Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 28.01.2010, RV/3762-W/09

Verjährung der Buchung einer Lastschrift

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/13/0061 eingebracht. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/7100802/2015 erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/3762-W/09-RS1
Eine Buchung stellt keine Einhebungsmaßnahme dar, welche der Einhebungsverjährung unterliegt, zumal eine Buchung in den Fällen des § 210 Abs. 1 BAO in der Regel vor dem Eintritt der Fälligkeit und somit vor dem Tatbestandsmerkmal, das den Lauf der Einhebungsverjährung auslöst, erfolgt. Der Einhebungsverjährung unterliegen könnte allenfalls eine anlässlich der Buchung (einer einhebungsverjährten Abgabenzahlungsschuld) erfolgten Verrechung mit einem am Abgabenkonto befindlichen Guthaben.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Karl Kittinger und die weiteren Mitglieder Hofrat Dr. Walter Mette, Kommerzialrat Gottfried Hochhauser und Reinhold Haring über die Berufung des Bw, vertreten durch MF, gegen den Abrechnungsbescheid (§ 216 BAO) des Finanzamtes Wien 1/23 vom nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Eingabe vom beantragte der Berufungswerber (Bw) gemäß § 216 BAO die Erlassung eines Abrechnungsbescheides, der darüber abspreche, dass die Verbuchung vom "Festsetzung Lohnsteuer 1995 (Fälligkeitstag: ) zahlbar bis € 35.007,90" unrichtig gewesen sei.

Gemäß § 216 BAO sei auf Antrag des Abgabepflichtigen über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung mit Bescheid abzusprechen. Da ein Lohnsteuerfestsetzungsbescheid 1995 nicht zugestellt worden sei, sei mit gegenständlichem Antrag vorzugehen. Darüber hinaus sei zu beachten, dass das gegenständliche Abgabenkonto jenes sei, das vom seinerzeitigen Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien zur Verbuchung der Veranlagung der Einkommensteuer aufgrund beschränkter Steuerpflicht des Bw gemäß § 213 Abs. 3 BAO angelegt worden sei. Da aber für die Erledigung des Rückzahlungsantrages seinerzeit das Finanzamt für Körperschaften zuständig gewesen sei, könne es sich im gegenständlichen Fall keinesfalls um das - vom Unabhängigen Finanzsenat in der Berufungsentscheidung RV/1077-W/07 angesprochene - Abgabenkonto handeln, auf welchem der Bescheid vom betreffend Rückzahlung gemäß § 240 Abs. 3 BAO verbucht worden sei. Somit könne die Verbuchung der "Festsetzung Lohnsteuer 1995" auch nicht mit der vom Unabhängigen Finanzsenat geforderten Vorgehensweise begründet werden.

Mit der Berufungsentscheidung RV/1077-W/07 vom habe der Unabhängige Finanzsenat der Berufung vom gegen den Abrechnungsbescheid vom insoweit Folge gegeben, als auf Grund des Antrages vom ausgesprochen werde, dass die aus der Verbuchung des Rückforderungsbescheides vom resultierende Abgabenschuldigkeit in Höhe von € 35.007,89 (S 481.719,00) auf Grund der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/1352-W/04, dem Abgabenkonto (St.Nr.: 123) wieder gutzuschreiben sei. Dieser Bescheid sei rechtskräftig, sodass das Finanzamt auf dem Abgabenkonto mittlerweile die Gebarung richtig gestellt habe.

In der Begründung der Berufungsentscheidung RV/1077-W/07 habe der Unabhängige Finanzsenat auf Seite 6 ausgeführt, dass der aufhebende Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (auf den der Rückforderungsbescheid vom zurückzuführen gewesen sei) auf dem Abgabenkonto, auf welchem der (am approbierte) Bescheid des Finanzamtes (für Körperschaften) vom betreffend Rückzahlung gemäß § 240 Abs. 3 BAO verbucht worden sei, zu verbuchen gewesen wäre, was infolge Wegfalles des die Gutschrift bewirkenden Bescheides zu einer Lastschrift in derselben Höhe geführt hätte.

