Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.08.2019, RV/7400162/2019

Einsatzgebühr für die Wiener Rettung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache Bf, Adr über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Magistratsabteilung 70 vom , 1****** betreffend Vorschreibung von Einsatzgebühr für die Wiener Rettung, MA 70 TZ1******, zu Recht erkannt: 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 70, Berufsrettung Wien (belangte Behörde) dem Beschwerdeführer Einsatzgebühr für die Wiener Rettung in Höhe von 690,00 €, zahlbar innerhalb eines Monats, zur Zahl MA 70 TZ1****** vor.
Die Begründung des Bescheides lautet wie folgt:
"Zufolge § 28 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes ist für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzwagens kommt. Die Höhe der Gebühr hat der Gemeinderat in der im Spruch angegebenen Gebührenordnung festgesetzt.

Nach § 29 des oben zitierten Gesetzes ist derjenige Gebührenschuldner, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Eine Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, bei denen auf Grund deren Zustandsbildes das Vorliegen der Voraussetzungen mit gutem Grund angenommen werden konnte.

Aus den in der Begründung angeführten gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich die Haftung des Gebührenschuldners für die erwachsenen Einsatzgebühren.

Der gegenständliche Bescheid musste erlassen werden, da für den Zeitpunkt des Rettungseinsatzes kein Versicherungsanspruch festgestellt werden konnte bzw. eine Übernahme der Einsatzgebühren seitens des zuständigen Sozialversicherungsträgers abgelehnt wurde."

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer folgendes Rechtsmittel:
"Innert offener Frist lege ich Beschwerde gegen ihren Bescheid zu MA 70 TZ 1****** ein und beantrage die Aufhebung des Bescheides.

Innerhalb eines Monats
Ihr Bescheid vom wurde am zugestellt. Ab der Zustellung beginnt die Zahlungsfrist, innerhalb eines Monats. Vermutlich aufgrund der unkorrekt angeführten Postleitzahl hat sich die Zustellung ihres Bescheides verzögert.

Ich weise darauf hin, dass sie die Adresse falsch angeführt haben. Ich habe keinesfalls bei meiner Adresse die Postleitzahl für Bregenz mit 1010 angegeben. Mir ist sehr wohl zu jedem Zeitpunkt die Postleitzahl von Bregenz, mit 6900 Bregenz bewusst.

Somit wird der Bescheid wegen der Unrichtigkeit der Adresse als gegenstandlos erachtet werden.

Schriftlich an Briefkopf angeführte Behörde:
Berufsrettung - Stadt Wien, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 70, Referate H bis R,
Radetzkystraße 1, 1030 Wien

001492, MA 6—BA 4, 1110 Wien, Rinnböckstraße 15/3. Stock

Bezeichnung des Bescheides
Bescheid zu MA 70 1****** für Einsatzgebühr Wiener Rettung

Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird
Anfechtung und Aufhebung des Bescheides zur Gänze sowie die Stornierung ihrer Forderung von EUR 690 zur Gänze.

Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes war nicht erforderlich, es bestand zu keiner Zeit Gefahr in Verzug, sodass die Wiener Rettung von sich aus tätig hätte werden müssen bzw. andere sich für mich hätten einsetzen müssen ich war mir zur jeder Zeit über meine Müdigkeit im Klaren. Ich hatte mich zur Regeneration auf die Parkbank gesetzt. Ich hatte eine bezahlte Übernachtungsmöglichkeit.

Die Kosten für den Rettungstransport sind unverhältnismäßig und werden der Gänze nach angefochten.

Da die Entfernung der Gertrude-Fröhlich-Sandner Straße 6, 1100 Wien bis zur Krankenanstalt Rudolfstiftung inklusive Standort Semmelweis Frauenklinik, Juchgasse 25, 1030 Wien ca. 2 km beträgt mit einer Fahrzeit von ca. 5 Minuten.

Der Transport mit einer Entfernung von 2 km begründet nicht diesen Aufwand mit der offenen Forderung von EUR 690, da aus meinem erinnerlichen Geschehen kein Einsatz der Wiener Rettung notwendig gewesen wäre. Es ist daher eindeutig auszuschließen, dass die Rettung verständigt wurde, da keine Notwendigkeit gegeben gewesen war,

Wenn ich zu Hause gewesen wäre in Bregenz, wo mir die Örtlichkeit entsprechend bekannt sind, wäre ich NIE auf ein Parkbank gesessen. Das war das allererste Mal.

Erklärung welche Änderung beantragt wird, Begründung
Ich beantrage Aufhebung des Bescheides zur Gänze sowie die Stornierung ihrer Forderung von EUR 690 zur Gänze, da ein aufrechter Versicherungsanspruch zu jeder Zeit bestand.

Abänderung des nicht festgestellten Versicherungsanspruchs auf bestehenden Versicherungsanspruch:
Es ist unzutreffend, dass zum Zeitpunkt des Rettungseinsatzes kein Versicherungsanspruch bestanden hatte. Bei der VGKK besteht ein ununterbrochener Versicherungsschutz gegeben.

Ersatzloses Streichen des Textteils des Bescheides, dass mein Zustandsbild das Vorliegen bzw. das Erfordernis des Rettungseinsatz mit gutem Grund annehmen ließ.

Gemäß § 28 Abs 2 beantrage ich aufgrund meiner Sachverhaltsdarlegung als besonders berücksichtigungswürdiger Fall aufgrund der Ortsunkundigkeit, dass von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abgesehen wird. Dies stellt eine Kann-Bestimmung dar, von der ich beantrage, dass das Amt Gebrauch macht.

