigentümerinnen G.F. (1/6-Anteil), Dkfm. L.S. (2/6-Anteil) und Dr. U.S. (1/2-Anteil).

Für das Jahr 2001 wurden an AfA geltend gemacht:


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- AfA anteilig Dr. U.S.
S
57.876,39
- AfA anteilig Dkfm. L.S.
S
14.669,24
- AfA anteilig G.F.
S
7.336,82

Vom Finanzamt wurde bei der mit Bescheid vom erfolgten Feststellung der Einkünfte für 2001 nur die im Jahr 1999 zum Ansatz gelangte AfA entsprechend den Miteigentumsanteilen zum Abzug zugelassen. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, da der einmal gewählte AfA-Satz nicht geändert werden könne, werde die AfA wie im Kalenderjahr 1999 in Höhe von S 2.235,00 für die gesamte Liegenschaft zum Ansatz gebracht. Aus der Abrechnung 11-12/1999 gehe hervor, dass die bisherige AfA anteilsmäßig für die neuen Eigentümer in Abzug gebracht und die Zehntelabsetzbeträge ebenfalls für die neuen Anteilseigentümer berücksichtigt worden seien.

Mit Schriftsatz vom focht der Vertreter der Bw. den Einkünftefeststellungsbescheid für 2001 vom wegen Kürzung der AfA auf den für das Jahr 1999 angewendeten Betrag mittels Berufung an. Gleichzeitig beantragte er hinsichtlich des Feststellungsbescheides für 1999 vom die Wiederaufnahme des Verfahrens.

In diesem Schriftsatz wird zum Sachverhalt u.a. ausgeführt, bei der Erklärung der Einkünfte für das Jahr 2000 wurde an anteiliger AfA für den 50%-Anteil der Bw. der Betrag von S 35.870,32 angesetzt und im Bescheid für das Jahr 2000 berücksichtigt. Die Grundlage für die Berechnung der AfA lieferte der erzielbare Jahresmietzins (damals S 298.919,34) unter Zugrundelegung einer Verzinsung von 5% p.a., sohin einer Bemessungsgrundlage von S 5,978.386,80. Bei einem wertmäßigen Anteil des Gebäudes von 80% (S 4,782.709,40) und einer Nutzungsdauer von 67 Jahren ergebe dies für die gesamte Liegenschaft eine Gesamt-AfA von S 71.740,64, sohin für den Anteil der Bw. den Betrag von S 35.870,32.

Für das Jahr 1999 wurde beantragt, im wiederaufgenommenen Verfahren eine AfA für die Liegenschaft von insgesamt S 71.740,64 anteilig für die Monate November und Dezember für den Anteil der Bw. zugrunde zu legen. Für 2001 wurde die Korrektur der AfA im Sinne der Erklärung beantragt.

Das Finanzamt wies den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit Bescheid vom ab.

In der verfahrensgegenständlichen Berufung vom gegen diesen Abweisungsbescheid wird vorgebracht, dass der Feststellungsbescheid für 1999 vom unwirksam sei, da er nach erfolgter Einantwortung an den oder die Erben zu ergehen hätte. Bescheide, die nach der Einantwortung noch an die Verlassenschaft ergehen, seien unwirksam, dies treffe auch auf den vorliegenden Bescheid zu. Es wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid vom aufzuheben, das Feststellungsverfahren für das Jahr 1999 wieder aufzunehmen sowie einen richtigen Feststellungsbescheid für 1999 mit Berücksichtigung der fiktiven Anschaffungskosten für die Bw. und Dkfm. L.S. zu erlassen.

Hinsichtlich der den Feststellungsbescheid für 2001 vom betreffenden Berufung vom wies das Finanzamt diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom unter Hinweis darauf ab, dass durch die Zehntelabsetzung für die Hausgemeinschaft in der Steuererklärung für 1999 das Wahlrecht bereits konsumiert worden sei.

Gegen diese Berufungsvorentscheidung erhob die Bw. den Vorlageantrag vom , womit die Berufung vom Gegenstand dieses Berufungsverfahrens wurde, und verwies auf die Berufung über die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages zum Jahr 1999.

Für das Jahr 2002 wurden an AfA geltend gemacht:


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- AfA anteilig Dr. U.S.
2.606,80
- AfA anteilig G.F.
27,07

Das Finanzamt kürzte auch bei Feststellung der Einkünfte für 2002 mit Bescheid vom die AfA auf das im Jahr 1999 gewährte Ausmaß, setzte dieses aber auch für Dkfm. L.S. an.

