TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.09.2019, RV/7500616/2019

Parkometerabgabe: Parken vor einer Grundstückseinfahrt ohne gültigen Parkschein in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die Beschwerde der Bf., Dorf, vertreten durch FS, G-Gasse, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde vom , MA67/67/2019, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG insofern teilweise stattgegeben, als die
Geldstrafe von € 60,00 auf € 36,00 und die Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auf 8 Stunden herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene
Straferkenntnis bestätigt.

Die Geldstrafe von € 36,00 ist zusammen mit dem Beitrag zu den Kosten
des Strafverfahrens von € 10,00, insgesamt somit € 46,00, binnen zwei Wochen ab
Zustellung des Straferkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde
bestimmt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna wurde von einem Kontrollorgan der Parkraumüberwachung am um 14:04 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in WienXX, Gasse, zur Anzeige gebracht, da es ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt war.

Die mit Organstrafmandat verhängte Geldstrafe von € 36,00 wurde binnen der zweiwöchigen Zahlungsfrist nicht entrichtet.

In der Folge wurde der Zulassungsbesitzerin (= Beschwerdeführerin, kurz Bf.) mit Anonymverfügung vom eine Geldstrafe von € 48,00 vorgeschrieben.

Da die Geldstrafe binnen der vierwöchigen Frist nicht einbezahlt wurde, lastete der Magistrat der Stadt Wien der Bf. mit Strafverfügung vom an, sie habe das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am um 14:04 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in WienXX, Gasse, ohne einen zum Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

Wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung
iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Gegen die Strafverfügung wurde von RS (Anm.: Arbeitskollegin) und FS (Anm.: Arbeitgeber der Bf.) Einspruch erhoben und vorgebracht, dass das in Rede stehende Fahrzeug mit Erlaubnis der Eigentümer auf der Überfahrt des GrundstückesXX, Gasse, gestanden sei; diese sei privat, weil diese Einfahrt von den Eigentümern selbst errichtet und bezahlt worden sei. Die Einfahrt sei von der MA 28 genehmigt worden.

Beigelegt wurde ein Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 28, vom Datum1, mit dem den Eigentümern XS und MS über Ansuchen die Bewilligung zur Herstellung einer Gehsteigauf- und -überfahrt vor der Liegenschaft WienXX, Gasse, gemäß Bauordnung für Wien, § 54 Absatz 9 und 13, erteilt worden war.

Da weder RS noch FS von der Bf. zur Erhebung eines Einspruches bevollmächtigt waren, wurde die Bf. von der MA 67 mit Schreiben vom unter Verweis auf die Bestimmungen des § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 und § 10 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 zur Vorlage einer Vertretungsvollmacht aufgefordert.

Die Bf. legte mit Schreiben vom eine Vollmacht betreffend ihre Vertretung durch FS vor.

Mit Straferkenntnis vom lastete der Magistrat der Stadt Wien der Bf. die bereits näher bezeichnete Verwaltungsübertretung an und verhängte wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der im Einspruch vorgebrachten Einwendungen wurde in der Begründung zunächst festgehalten, dass die Lenkereigenschaft und die Abstellung des gegenständlichen Fahrzeuges zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit unbestritten geblieben sei.

Weiters wurde folgendes ausgeführt:

Der Abstellort habe sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches befunden. Dieser sei ordnungsgemäß gekennzeichnet, wenn an allen Einfahrtsmöglichkeiten Verkehrszeichen "Kurzparkzone Anfang" (§ 52 lit. a Z. 13d StVO) und an allen Ausfahrtsstellen Verkehrszeichen "Kurzparkzone Ende" (§ 52 lit. a Z. 13e StVO) angebracht seien.

Für die rechtliche Beurteilung, ob eine Verwaltungsübertretung nach dem Parkometergesetz vorliege oder nicht, sei von wesentlicher Bedeutung, ob es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr handle oder nicht.

Als öffentliche Straßen würden solche gelten, die von jeder Person unter den gleichen Bedingungen benützt werden könnten (§ 1 Abs. 1 StVO). Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handle es sich dann um eine Straße mit öffentlichem Verkehr, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet sei, noch auf dieser auf die Beschränkungen des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt seien. Es komme also darauf an, ob sie der Öffentlichkeit zur Benützung freistehe oder ob diese Benützung durch die Öffentlichkeit sichtbar ausgeschlossen sei.