Weiters beantrage ich für die Dauer der Bearbeitung einen Mahnstopp sowie die Verlängerung der Zahlungsfrist bis zum Abschluss der Korrespondenz.

Erläuterungen zu dem Sachverhalt:
Ich fuhr am nach Wien. Am wurde ich von der Berufsrettung in Wien mitgenommen. Nun liegt mir die Rechnung für die Transportkosten vor mit ihrer offenen Forderung von EUR 690.

Ich setzte mich zur Regeneration auf eine Bank. Es bestand aber keinesfalls Gefahr in Verzug, als dass die Berufsrettung von sich aus tätig hätte werden müssen. Ich hatte nicht erbrochen, ich hatte die Rettung selbst nicht kontaktiert. Ich hatte kein Nachtlager vergleichbar mit einem Camper aufgeschlagen. Ich saß auf der Parkbank.

Vermutlich durch die frische Luft und die Anstrengungen des Tages und der Anreise sind mir die Augen zugefallen. Ich schlief so fest, dass er nichts bemerkte und nicht aufwachte, als die Rettung - aus welchen Gründen auch immer stehen blieb, um sich um sein Befinden zu kümmern. Dies stellt für mich eine Freiwilligkeit der Rettung dar, aber keines Falls, dass daraus eine Forderung entsteht. Es war nicht mein Vorsatz des Verbleibens auf der Parkbank.
Ich wurde gegen meinen Willen in das Rettungsauto transportiert. Als ich im Rettungsauto erwachte, bekam er einen riesigen Schock.

Ich habe keinesfalls die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes bewusst noch unbewusst verursacht. Es bestand zu keiner Zeit Gefahr in Verzug.

Es ist auch keine sonstige Handlung erfolgt, die das Eintreten der Berufsrettung gerechtfertigt hätte. Sie sind entweder freiwillig oder im Auftrag eines fremden Dritten zum Einsatz gekommen, aber keinesfalls aufgrund einer konkreten Gefahr in Verzug.

Seitens der VGKK bestand zum Zeitpunkt des eine aufrechte Versicherungsbedeckung. Wenn dies in Vorarlberg passiert wäre, wäre der Betrag von der VGKK beglichen worden.

Dieser Einsatz der Berufsrettung Wien stellt meines Erachtens einen ganz klaren Freiheitsentzug dar.

Weiters hatte ich ein Skateboard mit, dass von der Rettung nicht mitgenommen wurde. Ich habe seither einen tiefen Schock.

Ich beantrage die Zurücksetzung dieser Einsatzgebühr auf EUR 0.

Wir können ja auch nicht eine begründete Gegenforderung auf ein neues Skateboard, die Taxi-Fahrt wieder zurück und den Schock des ungerechtfertigten Freiheitsentzugs gelten machen?

Mit freundlichen Grüßen"

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet:
"In seiner Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Gebührenvorschreibung und ersucht, von der gegenständlichen Forderung Abstand zu nehmen. Dazu wird Folgendes festgestellt:

Gemäß § 28 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG ist für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.

§ 29 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG normiert, dass derjenige Gebührenschuldner ist, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb.

Gemäß § 30 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG können mit Zustimmung der Stadt Wien die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten.

Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 vorzuschreiben.

Am wurde die Berufsrettung Wien, um 01:05 Uhr, nach 1100 Wien, Gertrude-Fröhlich Sandner-Straße 6, berufen. Die Alarmierung erfolgte durch einen Passanten; aus der Notrufdokumentation geht hervor, dass es sich beim Patienten um eine männliche Person handelt, welche zirka 20 Jahre alt sei.
Die Person sei alkoholisiert und könne nicht mehr stehen. Zudem wird mitgeteilt, dass die Person auf schütteln/rütteln reagiere, jedoch weiterhin schläft. Als Berufungsort wird der Hauptbahnhof Wien, Wartehalle, genannt.

Nach Eintreffen der Rettungsmannschaft wurde der Patient auf einem Tisch schlafend vorgefunden. Der Patient war zu Beginn nicht erweckbar, anschließend wurde der Patient in den Rettungswagen befördert.

Aus der Einsatzdokumentation geht hervor, dass der Patient im Rettungswagen aufwachte; nach Erhebung diverser Messwerte (Blutdruck, Herzfrequenz, Blutzucker) wurde der Patient in das Kaiser-Franz-Josef-Spital transportiert.

Laut Einsatzprotokoll wurde die Adresse Adr, administriert. Bei der Bescheiderstsellung wurde die Adresse Adr_falsche_PLZ, angeführt. Die Adresse wurde korrigiert und in die Beschwerdevorentscheidung übernommen.

§ 28 (4) Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz - WRKG bestimmt, dass die Gebühren nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach Anzahl der gefahrenen Kilometer, nach Anzahl und Art des eingesetzten Personals sowie nach Art und Dauer des Einsatzes abzustufen sind. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren, sind diese als Pauschalbetrag festzusetzen.

Kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 52/2017 ist für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes im Jahr 2018 eine Gebühr von 690,- € zu entrichten.

Durch die belangte Behörde wurde der Versuch unternommen, die entstandenen Einsatzgebühren bei dem zuständigen Sozialversicherungsträger ersetzt zu bekommen. Aufgrund der Örtlichkeit, mussten ebendiese Einsatzgebühren der WGKK-Wiener Gebietskrankenkasse vorgeschrieben werden. Eine Gebührenübernahme wurde seitens der Wiener Gebietskrankenkasses aufgrund der Diagnose „Alkohol“ abgelehnt. Auf die Entscheidung der hiesigen Gebietskrankenkasse, die Übernahme der Einsatzgebühren abzulehnen, hat die Magistratsabteilung 70 keinen Einfluss.