Nunmehr habe das (mittlerweile zuständige) Finanzamt auf dem im Betreff angeführten Abgabenkonto am eine Festsetzung von Lohnsteuer 1995 in Höhe von € 35.007,90 mit einer angeblichen Fälligkeit per und einer Zahlungsfrist per verbucht, wobei ein Lohnsteuerfestsetzungsbescheid 1995 bis zum heutigen Tage nicht zugestellt worden sei.

Mit Abrechnungsbescheid vom entschied das Finanzamt, dass die Buchung vom auf dem Abgabenkonto 0/1 lautend auf den Bw rechtmäßig erfolgt sei.

In der dagegen eingebrachten Berufung beantragte der Bw gemäß § 282 Abs. 1 Z 1 BAO den gesamten Berufungssenat mit der Entscheidung über die Berufung zu befassen und gemäß § 284 Abs. 1 Z 1 BAO eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen.

Auf Mängelbehebungsauftrag vom brachte der Bw mit Eingabe vom vor, dass er beantrage, den Spruch des Abrechnungsbescheides vom dahingehend zu ändern, indem darin festgestellt werde, dass die Buchung auf dem Abgabenkonto 0/1 vom betreffend die Festsetzung von Lohnsteuer 1995 in Höhe von € 35.007,90 unrichtig sei.

Das Finanzamt habe in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen (nur) ausgeführt, dass aus "der tatsächlichen - nunmehr jedoch titellos - erfolgten Auszahlung dieses Betrages ein Rückforderungsanspruch in Höhe von S 481.719,00 (€ 35.007,90) resultiere, welcher in der einen oder anderen Weise kontenmäßig zu erfassen gewesen sei. Die "ursprüngliche" Auszahlung vom (Buchungstag) sei "über das Sammelkonto 9/0 des damaligen Finanzamtes für Körperschaften erfolgt", das "jedoch nur für die Verbuchung von Rückzahlungen an beliebig viele Antragsteller eingerichtet" sei. Dieses Konto dürfe "keine Bestände aufweisen" und sei "keiner bestimmten Person zugeordnet". Aus diesem Grunde sei "am auch eine Doppelbuchung, nämlich die Dotierung dieses Kontos (GF 48) mit S 481.719,00 und die gleichzeitige Auszahlung (GF 20) dieses Betrages" erfolgt. Für "Rückabwicklungen" sei dieses Sammelkonto "prinzipiell" aber nicht vorgesehen. "Die erforderliche Umsetzung des Aufhebungsbescheides vom " (gemeint wohl: ) habe "somit nur dadurch erfolgen" können, "dass - wie der Unabhängige Finanzsenat dies in seiner Entscheidung vom , RV/1352-W/04, ausdrücklich" gefordert habe - "die entsprechende Nachbelastung am Abgabenkonto des Bw vorzunehmen gewesen sei, wobei das Finanzamt in dieser Hinsicht an die Rechtsansicht des Unabhängigen Finanzsenates gebunden sei.

"Aus dem Umstand allein, dass das für Rückzahlungen an Lohnsteuer zuständig gewesene Finanzamt ein anderes gewesen sei, als das, bei dem die persönlichen Abgabenkonten des Bw geführt worden seien bzw. jetzt geführt würden", ließen "sich keine materiellrechlichen Rechte oder Pflichten ableiten", wobei "im Übrigen der im Antrag vom gegebene Hinweis auf die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/1077-W/07, schon deswegen ins Leere" gehe, weil "sich dieses Verfahren mit einer anderen Sache, nämlich einer Buchung am Konto 7/9" befasst habe, diese "Angelegenheit längst erledigt" und auch das Konto bereits per gelöscht worden sei.

Was den Einwand im Antrag betreffe, es sei kein Lohnsteuerfestsetzungsbescheid 1995 zugestellt worden, sei anzumerken, dass ein solcher Bescheid tatsächlich nicht existiere. Auch dies sei eine Konsequenz der Berufungsentscheidung vom , wonach das Finanzamt mit seiner Rechtsansicht, dass der zu Unrecht "erstattete" Betrag - zufolge des durch die Finanzlandesdirektion aufgehobenen Bescheides - wieder rückzufordern "gewesen wäre", grundsätzlich im Recht sei, jedoch dazu ein Rückforderungsbescheid rechtlich nicht vorgesehen sei. Das Finanzamt "hätte" vielmehr gemäß § 227 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 228 BAO "lediglich eine Zahlungsaufforderung erteilen und in weiterer Folge Vollstreckungsmaßnahmen im Sinne der Abgabenexekutionsordnung durchführen müssen. Die entsprechende Nachbelastung am Abgabenkonto des Bw hätte nämlich bereits aufgrund der Aufhebung gemäß § 299 BAO - ohne dass dazu ein weiterer Bescheid erforderlich gewesen wäre - erfolgen müssen". "Demnach" habe "es keines weiteren Bescheides" bedurft, "weder eines Rückforderungs- oder Lohnsteuerfestsetzungs- oder sonstigen Bescheides". Es sei "lediglich die entsprechende Nachbelastung am Abgabenkonto des Bw vorzunehmen" gewesen.

