Behaltefrist bei Investitionszuwachsprämie
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Mag. Eva Woracsek und die weiteren Mitglieder Mag. Margit Mayr, Michael Fiala und Dr. Harald Sippl über die Berufung der Bw., vertreten durch PKF Österreicher-Staribacher, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbH, 1010 Wien, Hegelgasse 8, gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling, betreffend Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für das Jahr 2004 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte das zuständige Finanzamt (FA) die Investitionszuwachsprämie (IZP) für das Jahr 2004 mit Null statt mit € 3,301.540,00 fest und verwies in der Begründung auf Tz. 2 des Berichts der Außenprüfung vom (ABNr. XY):
"Im Wirtschaftsjahr 2004 wurde von der Bw. ein Luftfahrzeug der Type Gulfstream 550 angeschafft. Der Kaufpreis betrug € 33.015.407,00 (ca. 40 Mio USD). Der Privatjet wurde bereits im Oktober 2004 nach Wien pilotiert und mit dem Kennzeichen XY im österreichischen Luftfahrtregister eingetragen. Da es sich bei diesem Flugzeugmodell um eine erstmalige Zulassung im Bereich der EASA handelte, erfolgte die behördliche Genehmigung erst im März 2005. Danach wurde das Luftfahrzeug für den gewerblichen Einsatz verwendet. Demonstrationsflüge wurden bis dahin nicht durchgeführt. Der erste Einsatz als gewerblich entgeltlicher Flug war die Überstellung des besagten Flugzeuges nach Wien. Von der AP wurde anhand vorgelegter Dokumente überprüft, ob der Jet in der Übergangszeit von Oktober 2004 bis März 2005 in den USA gewerblich eingesetzt wurde. Anhand der Stundenleistung der Turbinen konnte dies ausgeschlossen werden.
Im Mai 2006 wurde der Jet am Pariser Flughafen durch das Luftfahrzeug N 254 GA beschädigt. Diese Kollision fand auf der Parkposition K1 am Flughafen "Le Bouget" satt. Die G 550 wurde an der Nase (Radaranlage) und am Flügel beschädigt. Die Schadenssumme belief sich auf ungefähr € 1.000.000,00 - ca. 3,3 % der Anschaffungskosten. Das Luftfahrzeug war 20 Tage in Reparatur gestanden. Da das verursachende Luftfahrzeug ein Jet der Fa. Gulfstream selbst war, hat Gulfstream großes Interesse daran gehabt, diesen schnellstmöglich zu reparieren. Dadurch ist die sehr kurze "down time" von 20 Tagen zu erklären. Nach erfolgter Reparatur war das Luftfahrzeug wieder wirtschaftlich einsatzfähig. Bei der von der steuerlichen Vertretung beantragten Ergänzung des Sachverhalts vom (siehe NS) - "...Das Luftfahrzeug hat somit eine "Damage History" die eine Weiterbenutzung des Luftfahrzeuges als gewerblich tätiges Luftfahrzeug (im Rahmen einer Bedarfsflugtätigkeit) nicht oder kaum mehr möglich macht. Rückfragen bei Maklern haben ergeben, dass ein "Damaged Aircraft" für den gewerblichen Einsatz nicht mehr verwendet wird, d. h. der Makler eine "Clean Damage History" voraussetzt. Insoweit ist die Darstellung in Tz. 2 ("....nach erfolgter Reparatur war das Luftfahrzeug wieder wirtschaftlich einsatzfähig...") nicht den Tatsachen entsprechend." - handelt es sich nach Meinung der AP um eine reine Schutzbehauptung, weil die G 550 nach wie vor auf dem AOC der J. eingetragen ist und von diesem Bedarfsflugunternehmen auch gewerblich eingesetzt wird - Stand . Der Eigentümer hat sich aufgrund der obig erwähnten Beschädigung - Damage History - entschlossen, das Luftfahrzeug zu veräußern und ein Nachfolgemodell zu kaufen. Es bestand zwar die Absicht das gleiche Modell nachzubeschaffen, dies hätte aber eine Stehzeit von ungefähr zwei Jahren verursacht. Deshalb hat man sich entschlossen, den kleineren Jet G 200 anzuschaffen. Es handelt sich hierbei um einen Jet der gleichen Serie aber um ein kleineres Modell. Die G 200 entspricht eher den wirtschaftlichen Gegebenheiten, weil der Flugzeugtyp G 550 nicht voll ausgelastet war und die G 200 geringere Betriebskosten verursacht. Der Kaufpreis für dieses Modell schlug sich mit ungefähr 20 Mio. USD nieder. Der Businessjet G 550 wurde im Wirtschaftsjahr 2006 um ca. 30 Mio. USD weiterverkauft.