Dem Beschwerdeführer steht es jedoch frei, sich mit der Gebietskrankenkasse in Verbindung zu setzen und eine Gebührenübernahme abzuklären.

lm Falle einer nachträglichen Bewilligung, durch den zuständigen Sozialversicherungsträger, könnte von einer Einhebung zur Gänze abgesehen und der Bescheid als gegenstandslos angesehen werden.

Bei einer neuerlichen Ablehnung, kann möglicherweise mittels Herabsetzung der entstandenen Einsatzgebühren entgegengekommen werden. Zur Prüfung, ob die Angelegenheit aufgrund der finanziellen Situation, gemäß § 28 (2) Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsdienst-WRKG, beurteilt und die Einsatzgebühren der Höhe nach, zum Teil nachgesehen werden können, ist die Übersendung von Unterlagen erforderlich, welche das monatliche Einkommen bzw. den Bezug etwaiger finanzieller Unterstützungen bescheinigen.

Sollte, nach Überprüfung der finanziellen Situation, einer Herabsetzung der entstandenen Einsatzgebühren nicht stattgegeben werden können, kann das Angebot einer monatlichen Ratenzahlung unterbreitet werden."

Vorlageantrag

Am langte bei der belangten Behörde ein Vorlageantrag ein. Darin heißt es:
"[...] der einschreitende Rechtsanwalt vertritt Herrn Bf rechtsfreundlioh und beruft sich auf die erteilte Vollmacht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der Magistratsabteilung 70 vom als unbegründet abgewiesen.

Herr Bf stellt hiermit den
                                                    ANTRAG
dass die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlagenantrag).

Ergänzend wird dazu vorgebracht wie folgt:
1) Das Verfahren ist mangelhaft, da das Vorliegen einer Alkoholisierung nicht festgestellt worden ist und die notwendigen Beweise nicht aufgenommen worden sind. Mein Mandant hat weder eine Blutabnahme, noch musste er eine Luftalkoholkontrolle machen. Er hat sich dazu auch nicht geweigert.

2) Ergänzend sei der Sachverhalt an diesem Tag wie folgt beschrieben: Mein Mandant hat zusammen mit fünf weiteren Freunden, nämlich Herr AB (Adr_AB), CD (Adr_CD), EF (Adr_EF) und seinen Freunden GH und IJ, einen Ausflug nach Wien gemacht. Sie haben sich auf der 7-stündigen Zugfahrt angeregt unterhalten.

Mein Mandant hat dabei insgesamt 4 große Dosen Bier getrunken. Der Bierkonsum auf-die gesamte Fahrtzeit ausgedehnt, sodass bei Ankunft in Wien um ca. 23:00 Uhr, keine Alkoholisierung vorlag. Mein Mandant ist zusammen mit Herrn AB mit dem Skateboard Richtung Unterkunft, eine von einer privaten Vermieterplattform gemieteten Wohnung, gefahren und hat sich dabei verfahren. Er versuchte seine Kollegen per Handy zu erreichen und setzte sich zu diesem Zwecke auf eine Bank in einem kleinen Park auf dem Weg vom Hauptbahnhof in Richtung der Unterkunft. Dabei hat er zahlreiche Anrufversuche gestartet, jedoch haben seine Kollegen ihre Handys nicht abgenommen. Er ist aufgrund das langen Tages dabei eingenickt und wurde etwas nach Mitternacht von Rettungsfahrern geweckt. Er hat jeweils klar erklärt, nicht mit gehen zu wollen und wurde dazu nahezu gedrängt. Mein Mandant stand nicht, sondern schlief auf der Bank.

Nach wenigen Minuten Krankentransport ließen ihn die Fahrer an einer Kreuzung wieder aussteigen. Er hat dann seine Freunde telefonisch bei einem neuerlichen Anrufversuch erreicht, sich mit diesen getroffen, ist dann zur Unterkunft gegangen und hat sich dann noch mehrere Stunden gut mit ihnen unterhalten.

Gemäß § 129 ASVG ist die Wiener Gebietskrankenkasse zuständig, die Frage der Deckung der Transportkosten zu entscheiden. Die Ablehnung der Übernahme der Einsatzgebühren des Rettungsfahrzeuges, das von einer unbeteiligten dritten Person gerufen wurde, ist hier verpflichtend, da die Diagnose „Alkohol“ nicht gestellt werden kann. Die Konsumation von 4 Dosen Bier innerhalb eines ganzen Tages rechtfertigt diese Diagnose nicht. Es entspricht der Erfahrung des täglichen Lebens, dass dies bei männlichen Personen, die körperliche Arbeit vollbringen (Herr Bf arbeitet bei einer Baufirma, war zu dieser Zeit aber arbeitslos) eine Menge an Bier ist, die keine Alkoholisierung begründet. Der Alkohol wurde bereits während der 7-stündigen Bahnfahrt abgebaut.

Ein kurzes Einnicken auf einer Bank ist auch kein Anlass zu einer Rettungsfahrt und selbst dann, wenn die Rettung von dritter Seite gerufen wird, ist die Diagnose Alkohol nicht statthaft.

Aus diesem Grunde hatte die Wiener Gebietskrankenkasse die Kosten zu übernehmen gehabt. Dann sagt auch die VGKK Deckung zu.

Hinzu kommt, dass die Gebietskrankenkassen nunmehr zusammengelegt werden und gleiche Leistungen von allen Kassen für alle Versicherten in ganz Österreich gegeben sein müssen. Die VGKK verweigert auch im Falle einer Alkoholisierung die Übernahme der Kosten nicht. Aufgrund der Reform der Sozialversicherungsträger wäre deshalb die Wiener Gebietskrankenkasse verpflichtet, nunmehr die Übernahme der Einsatzgebühren durchzuführen.