Diese Begründung lasse unberücksichtigt, dass im Antrag vom auch Feststellungen hinsichtlich Fälligkeit (Fälligkeitstag: ) und Nachfrist (zahlbar bis ) begehrt worden seien und mit Abrechnungsbescheid (zwangsläufig) auch Feststellungen darüber zu treffen seien, um welche Abgabenart es sich bei der "Rückforderung" handle, wann der Abgabenanspruch entstanden sei, worauf (auf welchen Leistungsgebot) sich der "titellose" Abgabenzahlungsanspruch stütze, wann die Festsetzungsverjährung für die - bisher hilfsweise als "Rückforderung" bezeichnete - Abgabe begonnen habe, ob die unerledigte Berufung vom gegen den Bescheid vom , mit dem das Ansuchen vom abgewiesen worden sei, oder gar der Antrag vom selbst dem Eintritt der Einhebungsverjährung entgegenstehe, wann die Einhebungsverjährung zu laufen begonnen habe und gegebenenfalls, wodurch die Einhebungsverjährung unterbrochen bzw. gehemmt worden sei.

Da derartige Feststellungen für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verbuchung der Gebarung (und des Bestandes des Abgabenzahlungsanspruches) unabdingbar seien, dem Abrechnungsbescheid ein Anbringen zugrunde liege, mit dem die Feststellung begehrt worden sei, dass die Verbuchung vom "Festsetzung Lohnsteuer 1995 (Fälligkeitstag: ) zahlbar bis € 35.007,90" unrichtig gewesen sei, mit Bescheid vom daher dem Ansuchen nicht vollinhaltlich Rechnung getragen worden sei, habe der Bw am gemäß § 245 Abs. 2 BAO den Antrag auf Mitteilung der dem Bescheid in dieser Hinsicht fehlenden Begründung gestellt. Diesem Antrag sei das Finanzamt insoweit nachgekommen, als es mit Schreiben vom lediglich ausgesprochen habe, dass eine zusätzliche Begründung nicht erfolge.

Am habe der Bw darauf hin beantragt, ihm eine Ablichtung des Bescheides der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , AO, auszufolgen. Das Finanzamt sei diesem Wunsch mit der Behauptung nicht näher getreten, dass "im Akt Abrechnungsbescheid 0/1, der nur aus wenigen Schriftstücken bestehe und nicht einmal als (selbstständiger) Akt im herkömmlichen Sinn angesehen werde, der vom Bw gewünschte Bescheid der ehemaligen Finanzlandesdirektion nicht enthalten" sei und "also schon aus faktischen Gründen nicht übermittelt werden" könne. Einerseits könne eine solche Äußerung unter objektiven Gesichtspunkten nur als Provokation aufgefasst werden, andererseits ergebe sich aus einer solchen Behauptung, dass dem zu beurteilenden Buchungsvorgang auf dem Gebarungskonto kein Titelbescheid zugrunde liege. Dabei sei aber daran zu erinnern, dass nur der Spruch, niemals aber die Begründung eines Bescheides der Rechtskraft fähig sei und dass das obiter dictum der Berufungsentscheidung vom , RV/1352-W/04, an das sich das Finanzamt krampfhaft klammere, keine Rechtswirkungen entfalten könne.