Rechtliche Würdigung:Die G 550 ist im Wirtschaftsjahr 2004 dem Anlagevermögen der Bw. zugegangen. Für die AK wurde eine IZP iHv € 3.301.540,00 beantragt und ausbezahlt. Die Voraussetzung zur Erlangung der IZP wurde hinsichtlich des Zuganges zum Anlagevermögen erfüllt. Die AP sieht aber hinsichtlich des Ausscheidens (höhere Gewalt) und der Behaltefrist, welche dem VwGH-Erkenntnis 2005/15/0156 folgend beurteilt wurde, Abweichungen. Im Erkenntnis wird darauf hingewiesen, dass das Wirtschaftsgut dem Anlagevermögen über einem "längeren Zeitraum" hinweg dienen muß. Über das genaue Ausmaß dieses "längeren Zeitraumes", über welchen die Wirtschaftsgüter im Betrieb bleiben müssen (möglicherweise zumindest die Hälfte der Nutzungsdauer)...., ist dem Erkenntnis allerdings nichts zu entnehmen.....Im konkreten Fall ist das Wirtschaftsgut im Oktober 2004 in Betrieb gegangen und wurde aufgrund der obig erwähnten Umstände im Juni 2006 verkauft. Dies entspricht einer steuerlichen Nutzung von 2 Jahren und einem Prozentsatz von rund 10 % der Anschaffungskosten bei einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 20 Jahren. Das vorzeitige Ausscheiden stellt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar, das nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zu einer Änderung der Prämiengewährung führt."
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom Berufung erhoben und eingewendet, die Nichtanerkennung der IZP widerspreche der bereits vorliegenden Judikatur des UFS und des VwGH. Zur Sachverhaltsdarstellung werde auf Tz. 2 des Außenprüfungsberichts verwiesen, der - mit Ausnahme der Frage des Einsatzes eines Flugzeuges mit "Damage History" - den Sachverhalt wiedergebe.
§ 108e EStG 1988 enthalte keine gesetzliche Definition einer Behaltefrist. Der Gesetzgeber selbst habe daher als einzige Voraussetzung für die IZP den Investitionszuwachs in der vom Gesetz geforderten Weise verlangt. Die als Behaltefrist von der Behörde vorgesehene Frist über "einen längeren Zeitraum" sei daher aus dem Gesetz direkt nicht ableitbar. Es sei allerdings richtig, dass der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 2005/15/0156, ausführe, dass für prämienbegünstigte Wirtschaftgüter die Nutzung über einen längeren Zeitraum im Betrieb als Anlagevermögen notwendig sei, da nur in diesem Fall eine Absetzung für Abnutzung im Sinne der §§ 7 und 8 EStG denkbar sei. Obgleich diese Argumentation wohl nur dazu diene, das Anlagevermögen vom Umlaufvermögen abzugrenzen (für letzteres wäre eine Abschreibung für Abnutzung nicht möglich), könne die Auslegung "längerer Zeitraum" durchaus im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, da die vom Bw. vorgenommene Nutzung durch höhere Gewalt beeinträchtigt worden sei.