Auch eine im Eigentum stehende Fläche könne eine Straße mit öffentlichem Verkehr sein, wenn nicht durch entsprechende Kennzeichnung, etwa Abschrankung und dergleichen, für jedermann ersichtlich sei, dass sie nur von bestimmten Personen benützt werden dürfe und daher die Benützung für andere Personen faktisch unmöglich sei.

Da die Verkehrsfläche infolge fehlender Absperrung oder sonstiger Kenntlichmachung
zumindest für den allgemeinen Verkehr uneingeschränkt zur Verfügung gestanden sei, sei sie als öffentliche Straße zu beurteilen gewesen und habe sich demnach auch die Kurzparkzone auf diesen Bereich erstreckt.

Ob eine "Erlaubnis“ der Eigentümer zur Benützung der Abstellfläche gegeben gewesen sei oder nicht, sei nicht ausschlaggebend, zumal durch eine privatrechtliche Vereinbarung eine behördliche Verordnung nicht außer Kraft gesetzt werden könne.

Es seien im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen hätten können.

Die der Bf. zur Last gelegte Tat sei daher auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone
abstelle, müsse gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.

Die Abgabe sei mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung).

Dieser Verpflichtung sei die Bf. nicht nachgekommen. Sie habe die Parkometerabgabe daher nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen nach dem Wiener Parkometergesetz).

Der Vertreter der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis mit E-Mail vom mit folgender Begründung Beschwerde:

Die private Einfahrt des gegenständlichen Grundstückes sei eindeutig keine öffentliche Fläche und auf keinen Fall für jedermann - rechtlich gedeckt - zu nutzen. Die Einfahrt sei bescheidmäßig an die Besitzer erteilt und auch von diesen hergestellt und bezahlt worden. In ganz Wien sei KEINE einzige Hauseinfahrt/Überfahrt in eine Garage zu privaten Einfamilienhäusern beschrankt. Es dürfe von niemandem außer von den Besitzern genutzt werden.

Die Behauptung, JEDER dürfe auf diesen Überfahrten parken, sei falsch und widerspreche doch jeder Logik. Wie sollten die Besitzer denn dann raus- bzw. reinfahren können, wenn dort jeder stehen dürfe. Auf diesen Einfahrten dürften seit jeher nur die Besitzer stehen und sonst NIEMAND. Falls doch, könne der Besitzer denjenigen abschleppen lassen, weil es eben KEINE ÖFFENTLICHE Fläche sei. Folge man den Behauptungen der Behörde, dann dürfte NICHT abgeschleppt werden. Was habe dann eine Garage für einen Sinn?

Vor der Einführung des Parkpickerls habe kein Fremder dort parken dürfen (mache auch praktisch niemand, weil es auch jeder Logik widerspreche), jetzt dürfte er dies mit einem gültigen Parkschein angeblich tun?? Durch das Parkpickerl habe sich das doch nicht geändert, vor und auf Einfahrten zu parken sei für Fremdparker einfach nicht erlaubt, egal ob mit oder ohne Parkschein. Warum solle der Besitzer auf Grund des Parkpickerls Garagenein- und Zufahrten zuparken dürfen?

Zusätzlich sei auf der Einfahrt eine Markierung angebracht, die sie als privat kennzeichne. Somit seien alle von der Behörde vorgebrachten Tatbestände falsch und nicht erfüllt.

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Das verfahrensgegenständliche Fahrzeug war am um 14:04 Uhr in der zum Beanstandungszeitpunkt gebührenpflichtigen Kurzparkzone in WienXX, Gasse, ohne gültigen Parkschein abgestellt.

Der Abstellort befand sich vor einer Grundstücks- und Garageneinfahrt.

Der Abstellort war nicht als Privatgrund gekennzeichnet. Es sind auch keine auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen
Wahrnehmungen des Kontrollorgans, den Anzeigedaten sowie den zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos.

Die Abstellung des Fahrzeuges durch die Bf. und deren Lenkereigenschaft blieben
unbestritten.

