Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 14.03.2008, RV/1746-W/07

Griffweise Zuschätzung.


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Miterledigte GZ:
RV/1747-W/07

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Stb., gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für den Zeitraum 1994 bis 1996 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe bzw. den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Bw. betreibt ein Einzelunternehmen mit den Betriebsgegenstand des Automatenaufstellers- bzw. -verleihers.

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung (BP) über die Jahre 1994 bis 1996 wurden folgende Feststellungen getroffen:

In der Bilanz zum wäre eine Privateinlage i.H.v. S 280.000,-- ausgewiesen worden, lt. Angaben des Bw. hätte er von seinem Vater im Jahre 1994 weiters auch ein Darlehen i.H.v. S 90.000,-- erhalten. Weiters wären im Zeitraum 1. Jänner bis Einlagen i.H.v. S 405.000,-- getätigt worden, wobei es in den Büchern keinen Vermerk über die Herkunft dieser Gelder gibt. Lt. Angaben des Bw. seien diese Geldbeträge wahrscheinlich ebenfalls von seinem Vater erhalten worden.

Die BP hätte in der Folge für den Prüfungszeitraum 1994 bis 1996 eine Vermögensdeckungsrechnung erstellt, und wäre in Zusammenarbeit mit dem steuerlichen Vertreter für das Jahr 1995 eine Unterdeckung von S 73.000,-- festgestellt worden.

Weiters wären im Zuge der USt-Nachschau betreffend den Zeitraum 1997 und 1998 ( und ) zwei Darlehensbestätigungen i.H.v. S 200.000,-- und S 140.000,-- im Handakt der steuerlichen Vertretung festgestellt worden. Ein Nachweis für die Hingabe dieser Geldbeträge wäre bis zur Schlussbesprechung mit nicht erbracht, vom Bw. bzw. vom steuerlichen Vertreter jedoch eine eidesstattliche Erklärung des Vaters angeboten worden. Von der BP wäre auf Grund der Höhe der Beträge und beruflichen Stellung des Vaters (Beamter) eine derartige Erklärung als nicht ausreichend beurteilt worden.

Weiters stellte die BP fest, dass im Prüfungszeitraum weit weniger als 50% der vorhandenen Spiel- und Geldautomaten den erklärten Erlösen zugeordnet werden konnten. Die Anzahl der Geräte wäre in Zusammenarbeit mit dem Bw. ermittelt worden, mit der Begründung, dass eine hohe Anzahl der Geräte "auf Lager liegt". Die Zuordnung der Geräte zu den Erlösen wurde wie folgt ermittelt:


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1994
Flipper
%
Video
%
Geldautomat
%
Billard
%
vorhandene Geräte
18
100
56
100
2
100
10
100
davon aufgestellt
7
39
30
54
1
50
4
40
davon auf Lager
11
61
26
46
1
50
6
60
1995
vorhandene Geräte
16
100
34
100
3
100
8
100
davon aufgestellt
2
13
25
74
1
33
3
38
davon auf Lager
14
87
9
26
2
67
5
62

Die hohe Anzahl der "auf Lager liegenden Geräte" wäre vom Bw. dahingehend begründet worden, dass bzgl. der kaputt gegangenen Geräte vergessen worden sei, den Buchwert (Erinnerungsschilling) auszubuchen, und viele Geräte als Reserve für reparaturbedürftige Automaten gehalten würden. Lt. Angaben des Bw. wären jedoch nur die als "aufgestellt" eingestuften Automaten tatsächlich in Betrieb gewesen.

Zur Rechtslage führte die BP wie folgt aus:

Auf Grund des ungeklärten Vermögenszuwachses ist lt. Ansicht der BP das Vorliegen von Schwarzgeschäften anzunehmen. Es liegt im Wesen solcher Geschäfte, dass darüber keine Aufzeichnungen geführt werden. Die Behörde ist daher gem. § 184 BAO berechtigt, diesen Vormögenszuwachs schätzungsweise hinzuzurechnen, ohne die konkreten diesbezüglichen Geschäfte nachweisen zu müssen.

Bereits die sachliche Unrichtigkeit von Büchern berechtigt zur Schätzung, und ist lt. st. Rspr. bei Vortäuschung der Aufnahme von Darlehen auf die sachliche Unrichtigkeit der gesamten Buchhaltung zu schließen (). Auch liegt die Schätzungsberechtigung vor, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, dass ein eingetretener Vermögenszuwachs weder aus den erklärten Einnahmen noch aus sonstigen Einnahmen, die der Einkommensteuer nicht unterliegen, herrühren kann. Es reicht somit aus, dass Feststellungen über das Vorliegen von Einkünften getroffen werden, es ist nicht erforderlich, über die Einzelheiten dieser Einkünfte, wie z.B. auf welche Waren sie sich bezogen, Feststellungen zu treffen ().