Der Transport hat nur wenige 100 Meter bis zur vorzeitigen „Freilassung des Herrn Bf“ geführt. EUR 690,00 an Kosten sind diesbezüglich nicht gerechtfertigt.

Die VGKK hat unter Hinweis auf § 129 ASVG und die erfolgte Diagnose der Wiener Gebietskrankenkasse eine Kostenübernahme abgelehnt, jedoch erklärt, dass dann, wenn die Wiener Gebietskrankenkasse die Kostenübernahme befürwortet, ihrerseits die Kosten der Wiener Gebietskrankenkasse ersetzt werden.

In Eventu wird gestellt der

ANTRAG 

auf Herabsetzung der entstandenen Einsatzgebühren. Zum Nachweis der finanziellen Situation wird die Arbeitslosenbescheinigung des AMS und der nunmehrige Bescheid des letzten Lohnes übermittelt und beantragt, die Einsatzgebühren der Höhe nach zum Teil nachzusehen, im Ausmaß zu mindestens von 50%, und weitere beantragt, dass dem Angebot

einer monatlichen Ratenzahlung von EUR 100,00, beginnend mit Mai 2019, zugestimmt werde.

Dazu ist zu sagen, dass vom monatlichen Nettoeinkommen von EUR 1.680,00, EUR 300,00 Wohngeld, EUR 50,00 Telefonkosten, abzuziehen sind und die sofortige Bezahlung des vorgeschriebenen Betrages beim verbleibenden Einkommen von EUR 1.300,00 nicht ausreicht, um in Vorarlberg die Verpflichtungen zur Lebensführung zu decken."

Vorlagebericht 

Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Magistrat als belangter Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass die Berufsrettung Wien, am um 01:05 Uhr, nach 1100 Wien, Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 8, berufen wurde, wobei die Alarmierung durch einen Passanten erfolgte; aus der Notrufdokumentation geht hervor, dass die Person alkoholisiert sei und nicht mehr stehen könne.

Nach Eintreffen der Rettungsmannschaft am Hauptbahnhof Wien, Wartehalle, wurde der Patient auf einem Tisch schlafend vorgefunden und wachte erst im Rettungswagen wieder auf; nach Erhebung diverser Messwerte (Blutdruck, Herzfrequenz, Blutzucker) wurde der Patient in das Kaiser-Franz-Josef-Spital transportiert.

Eine Übernahme der entstandenen Einsatzgebühren wurde seitens der Wiener Gebietskrankenkasse mit der Begründung Alkoholintoxikation abgelehnt.

Durch die belangte Behörde wurde angemerkt, dass der Einkommensnachweis ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 1.684,52 bescheinigt und der Beschwerdeführer seit wieder einer laufenden Beschäftigung nachgehe.

Durch die belangte Behörde wurde am  neuerlich an die Wiener Gebietskrankenkasse - um auf diesem Wege eine nachträgliche Gebührenübernahme zu erwirken - herangetreten. Dies wurde jedoch durch die Wiener Gebietskrankenkasse erneut abgelehnt.

Beschluss vom

Das Bundesfinanzgericht hat den Magistrat der Stadt Wien mit Beschluss vom unter Hinweis auf die unterschiedlichen Sachverhaltsschilderungen um Bekanntgabe ersucht,
-) ob der Beschwerdeführer in ein Spital gebracht wurde und falls ja, in welches;
-) wie die Alkoholisierung festgestellt wurde;
-) auf Grund welcher Unterlagen die Wiener Gebietskrankenkasse zum Ergebnis kam, dass eine Alkoholisierung vorlag;
-) wie hoch ein allfälliger Kostenersatz durch die Gebietskrankenkasse wäre.
Schließlich wurde noch um eine vollständige Abschrift des Notrufgesprächs ersucht.

Mit E-Mail vom gab die belangte Behörde bekannt, dass
*) der Beschwerdeführer in das Kaiser-Franz-Josef Spital transportiert wurde, was auch aus den Trackingdaten des Rettungswagens nachvollziehbar wäre;
*) ein Verdacht auf Alkoholisierung unter folgenden Punkten festgestellt bzw. beurteilt wird:
Auffälliger Geruch - wie nach Alkohol - der Patientenatemluft, Übelkeit, Erbrechen, Bewusstseinsstörung bis zur Bewusstlosigkeit, verwaschene Sprache, schwankender Gang, Störung der Emotionalität, Verlangsamung der Reaktionszeit, Ausschluss einer Hypoglykämie, Inspektion der Umgebung;
*) im Zuge der Übermittlung der Einsatzdaten an die Gebietskrankenkasse auch jene Daten übermittelt werden, welche die Erstdiagnose enthalten;
*) der pauschale Transportgebührenersatz, den die Wiener Gebietskrankenkasse zu bezahlen hätte, € 96,33 beträgt.

