Nachweis der Höhe der ausschüttungsgleichen Erträge aus einem Investmentfonds nur gegenüber dem Abzugsverpflichteten möglich?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter in der Beschwerdesache Bf gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2015 zu Recht erkannt:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende
der Entscheidungsgründe und dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu
entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf) bezieht neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit solche aus Kapitalvermögen. In seiner für das Jahr 2015 eingereichten Einkommensteuererklärung wies er unter den Einkünften aus Kapitalvermögen, auf die der besondere Steuersatz von 25% anwendbar und bei denen ein Verlustausgleich zulässig ist, Überschüsse aus realisierten Wertsteigerungen von 697,50 € und Verluste von -7.407,40 €, weiters ausschüttungsgleiche Erträge aus Investmentfonds von 462,00 € und eine Kapitalertragsteuer von 2.601,75 € aus.
Über Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom Juli und September 2016 übermittelte der Bf u.a. eine von Online-X, dem (damaligen) Online Broker der G-Bank, ausgestellte Bescheinigung gemäß § 96 Abs. 4 Z 2 EStG vom über den für sein Depot im Jahr 2015 durchgeführten Verlustausgleich, derzufolge eine für die positiven Einkünfte ermittelte Kapitalertragsteuer von 6.053,37 € mit einer für die Verluste ermittelten Kapitalertragsteuer von 3.592,23 € gegengerechnet wurde. Aus der Bescheinigung geht weiters hervor, dass dem Bf hinsichtlich seiner Anteile an einem ausländischen Investmentfonds (Fonds-Y AG) am Kapitalertragsteuer in Höhe von 1.794,50 € für per pauschal ermittelte ausschüttungsgleiche Erträge angelastet worden ist. Der Bf legte dazu einen von der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft NN unterfertigten "Selbstnachweis" vor, der für im Privatvermögen gehaltene Anteile an Fonds-Y einen im Jahr 2015 steuerpflichtigen ausschüttungsgleichen Ertrag von 4,3688 € pro Anteil ausweist, für die vom Bf gehaltenen 115 Anteile errechne sich daraus ein ausschüttungsgleicher Ertrag von 462,00 €. Weiters erläuterte der Bf unter Vorlage von Kauf- und Verkaufsbelegen, dass die Bank bei Durchführung des Verlustausgleichs die Ergebnisse aus zwei Aktientransaktionen unrichtig berechnet habe; der Überschuss aus dem Verkauf von Aktien der L-AG, ISIN abc, betrage richtigerweise 697,50 €, der Verlust aus dem Verkauf von Aktien der K-AG, ISIN def, betrage richtigerweise 7.407,40 €.
Die belangte Behörde berücksichtigte im angefochtenen Bescheid die erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht bzw. nahm auch keine Anrechnung von Kapitalertragsteuer vor. Da der Verlustausgleich bereits von der G-Bank, Online-X, durchgeführt worden sei, sei ein weiterer Verlustausgleich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht mehr vorzunehmen.
In seiner Beschwerde bringt der Bf vor, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich der einbehaltenen Pauschalsteuer für die Fonds-Y unrichtig sei, weil er in seiner Einkommensteuererklärung dafür den Selbstnachweis erbracht habe, er stelle daher den Antrag, die Pauschalsteuer rückzuerstatten und die Kapitalertragsteuer anhand des Selbstnachweise zu berechnen.
Die belangte Behörde erließ mit Datum eine abweisende Beschwerdevorentscheidung. Beim Finanzamt sei ein Selbstnachweis nur für vor dem als ausgeschüttet geltende ausschüttungsgleiche Erträge geltend zu machen gewesen, für spätere Zeitpunkte sei ein Selbstnachweis gemäß § 186 Abs. 2 Z 4 InvFG 2011 ausschließlich bei der depotführenden Bank vorzulegen.
In seinem Vorlageantrag vom wendet der Bf ein, dass Online-X seit Ende 2015 nicht mehr existiere, weshalb die G-Bank eine nachträgliche Änderung nicht mehr durchführen könne und auf das Finanzamt verweise. Er frage sich, ob er mit seinen berechtigten Forderungen jetzt überbleibe.