Gesetzliche Grundlagen:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen
Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der
ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der
Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe
der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet.
Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das
eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des
Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten
Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

§ 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960 ) lautet:

(1) Dieses Bundesgesetz gilt für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten
Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

(2) Für Straßen ohne öffentlichen Verkehr gilt dieses Bundesgesetz insoweit, als andere
Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Die Befugnisse
der Behörden und Organe der Straßenaufsicht erstrecken sich auf diese Straßen nicht.

Nach § 2 Abs. 1 Z 1 StVO 1960 gilt im Sinne dieses Bundesgesetzes als Straße eine für
den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge
befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.

§ 25 Abs. 1 StVO 1960 normiert:

Wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im
Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich
ist, kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken
oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken
(Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.

Rechtliche Beurteilung:

Strittig ist, ob das verfahrensgegenständliche Fahrzeug in einer Straße mit öffentlichem Verkehr abgestellt und demgemäß für die Zeit der Abstellung eine Parkometerabgabe zu entrichten war.

Der Vertreter der Bf. bringt in seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, dass die private Einfahrt des gegenständlichen Grundstückes eindeutig keine öffentliche Fläche und auf keinen Fall für jedermann - rechtlich gedeckt - zu nutzen sei. Die Einfahrt sei bescheidmäßig an die Besitzer erteilt und auch von diesen hergestellt und bezahlt worden. In ganz Wien sei keine einzige Hauseinfahrt/Überfahrt in eine Garage zu privaten Einfamilienhäusern beschrankt. Es dürfe von niemandem außer von den Besitzern genutzt werden. Die Behauptung, jeder dürfe auf diesen Überfahrten parken, sei falsch und widerspreche doch jeder Logik. Wie sollten die Besitzer denn dann raus- bzw. reinfahren können, wenn dort jeder stehen dürfe. Auf diesen Einfahrten würden seit jeher nur die Besitzer stehen dürfen und sonst niemand. Falls doch, könne der Besitzer denjenigen abschleppen lassen, weil es eben keine öffentliche Fläche sei. Folge man den Behauptungen der Behörde, dann dürfte nicht abgeschleppt werden. Was habe dann eine Garage für einen Sinn?

Vor der Einführung des Parkpickerls habe kein Fremder dort parken dürfen (mache auch praktisch niemand, weil es auch jeder Logik widerspreche), jetzt dürfte er dies mit einem gültigen Parkschein angeblich tun?? Durch das Parkpickerl habe sich das doch nicht geändert, vor und auf Einfahrten zu parken sei für Fremdparker einfach nicht erlaubt, egal ob mit oder ohne Parkschein. Warum solle der Besitzer auf Grund des Parkpickerls Garagenein- und Zufahrten zuparken dürfen? Zusätzlich sei auf der Einfahrt eine Markierung angebracht, die sie als privat kennzeichne. Somit seien alle von der Behörde vorgebrachten Tatbestände falsch und nicht erfüllt.

  • Straße mit öffentlichem Verkehr

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Straße
dann gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 von jedermann unter den gleichen
Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen
Benützung freisteht (, ,
).

Aus dem Umstand, dass eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von
Verkehrsteilnehmern benutzt werden darf, z.B. nur von Anrainern, kann nicht geschlossen werden, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt (vgl. , , , , , , , , , VwGH Ra 2014/02/0058).

Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht
erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an,
dh. also nicht darauf, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht (vgl. , , , , , ).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann grundsätzlich davon ausgegangen
werden, dass es sich bei einer Straße dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr
handelt, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, noch auf
dieser auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind
(vgl. , ).

Der Verwaltungsgerichtshof hat als Straße mit öffentlichem Verkehr beispielsweise
qualifiziert:

Den Parkplatz einer Berufsschule (), einen
Schotterweg, der um ein Haus herumführt und in eine Gemeindestraße einmündet (), einen Kundenparkplatz trotz des Schildes „Privatstraße“ (), einen auf drei Seiten eingezäunten Privatparkplatz, der mit einem allgemeinen Halte- und Parkverbot, ausgenommen für Mitarbeiter der Firma XXX, ausgeschildert war (VwSlg. 18.780 A/2014), eine Abstellfläche mit dem Verkehrszeichen „Halten und Parken verboten“ sowie der Zusatztafel „Ausgenommen Hausbewohner (R.- Straße XXX) Zuwiderhandeln wird mit Besitzstörungsklage geahndet“ (), sowie einen nicht abgeschrankten und auch nicht mit einem Tor versehenen Vorplatz, obwohl dieser zum Teil als Lagerfläche verwendet wurde und nur über eine beschilderte Privatstraße erreichbar war ().