Die Aufforderung an den Abgabepflichtigen, die Herkunft eines festgestellten Vermögens(zuwachses) nachzuweisen, stellt keine unzulässige Beweislastumkehr dar; vielmehr verpflichtet der Umstand des unaufgeklärten Vermögenszuwachses die Behörde zu Schätzung ().

Das Ziel der Schätzung muss dabei stets darauf gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit ihrer Richtigkeit für sich haben.

Der Schätzung haftet von Natur aus ein gewisser Unsicherheitsfaktor an, wobei gem. § 167 Abs. 2 BAO von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen ist, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar Gewissheit für sich hat, alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Insbesondere muss ein Steuerpflichtiger, der dunkle Geschäfte tätigt bzw. diese Geschäfte nicht aufzuklären vermag und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, das mit jeder Schätzung verbundene steuerliche Risiko tragen. Ein ungeklärter Vermögenszuwachs rechtfertigt dabei u.U. auch einen höheren Zuschlag zu den erklärten Einkünften (u.a. ).

Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Behörde i.d.R. frei, jedoch ist das Schätzungsverfahren einwandfrei abzuführen, und müssen die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig sein.

Auf Grund einer Geldflussrechnung kann die Hinzurechnung gerechtfertigt sein, wenn die Feststellung eines unaufgeklärten Vermögenszuwachses ausreichend begründet ist. Bei Schätzungen auf Basis einer Vermögensdeckungsrechnung sind lt. st. Rspr. hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit der Wirklichkeit strengere Maßstäbe anzulegen, eine griffweise Schätzung kommt daher in diesem Zusammenhang nicht in Frage (u.a. , 91/14/0061).

Rechtsgeschäftliche Beziehungen zwischen nahen Angehörigen sind nur dann als erwiesen anzunehmen, wenn sie nach außen deutlich in Erscheinung treten, oder zumindest in eindeutigen schriftlichen Abmachungen festgehalten werden.

Verträge zwischen nahen Angehörigen können im Bereich des Steuerrechtes nur Anerkennung finden, wenn sie

1. nach außen hinreichend zum Ausdruck kommen,

2. einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und

3. auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen wären.

Die Regelung gilt für Verträge zwischen nahen Angehörigen, wenn im konkreten Fall Umstände gegeben sind, die Zweifel an der Ernsthaftigkeit der behaupteten zivilrechtlichen Vereinbarung aufkommen lassen, und somit den Verdacht nahe legen, dass das Geschäft nur zum Zwecke der Steuerersparnis behauptet wurde.

Mangels Verpflichtung zur Publikation einer Bilanz des Einzelunternehmers, hat weiters die Einstellung einer Schuldpost in der Bilanz keine bindende Beweiskraft bezüglich des grundsätzlichen Bestehens eines Schuldverhältnisses. In diesem Zusammenhang kommt dem Umstand, dass über die Darlehensgewährung im Jahre 1995 keinerlei Unterlagen vorliegen, Bedeutung zu. Einer Kreditgewährung ohne verbindliche Vereinbarung über den Zeitpunkt oder Zeitraum der Rückerstattung ist an sich ungewöhnlich. Wenn ein Darlehen ohne Rückzahlung und effektive Zahlung von Zinsen läuft, steht dies nach ständiger Rechtsprechung nicht mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Einklang ().

Der Bw. hätte im Zuge der BP keinen Nachweis für den Erhalt der Geldzuwendungen bzw. Darlehen erbracht und die BP darauf verwiesen, dass keine schriftlichen Unterlagen vorgelegt werden hätten können, die als Beweis in Betracht kommen würden.

Aufgrund der festgestellten Vermögensunterdeckung im Jahre 1995 von S 405.000,-- hätte die BP daher angenommen, dass Teile der "auf Lager gelegenen" Spielautomaten tatsächlich im Betrieb gewesen seien und daher die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung gem. § 184 BAO ermittelt. Den Argumenten des Bw. bezüglich Reparaturen und Reserve (= Tauschgeräte) hätte die BP insoweit Rechnung getragen, dass rd. 25 % der vorhandenen Automaten (ausgenommen Geldspielautomaten, aufgrund der geringen Anzahl wurde keine "Reserve" errechnet) "auf Lager" verrechnet worden wären.