Demzufolge sei die Neuanschaffung des G 200 Gulfstream Jet als "Ersatzinvestition" erfolgt, da ein Business Jet G 550 Gulfstream aufgrund der langen Lieferfristen nicht zur Verfügung gestanden sei. Es habe die Bw. bei Anschaffung des Luftfahrzeuges nicht damit rechnen können, dass ein durch höhere Gewalt verursachter Schaden dessen Einsatzfähigkeit beeinträchtigen würde und sei demzufolge auch in jenen Rechtsbereichen, welche Behaltefristen vorgesehen hätten, das Ausscheiden des Anlageguts aufgrund höherer Gewalt keineswegs als Auflösungsgrund anzusehen. Dies umso mehr als die Bw. ja unverzüglich eine Neuanschaffung durchgeführt habe, welche die vom Gesetzgeber geforderte Investitionstätigkeit in unveränderter Weise fortsetze.
Weiters werde darauf hingewiesen, dass in der Entscheidung des UFS (RV/0108-F/05) der Sachverhalt des Zugangs bzw. der Inbetriebnahme von LKW im November 2002 zugrunde lag, jedoch zum bereits eine Betriebsaufgabe vorlag. Bei der zugrunde gelegten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 15 Jahren sei somit nur ein Zeitraum von 26 Monaten im Betriebsvermögen zugebracht worden. Dies ergebe rund 14,45 % der Nutzungsdauer.
Bei Zugang des Wirtschaftsgutes und erstmaliger Nutzung im Oktober 2004 und Veräußerung im Juni 2006 seien aber im gegenständlichen Fall 21 Monate Nutzung im Unternehmen vorgelegen, was bei korrekter Beachtung der 10jährigen Abschreibungsdauer rund 21 % der Nutzungsdauer darstelle. Die von der Abgabenbehörde zitierte Rechtsmeinung, ein längerer Zeitraum stelle zumindest die Hälfte der Nutzungsdauer dar, lasse sich aus dem bereits zitierten Erkenntnis des VwGH nicht ableiten, sondern schreibe der VwGH vielmehr, dass "nicht bloß auf den Augenblick der Anschaffung bzw. Herstellung, sondern auf einen mehrjährigen Zeitraum abzustellen" sei. Der VwGH lasse es ausdrücklich dahingestellt, ob die Verhältnisse während des gesamten Zeitraums der Abschreibung unverändert sein müssten.
Es lasse sich daher weder aus der Judikatur des VwGH, noch aus den vorgegebenen Bestimmungen die Notwendigkeit einer Nutzungsdauer über die Hälfte oder den gesamten Nutzungszeitraum ableiten. Der VwGH spreche von "längerem Zeitraum", was offensichtlich ein Zeitraum über mehr als 1 oder 2 Veranlagungsjahre sei. Wie in der Berufung gegen den Feststellungsbescheid dargelegt, sei ein Luftfahrzeug im gewerblichen Executive-Einsatz eben nicht länger als 10 Jahre wirtschaftlich nutzbar, obgleich es natürlich technisch durchaus länger einsatzfähig sei; allerdings nicht einsatzfähig für den gewerblichen Executive-Verkehr, sondern vielleicht als Frachtflieger. Gegenständlicher Flieger sei im übrigen aufgrund seiner baulichen Gegebenheiten als Frachtflieger nicht einsetzbar.
Es werde nochmals betont, dass aufgrund des vorliegenden Falls von höherer Gewalt (nämlich Beschädigung des Flugzeuges) eine Behaltefrist auch im § 12 EStG nicht gelte und wie auch der VwGH ausführe, unter höherer Gewalt ein von außen einwirkendes Ereignis zu verstehen sei, das der Steuerpflichtige nicht zu verantworten habe, auch durch äußerste Sorgfalt nicht zu verhindern gewesen sei und keine typische Betriebsgefahr darstelle. Da weder ein Verschulden oder unsachgemäße Behandlung oder Pflege des Luftfahrzeuges auf Seiten der Bw. vorliege, sei jedenfalls die Beschädigung als höhere Gewalt anzusehen. Da die Bw. ein Luftfahrzeug mit einer "Damage History" prinzipiell nicht verwenden möchte (was im Übrigen auch im Bereich der Vercharterung Nachteile mit sich bringe), sei die Bw. zu einer sofortigen Nachbestellung des Luftfahrzeuges bereit gewesen. Dies sei aber aufgrund von Lieferterminen ausgeschlossen gewesen, sodass man zwischenzeitlich ein kleineres - sofort lieferbares - Luftfahrzeug (G 200 Gulfstream), bestellt und angeschafft habe.
