Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 05.12.2011, RV/1984-W/11

Verfassungswidrigkeit der Grunderwerbsteuer

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der BW, ADR, vertreten durch Mag. Stefan Benesch, 1040 Wien, Schwindg. 6, gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer zu ErfNr***, StNr*** entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

1. Rechtsvorgang

Mit Kaufvertrag vom erwarb die BW (die nunmehrige Berufungswerberin, kurz Bw.) von 1. Frau A, 2. B und 3. Frau C jeweils 1/3 Anteil an der Liegenschaft EZ*** zu einem Kaufpreis von insgesamt € 2.870.867,50.

2. angefochtene Bescheide

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel gegenüber der Bw. für den Erwerb der o.a. Liegenschaftsanteile von 1. Frau A , 2. B und 3. Frau C jeweils Grunderwerbsteuer in Höhe von € 33.493,45 (3,5% von einem Drittel des Kaufpreises) fest.

3. Berufungen

In den dagegen eingebrachten Berufungen brachte die Bw. einleitend vor, dass der Einheitswert der gegenständlichen Liegenschaft zum insgesamt € 218.700,00 betrage. Die Bw. beantragte, die Grunderwerbsteuer auf Basis des dreifachen Einheitswertes mit € 22.963,50 festzusetzen. Begründet wurde dies wie Folgt:

"Gemäß § 7 Z 3 GrEStG 1987 beträgt die Steuer beim Erwerb von Grundstücken durch andere Personen 3,5 %.Die Grunderwerbsteuer ist gemäß § 4 Abs 1 GrEStG 1987 grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu bemessen. Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kaufvertrag der Kaufpreis. Die Grunderwerbsteuer wurde daher aufgrund oben genannter Gesetzesstellen ausgehend vom Wert der Gegenleistung von € 2.870.867,50 rechnerisch richtig mit je € 33.493,45 festgesetzt.

Im Gegenzug dazu sind Schenkungen gemäß § 3 Abs 1 Z 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, da eine Gegenleistung nicht stattfindet. Soweit eine Gegenleistung nicht erfolgt, ist der Wert des Grundstückes, wobei der Wert des Grundstückes mit dem dreifachen Einheitswert anzusetzen ist, heranzuziehen (§ 6 Abs 1 lit a GrEStG).

Die Anknüpfung der Berechnung der Grunderwerbsteuer an unterschiedliche Bemessungsgrundlagen für Kauf und Schenkung führt zu einer unterschiedlichen Behandlung von verschiedenen Arten von Erwerbsvorgängen. Eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung ist nicht erkennbar.

Die unterschiedliche Belastung mit Grunderwerbsteuer ist daher sachlich nicht gerechtfertigt und somit gleichheitswidrig. Zu einem unsachlichen Ergebnis kommt es immer dann, wenn für die Bemessung der gleichen Steuer, nämlich die Grunderwerbsteuer, bei gleichem Wert des Grundstückes unterschiedliche Werte bzw. Beträge als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Sowohl bei Kaufverträgen als auch bei Schenkungen wird für die Berechnung der Grunderwerbsteuer bei der Bemessungsgrundlage letztlich von einem "Gegenwert" ausgegangen. Im Falle des Kaufes wird der vereinbarte Kaufpreis herangezogen, bei Schenkungen der dreifache Einheitswert, bei dem aufgrund seit Jahrzehnten unterlassener Hauptfeststellung der Einheitswerte erhebliche Abweichungen zu den tatsächlichen Verkehrswerten bestehen. Somit hängt die Höhe der Grunderwerbsteuer von dem Umstand ab, ob ein entgeltlicher oder ein unentgeltlicher Erwerb vorliegt. Diese Benachteiligung eines entgeltlichen Eigentumserwerbs gegenüber Formen eines unentgeltlichen Eigentumserwerb ist sachlich nicht gerechtfertigt und nicht nachvollziehbar.

Die Einschreiterin erblickt darin eine Verletzung ihres verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.

Ausgehend von dem Einheitswert der Liegenschaft wäre als Basis für die Berechnung der Grunderwerbsteuer lediglich der Betrag von € 656.100,00 festzusetzen gewesen. Die Einschreiterin ist daher um den Betrag von € 22.963,50 benachteiligt bzw. sachlich unbegründet gegenüber einer verfassungskonformen Berechnung der Grunderwerbsteuer analog einer Schenkung schlechter gestellt.

Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mit Beschluss vom , ZI. B1306/09-6, B773/10-6, die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Abs. 1 und 1a des § 26 GGG von Amts wegen beschlossen und ein Gesetzesprüfungsverfahren gemäß Art. 140 Abs.1 B-VG eingeleitet. Die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes bei diesem Gesetzesprüfungsbeschluss gelten nicht nur für das GGG sondern sind analog auch auf §§ 4 Abs. 1 und Abs.2 sowie 6 Abs.1 GrEStG 1987."

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Grunderwerbsteuer ist gemäß § 4 Abs 1 GrEStG 1987 grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu bemessen. Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kaufvertrag der Kaufpreis und wurde daher vom Finanzamt zu Recht die Grunderwerbsteuer ausgehend vom Kaufpreis festgesetzt.

Gemäß Artikel 18 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Der Unabhängige Finanzsenat als Verwaltungsbehörde ist daher an die Gesetze gebunden und hat sie, solange nicht eine Gesetzesaufhebung stattgefunden hat, anzuwenden. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liegt in der ausschließlichen Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung steht nicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz zu, sondern ist dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines Gesetzesprüfungsverfahrens vorbehalten.

Der unabhängige Finanzsenat ist auch nicht dazu legitimiert, ein Gesetzesprüfungsverfahren zu beantragen, weshalb im gegenständlichen Berufungsverfahren eine Auseinandersetzung mit den einzelnen Argumenten der Bw., die sich gegen die Verfassungskonformität der Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes richten, auch nicht unter diesem Aspekt geboten ist.

Bemerkt wird jedoch, dass der Verfassungsgerichtshof in dem von der Bw. angesprochenen Gesetzesprüfungsverfahren mit Erkenntnis vom , G 34,35/11 die Absätze 1 und 1a des § 26 Gerichtsgebührengesetzes (GGG) als verfassungswidrig aufgehoben hat. In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ua. ausgesprochen, dass die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen im Hinblick auf § 1 BewG dazu führt, dass für die Bemessung der Eintragungsgebühr in allen Fällen die Vorschriften des ersten Teiles des BewG, somit insbesondere § 10 BewG, heranzuziehen sind. Daraus folgt, dass selbst eine analoge Anwendung der Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes auf die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes nicht zu dem von der Bw. gewünschten Ergebnis, des Ansatzes des dreifachen Einheitswertes der Liegenschaftsanteile als Bemessungsgrundlage, führen würde. Zur Beseitigung der unsachlichen Differenzierung wäre vielmehr bei Erwerben ohne Gegenleistung die Grunderwerbsteuer vom gemeinen Wert der Liegenschaft und somit in der Regel von einer deutlich höheren Bemessungsgrundlage als nach der derzeit geltenden Rechtslage zu berechnen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at