Über Ergänzungsersuchen des Bundesfinanzgerichts vom gab der Bf bekannt, dass er die Anteile an Fonds-Y noch nicht verkauft habe, die Anteile seien am auf ein Depot bei Online-Z, dem Online Broker der M-Bank, eingebucht worden, eine Kapitalertragsteuer sei anlässlich des Depotübertrags nicht einbehalten worden. Weiters legte der Bf einen Schriftwechsel mit der G-Bank vom vor, worin er unter Hinweis auf den ablehnenden Bescheid der belangten Behörde die Bank um Erledigung seiner Probleme - neben der Belastung mit der Pauschalsteuer für den Fonds auch die Differenzen aus den beiden Aktientransaktionen - ersuchte. Die G-Bank lehnte eine Korrektur mit der Begründung ab, dass Online-X seit Mitte 2016 vollständig abgewickelt sei, eine Korrektur könne daher ausschließlich über das Finanzamt erfolgen. Der Homepage der G-Bank kann dazu entnommen werden, dass das Online-X Online-Handelssystem seit nicht mehr verfügbar ist.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Als unstrittiger Sachverhalt kann angenommen werden, dass der Bf im Jahr 2015 in der von der G-Bank ausgestellten Verlustausgleichsbescheinigung ausgewiesene, dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen, darunter Einkünfte aus Anteilen an der als ausländischer Kapitalanlagefonds zu qualifizierenden Fonds-Y AG, bezogen und die G-Bank als Abzugsverpflichtete von diesen Einkünften nach Ausgleich mit Verlusten den Kapitalertragsteuerabzug - hinsichtlich der Anteile an der Fonds-Y, da für diese keine Meldung der steuerrelevanten Daten durch einen steuerlichen Vertreter gemäß § 186 Abs. 2 Z 2 lit. a InvFG erfolgte, auf pauschaler Basis - vorgenommen hat. Fest steht weiters, dass der Bf mit die depotführende Bank gewechselt und nach diesem Wechsel einen sog. Selbstnachweis mit einer Berechnung der tatsächlichen Höhe der ausschüttungsgleichen Erträge beigebracht hat. Da anlässlich des Depotwechsels von der übertragenden depotführenden Stelle keine Kapitalertragsteuer einbehalten wurde, kann weiters angenommen werden, dass dieser Vorgang im Sinne des § 27 Abs. 6 Z 1a zweiter Teilstrich EStG (in der Fassung vor dem AbgÄG 2015) nicht als Veräußerung gegolten hat.
Gemäß § 97 Abs. 1 EStG gilt die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf deren Erträge der besondere Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 anwendbar ist, durch die Kapitalertragsteuer als abgegolten, ausgenommen in den Fällen der Regelbesteuerungsoption (§ 27a Abs. 5) und der Verlustausgleichsoption (Abs. 2).
Gemäß § 97 Abs. 2 EStG sind die der Kapitalertragsteuer unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen auf Antrag mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 zu veranlagen (Verlustausgleichsoption). Dabei ist die Kapitalertragsteuer auf Antrag auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten.
Auszugehen ist davon, dass der Bf mit den entsprechenden Eintragungen in seiner für das Jahr 2015 eingereichten Einkommensteuererklärung einen Antrag nach § 97 Abs. 2 EStG gestellt hat, zumal dieser Antrag an keine bestimmte Form gebunden ist (Doralt/ Kirchmayr/ Mayr/ Zorn, Kommentar zum EStG, § 97 Tz 33).
Die Veranlagungsoption kann auch aus anderen Gründen als zur Durchführung des Verlustausgleichs ausgeübt werden, etwa zur Korrektur eines unrichtigen Kapitalertragsteuerabzugs (Hofstätter/ Reichel, Die Einkommensteuer- Kommentar, § 97 Abs. 2 Tz 1; Doralt/ Kirchmayr/ Mayr/ Zorn, Kommentar zum EStG, § 97 Tz 40). Die Erstattungsvorschrift des § 240 Abs. 3 BAO, die eine Rückerstattung von zu Unrecht einbehaltenen Steuerbeträgen vorsieht, ist im Verhältnis zu § 97 Abs. 2 EStG subsidiär, d.h. solange der Steuerpflichtige noch nicht rechtskräftig veranlagt ist, sind Rückerstattungsanträge nach § 97 Abs. 2 im Rahmen des Veranlagungsverfahrens geltend zu machen (Doralt/ Kirchmayr/ Mayr/ Zorn, Kommentar zum EStG, § 97 Tz 36).
Steuerpflichtige haben sohin im Allgemeinen das Recht, sich im Falle eines unrichtig vorgenommenen Steuerabzugs durch den Abzugsverpflichteten an die Abgabenbehörde zu wenden, um im Wege einer Rückzahlung oder einer Veranlagung eine Berichtigung des unrichtigen Steuerabzugs zu erreichen. Fraglich ist, ob dem Bf dieses Recht dadurch verwehrt ist, dass § 186 InvFG eine Regelung trifft, wem gegenüber der sog. Selbstnachweis ausschüttungsgleicher Erträge zu erbringen ist. Diese Frage ist jedenfalls nach der fallbezogen gegebenen Konstellation zu verneinen.