Ob eine "Erlaubnis“ der Eigentümer zur Benützung der Abstellfläche gegeben war oder nicht, ist - wie die belangte Behörde in ihrem Straferkenntnis rechtsrichtig ausgeführt hat - nicht ausschlaggebend, zumal durch eine privatrechtliche Vereinbarung eine behördliche Verordnung nicht außer Kraft gesetzt werden kann.

  • Haus- und Grundstückseinfahrten

Zunächst wird angemerkt, dass der Begriff der Haus- und Grundstückseinfahrt im Sinne des § 24 Abs. 3 lit. b StVO nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () unabhängig von bau- oder straßenverwaltungsbehördlichen Genehmigungen zu verstehen ist ( und die weiter dort genannte Judikatur; Benes-Messiner, Straßenverkehrsordnung8, Anmerkung 11 zu § 24 StVO).

  • Keine Ausnahme von der Kurzparkzone

In seinen Erkenntnissen vom , 88/17/0103, und vom , 87/17/0134, sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass Haus- und Grundstückseinfahrten von einer Kurzparkzone - als einem von § 1 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz geforderten Tatbestandsmerkmal - nicht ausgenommen sind.

Wenn dabei die Bestimmung des § 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960 für diejenigen Personen keine Geltung habe, die hinsichtlich der Haus- und Grundstückseinfahrten allein benützungsberechtigt seien und straffällig nach dieser Gesetzesstelle nur derjenige werden könne, der das vom Gesetzgeber als schutzwürdig erachtete Rechtsgut - nämlich die Sicherung der freien Aus- und Einfahrt für den Benützungsberechtigten - verletze, so werde damit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass eine weitergehende gesetzliche Verkehrsbeschränkung - nicht jedoch die Regelung über die Kurzparkzone selbst - auf derartige Fälle nicht anzuwenden sei.

Daher ist davon auszugehen, dass der an einer Garagen-, Haus- oder Grundstückseinfahrt allein Nutzungsberechtigte zwar, ohne die Vorschrift des § 24 Abs. 3 lit. b StVO zu übertreten, in einer solchen sein Kraftfahrzeug abstellen darf; befindet sich jedoch die Haus- oder Grundstückseinfahrt - wie im vorliegenden Fall - in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, so hat auch der allein Nutzungsberechtigte für den Fall des Abstellens Abgabe nach dem Wiener Parkometergesetz zu entrichten ().

Im Lichte der angeführten Judikatur ist im vorliegenden Fall von einer Straße mit
öffentlichem Verkehr auszugehen, da diese weder abgeschrankt ist noch die Benützung
für den Fahrzeug- oder Fußgängerverkehr allgemein erkennbar verboten oder die Geltung
der StVO 1960 ausgeschlossen ist und somit von jedermann befahren werden kann. Ein allgemein sichtbares Benützungsverbot, inklusive eines Verbots für den Fußgängerverkehr, liegt fallbezogen nicht vor.

Wenn sich die Bf. in ihrer Beschwerde darauf beruft, es handle sich beim Abstellplatz um eine private Einfahrt und es liege eine behördliche Genehmigung seitens der MA 28 vor, so geht der Einwand angesichts der an die objektive Eignung einer Fläche zur allgemeinen Benützung angelehnten Qualifikation als "Straße mit öffentlichem Verkehr" ins Leere.

Die Bf. übersieht auch die unterschiedlichen Schutzzwecke des § 24 Abs. 3 lit. b StVO und des Abgabentatbestandes des § 1 des Wiener Parkometergesetzes. Während erstere Norm das ungehinderte Zu- und Abfahren des Nutzungsberechtigten über seine Grundstückseinfahrt gewährleisten soll, dient die Norm des § 1 Wiener Parkometergesetz - ua. - der effizienten Bewirtschaftung des vorhandenen Abstellraumes für mehrspurige Fahrzeuge unter Berücksichtigung des Umstandes eines stetig steigenden Bedarfes an solchen Plätzen. Dafür spricht auch § 23 Abs. 3 StVO, wonach ein Halten im Bereich einer Haus- oder Grundstückseinfahrt unter der Voraussetzung zulässig ist, dass eine Person im Kraftfahrzeug verbleibt, um im Bedarfsfall dem sich herannähernden Einfahrtsberechtigten die Einfahrt unverzüglich freizumachen (, ).