Sollte aber aufgrund dieser Umstände die Bw. steuerliche Nachteile nach sich ziehen, so würde dies bedeuten, dass beim Zuwarten von 2 bis 3 Jahren bis zum nächsten möglichen Liefertermin eines G 500 der Investitionszuwachs nicht in Frage gestellt werden würde; bei einer sofortigen Nachbeschaffung eines billigeren, aber sofort lieferbaren Anlagegutes die IZP zur Gänze entfallen sollte, so könne dies vom Gesetzgeber keineswegs gewollt sein. Die IZP sei für die Förderung der in Österreich genutzten Anlagegüter und Betriebe gedacht und wäre daher das Aussetzen der Investitionstätigkeit und Abwarten des gleichartigen Modells in 2 bis 3 Jahren keineswegs im Sinne des Gesetzgebers gewesen und hätte vielmehr die Frage des Aufrechterhaltens des Betriebs nach sich gezogen. Wenn aber der UFS nunmehr bei einer Betriebseinstellung nach 26 Monaten die IZP mangels Erfüllung der Behaltedauer nicht anerkenne (RV/0108-F05 vom ), so wäre bei die Bw. bei Nichtnachbeschaffung des Luftfahrzeugs nach 21 Betriebsmonaten jedenfalls eine Betriebsaufgabe von der Abgabenbehörde unterstellt worden und die IZP dann zur Gänze gestrichen worden. Nun habe aber der Bw. mit der unverzüglichen Ersatzbeschaffung bewiesen, dass die vom Gesetzgeber gewünschte Investitionstätigkeit und Nutzung in Österreich geradezu exemplarisch erfüllt wurde.
Gänzlich unverständlich sei die Argumentation, dass das vorzeitige Ausscheiden ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 295a BAO darstellen solle; es könne wohl keinesfalls rückwirkend auf den Anschaffungszeitpunkt bereits feststehen, dass eine Beschädigung im Mai 2006 erfolgen und danach ein Verkauf des Luftfahrzeuges im Juni 2006 vorgenommen werde. Ein Umstand nach § 295a BAO wäre wohl nur dann vorgelegen, wenn dieses Ereignis rückwirkend Relevanz habe.
Zur Berufung erstattete die Großbetriebsprüfung folgende Stellungnahme vom : Das strittige Flugzeug sei trotz der viel zitierten Damage History bis im gewerblichen Einsatz der Fa. J. (Operator) gestanden. Zum in der Berufung angeführten Schadensfall in Le Borget (Paris) sei folgendes anzumerken. Das Flugzeug sei an der Nase (Radar) und am Flügel beschädigt worden. Die Schadenssumme habe € 1 Mio betragen. Bei einem Anschaffungswert von € 33 Mio. betrage dieser Schaden ca. 3 % der Gesamtanschaffungskosten. Laut Aussage eines kundigen Sachverständigen, gebe es in der Luftfahrtbrache keinen Indikator, ab wann ein Businessjet eine Damage History habe. Da das verursachende Flugzeug ein Flugzeug von Gulfstream selbst gewesen sei, habe das erwähnte Unternehmen großes Interesse gehabt, den Schaden möglichst schnell zu reparieren, daher sei die sehr kurze "down time" von 20 Tagen zu erklären. Der zuständige Steuerberater und Luftfahrtexperte Dr. S. habe in einem Antwortschreiben erwähnt, dass "damaged aircrafts" bei einem eventuellen Wiederverkauf mit einem Abschlag zwischen 10 und 30 % gehandelt würden. Bei der G550 sei ein Verkaufserlös von USD 36 Mio. erzielt worden. Bei einem Anschaffungswert von USD 40 Mio. ergebe dies nach einer zweijährigen Nutzung einen Abschlag von lediglich 10 %. Von der wirtschaftlichen Betrachtung ausgehend seien Gründe für einen Verkauf der G550 nicht ersichtlich.