Da der Bw. die Erlöse der einzelnen Automaten nicht aufgezeichnet hätte, sondern nur die Gesamtsumme, wären die monatlichen Erlöse pro aufgestellten Automat ermittelt - egal welcher Art - und diese der Schätzung zugrunde gelegt worden.

Die monatlichen Erlöse wären wie folgt festgestellt worden und auf Basis der mit 75% als zusätzlich in Betrieb stehenden Geräte die Zuschätzung vorgenommen worden. Auf Basis der Gegenüberstellung der Umsätze 1994 bis 1995, dass 1995 rd. 40% weniger Geräte eingesetzt worden wären, sei von der BP entsprechend den ermittelten Erlösbeträgen die Schätzung für das Jahr 1996 vorgenommen worden:

Geldspielautomat: S 36.830,-- brutto

übrige Geräte: S 3.900,-- brutto


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1994:
Flipper
Video
Geldautomat
Billard
Gerätedifferenz
6
12
1
3
Umsatzdiff. monatl. brutto
23.400
46.800
36.830
11.700
Umsatzdiff. monatl. netto
19.500
39.000
30.691,67
9.750
Umsatzdiff. netto jährl.
234.000
468.000
368.300
117.000
abzgl. Wirte- anteil
50 %
50 %
50 %
50 %
Gewinnaus- wirkung
117.000
234.000
184.150
58.500
1995:
Flipper
Video
Geldautomat
Billard
Gerätedifferenz
10
0
1
3
Umsatzdiff. monatl. brutto
39.000
0,00
36.830
11.700
Umsatzdiff. monatl. netto
32.500
0,00
30.691,67
9.750
Umsatzdiff. netto jährl.
390.000
0,00
368.300
117.000
abzgl. Wirte- anteil
50 %
50 %
50 %
50 %
Gewinnaus- wirkung
195.000
0,00
184.150
58.500


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1996
übrige Geräte
Geldautomat
Nettoumsatzdifferenz abzügl. 40 %
507.000 40 %
368.300,--
Nettoumsatzdifferenz abzügl. Wirteanteil
300.000,-- 50 %
368.300,-- 50 %
Gewinnauswirkung
150.000,--
184.150,--

In der form- und fristgerechten Berufung wurde wie folgt eingewendet:

Das Mehrergebnis lt. BP würde im Wesentlichen auf zwei Feststellungen basieren, nämlich einer Vermögensunterdeckung betreffend das Jahr 1995 i.H.v. S 73.000,-- sowie auf einen lt. BP unglaubwürdigen Laberbestand an Geräten. Im Zeitraum 1. Jänner bis seien Einlagen von insgesamt S 405.000,-- getätigt worden, wovon nachweislich S 85.000,-- aus noch vorhandenen Sparbüchern gestammt hätten.

ad Vermögensdeckung/Einlagen)

Vom Bw. wurde eingewendet, dass lt. folgender Darstellung über den Zeitraum von fünf Jahren ausreichende Mittel für Investitionen und Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden wären.


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Gewinn/ Verlust
AfA
Dat. IFB
Summe
- Erh. Akt - Verm-Akt
+ Erh. Pass. - Verm. Pass.
1997
+187
466
84
+737
+368
+181
1995
- 357
497
34
+ 174
+ 9
- 172
1994
- 412
519
78
+ 185
+ 100
+ 182
1993
- 250
618
0
+ 367
+ 7
+ 408
1992
+ 277
642
124
+ 1.043
- 405
+ 301

Die zur Verfügung stehenden Beträge würden sich somit aus Gewinn/Verlustbeträgen zuzüglich nicht ausgabenwirksamer Aufwendungen zuzüglich der Mittelaufbringung und abzüglich der Mittelverwendung ergeben. Die Aussage des Vaters trotz des Fehlens der Formvorschriften sei zudem nicht wegzuwischen.

Die Bilanzansätze wurden vom Bw. zur Erläuterung wie folgt dargestellt:


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1991
1992
1993
1994
1995
1996
Anlagevermögen
918
1214
1274
1109
944
1415
Umlaufvermögen
55
164
100
165
312
218
Rückstellungen
12
12
12
12
12
20
Bankverbindlichkeiten
603
866
1133
1242
1079
1056
Lieferverbindlichkeiten
137
116
220
291
602
820
Sonst. Vbl.
118
177
214
216
240
226

ad Lagerbestand)

Der hohe Lagerbestand der Geräte würde sich daraus erklären, dass diese Automaten völlig veraltet und teilweise defekt und daher nicht mehr einsetzbar gewesen wären, da der Markt sich stets an den neuesten Geräten orientieren würde.