Gegen den Einkünftefeststellungsbescheid für 2002 wurde die Berufung vom erhoben und auf das Vorbringen in der Berufung vom gegen den Feststellungsbescheid für 2001 vom verwiesen.

In der Eingabe der steuerlichen Vertretung vom wurde nochmals auf die Frage der Wirksamkeit des Feststellungsbescheides für das Jahr 1999 eingegangen und schlussfolgernd der Antrag auf Erlassung eines einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheides für dieses Jahr gestellt; für den Fall des Nichtvorliegens eines Nichtbescheides wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wiederholt. Hinsichtlich der für Dkfm. L.S. nicht geltend gemachten Abschreibung in Höhe der von der Hausverwaltung erstmalig für 2001 angesetzten Abschreibungstangente von € 1.066,05 (S 14.669,24) wurde ersucht, diese für die Jahre 1999 bis 2003 zu berücksichtigen.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.) Feststellung der Einkünfte für das Jahr 1999

Gemäß § 188 BAO werden einheitlich und gesondert festgestellt die Einkünfte (der Gewinn oder der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten) ua. aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Gegenstand der Feststellung ist auch die Verteilung des festgestellten Betrages auf die Teilhaber.

Zu ergehen haben auf § 188 gestützte Feststellungsbescheide gemäß § 191 Abs 1 lit. c BAO an die betreffende Personenvereinigung (-gemeinschaft). Sie wirken nach § 191 Abs. 3 lit. b gegen alle, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen. Die Wirksamkeit setzt (außer der Wirkung) auch die Zustellung des Bescheides voraus (vgl. Ritz, BAO, Kommentar, 2. Auflage, Tz 20 zu § 188).

Aus dem Wesen der einheitlichen Feststellung (Wirkung des Bescheides gegen alle Beteiligten) ergibt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die gänzliche Unwirksamkeit eines Feststellungsbescheides, wenn er auch nur einem der Beteiligten gegenüber aus Rechtsgründen nicht wirksam sein kann. Dies ist zB der Fall, wenn ein geschäftsunfähiger Beteiligter keinen gesetzlichen Vertreter hat oder wenn ein Verstorbener als Beteiligter bezeichnet wird, anstatt die Einkünfte der Verlassenschaft bzw. dem (den) Erben zuzurechnen (vgl. Ritz, BAO, Kommentar, 2. Auflage, Tz 21 zu § 188, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO, die einem Verstorbenen zustanden, hat vor Einantwortung gegenüber der Verlassenschaft und nach Einantwortung gegenüber dem Erben als Gesamtrechtsnachfolger vorgenommen zu werden, andernfalls gar kein wirksam erlassener Feststellungsbescheid, sondern ein Nichtbescheid vorliegt (, 83/14/0238). Denn wenn ein Feststellungsbescheid im Sinne des § 188 BAO gegenüber einer Person, der gegenüber die einheitliche Feststellung wirken soll, keine Wirkung entfaltet, dann findet die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte nach der Rechtsprechung überhaupt nicht statt ().

Nach der Aktenlage erfolgte die Einantwortung der Verlassenschaft nach Dkfm. K.S. am . Da nach der Einantwortung ein die Verlassenschaft als Beteiligten ausweisender Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO ein Nichtakt ist, vermochten die bescheidmäßigen Erledigungen vom und vom deshalb keine Wirksamkeit zu entfalten, weil in deren Adrema der Verstorbene angeführt wird und weil - insbesondere - der betreffende Einkünfteanteil an die Verlassenschaft zugeteilt wurde.

Hinsichtlich des Feststellungsverfahrens für 1999 liegt kein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO vor. Die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages war somit rechtlich nicht möglich. Über einen solchen Antrag war nicht meritorisch zu entscheiden. Das Finanzamt hätte keinen Abweisungsbescheid erlassen dürfen.

Der Abweisungsbescheid wird daher aufgehoben.

Da nach Aufhebung des Abweisungsbescheides vom der Antrag vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 1999, welcher in der Berufung vom aufrechterhalten wurde, wiederum offen bzw. unerledigt vorliegt, jedoch nach dem Vorgesagten unzulässig ist, weil ein bescheidmäßig abgeschlossenes Verfahren für dieses Jahr nicht vorliegt, wird dieser Antrag als unzulässig zurückgewiesen.