Nach Stoll, BAO-Kommentar, 2479, sei darauf hinzuweisen, dass - wenngleich in der Rechtspraxis und leider, wie man am Beispiel des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom (richtig wohl: ), 2000/13/0033, sehe, auch in der Judikatur immer wieder und beharrlich von "Erstattungen" oder von "Rückerstattungen" von Abgaben gesprochen werde, wenn "Rückzahlungen" gemeint seien - der Begriff "Erstattung" (§ 2 lit. a Z 2 BAO) einem anderen Anspruch (Abgabenanspruch) zugedacht sei. Erstattungen seien nach der Terminologie des Gesetzes gegeben, wenn einem Abgabepflichtigen eine zu Recht entrichtete Abgabe aufgrund eines von ihm verwirklichten besonderen (Erstattungs-) Tatbestandes ganz oder teilweise gutzuschreiben und (in der Folge nach Maßgabe der §§ 213 ff BAO) zurückzuzahlen sei. Die Erstattung im hier besprochenen Sinn, wie sie vom Gesetzgeber verstanden werde, sei eine materiell-rechtliche Figur, deren Konkretisierung sodann eine Rückzahlung auslöse, während die Rückzahlung im Sinne der Bundesabgabenordnung, nämlich die Rückzahlung, wie sie in den Bestimmungen der §§ 239 ff BAO vorgesehen sei, eine verfahrensrechtliche, verrechnungstechnische Einrichtung sei, welche materiell-rechtliche Ansprüche, die zu Gutschriften (und in der Folge zu Guthaben) führten, zur Voraussetzung habe. Erstattungen seien neben vielen anderen zu Gutschriften führenden materiell-rechtlich vorgesehenen Ansprüchen Voraussetzung (Rechtstitel) für Rückzahlungen und nicht die Rückzahlungen selbst.

Aus diesem Grunde sei der möglicherweise zu Recht bestehende "Rückforderungsanspruch" kein Abgabenanspruch im Sinne der Bundesabgabenordnung, weil unter § 2 lit. a Z 2 BAO nur "Erstattungen", "Vergütungen" und "Abgeltungen" von Abgaben und Beiträgen erfasst seien, nicht jedoch "Rückzahlungen", die das Finanzamt vom Rückzahlungsempfänger zurückverlangen wolle, weil der Rückzahlungsbescheid - rückblickend betrachtet - nicht (mehr) dem Rechtsbestand angehöre. Aus diesen Gründen werde der Berufung gefolgt werden müssen, weil vom Finanzamt - ohne Vorliegen eines Titelbescheides - kein Abgabenanspruch und daher auch kein Abgabenzahlungsanspruch behauptet werden könne.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass zentraler Punkt des gegenständlichen Verfahrens die Frage sei, ob im gegenständliche Fall ein Steuerschuldverhältnis gegenüber der Republik Österreich bestehe und wenn ja, welcher Abgabenanspruch dann entstanden wäre und im Weiteren, ob nicht bereits Festsetzungs- bzw. Einhebungsverjährung mangels Unterbrechungshandlungen eingetreten sei. Sollte man zur Rechtsansicht gelangen, dass lediglich ein zivilrechtliches Schuldverhältnis gegeben sei, dann wäre eine Zuständigkeit des Unabhängigen Finanzsenates für diese Frage im Vorhinein gar nicht gegeben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 213 Abs. 1 BAO ist bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen.

Gemäß § 213 Abs. 2 BAO ist bei den anderen als den im Abs. 1 genannten Abgaben die Gebarung für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, nach den einzelnen Abgaben getrennt oder zusammengefasst, jedoch abgesondert von den im Abs. 1 genannten Abgaben zu verbuchen.

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

Gemäß § 238 Abs.1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a gilt sinngemäß.

Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Gemäß § 238 Abs. 3 BAO ist die Verjährung gehemmt, solange

a) die Einhebung oder zwangsweise Einbringung einer Abgabe innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist, oder

b) die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist, oder

c) einer Beschwerde gemäß § 30 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 oder § 85 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 aufschiebende Wirkung zuerkannt ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist der Abrechnungsbescheid seinem Wesen und möglichen Inhalt nach ein Feststellungsbescheid, der Klarheit zu schaffen hat, durch welche Verrechnungsvorgänge und Tilgungstatbestände das Erlöschen einer bestimmten Zahlungsverpflichtung bewirkt wurde. Im Abrechnungsbescheid sind umstrittene abgabenrechtliche Gebarungsakte schlechthin zu klären, nicht jedoch die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung zu prüfen. Auch dient das Abrechnungsbescheidverfahren nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () nicht dazu, das Ergebnis rechtskräftiger Abgabenfestsetzungen durch Nachholung von Vorbringen, deren rechtzeitige Geltendmachung versäumt wurde, zu umgehen. Es kann auch die Prüfung und die Darstellung der Ergebnisse verlangt werden, ob die rechnungsmäßige Anlastung der Abgabenfestsetzung (nicht aber die Abgabenfestsetzung selbst) und die entsprechenden Gutschriften bei verminderten Festsetzungen kassenmäßig ihren richtigen Ausdruck gefunden haben ().