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage war die Bf. gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung verpflichtet, die Parkometerabgabe zu entrichten, wobei sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist.

Die Bf. hat die ihr angelastete Verwaltungsübertretung daher in objektiver Hinsicht
begangen.

Zur subjektiven Tatseite:

§ 5 Abs 1 VStG normiert, dass, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden
nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähig ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem
gesetzlichen Tatbild entspricht.

Gemäß § 5 Abs. 2 VStG setzt ein entschuldigender Rechtsirrtum voraus, dass dem
Betreffenden das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen
Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (
2010/03/0179).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vermag auch eine irrige
Gesetzesauslegung einen Beschuldigten nicht zu entschuldigen, der es unterlassen hat,
Erkundigungen einzuholen, ob die von ihm zum vorliegenden Fragenkreis vertretene
Rechtsansicht zutrifft. Solche Erkundigungen haben an der geeigneten Stelle zu erfolgen,
worunter im Zweifelsfall die zur Entscheidung der Rechtsfrage zuständige Behörde
zu verstehen ist.

Die Argumentation mit einer auch plausiblen Rechtsauffassung kann ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausschließen; vielmehr trägt das Risiko des Rechtsirrtums der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen (, ).

Unterlässt ein Beschuldigter bei gebotener Informationspflicht derartige Erkundigungen,
so ist ein einschlägiger Irrtum jedenfalls vorwerfbar () und
trägt er diesfalls „das Risiko des Rechtsirrtums“ (, ). Der Irrtum ist in solchen Fällen nicht unverschuldet (, , unter Verweis auf ).

Die Bf. muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie keine Erkundigungen eingeholt
hat, ob sie vor der Hauseinfahrt - auch wenn sie dort mit Einwilligung der Eigentümer
gestanden ist - eine Parkometerabgabe zu entrichten hat.

Die Ausführungen der Bf. waren demnach nicht geeignet, ein mangelndes Verschulden
glaubhaft zu machen, sodass von einer zumindest fahrlässigen Verkürzung der
Parkometerabgabe auszugehen war.

Zur Strafbemessung:

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig
verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 365,00 zu
bestrafen (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006).

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes
und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat Grundlage für die Bemessung der
Strafe.

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der
Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie
nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß
des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den
vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss
die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar
erscheinen (vgl. , ).

Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG darauf Bedacht zu nehmen, dass
ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen Abgabenentrichtung besteht.
Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht entwertet, entgehen der
Gemeinde Wien die entsprechenden Abgaben.

Angesichts der hohen Hinterziehungs- und Verkürzungsanfälligkeit der Parkometerabgabe ist eine Bestrafung in einer Höhe geboten, die sowohl eine individualpräventive als auch eine generalpräventive Wirkung entfaltet.

Das Bundesfinanzgericht erachtet den Unrechts- und Schuldgehalt im vorliegenden
Fall als gering und sieht deshalb eine Geldstrafe von € 36,00 als ausreichend an, zumal die Bf. in verwaltungsstrafrechtlichen Parkometerangelegenheiten unbescholten ist. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten gründen sich auf die zwingenden Rechtsvorschriften des § 64 Abs. 1 und 2 VStG, wonach dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen ist.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG in der Fassung ab sind die Kosten des
Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde
auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig,
da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche
Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung
des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu
lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der
Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben
angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Aus diesem Grund war gemäß § 25a Abs. 1 VwGG die Unzulässigkeit der Revision für die
belangte Behörde gegen das vorliegende Erkenntnis auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 1 Abs. 1 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 5 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 5 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 2 Abs. 1 Z 1 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 25 Abs. 1 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
Verweise










VwGH, Ra 2014/02/0058









§ 24 Abs. 3 lit. b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960











ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7500616.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at