Die hier maßgebenden Bestimmungen des § 186 Abs. 2 Z 3 und 4 InvFG lauten:
"3. Erfolgt keine Meldung gemäß Z 2 betreffend der Ausschüttung, ist die Ausschüttung zur Gänze steuerpflichtig. Erfolgt keine Meldung gemäß Z 2 betreffend der ausschüttungsgleichen Erträge im Sinne der Z 1, sind diese in Höhe von 90 vH des Unterschiedsbetrages zwischen dem ersten und letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahmepreis, mindestens jedoch in Höhe von 10 vH des am Ende des Kalenderjahres festgesetzten Rücknahmepreises zu schätzen. Die auf diese Weise ermittelten ausschüttungsgleichen Erträge gelten jeweils als zum 31. Dezember eines jeden Jahres zugeflossen. Der Anteilinhaber kann die Höhe der ausschüttungsgleichen Erträge oder die Steuerfreiheit der tatsächlichen Ausschüttung unter Beilage der dafür notwendigen Unterlagen nachweisen.
4. Wurde Kapitalertragsteuer abgezogen, ist der Nachweis gemäß Z 3 gegenüber dem Abzugsverpflichteten zu erbringen. Dieser hat, wenn noch keine Realisierung im Sinne des Abs. 3 erfolgt ist, die Kapitalertragsteuer zu erstatten oder nachzubelasten und die Anschaffungskosten gemäß Abs. 3 zu korrigieren. Wurde bereits eine Bescheinigung gemäß § 96 Abs. 4 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 ausgestellt, darf eine Erstattung der Kapitalertragsteuer und entsprechende Korrektur der Anschaffungskosten nur erfolgen, wenn der Anteilsinhaber den Abzugsverpflichteten beauftragt, dem zuständigen Finanzamt eine berichtigte Bescheinigung zu übermitteln."
Gemäß § 186 Abs. 3 InvFG unterliegt die realisierte Wertsteigerung bei Veräußerung des Anteilscheines der Besteuerung gemäß § 27 Abs. 3 EStG, wobei ausschüttungsgleiche Erträge beim Anteilsinhaber die Anschaffungskosten des Anteilsscheines erhöhen.
Bei der in § 186 Abs. 2 Z 3 zweiter Satz InvFG angeordneten Schätzung der ausschüttungsgleichen Erträge von "Nichtmeldefonds" geht es um Annahmen über die vermutliche Ertragskraft von Fonds. Die tatsächliche Ertragskraft eines Fonds hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die einer Durchschnittsbetrachtung nicht zugänglich sind. Entziehen sich die zu schätzenden Bemessungsgrundlagen aber einer Durchschnittsbetrachtung, dann darf der Gesetzgeber zwar zunächst von vermuteten Erträgen ausgehen, muss diese Vermutung aber widerlegbar gestalten, um eine Besteuerung nach der tatsächlichen Leistungsfähigkeit zu ermöglichen ().
Es wird der Regelfall sein, dass die nach § 186 Abs. 2 Z 3 zweiter Satz InvFG geschätzten (vermuteten) ausschüttungsgleichen Erträge den tatsächlichen ausschüttungsgleichen Erträgen nicht entsprechen, ein Kapitalertragsteuerabzug, der auf Grundlage einer solchen Schätzung vorgenommen wurde, daher unrichtig und somit grundsätzlich einer Korrektur zugänglich ist. Dass der konkret hinsichtlich der Anteile des Bf an Fonds-Y AG vorgenommene Abzug einer Kapitalertragsteuer von 1.794,50 € unrichtig ist, ist angesichts der für diese Anteile nachgewiesenen tatsächlichen ausschüttungsgleichen Erträge von 462,00 € (darauf entfallende Kapitalertragsteuer: 115,50 €) offensichtlich. Da der vom Bf vorgelegte Selbstnachweis der ausschüttungsgleichen Erträge der Fonds-Y AG für das Geschäftsjahr 1.1. bis vom steuerlichen Vertreter dieses Fonds (Fonds-Y ist mittlerweile ein Meldefonds; siehe www.profitweb.at) erstellt wurde, kann auch von einer hinreichenden Nachweisführung ausgegangen werden.