Die BP hätte aufgrund der angeblichen Vermögensunterdeckung Schwarzaufstellungen unterstellt, jedoch von der BP kein einziger Hinweis auf eine derartige Vorgangsweise erbracht werden können. Lt. Bw. erscheine es unwahrscheinlich, dass trotz laufender Überprüfungen durch die Gemeinden in all den Jahren keine einzige Anzeige erfolgt wäre. Dies bestätige das Nichtvorliegen von Schwarzaufstellungen.

Weiters würden folgende beweisbare Umstände für den Lagerbestand sprechen, dass nämlich nach Beendigung der Aufstellung im Prater (Malversationen) viele Geräte bei der Fa. X. zwischengelagert worden wären, und könnten als Zeugen Herr KR X. und Herr XY. die häufige Erneuerung der Geräte aufgrund des Konkurrenzdrucks bestätigen. Weiters könnte durch Heranziehung eines Sachverständigen die Feststellung untermauert werden, dass zumindest 70 bis 80 % der Geräte irreparabel gewesen wären.

Zur Berufung nahm die BP wie folgt Stellung:

ad Vermögensdeckung bzw. Einlagen)

In der Berufung sei erstmals eine Vermögensdeckungsrechnung (= VDR) über einen Zeitraum von 5 Jahren vorgelegt worden. Diese ergäbe im Zeitraum 1992 bis 1993 die Erwirtschaftung von S 2,2 Mio. bzw. im Zeitraum 1992 bis 1996 die Erwirtschaftung von S 2,7 Mio und würde sich daher keine Vermögensunterdeckungen ergeben und damit die Einlagen des ersten Halbjahres aufgeklärt werden.

Es sei jedoch "merkwürdig", dass diese Beträge in der Argumentation bisher nicht eingewendet worden wären. Auch wären bei tatsächlichem Vorliegen dieser Geldmittel die Darlehen durch den Vater nicht nötig gewesen. Bei den Vorbesprechungen sowie der Schlussbesprechung sei dies nicht vorgebracht worden. Es wäre für den Bw. zudem leicht gewesen, die Geldmittel durch Sparbuchabhebungen nachzuweisen bzw. würden lt. Ansicht der BP Geldmittel von über S 2 Mio. nicht jahrelang zu Hause liegen gelassen. Die BP hätte auch die entsprechenden Nachweise wiederholt gefordert. Bzgl. der Darlehen des Vaters seien somit keine neuen Tatsachen vorgebracht worden.

ad Lagerbestand der Automaten)

Zum Zeitpunkt der BP im Jahre 1999 seien sehr viele Geräte alt, defekt und nicht einsatzbereit im Lager gestanden, jedoch hätte nicht beurteilt werden können, ab welchem Zeitpunkt die Geräte in diesen Zustand gekommen wären. In den Buchhaltungsunterlagen des Bw. wären die Geräte als funktionsfähig ausgewiesen worden, da in den Bilanzen weder eine Teilwertabschreibung noch Ausbuchung der defekten Geräte vorgenommen wurde.

Die BP hätte den Einwendungen des Bw. bezüglich Reparaturen und Reserve insofern Rechnung getragen als rund 25% der vorhandenen Automaten auf Lager verrechnet (ausgenommen Geldspielautomaten aufgrund der geringen Anzahl der Geräte), und lt. Kalkulation für die Jahre 1995 und 1996 jährlich 40% weniger Geräte als 1994 berücksichtigt worden wären (Ausnahme Geldspielautomaten). Die Schätzung sei daher lt. Ansicht der BP mangels Aufklärung der Mängel beizubehalten.