Ebenfalls vorgelegt wurde eine vollständige Abschrift des Notrufgesprächs, die wie folgt lautet:
"Disponent: „Wiener Rettung Notruf, wo genau ist der Notfallort“
Berufer: „Ja bitte am Hauptbahnhof“
D: „Bitte?“
B: „Am Hauptbahnhof Wien“
D: „Ja wo am Hauptbahnhof, der Hauptbahnhof ist groß“
B: „In der Halle bitte, Wartehalle, beim Food-Corner, Getrude-Fröhlich-Sandner-Straße“
D: „Eine Telefonnummer bitte“
B „Ist ein Firmenhandy“
D „Sagen Sie mir bitte die Nummer“
B „Ich kenne die Nummer leider nicht auswendig“
D „Ok. was ist dort los bitte?“
B „ Ein junger Mann, der ist alkoholisiert, zu viel gesoffen, der kann nicht stehen und das Ganze“
D „Sind Sie nun bei ihm?“
B „Ich bin bei ihm“
D: „Wie alt ist er?“
B: „Zirka 20 Jahre“
D „20?“
B „Ja“
D: „Ist er wach?“
B: „Nein, jetzt ist er nicht wach, aber er atmet“
D: „Wenn sie ihm am Rücken schütteln, reagiert er nicht darauf?“
B: „ Er reagiert schon aber kann leider nicht den Kopf hochheben, kippt wieder um“
D: „Und der hat etwas getrunken?“
B: „Ja der hat“
D: „Ist er aggressiv?“
B: „Nein ist nicht aggressiv“
D: „Hat er eine Waffe?“
B: „Nein, hat er nicht“
D: „Verändert sich seine Hautfarbe?“
B: „Ganz normal“
D: „Ganz normal, ist in Ordnung, und ist er vollkommen wach?“
B: „Er schläft“
D: „Okay, ist in Ordnung, atmet er normal?“
B: „Ja, atmet normal“
D: „Ich schicke dann gleich jemanden vorbei, Hilfe ist zu Ihnen unterwegs, wenn er liegt und erbricht bitte drehen Sie ihn rasch auf die Seite. Überwachen Sie ihn bitte, wenn sich der Zustand verschlechtert nochmal anrufen. Rettung kommt zu Ihnen.
In welchem Stockwerk sind Sie da?“
B: „Können Sie bitte die Einfahrt/Ausgang nehmen Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße, heißt das“
D: „Ist das 10. Bezirk oder 4. Bezirk?“
B: „Das ist zwischen 4. und 10. Bezirk, das ist der Hauptbahnhof, Eingang, wo der Hotel IBIS ist.“
D: „Warten Sie einmal, Gertrude-Fröhlich-Sandner Straße, direkt beim Hauptbahnhof, ja da hab ich‘s schon, in Ordnung, gut, schreib ich dazu“
B: „Dankeschön“"

Beschluss vom

Mit Beschluss vom wandte sich das Bundesfinanzgericht an den Beschwerdeführer und hat um Stellungnahme bzw. Bekanntgaben zu diversen Fragen ersucht. Der Beschluss lautete:
"I.
a) Im angefochtenen Bescheid vom , mit dem eine Einsatzgebühr von € 690,-- festgesetzt wurde, ist als Transportstrecke "von Ort 1100 WIEN GERTRUDE-FRÖHLICH-SA6 nach Ort KA Rudolfstiftung inkl. Semmelweis Frauenklinik" angeführt.

In der Beschwerdevorentscheidung vom ist in der Begründung erwähnt, dass der Beschwerdeführer in das Kaiser-Franz-Josef Spital transportiert wurde.

Das Bundesfinanzgericht hat den Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) um Bekanntgabe ersucht, in welches Spital der Beschwerdeführer gebracht wurde. Dazu hat die belangte Behörde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer in das Kaiser-Franz-Josef Spital transportiert wurde und dies auch durch Trackingdaten des transportierenden Fahrzeuges überprüft wurde.

>> Diese Sachverhaltserhebung wird Ihnen zur Kenntnisnahme bzw. zur Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme mitgeteilt.

b) In der Beschwerde vom , die offenbar vom Beschwerdeführer selbst verfasst/unterschrieben wurde, heißt es, dass
-) der Beschwerdeführer auf einer Parkbank gesessen wäre
-) der Beschwerdeführer erst im Rettungsauto erwachte.

Im Vorlageantrag vom heißt es, dass
-) sich der Beschwerdeführer auf eine Bank in einem kleinen Park auf dem Weg vom Hauptbahnhof in Richtung Unterkunft gesetzt habe;
-) er von Rettungsfahrern geweckt wurde und erklärt hat, nicht mitgehen zu wollen und dazu nahezu gedrängt wurde;
-) der Beschwerdeführer nicht stand, sondern auf einer Bank schlief;
-) nach wenigen Minuten Fahrt die Fahrer den Beschwerdeführer an einer Kreuzung wieder aussteigen ließen.

Das Bundesfinanzgericht hat eine Abschrift des Notrufgesprächs vom von der belangten Behörde angefordert. Der Passant, der den Notruf abgesetzt hat, teilte als Notrufort "Hauptbahnhof", beim Food-Corner, Gertrude Fröhlich Sandner Straße beim Eingang, wo das Hotel IBIS ist, mit.

Der Einsatzbericht lautet (auszugsweise) wie folgt:

Aus diesem Einsatzbericht geht hervor, dass die Berufsrettung den Beschwerdeführer am Hauptbahnhof auf einem Tisch liegend vorgefunden habe und der Beschwerdeführer erst im Rettungswagen wieder zu sich gekommen wäre.

>> Sie werden ersucht, dazu Stellung zu nehmen.

c) Im Vorlageantrag wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Freunden einen Ausflug nach Wien unternommen hatte und sich auf der Fahrt zur Unterkunft (zusammen mit AB) verfahren habe, nachdem der Zug von Bregenz um ca. 23 Uhr am  in Wien angekommen war.

Aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass der Notruf des Passanten erst nach 1 Uhr am bei der Rettung eingegangen ist.  

>> Sie werden ersucht, dazu Stellung zu nehmen.

d) Im Vorlageantrag wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit
--) AB, Adr_AB
--) CD, Adr_CD
--) EF, Adr_EF
--) GH [NAME u. ADRESSE nicht angeführt]
--) IJ [NAME u. ADRESSE nicht angeführt]
unterwegs gewesen wäre und seine Freunde, nachdem er den Rettungswagen wieder verlassen hatte, "telefonisch bei einem neuerlichen Anrufversuch erreicht" habe, sich mit diesen getroffen habe und zur Unterkunft gegangen wäre.