In der Berufung werde weiters bemängelt, dass bei richtiger rechtlicher Würdigung ein Luftfahrzeug im gewerblichen Executive-Verkehr nicht länger als 10 Jahre wirtschaftlich nutzbar sei. Dem halte die BP entgegen, dass bei vergleichbaren Flugunternehmen Flugzeuge mit ähnlichem max. Abfluggewicht (Fokker 70 - Höchstabflugmasse 41.730 kg, Gulfstream 550 - 41.277 kg) in Österreich auf 15 Jahre abgeschrieben würden. Bei diesen Flugzeugen handle es sich um keine Frachtflugzeuge. Die G550 sei im Kalenderjahr 2005 hochgerechnet ca. 850 Flugstunden im Einsatz gewesen. Das vergleichbare Flugzeug Fokker 70 werde jährlich ca. 2900 Stunden eingesetzt. Wenn man davon ausgehe, dass in Österreich beide Flugzeugtypen ähnlich aufwendig gewartet werden, könne man bei der G550 von einer durchaus realistisch erscheinenden Nutzungsdauer von 20 Jahren ausgehen.
Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass die IZP für das Jahr 2004 aus folgenden Gründen nicht gewährt worden sei:
Weil der Verkauf des Flugzeugs nach einer betrieblichen Nutzung von 21 Monaten erfolgt sei. Dies entspreche rund 10 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Im VwGH-Erkenntnis 2005/15/0156 vom werde darauf hingewiesen, dass das Wirtschaftgut dem Anlagevermögen über einen "längeren Zeitraum" hinweg dienen müsse. Über das genaue Ausmaß dieses Zeitraumes, (möglicherweise zumindest die Hälfte der Nutzungsdauer, vgl. Zorn, SWK Nr. 1/2007, S. 24) sei dem Erkenntnis allerdings nichts zu entnehmen.
Die in der Berufung angeführte Damage History sei aus Sicht der Betriebsprüfung, den vorliegenden Umständen entsprechend, nicht geeignet, den frühzeitigen Verkauf wegen Entwertung beziehungsweise Nutzungseinschränkung des Luftfahrzeuges zu rechtfertigen.
In einer Gegenäußerung zur Stellungnahme der Betriebsprüfung vom teilte der steuerliche Vertreter der Bw. mit, dass die Darstellung über die Damage History insoweit unvollständig sei, als die Frage ob ein Aircraft als damaged anzusehen sei, nicht von der Höhe der Reparaturkosten abhänge, sondern von Faktoren wie strukturelle Belastung, notwendiger Einsatz eines relevanten Flugzeugsystems (etwa Austausch von Hydraulikleitungen) etc. Ein direktes Verhältnis zwischen den Reparaturkosten von etwa € 1 Mio. zum Gesamtwert bzw. den Anschaffungskosten sei nicht zulässig; es könne auch bei wesentlich kleineren Reparaturbeträgen ein Damage History vorliegen. So sei etwa der gänzliche Austausch eines Fahrwerks nach harter Landung relativ kostengünstig durchzuführen; aufgrund einer harten Landung mit entsprechender struktureller Belastung der Flugzeugzelle, sei aber jedenfalls ein Damage History gegeben. Dies bedeute, dass bei diversen international tätigen Flugeinsätzen bzw. im Weiterverkauf das Luftfahrzeug zu geringeren Preisen oder gar nicht eingesetzt werden könne bzw. beim Verkauf entsprechend geringere Preise erziele.
Darüber hinaus sei der Eigentümer des Luftfahrzeugs nicht bereit ein Luftfahrzeug mit Damage History zu betreiben bzw. betreiben zu lassen.