Die Stellungnahme der BP wurde dem Bw. in Wahrung des Parteiengehörs zur Gegenäußerung übermittelt und keine Gegenäußerung erstattet. Im Rahmen eines Vorhalteschreibens der Abgabenbehörde zweiter Instanz (Unabhängiger Finanzsenat) vom , zugestellt am wurde der Bw. aufgefordert, die Namen und Adresse der beantragten Zeugen bekannt zugeben, dieser Vorhalt jedoch nicht beantwortet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 163 BAO haben Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften des § 131 entsprechen, die Vermutung ordnungsgemäßer Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zu Grunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenberechnung, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs. 2 BAO insbesonders dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskünfte über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind. Zu schätzen ist gemäß § 184 Abs. 3 BAO weiters, wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich, dass schon formelle Buchführungsmängel, die einen Zweifel in die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen nach sich zu ziehen vermögen, die Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörde begründen, wobei es eines Nachweises der Behörde, dass die Aufzeichnungen tatsächlich unrichtig sind, nicht bedarf. Dem Abgabepflichtigen steht allerdings die Möglichkeit offen, die sachliche Richtigkeit seiner formell mangelhaften Aufzeichnungen zu beweisen ().

Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages gehört zu den Elementen einer Schätzung. Eine Schätzung ist aber nicht ein Akt des Ermessens, sondern das Ergebnis von Überlegungen, die sich an einen bestimmten Tatbestand knüpfen. Ob und inwieweit ein Sicherheitszuschlag vorzunehmen ist, hängt von den Besonderheiten des Schätzungsfalles ab.

Im gegenständlichen Fall wurde eine Zuschätzung auf Basis von teilweise nicht nachgewiesenen Einlagenbeträgen und hohen auf Lager befindlichen Geräten vorgenommen. Strittig ist somit die Schätzungshöhe bezüglich der Zurechnung eines Sicherheitszuschlages im Ausmaß der auf Lager befindlichen Geräte von rund 75%.

Der Bw. bekämpft das Schätzungsergebnis dem Grunde und der Höhe nach. Die Zuschätzung wäre auf Grund von Feststellungen bezüglich einer Vermögensunterdeckung von S 73.000 und einer Einlage von S 405.000,- im Jahre 1995 sowie eines als unglaubwürdig beurteilten Lagerbestandes an Geräten zu Unrecht erfolgt. Bezüglich der Vermögensunterdeckung wurde eine Aufstellung der zur Verfügung stehenden Beträge lt. Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zuzüglich Mittelaufbringung und Mittelverwendung zum Nachweis vorgelegt. Auch seien die Darlehen des Vaters trotz Formmängel zu berücksichtigen und hätten Ersparnisse, aus denen die Einlagen finanziert wurden, in Höhe einer Abhebung von S 85.000,-- im Jahre 1995 aus vorhandenen Sparbüchern nachgewiesen werden können.

Im vorliegenden Fall ist somit zu prüfen, ob die Vermögensunterdeckung und Einlagen aus dem Einkommen der Vorjahre bzw. aus der Zuwendung durch den Vater finanziert werden konnten. Lt. Darlegung der Mittel für Investitionen für den Zeitraum 1992 bis 1997 ergeben sich in sämtlichen Jahren positive Ergebnisse und betrugen die Pensionseinkünfte des Vaters im Prüfungszeitraum 1994 bis 1996 ca. S 400.000,- jährlich. Somit ist die Annahme, der Bw. habe im Jahre 1995 aus den Ersparnissen des Vaters einen Betrag von S 405.000,- erhalten, nicht grundsätzlich als unglaubhaft zu beurteilen. Die von der BP festgestellte Unterdeckung Höhe von S -73.000,- im Jahre 1995 ist zudem mangels Darlegung der Grundlagen der Vermögensdeckungsrechnung und unter Verweis auf die vorgelegte Aufstellung des Bw. bezüglich der zur Verfügung stehenden Mittel für Investitionen und Lebensunterhalt nicht begründet.

Betreffend den hohen Gerätebestand auf Lager wurde weiters eingewendet, dass es sich um veraltete und zum Teil defekte Geräte gehandelt hätte bzw. insofern sie noch funktionierten am Markt kein Geschäft mehr gemacht werden hätte können. Gegen die Unterstellung von Schwarzumsätzen spreche jedoch jedenfalls die Tatsache, dass keine einzige Anzeige in all den Jahren vorliegen würde. Zum Beweis wurden weiters mehrere Zeugen genannt und die Heranziehung eines Sachverständigen zur Untermauerung der Feststellung, dass zumindest 70 bis 80% der lagernden Geräte irreparabel gewesen wären, beantragt.