>> Sie werden ersucht,
1. die vollständigen Namen samt Anschrift und Telefonnummern bekannt zu geben;
2. einen Einzelgesprächsnachweis des Beschwerdeführers vorzulegen;
3. Adresse und Vermieter der privaten Unterkunft bekannt zu geben.

e) Das Antwortschreiben der belangten Behörde vom sowie der Aktenvermerk über das Notrufgespräch wird Ihnen zur Kenntnisnahme bzw. Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt."

Innerhalb der gesetzten Frist langte beim Bundesfinanzgericht eine Faxnachricht des Vertreters des Beschwerdeführers ein, in welcher dieser bekannt gab, dass der Beschwerdeführer die Vollmacht gelöst hat und informativ mitteilte, dass der Beschwerdeführer die Sache beenden wolle und die geforderten EUR 690,00 einzahle.

Eine Stellungnahme bzw. Beantwortung der Fragen zum Beschluss vom ist nicht erfolgt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist am  mit dem Zug von Bregenz nach Wien gereist. Während der Zugfahrt hat er Alkohol konsumiert. Um 01:03 Uhr am ging ein telefonischer Notruf in der Rettungszentrale der MA70 ein. Ein namentlich nicht bekannter Anrufer erklärte, dass sich an der Adresse Hauptbahnhof Wien in der Wartehalle ein junger Mann befindet, der zu viel getrunken hat und nicht mehr stehen konnte, auf Schütteln zwar reagiert, aber den Kopf nicht hoch behalten konnte und schläft. Um 01:05 Uhr erfolgte die Alarmierung der Rettung durch den Disponenten der Notrufzentrale.

Die Besatzung des Rettungswagens fand den Beschwerdeführer schlafend vor. Erst im Rettungswagen ist der Beschwerdeführer wieder zu sich gekommen.

Von der Sozialversicherung wurden die Kosten aufgrund der Diagnose „Alkohol“ nicht übernommen.

Das Nettoeinkommen des Beschwerdeführers betrug im Monat der Vorschreibung der Einsatzgebühr € 1.684,52. Zum Zeitpunkt des Rettungseinsatzes war der Beschwerdeführer seit einigen Tagen arbeitssuchend.

Beweiswürdigung

Die Feststellung zur Zugfahrt und zum Alkoholkonsum gründen sich auf den Angaben in der Beschwerde und im Vorlageantrag. Im Vorlageantrag wird als Sachverhaltsergänzung geschildert, dass der Beschwerdeführer mit einigen Freunden nach Wien gefahren ist und dabei Alkohol konsumiert hat.

Aus den Verwaltungsakten ist ersichtlich, dass am ein Notruf bei der Wiener Rettung einging. Der Anrufer gab an, dass sich ein ca. 20 jähriger Mann schlafend am Hauptbahnhof befinde und zu viel getrunken hätte. In den Verwaltungsakten liegt auch eine Gesprächsabschrift des Telefonats auf. Zum Zeitpunkt der Alarmierung war nicht absehbar, ob die Nicht-Ansprechbarkeit u.U. noch andere Ursachen hat (akute Erkrankung, Kreislaufbeschwerden, Herzprobleme, Diabetes, etc.).

Aus der ebenfalls in den Verwaltungsakten enthaltenen Einsatzbeschreibung geht hervor, dass die Besatzung des Rettungswagens den Beschwerdeführer schlafend am "Berufungsort" 1100 Wien, Gertrude-Fröhlich-Sandner Straße 6 (Hauptbahnhof Wien) vorgefunden hatte. Hingegen wird im Vorlageantrag ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zusammen mit einem der Freunde, mit denen er nach Wien gefahren ist, mit dem Skateboard zur privat angemieteten Unterkunft gefahren wäre und sich dabei verfahren hätte. Deshalb wollte der Beschwerdeführer seine Freunde anrufen, hätte sich auf eine Parkbank in einem kleinen Park auf dem Weg vom Hauptbahnhof zur Unterkunft gesetzt und wäre dabei eingeschlafen. Übereinstimmend wird sowohl in dieser Einsatzbeschreibung als auch in der Beschwerde geschildert, dass der Beschwerdeführer erst im Rettungswagen wieder aufgewacht ist. Im Vorlageantrag wird jedoch angeführt, dass der Beschwerdeführer von den Rettungsfahrern geweckt wurde, und den Rettungsfahrern erklärte, nicht mitgehen zu wollen. Diese Widersprüche wurden dem Beschwerdeführer zwar im Beschluss vom vorgehalten und er wurde aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Es langte jedoch keine Stellungnahme ein.
Es mag zwar sein, dass sich der Beschwerdeführer zuvor auf einer Parkbank in der Nähe des Hauptbahnhofes ausruhte. Zum Zeitpunkt der Alarmierung der Rettung und auch im Zeitpunkt des Eintreffens der Rettung befand sich der Beschwerdeführer jedoch im Hauptbahnhof und war nicht ansprechbar. Es ist kein Grund ersichtlich, an den diesbezüglichen Angaben des Anrufers und der Rettungsmannschaft zu zweifeln. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (). 