Es mag durchaus richtig sein, dass dieses Luftfahrzeug weiterhin gewerblich eingesetzt werde; der Eigentümer des Luftfahrzeugs sei allerdings nicht bereit gewesen dieses Luftfahrzeug selbst weiter zu benutzen bzw. betreiben zu lassen.
Jedenfalls seien diese, durch höhere Gewalt entstandenen Umstände, auf welche die Bw. keinerlei Einfluss hatte, nicht geeignet eine von vorn herein im Zeitpunkt der Anschaffung des Luftfahrzeugs erkennbare Absicht auf Veräußerung abzuleiten. Es könne weder ein Blitzschlag, noch ein Schaden durch Dritte herbeigeführt, vorhergesehen oder geplant werden. Relevant sei aber nur ein Verhalten bzw. ein geplantes Vorgehen, das bereits im Zeitpunkt der Investition absehbar oder planbar war, was gegenständlich aber nicht vorliege.
Darüber hinaus könne es der Bw. nicht abgabenrechtlich zum Nachteil gereichen, wenn aus Sicherheitsgründen ein Flugzeug mit Damage History nicht betrieben werde. Es sei in der Luftfahrt eben so, dass Luftfahrzeuge mit Damage History nicht von allen Personen akzeptiert werden und die Bw. keineswegs mit einem derartigen Luftfahrzeug in Verbindung gebracht werden wolle. Daher sei es erforderlich gewesen, das Luftfahrzeug zu veräußern und sei die von der Abgabenbehörde vorgetragene Ansicht, dass aus wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Verkauf nicht ersichtlich sei, eben nicht relevant. Die Bw. sei eben nicht bereit gewesen, ein Damaged Aircraft weiter zu betreiben bzw. betreiben zu lassen.
Diese Entscheidung sei etwa gleichzuhalten einem Kraftfahrunternehmer, welcher bei seiner Mietwagenflotte ein durch einen Verkehrsunfall in der Rahmenkonstruktion beschädigtes Fahrzeug nicht weiter einsetzen wolle, obgleich durch eine Reparatur der Rahmen wieder instand gesetzt werden könne, dessen Verlässlichkeit allerdings mit einem unbeschädigten Fahrzeug nicht gleich zu setzen sei. Diese unternehmerische Entscheidung könne aber die Abgabenbehörde nicht als rückwirkendes Argument für die Verweigerung einer IZP in der Form auslegen, dass bereits bei Anschaffung des Luftfahrzeugs im Jahr 2004 diese der höheren Gewalt entsprechenden Vorfälle im Juni 2006 zur Verweigerung der IZP herangezogen werden.
Es sei durchaus richtig, dass Luftfahrzeuge auch auf 15 Jahre abgeschrieben werden. Da allerdings im gegenständlichen Fall das Luftfahrzeug im "Highend-Bereich" eingesetzt werde, also bei sehr teuren internationalen Flügen verchartert werde, sei die wirtschaftliche Abnutzung ähnlich einem Mietwagen- oder Leasingcarunternehmen zu berücksichtigen. Im "Highend-Bereich" würde man Luftfahrzeuge üblicherweise schon nach 5 bis 7 Jahren austauschen und könnte die Bw. jederzeit die diesbezüglichen Operatoren dieser Luftfahrzeuge und das durchschnittliche Alter dieser Luftfahrzeuge benennen; etwa Netjet (derzeit größter Jet-Operator auf Executive-Basis in Europa) habe eine durchschnittliches Alter von rund 3 Jahren ihrer Flotte. Es würden bei Netjet prinzipiell nach 5 Jahren die Flugzeuge ausgetauscht.