Zur Anzahl von veralteten oder defekten Geräte auf Lager ist somit festzustellen, dass wie der Bw. richtigerweise einwendet im vorliegenden Fall keine Anzeigen vorliegen und auf Grund der lang zurückliegenden Zeiträume und damit verbundenen Unmöglichkeit der Beweisführung bezüglich der Anzahl der veralteten, defekten und auf Lager befindlichen Geräte auch ein Sachverständigengutachten nicht mehr möglich ist bzw. zweckmäßig erscheint. Dazu ist jedoch anzumerken, dass lt. Antrag bezüglich der Erstellung eines Sachverständigengutachtens Geräte im Ausmaß von ca. 70 bis 80% irreparabel bezeichnet wurden und ist somit davon auszugehen, dass von den auf Lager befindlichen Geräten zumindest 20% funktionstüchtig waren. Dies stellt jedoch keinen Nachweis dafür dar, dass die Geräte tatsächlich in Betrieb waren.

Zur Ordnungsmäßigkeit der Bücher und Aufzeichnungen ist jedoch weiters auszuführen, dass im vorliegenden Fall nicht die Erlöse der einzelnen Automaten aufgezeichnet wurden, sondern nur die Gesamtsummen, woraus nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Berechtigung zur Schätzung abgeleitet werden kann (). Da damit nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen auch andere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden, ist eine Zuschätzung grundsätzlich als zulässig zu beurteilen und nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates mittels der Methode des Sicherheitszuschlages als korrigierende Ergänzung zu berücksichtigen. Die Höhe des Sicherheitszuschlages ist davon abhängig, in welchem Ausmaß die Mängel, Fehler bzw. vermutete Verringerung vorlagen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt der Ansatz eines 10%igen Sicherheitszuschlages bei mehreren Buchführungsmängeln und dem Unterlassen jährlicher Inventuren keine ungerechtfertigte Überschätzung dar ().

Darüber hinaus ist auszuführen, dass mit der Verhängung eines Sicherheitszuschlages den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe gekommen werden soll. Es liegt jedoch im Wesen jeder Schätzung, dass die auf solche Weise ermittelten Besteuerungsgrundlagen die tatsächlich erzielten Einkünfte nur bis zu einem mehr oder weniger großen Genauigkeitsgrad erreichen können. Die der Schätzung innewohnende Unsicherheit muss jedoch derjenige, der begründeten Anlass zur Schätzung gab, hinnehmen und zwar auch dann, wenn sie zufällig gegen ihn ausschlagen sollte.

Im vorliegenden Fall wird somit unter Verweis auf die Aufzeichnungsmängel und obigen Ausführungen ein griffweiser Sicherheitszuschlag von 7,5% auf Basis der erzielten Automatenerlöse in den Jahren 1994 bis 1996 festgesetzt. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates ist es insgesamt als nicht unangemessen zu beurteilen, auf Basis von Ungereimtheiten eine Zuschätzung durch griffweisen Sicherheitszuschlag vorzunehmen. Die erklärten Umsatzerlöse betreffend Automaten betrugen in den Jahren 1994 bis 1996 rund S 1.500.000,-, S 700.000,- und S°600.000,-, die Sicherheitszuschläge lauten somit auf S 112.500,-, S 52.500,- und S 45.000,- für die Jahre 1994 bis 1996.

Auf Basis der erklärten Umsatzerlöse ergeben sich somit nachstehend angeführte Umsatzerlöse und Einkünfte aus Gewerbebetrieb:


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Beträge in S
1994
1995
1996
Umsätze lt. Erkl.
2.966.424,14
3.449.170,06
3.671.795,66
Erhöhung lt. BE
112.500,00
52.500,00
45.000,00
Umsatz lt. BE
3.078.924,14
3.501.670,06
3.716.795,66
Umsatzst.-Zahll. lt. BE
275.998,00
274.564,00
425.855,00
Umsatzst.-Zahll. in €
20.057,56
19.953,34
30.948,09
Beträge in S
1994
1995
1996
Gewinn/Verlust lt. Bilanz
-412.958,99
-357.496,84
+187.376,59
Mehrsteuern lt. BE (Ust)
-22.500,00
-10.500,00
-9.000,00
Entnahmen lt. BE
+135.000,00
+63.000,00
+54.000,00
Einlagen lt. BE
-56.250,00
-26.250,00
-22.500,00
Gewinn/Verlust lt. BE
-356.709,00
-331.247,00
209.877,00
Einkommensteuer
0,00
0,00
36.784,00
0,00
0,00
2.673,20

Der Berufung war daher teilweise Folge zu geben.

Beilage : 12 Berechnungsblätter (S, €)

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 131 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 131 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Sicherheitszuschlag
griffweise
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at