Strittig ist laut Eingabe vom die Verbuchung vom über die Festsetzung der Lohnsteuer 1995 (Fälligkeitstag: ) zahlbar bis € 35.007,90.

Entsprechend der Begründung im angefochtenen Bescheid, auf deren Ausführungen verwiesen wird, wurde dem Antrag des Bw auf Rückerstattung der für das Jahr 1995 angeblich zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO mit Bescheid vom stattgegeben und der Betrag von S 481.719,00 (€ 35.007,90) vom Sammelkonto 9/0 am zurückbezahlt. Mit Bescheid vom hob die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland den Bescheid vom gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO auf, sodass daraus infolge Wegfalles des Rechtsgrundes für die erfolgte Auszahlung eine Lastschrift (Rückforderungsanspruch) in Höhe von S 481.719,00 (€ 35.007,90) resultiert.

Nach den - unbestrittenen - Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides ist das Sammelkonto (Konto für die summarische Buchung bestimmter Gebarungsfälle) 9/0 nur für die Verbuchung von Rückzahlungen (an beliebig viele Antragsteller) eingerichtet, für die Rückabwicklung ist dieses Sammelkonto prinzipiell nicht vorgesehen. Die Unmöglichkeit der Verbuchung der Entscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , AO 720/2-15/18/99, auf dem Sammelkonto 9/0 ändert allerdings nichts daran, dass die Aufhebung des auf diesem Konto am verbuchten - zu einer Gutschrift in Höhe von S 481.719,00 führenden - Bescheides grundsätzlich zu einer Lastschrift in derselben Höhe zu führen hatte und die Obliegenheit des Finanzamtes auslöste, diese gemäß § 213 BAO zu verbuchen.

Umstände, aus denen sich ergeben würde, dass die Verbuchung dieser Lastschrift nicht auf dem Konto 0/1 hätte stattfinden dürfen, wurden vom Bw auch mit dem - unberechtigten - Einwand des Fehlens diverser Feststellungen nicht vorgebracht.

Sofern der Bw vermeint, dass der möglicherweise zu Recht bestehende "Rückforderungsanspruch" kein Abgabenanspruch im Sinne der Bundesabgabenordnung sei, weil unter § 2 lit. a Z 2 BAO nur "Erstattungen", "Vergütungen" und "Abgeltungen" von Abgaben und Beiträgen erfasst seien, nicht jedoch "Rückzahlungen", die das Finanzamt vom Rückzahlungsempfänger zurückverlangen wolle, weil der Rückzahlungsbescheid - rückblickend betrachtet - nicht (mehr) dem Rechtsbestand angehöre, ist dem zu entgegnen, dass nach Stoll, BAO-Kommentar, 2489, die Bestimmung des § 240 Abs. 3 BAO dem Abgabenschuldner nur einen notwendigen ergänzenden Rechtsschutz gewährt, dem Betroffenen aber keine Rechte einräumt, die nicht materiell-rechtlich vorgesehen sind oder über die materiell-rechtlich umschriebenen Ansprüche hinausgehen. Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () gewährt § 240 Abs. 3 BAO dem Arbeitnehmer jenen ergänzenden Rechtsschutz, der wegen des zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden besonderen Verhältnisses beim Lohnsteuerabzug notwendig ist, um ein Fehlverhalten des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer gegenüber korrigieren zu können. Wesentliches Tatbestandsmerkmal der in Rede stehenden Gesetzesstelle ist dabei, dass im Falle der Lohnsteuer diese Abgabe vom Arbeitgeber im objektiven Sinn zu Unrecht einbehalten wurde.