2.) Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2001

Das Finanzamt berücksichtigte bei der Einkünftefeststellung für 2001 eine AfA für sämtliche Miteigentümer - nämlich auch für die im Jahre 1999 neu Hinzugetretenen - nur in der Höhe, die für 1999 und Vorjahre zum Abzug zugelassen wurde. Von Seiten der Bw. wird der Ansatz der AfA für die neuen Miteigentümerinnen auf Grundlage der fiktiven Anschaffungskosten beantragt.

Nach § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 sind Werbungskosten u.a. auch Absetzungen für Abnutzung. Gehört ein Gebäude nicht zu einem Betriebsvermögen, so gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung Folgendes: a) Grundsätzlich sind die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen. Bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist § 6 Z 11 und 12 zu berücksichtigen. § 13 ist anzuwenden. b) Wird ein Gebäude unentgeltlich erworben, dann ist der gesamte Einheitswert für den letzten Feststellungszeitpunkt vor dem unentgeltlichen Erwerb zugrunde zu legen. Auf Antrag sind auch die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbes (§ 6 Z 9) anzusetzen. ... e) Bei Gebäuden die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.

Hinsichtlich Dkfm. L.S. entspricht der Ansatz der AfA in der Höhe der Vorjahre nicht der zitierten Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a EStG 1988. Danach ist infolge des entgeltlichen Erwerbes im Jahre 1999 für die Bemessung der AfA von den tatsächlichen Anschaffungskosten ihres Anteiles (2/6) auszugehen. Unter Berücksichtigung des Kaufpreises von S 1,000.000,00 samt Grunderwerbsteuer, Grundbuchseintragungsgebühr und der Notarkosten gelangt die in der Erklärung für 2001 angegebene Abschreibungstangente von S 14.669,24 (€ 1.066,06), wie auch in der Eingabe vom beantragt, in Ansatz.

Betreffend den unentgeltlichen Erwerb der Bw. sind nach den für die AfA bestehenden Sondervorschriften für Gebäude entweder der gesamte Einheitswert oder - auf Antrag - auch die fiktiven Anschaffungskosten heranzuziehen.

Der Antrag, die Absetzung von den fiktiven Anschaffungskosten vorzunehmen, ist anlässlich der Veranlagung für das Kalenderjahr zu stellen, in dem der Steuerpflichtige das Gebäude unentgeltlich erworben hat, spätestens jedoch im Rechtsmittelverfahren. Es handelt sich um ein einmaliges Wahlrecht (vgl. Doralt, EStG, Kommentar, Tz 149 zu § 16).

Für 1999 wurde in den Beilagen zur Steuererklärung die AfA für sämtliche Miteigentümer nach der bisherigen Höhe angesetzt. Eine Entscheidung für eine AfA kann nur in Richtung einer solchen vom Einheitswert oder von fiktiven Anschaffungskosten erfolgen. Eine solche Entscheidung wurde nach dem Gesagten nicht getroffen. Im Übrigen liegt nach dem Vorgesagten ein wirksamer Feststellungsbescheid für 1999 nicht vor. Das Wahlrecht für 1999 wurde demnach noch nicht konsumiert. Im Jahr 2000 wurde die AfA für die Bw. von den fiktiven Anschaffungskosten berechnet und gelangte zum Abzug; die Berechnung der AfA wird in der Eingabe vom dargestellt. Da nunmehr somit ein Antrag auf Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten vorliegt, ist die AfA für den unentgeltlich erworbenen Gebäudeanteil (1/2) der Bw. von diesen Kosten zu bemessen.

Die Fortführung der Zehntelabsetzbeträge im Jahre 1999 beeinflusste die Wahl der AfA-Bemessungsgrundlage nicht. Im Jahr 1999 war die letzte Rate der Zehntelabschreibung aus 1990 anzusetzen. Sowohl dem (entgeltlich) Übertragenden als auch dem Erblasser steht im Jahr der Übertragung noch der volle Jahresbetrag der Zehntelabsetzung zu (vgl. Doralt, EStG, Kommentar, Tz 172 und 178 zu § 28). Deshalb hatte schon aus diesem Grund die letzte Rate der Zehntelabsetzung zum Ansatz zu gelangen, ohne dass daraus Rückschlüsse auf die Ausübung eines AfA-Wahlrechtes zu ziehen waren.

