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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.08.2019, RV/7103953/2019

Rückforderung von FB für den Monat Juni, da die 5-jährige Höhere Schule im Mai negativ, und somit ohne Matura, abgeschlossen wurde; kein Anspruch für die Zeit bis zum Beginn einer Lehre

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. über die Beschwerde der Bf, Dorf, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für Juni 2018, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog für ihren Sohn S., geb. 1997, bis Juni 2018 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Im Zuge der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen forderte das Finanzamt (FA) von der Bf mit Bescheid vom den für Juni 2018 bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbetrag zurück und führte in der Begründung nach Zitierung des § 2 Abs 1 lit b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) aus, dass sich S. im Monat Juni nicht in Berufsausbildung befunden habe.

Gegen den Rückforderungsbescheid wurde von der Bf fristgerecht Beschwerde erhoben und begründend vorgebracht, dass ihr Sohn Ende Mai 2018 nach der 5. Klasse die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe Wiener Neustadt (kurz: HLW) in Wiener Neustadt beendet habe. Er habe die Zusage des Zentralen Informationsdienstes der Universität Wien gehabt, dass er ein Lehrverhältnis eingehen könne. Dieses sei mit Lehrvertrag vom zustande gekommen. Der Arbeitgeber habe sofort den Lehrvertrag an die Wiener Wirtschaftskammer zur Bestätigung übersandt. Gleichzeitig sei ein Ansuchen, die Lehrzeit zu verkürzen, ergangen und sie sei vom FA aufgefordert worden, das Lehrverhältnis ihres Sohnes zu belegen. In der Folge sei es zu 10 Anrufen von ihr bei der Wirtschaftskammer und etlichen von der Personalabteilung des ZID der Uni gekommen. Die Wirtschaftskammer habe durch mehrere Ansprechpersonen beteuert, den Lehrvertrag zügig zu bestätigen. Die Uni habe ihrerseits eine Bestätigung des Lehrverhältnisses ausgestellt, die sie dem FA übersandt habe. Da ihr Sohn sich unverzüglich nach Beendigung seiner Schullaufbahn um diese Lehrstelle bemüht habe, sich vorgestellt und eine Probezeit absolviert habe und alle Beteiligten sich um die Bestätigung durch die Wirtschaftskammer bemüht hätten, ersuche sie höflich um Zuerkennung der FB für die Zeit von Juni bis September 2018, weil sie zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. Fortsetzung der Berufsausbildung zu gewähren sei. Hätte die Wirtschaftskammer den Lehrvertrag in der Zeit bearbeitet, die ihr von den überaus bemühten Mitarbeitern beim FA auf ihr Ersuchen hin zweimal eingeräumt worden sei, wäre - wie sie glaube - in ihrem Sinne entschieden worden. Darüber hinaus sei schlussendlich die Lehrzeit um ein Jahr verkürzt worden und sohin der Bezug der Familienbeihilfe, da ihr Sohn im Anschluss an die Lehrzeit Zivildienst ableiste und dann altersmäßig aus dem Bezug rausfalle. Sie ersuche, ihrem Einspruch stattzugeben und darüber hinaus auch für die Monate Juli und August 2018 die Familienbeihilfe zuzuerkennen.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:

"Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung

• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung

• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Ihr Sohn S. hat im Schuljahr 2017/18 die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe besucht. Die 5. Klasse wurde nicht erfolgreich abgeschlossen, laut Zeugnis wäre er zur Ablegung einer Wiederholungsprüfung berechtigt gewesen. Im September 2019 wurde eine Lehre begonnen.

Da die Schulausbildung nicht abgeschlossen wurde besteht kein Anspruch auf die Familienbeihilfe für die Zwischenzeit."

Die Bf stellte am einen Vorlageantrag.

Begründend führte sie aus, dass das FA in der Beschwerdevorentscheidung angeführt habe, dass ihr Sohn S. zur Ablegung einer Wiederholungsprüfung berechtigt gewesen sei. Das sei unrichtig. Es sei das 7. Schuljahr ihres Sohnes gewesen und er habe die 2. und 5. Klasse bereits wiederholt. Er sei nicht zur Matura zugelassen gewesen, habe aber ein Abschlusszeugnis der 5. Klasse, also die Schule - ohne Erfolg - abgeschlossen.