Der Einsatz der Flugstunden sei nur für die technische Nutzung des Luftfahrzeugs relevant, nicht jedoch für die Frage der wirtschaftlichen Einsetzbarkeit; auch ein Rental-Car mit einer Jahresnutzung von 50.000 km lasse sich über mehrere Jahre technisch einsetzen; es werde allerdings keinen Kunden geben, welcher ein 5 Jahre altes Rental-Car etwa bei Avis oder Hertz akzeptieren werde, wenn es sich um die teuerste Kategorie der Fahrzeuge, etwa der Marken Mercedes oder BMW, handle. Bei Rental-Cars sei etwa der Austausch im "Highend-Bereich" nach 12 Monaten maximal üblich.
Zusammenfassend werde festgehalten, dass die von der Abgabenbehörde dargestellte Damage History den tatsächlichen Umständen im Luftfahrtgeschäft bzw. in der Luftfahrttechnik nicht entspreche und der Eigentümer nicht bereit gewesen sei, ein Damaged Aircraft weiterhin einzusetzen. Diese Damage sei ein Akt der höheren Gewalt gewesen, so dass das Ausscheiden des Luftfahrzeugs nicht zum Nachteil bzw. zur Verweigerung der IZP führen könne.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung, konnte für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10 % geltend gemacht werden. Voraussetzung für die (im Jahr 2004 ausgelaufene) Investitionszuwachsprämie war, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt wurden. Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter waren nach § 108e Abs. 2 erster Satz EStG 1988 ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Wirtschaftsgüter grundsätzlich nur dann einen Anspruch auf die Investitionszuwachsprämie im Sinne des § 108e EStG 1988 vermitteln, wenn sie dazu gewidmet sind, über einen längeren Zeitraum dem Betrieb als Anlagevermögen zu dienen, weil nur in einem solchen Fall von einer Absetzung "im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8)" die Rede sein kann (vgl. zuletzt , und , mit Verweis auf ).
Zu beachten sei allerdings, dass sich aus dem Zweck der Bestimmung (der Ankurbelung der betrieblichen Investitionstätigkeit) ergebe, dass die Prämie auch zusteht, wenn das Wirtschaftsgut zwar zunächst für den langfristigen Einsatz im Betrieb bestimmt war, nach der Anschaffung eintretende Unwägbarkeiten (z.B. Schaden auf Grund höherer Gewalt, unvorhergesehene Unbrauchbarkeit im Betrieb) aber zum Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen geführt haben (vgl. z. B. Zorn in Hofstätter/Reichel, EStG 1988 III32, § 108e Tz 3 "Behaltefrist", sowie RdW 2012/244, 238), zumal ein durch Unwägbarkeiten hervorgerufenes Ausscheiden des Wirtschaftsgutes kein Indiz gegen das ursprüngliche Bestehen einer Widmung zum langfristigen Einsatz im Betrieb darstellt ().
Seitens des FA wird nicht in Zweifel gezogen, dass das im Jahr 2002 angeschaffte Luftfahrzeug Anlagevermögen der Bw. darstellte, somit bestimmt war, dauernd, d. h. auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer oder zumindest einen größeren Zeitraum davon, dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Weiters hat das FA nicht bezweifelt, dass es im Mai 2006 zu einer - nicht von der Bw. verschuldeten - Kollision am Flughafen Paris gekommen ist und das Luftfahrzeug dabei an der Nase (Radar) und am Flügel beschädigt wurde. Warum sich die Bw. in weiterer Folge dazu entschlossen hat, das wieder instandgesetzte Flugzeug nicht weiter zu betreiben, sondern eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen, wurde nach Ansicht des Berufungssenates ausführlich und nachvollziehbar begründet. Im Hinblick auf die unternehmerische Organisations- und Dispositionsfreiheit kann der Bw. nicht vorgeschrieben werden, dass sie das vormals beschädigte Flugzeug weiter betreiben müsse.
Damit war die infolge der Beschädigung des Luftfahrzeugs eingetretene Unbrauchbarkeit für den Betrieb der Bw. unvorhergesehen und folglich eine nach der Anschaffung eingetretene Unwägbarkeit, die der Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie nach § 108e EStG 1988 nicht entgegen stand.
Wien, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 108e Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at