Die Ermittlung der fiktiven Anschaffungskosten kann nur im Schätzungswege auf Grundlage der Liegenschaftsbewertung erfolgen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (so zB seinen Erkenntnissen vom , 87/13/0075, und vom , 98/13/0109) das Ertragswertverfahren als für die Ermittlung fiktiver Anschaffungskosten von vermieteten Gebäuden taugliches Instrument bestätigt. Bereits im erstgenannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, es sei plausibel, dass für einen möglichen Liegenschaftskäufer der von ihm zu erzielende Überschuss maßgebend und damit preisbestimmend ist, auf welchen dann ein Vervielfacher angewendet werde. Auch in der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass sich der Marktpreis von Mietobjekten am Ertragswert orientiert, weshalb auch die fiktiven Anschaffungskosten vom Ertragswert abgeleitet werden können (vgl. Doralt, EStG, Kommentar, Tz 109 zu § 6).

Bei der Ertragswertberechnung wird - ausgehend von den in der Berufung vom herangezogenen Parametern (Jahresertrag, Zinssatz, Nutzungsdauer) - die Vorgehensweise gemäß der Entscheidungspraxis des unabhängigen Finanzsenates eingehalten; daraus ergibt sich eine Adaptierung der Berechnung hinsichtlich der nicht berücksichtigten Aufwendungen, des Multiplikators (Vervielfältiger zur Ermittlung des Gebäudeertragswertes bei einem Kapitalisierungszinssatz von 5% und einer Restnutzungsdauer von 67 Jahren laut Rössler/ Langer/ Simon, Schätzung und Ermittlung von Grundstückswerten, 4. Auflage, sowie Kranewitter, Liegenschaftsbewertung, 2. Auflage: 19,24) und (zugunsten der Bw.) des Grund- und Bodenanteiles:


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Jahresertrag laut Berufung
S
298.919,34
- Abschlag für laufende Erhaltung, ertragsmindernde Aufwendungen, Leerstehungsrisiko etc. 25%
S
- 74.729,84
Jahresreinertrag
S
224.189,50
Multiplikator
19,24
Jahresreinertrag x 19,24
S
4,313.405,98
abzüglich Grund- und Bodenanteil 5%
S
- 215.670,30
Gebäudewert
S
4,097.735,68
Jahres-AfA 1,5%
S
61.466,04
Jahres-AfA für den Hälfteanteil der Bw.
S
30.733,02
Jahres-AfA für den Hälfteanteil der Bw. in €
2.233,46

Die AfA für die (Alt)Miteigentümerin G.F. ist unverändert wie in den Vorjahren im Betrag von S 372,50 (= € 27,07) fortzuführen.

3.) Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2002

Für dieses Jahr ist die AfA wie unter Punkt 2.) anzuerkennen.

Demgemäß werden die in den Kalenderjahren 2001 und 2002 erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wie folgt errechnet:


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laut Beilage zur Erklärung
2001 in S (€):
2002 in €:
Einnahmen
361.740,69
28.692,60
Ausgaben
-755.970,48
-1.760,34
AfA für G.F.
-372,50
-27,07
AfA für Dkfm. L.S.
-14.669,24
-1.066,06
AfA für Dr. U.S.
-30.733,02
-2.233,46
Einkünfte
-440.004,55
23.605,67
(- € 31.976,38)
1/6-Anteil der G.F.
60.290,12
4.782,10
-125.995,08
-293,39
AfA für G.F.
-372,50
-27,07
Anteil an den Einkünften
-66.077,46
4.461,64
(- € 4.802,04)
1/3-Anteil der Dkfm. L.S.
120.580,23
9.564,20
AfA für Dkfm. L.S.
-251.990,16
-586,78
-14.669,24
-1.066,06
Anteil an den Einkünften
-146.079,17
7.911,36
(- € 10.615,99)
1/2-Anteil der Dr. U.S.
180.870,35
14.346,30
-377.985,24
-880,17
AfA für Dr. U.S.
-30.733,02
-2.233,46
Anteil an den Einkünften
-227.847,92
11.232,67
(- € 16.558,35)

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 79 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 273 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 28 IPRG, IPR-Gesetz, BGBl. Nr. 304/1978
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Z 9 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte
Verlassenschaft
Erbe
Feststellungsbescheid
Nichtakt
Antrag auf Wiederaufnahme
nicht durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren
Ertragswertmethode
fiktive Anschaffungskosten

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at