Ergänzend ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zu verweisen, wonach es nichts Ungewöhnliches ist, dass aus einem Abgabenrechtsverhältnis Ansprüche entspringen, bei denen der Abgabepflichtige der Gläubiger, der Staat der Schuldner ist. Der Rückzahlungsanspruch des Abgabepflichtigen ist die Umkehrung des Abgabenanspruches. Über Anträge hierüber ist ausschließlich im Einhebungsverfahren (6. Abschnitt der BAO) gemäß § 239 Abs. 1 BAO gesondert mit Bescheid zu entscheiden. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/15/0046, handelt es sich bei Rückforderungsansprüchen um nichts anderes als um "negative Abgabenansprüche". Solche Ansprüche entstehen (wie die Abgabenansprüche im engeren Sinn) kraft Gesetzes jeweils zu dem Zeitpunkt, in dem ein gesetzlicher Tatbestand, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbindet, verwirklicht wird. Auf die Bescheiderlassung kommt es dabei nicht an.

In Hinblick darauf, dass laut Antrag des Bw vom Sache des gegenständlichen Berufungsverfahrens die Rechtmäßigkeit der Verbuchung vom der zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer 1995 (Abgabenanspruch) in Höhe von S 481.719,00 (€ 35.007,89) ist, kann keine Rede davon sein, dass vom Finanzamt kein Abgabenanspruch und daher auch kein Abgabenzahlungsanspruch behauptet werden könne.

Sofern der Bw im angefochtenen Bescheid Feststellungen hinsichtlich Fälligkeit, Nachfrist, Abgabenart, Entstehung des Abgabenanspruches, Grundlage des titellosen Abgabenzahlungsanspruch, Beginn der Festsetzungsverjährung der Rückforderung und der Einhebungsverjährung und allfälliger Unterbrechungshandlungen bzw. Hemmungen vermisst, ist dem vorerst zu entgegnen, dass die im Antrag vom konkretisierte Buchung vom alle erforderlichen Feststellungen enthält.

Bezüglich der vermissten Feststellungen hinsichtlich der Festsetzungsverjährung und der Einhebungsverjährung ist vorerst darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit des - ohnehin vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2000/13/0033 bestätigten - Bescheides der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom und somit der allfällige Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht Sache des gegenständlichen Berufungsverfahrens ist.

Eine Buchung ist nicht der Rechtskraft fähig und somit auch nicht mit Berufung anfechtbar (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 216 Tz 1). Buchungen auf dem Abgabenkonto haben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () für das Erlöschen der Abgabenschuld keine Rechtswirkung, denn eine Abgabenschuld erlischt nicht durch Buchung auf dem Abgabenkonto, sondern durch einen gesetzlichen Tilgungstatbestand. Das Finanzamt hat daher eine der Rechtslage nicht entsprechende Buchung von Amts wegen richtigzustellen.

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates stellt eine Buchung somit keine Einhebungsmaßnahme dar, welche der Einhebungsverjährung unterliegt, zumal eine Buchung in den Fällen des § 210 Abs. 1 BAO in der Regel vor dem Eintritt der Fälligkeit und somit vor dem Tatbestandsmerkmal, das den Lauf der Einhebungsverjährung auslöst, erfolgt. Der Einhebungsverjährung unterliegen könnte allenfalls eine anlässlich der Buchung (einer verjährten Abgabenzahlungsschuld) erfolgten Verrechnung mit einem am Abgabenkonto befindlichen Guthaben.

Selbst wenn die Buchung der aus dem Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom resultierenden Lastschrift der Einhebungsverjährung unterläge, wäre die Einhebungsverjährung nicht eingetreten, da deren Lauf durch die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO mit Bescheiden vom und in der Zeit vom bis und und gehemmt war bzw. etwa durch den Vollstreckungsversuch vom , bei dem am versperrten Wohnort des Bw niemand angetroffen wurde, unterbrochen wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Abrechnungsbescheid
Rückforderungsanspruch
Erstattungen
Lastschrift
Abgabenanspruch
Abgabenzahlungsschuld
Buchung
Festsetzungsverjährung
Einhebungsverjährung
Rechtskraft
Einhebungsmaßnahme
Aussetzung der Einhebung
Vollstreckungsversuch
Hemmung
Unterbrechung
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2010/03

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