Die Feststellungen zu den Einkünften des Beschwerdeführers ergeben sich einerseits aus einer vorgelegten Gehaltsabrechnung für den Monat März 2019, die einen Nettoauszahlungsbetrag von € 1.684,52 aufweist und andererseits aus einer ebenfalls vom Beschwerdeführer vorgelegten Bezugsbestätigung des AMS, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer ab dem Arbeitslosengeld bezogen hatte. Die Höhe der Einkünfte bis wurden jedoch nicht angegeben. Im Vorlageantrag findet sich jedoch die Aussage, dass der Beschwerdeführer bei einer Baufirma arbeite. Diese Angaben decken sich mit den Daten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, in denen ein Dienstverhältnis bis aufscheint. Somit ist auch für den Monat Oktober 2018 davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer Einkünfte bezogen hatte, die über dem Richtsatz für Ausgleichszulagen oder dem unpfändbaren Existenzminimum für Alleinstehende lagen.

Rechtsgrundlagen

§ 1 WRKG lautet:

Allgemeine Bestimmungen
Rettungsdienst

§ 1. Aufgaben eines Rettungsdienstes sind:

1. Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten haben, erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie erforderlichenfalls unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen;
2. Personen wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofortige erste notärztliche Hilfe zu leisten, die anders nicht gewährleistet ist;
3. den Transport von Personen durchzuführen, bei denen lebenswichtige Funktionen ständig überwacht oder aufrecht erhalten werden müssen;
4. akute Blut-, Blutprodukte- oder Organtransporte durchzuführen;
5. Sanitätsdienste zur Behandlung von akuten Erkrankungen oder Verletzungen bei Veranstaltungen mit dem hiefür erforderlichen Personal, den erforderlichen Einrichtungen und erforderlichen Transportmitteln bereit zu stellen;
6. die Bevölkerung in erster Hilfe zu schulen;
7. im zivilen Katastrophenschutz mitzuwirken.

§ 2 WRKG idF vor LGBl 1/2019 lautet:

Krankentransportdienst

§ 2. (1) Aufgabe eines Krankentransportdienstes ist es, Personen, bei denen während des Transports eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln zu befördern.

(2) Der Transport von Personen, welche während des Transports nicht der medizinischen Betreuung durch Sanitäter bedürfen, ist von diesem Gesetz ausgenommen.

§ 28 WRKG lautet:

Gebühr und Entgelt
Gebühr

§ 28. (1) Für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), ist eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt.

(2) In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann von der Einhebung der Gebühr ganz oder teilweise abgesehen werden.

(3) Der Gemeinderat wird ermächtigt, sofern eine solche Ermächtigung nicht ohnedies bundesgesetzlich eingeräumt ist, die Gebühren in einer Gebührenordnung festzusetzen. Eine Gebührenordnung kann bis zu einem Monat rückwirkend erlassen werden.

(4) In der Gebührenordnung sind für jede einzelne Art oder eine Mehrheit ähnlicher Arten einer Inanspruchnahme Gebühren vorzusehen. Diese Gebühren sind nach den mit der Inanspruchnahme üblicherweise verbundenen Kosten, insbesondere nach Anzahl der gefahrenen Kilometer, nach Anzahl und Art des eingesetzten Personals sowie nach Art und Dauer des Einsatzes abzustufen. Insoweit es aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung des Ausmaßes der Gebühren zweckmäßig ist, sind diese für bestimmte Arten der Inanspruchnahme oder Teile davon in Pauschbeträgen festzusetzen.

(5) Die Höhe der Gebühren ist unter Zugrundelegung der sich in einem Kalenderjahr voraussichtlich ergebenden Zahl von Einsätzen und des auf ein Kalenderjahr entfallenden Gesamtaufwandes derart festzusetzen, dass die Summe der zur Einhebung gelangenden Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb des öffentlichen Rettungsdienstes sowie für die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten nicht übersteigt.

(6) Für Einsätze außerhalb Wiens können unter Berücksichtigung des sich daraus ergebenden Mehraufwandes Zuschläge pro gefahrenem Kilometer festgesetzt werden.

(7) Die Gebührenordnung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen.

§ 29 WRKG lautet:

Zahlungspflicht

§ 29. (1) Gebührenschuldner ist derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

(2) Bei Zahlungsunfähigkeit des Gebührenschuldners haften für die Entrichtung der Gebühr nach Abs. 1 Personen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht. Ist die Verletzung oder Gesundheitsstörung, die zu einer Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes geführt hat, auf ein Ereignis zurückzuführen, für das zufolge gesetzlicher Vorschrift ein Dritter einzustehen hat, haftet dieser bis zur Höhe der noch unbeglichenen Gebühr.

(3) Unbeschadet eintretender Straffolgen und privatrechtlicher Schadenersatzpflicht sind Gebührenschuldner die Personen, die einen vergeblichen Einsatz des öffentlichen Rettungsdienstes veranlassen, obwohl kein Anlass für einen Einsatz besteht.

(4) Wird am Ort einer Veranstaltung im Sinne des Wiener Veranstaltungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 12/1971, in der jeweils geltenden Fassung, vom Veranstalter, vom Geschäftsführer oder von einer Aufsichtsperson des Veranstalters zur Gewährleistung der ersten Hilfe die Bereitstellung von Sanitätern oder Notärzten eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes verlangt, hat der Veranstalter dafür eine Gebühr zu entrichten, die sich nach Umfang und Dauer richtet.

(5) Auf die Bemessung, Einhebung und zwangsweise Eintreibung der Gebühren findet die Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2018, Anwendung.

§ 30 WRKG lautet:

Schuldübernahme

§ 30. (1) Mit Zustimmung der Stadt Wien können die hiefür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter durch schriftliche Erklärung an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Nach Abgabe dieser Erklärung sind die Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgenanstalten öffentlich Bediensteter allein die Gebührenpflichtigen (-schuldner).

(2) Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 Abs. 1 vorzuschreiben.