In § 2 Abs 1 lit d FLAG stehe, dass die Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung (nicht nur bei erfolgreichem Abschluss der Schulausbildung) und dem ehestmöglichen Beginn einer weiteren Ausbildung für längstens 3 Monate gebühre. Der Lehrvertrag ihres Sohnes sei am abgeschlossen worden. Sie ersuche um Zuerkennung des Anspruches der Familienbeihilfe für die Monate Juni, Juli und August 2018.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Unstrittiger Sachverhalt:

Der Sohn der Bf besuchte die HLW in Wiener Neustadt. Die Schule ist 5-jährig und schließt mit der Diplom- und Reifeprüfung ab.

S. besuchte 5. Klasse der HLW, wurde in 11 von 14 Gegenständen nicht beurteilt und schloss gemäß § 25 Schulunterrichtsgesetz den fünften Lehrgang nicht erfolgreich ab.

Es konnte kein Antritt zur Matura erfolgen.

S. war bis an der HLWA gemeldet.

Im September 2018 begann S. an der Universität Wien eine Lehre (Informationstechnologe - Technik; Lehrvertrag vom ).

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, u.a. für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Nach § 10 Abs 2 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe von Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Zufolge des § 33 Abs 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Dies gilt nach § 33 Abs 3 EStG 1988 auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge.

Die Bf vermeint, dass die Voraussetzungen einer Berufsausbildung bei ihrem Sohn im Monat Juni 2018 (Rückforderungsmonat) vorgelegen seien. Mit diesem Vorbringen zielt die Bf auf die Anwendung des § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 ab, wonach für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.

Die Anwendung der leg.cit. scheitert daran, dass diese Bestimmung ausdrücklich vom "Abschluss der Schulausbildung" spricht. Der Sohn der Bf hat die 5. Klasse der HWL negativ abgeschlossen. Er hat sohin keine Ausbildung abgeschlossen, sondern die Schulausbildung im Mai ohne Matura vorzeitig abgebrochen.

Da S. im Schuljahr 2017/2018 in 11 von 14 Gegenständen nicht beurteilt wurde und ein weiterer Schulbesuch deswegen gesetzlich nicht möglich war, weil (infolge negativer Beurteilung zweier Schuljahre) die gesetzliche Höchstdauer überschritten wurde, wurde die Ausbildung an der HWL nicht abgeschlossen, sondern abgebrochen.

Die Bestimmung des § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 kommt bei einem vorzeitigen Abbruch der Berufsausbildung nicht zur Anwendung (vgl ; ; ).

Der Abbruch der Schulausbildung erfolgte auch nicht infolge eines Eingriffs des Gesetzgebers in die Ausbildung des Sohnes der Bf, sondern der Sohn erbrachte offenkundig jahrelang nicht entsprechende schulische Leistungen, sodass ein Weiterbesuch der HWL nicht mehr möglich war.

Ob überhaupt von einer ernsthaft betriebenen Ausbildung an der HWL gesprochen werden kann, ist fraglich, kann allerdings auf sich beruhen, da das FA Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nur für den Monat Juni 2018 zurückgefordert hat.

Wie sich aus den weiter oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen ergibt, knüpft der Gesetzgeber den Anspruch auf FB (und Kinderabsetzbetrag) grundsätzlich an das Vorliegen einer Berufsausbildung. Im Zeitraum zwischen aufeinanderfolgenden Berufsausbildungen bleibt der Anspruch auf Familienbeihilfe erhalten, wenn eine weitere Berufsausbildung frühestmöglich nach dem Abschluss der vorigen begonnen wird. Unabdingbare Voraussetzung für die zwischenzeitliche Weitergewährung der Familienbeihilfe ist daher nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut der Abschluss einer vorhergehenden Berufsausbildung (vgl Erkenntnisse des , und vom , RV/7106018/2015).

Wird die Schule negativ abgeschlossen, kann aber nach der Rechtsprechung des VwGH ab der Beendigung nicht mehr von einer Berufsausbildung des Kindes und einem danach fortbestehenden Anspruch auf Familienbeihilfe gesprochen werden ().

Da im vorliegenden Beschwerdefall ein Abschluss der Schulausbildung im Juni 2018 nicht vorlag, hat das FA von der Bf zu Recht den für den Monat Juni 2018 bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbetrag zurückgefordert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall nicht erfüllt, weil im Rahmen der Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG thematisiert und im Übrigen nicht von der zitierten Rechtsprechung des VwGH abgewichen worden ist.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at