(3) Die schriftliche Erklärung gilt für unbestimmte Zeit. Die Stadt Wien, der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter kann die Fortdauer der Gebührenschuldnerschaft widerrufen. Der Widerruf wird frühestens nach Ablauf von drei Kalendermonaten wirksam. Für höchstens drei Monate ab der Wirksamkeit des Widerrufs können die im Abs. 1 genannten Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgeanstalten mit Zustimmung der Stadt Wien durch Erklärung die Inanspruchnahme der Gebührenschuldner gemäß § 29 Abs. 1 aufschieben.

(4) Für die Dauer der Gebührenschuldnerschaft der Sozialversicherungsträger oder der Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter kann der Gemeinderat ohne Rücksicht auf die Gebührenform (abgestufte Gebühren, Einheitsgebühren) niedrigere Gebühren, als sich gemäß § 28 Abs. 4 und 6 ergeben würden, festsetzen, insoweit diese Gebührenschuldnerschaft einen geringeren Verwaltungsaufwand bei der Einhebung der Gebühren bedingt.

§ 1 Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§ 28 Abs. 3 und 29 Abs. 4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz – WRKG (Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 52/2017) lautet:

§ 1(1) Für jede Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien innerhalb des Gebietes der Stadt Wien, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch ein Transport unterblieben sind, ist eine Gebühr von 690 Euro zu entrichten.

Rechtliche Erwägungen

Mit dem Wiener Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Abgaben (LGBl. 2013/45 vom ), mit dem das Wiener Abgabenorganisationsrecht geändert und auf " Gesetz über die Organisation der Abgabenverwaltung und besondere abgabenrechtliche Bestimmungen in Wien (WAOR)" umbenanntwurde, wurde die Zuständigkeit für das Rechtsmittelverfahren betreffend das Abgabenrecht und das abgabenrechtliche Verwaltungsstrafrecht des Landes Wien ab gemäß Art 131 Abs 5 B-VG auf das Bundesfinanzgericht übertragen, weshalb über die verfahrensgegenständliche Beschwerde das Bundesfinanzgericht zu entscheiden hatte (vgl. § 5 WAOR idF LGBl 2013/45).

Gemäß § 28 Abs. 1 WRKG ist der Gebührentatbestand für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettung sdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Beförderung) verwirklicht, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt. Die Regelungen der §§ 28 - 30 WRKG entsprechen grundsätzlich dem bisherigen Gesetz, nämlich dem Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz 1965 (Beilage 17/2004 zu LGBl 39/2004).

Darauf, ob tatsächlich eine Hilfe- oder Beförderungsleistung durchgeführt wurde, kommt es gemäß § 29 Abs. 1 WRKG bei der Verwirklichung des Gebührentatbestandes nicht an (vgl. ). Gemäß § 29 Abs. 1 WRKG ist es nicht wesentlich, ob der Einsatz ursprünglich medizinisch erforderlich gewesen ist, sondern entscheidend, ob das Vorliegen der Einsatzvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 bis 4 WRKG auf Grund des Zustandsbildes desjenigen, zu dessen Gunsten der Einsatz erfolgt ist, mit gutem Grund hatte angenommen werden konnte.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss diese Annahme bei jenem Mitarbeiter des Rettung sdienstes (der Einsatzleitstelle) bestanden haben, der die Anforderung (betreffend des Rettung seinsatzes) entgegen genommen hat. Das Tatbestandsmerkmal, dass mit gutem Grund das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 Abs 1 bis 4 WRKG angenommen werden konnte, bezieht sich somit auf die Person, die den Anruf auf Seiten des öffentlichen Rettung sdienstes entgegengenommen hat (vgl. ; ; ).

Im Einsatzgebührenfestsetzungsverfahren ist es daher nicht erforderlich, Feststellungen zum tatsächlichen Gesundheitszustand desjenigen, für den der Rettung sdienst verständigt wurde, im Verständigungszeitpunkt oder im Zuge des Einsatzes zu treffen (vgl. ). Es kommt nur darauf an, welchen Eindruck die den Anruf entgegennehmende Person haben musste. Es ist auch unerheblich, ob in weiterer Folge die den Einsatz durchführenden Mitarbeiter des Rettung sdienstes auf Grund der Umstände, die sich beim Eintreffen ergaben, eine Einlieferung in ein Krankenhaus als geboten erachteten oder nicht (vgl. ).

In der Verwaltungspraxis und in der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts wird ein geringes Einkommen des Gebührenschuldners als besonders berücksichtigungswürdiger Fall i. S. d. § 28 Abs. 2 WRKG angesehen (vgl. etwa ).
Der Beschwerdeführer bezieht jedoch ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.684,52 welches deutlich über dem unpfändbaren Existenzminimum für Alleinstehende liegt. Ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall, der ein Absehen bzw eine Herabsetzung der Gebühr rechtfertigen würde, liegt jedoch nicht vor, wenn ein deutlich über dem unpfändbaren Existenzminimum bezogenes Nettoeinkommen vorliegt. Die Beitragsvorschreibung durch die Wiener Berufsrettung soll dazu dienen, bei Personen, die nicht krankenversichert sind oder deren Krankenversicherung die Einsatzkosten nicht übernimmt, die Finanzierung der Wiener Berufsrettung mit sicherzustellen. Da die im Beschluss vom gestellten Fragen auch nicht beantwortet wurden, war von einer Reduktion der Einsatzgebühr im Rahmen des Ermessens abzusehen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage, wann eine Einsatzgebühr nach dem WRKG vorzuschreiben ist, wurde durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt. Von dieser Rechtsprechung ist das BFG nicht abgewichen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Die ordentliche Revision ist daher unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 28 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 29 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 30 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 1 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 2 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400162.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at