§ 186 Abs. 2 Z 4 erster Satz InvFG trägt dem Anteilsinhaber auf, den Selbstnachweis gegenüber dem Abzugsverpflichteten zu erbringen, wenn Kapitalertragsteuer abgezogen wurde. Diese Bestimmung begründet für den Anteilsinhaber die abgabenrechtliche Verpflichtung, sich zwecks Korrektur an den Abzugsverpflichteten zu wenden. Solange der Anteilsinhaber dieser Verpflichtung nicht entsprochen und den Selbstnachweis gegenüber dem Abzugsverpflichteten - zwecks Erstattung der zu hoch abgezogenen Kapitalertragsteuer durch diesen - nicht erbracht hat, wird er nicht von der Abgabenbehörde eine Rückerstattung - sei es im Wege eines Rückzahlungsantrags oder eines Antrags auf Veranlagung - wegen zu Unrecht einbehaltener Kapitalertragsteuer verlangen können; insoweit wird die Bestimmung des § 186 Abs. 2 Z 4 erster Satz InvFG dem § 240 Abs. 3 BAO bzw. dem § 97 Abs. 2 EStG wohl vorgehen.
Im vorliegenden Fall ist der Bf jedoch seiner in § 186 Abs. 2 Z 4 erster Satz InvFG normierten Verpflichtung zum Selbstnachweis gegenüber der abzugsverpflichteten Bank sehr wohl nachgekommen. Im Zeitpunkt des Selbstnachweises haben sich die Anteile aber nicht mehr am Depot des Abzugsverpflichteten, d.h. jener Bank befunden, die den Kapitalertragsteuerabzug vorgenommen hat, und die Bank hat die Durchführung der Erstattung abgelehnt. Ob die Bank nach Beendigung der Geschäftsverbindung mit dem Bf noch die Möglichkeit gehabt hätte, dem Bf die in unrichtiger Höhe abgezogene Kapitalertragsteuer zu erstatten - dagegen spricht, dass die Bank die mit einer Erstattung der Kapitalertragsteuer zu verbindende Korrektur der Anschaffungskosten für Anteilscheine, die sich nicht mehr bei ihr auf einem Depot befanden, nicht mehr durchführen konnte (vgl. Jakom/Marschner EStG, 2019, § 27 Rz 100, wonach die depotführende Stelle den Kapitalertragsteuerabzug und die fortgeschriebenen Anschaffungskosten korrigiert, soweit die Fondsanteile noch am Depot liegen) - kann dahingestellt bleiben. Die Durchsetzbarkeit des dem Anteilsinhaber zustehenden Rechts, die vom Gesetzgeber aufgestellte Vermutung einer bestimmten Ertragskraft des Fonds zu widerlegen, kann nicht von einer Wertung bzw. Entscheidung des Abzugsverpflichteten abhängen. Die in § 186 Abs. 2 Z 4 erster Satz InvFG angeordnete Erbringung des Selbstnachweises gegenüber dem Abzugsverpflichteten kann jedenfalls dann, wenn sich der Abzugsverpflichtete nach Erbringung des Selbstnachweises weigert, eine Berichtigung vorzunehmen, dem Recht, zwecks Festsetzung der Einkommensteuer nach der tatsächlichen Leistungsfähigkeit eine Veranlagung durch die Abgabenbehörde zu beantragen, nicht entgegenstehen, zumal das Abgabenrecht dem Anteilsinhaber keine verfahrensrechtliche Handhabe bietet, eine Erstattung durch den Abzugsverpflichteten zu erzwingen.
Die Bestimmungen des § 186 Abs. 2 Z 3 und 4 InvFG müssen daher verfassungskonform dahingehend interpretiert werden, dass zwar der Selbstnachweis vorrangig gegenüber der Bank zu erbringen ist, dass aber, wenn dieser Weg dem Anteilsinhaber versperrt ist, der Selbstnachweis im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer erbracht wird, wobei als Rechtsgrundlage § 97Abs. 2 EStG dient (siehe Marschner, Schwarze Investmentfonds: Kann der Selbstnachweis wirklich nur gegenüber der Bank erbracht werden?, SWK 25/2014, 1095).
Da die Bank eine Korrektur der Kapitalertragsteuer auf Basis des vom Bf vorgelegten Selbstnachweises nicht durchgeführt hat, hat sie die Kapitalertragsteuer hinsichtlich der Anteile an dem Kapitalanlagefonds Fonds-Y AG auf Basis vermuteter Erträge und damit unrichtig abgezogen. Der Bf ist berechtigt, zur Korrektur dieses unrichtigen Kapitalertragsteuerabzugs die Veranlagungsoption nach § 97 Abs. 2 EStG auszuüben.
Der Bf hat die Anteile an der Fonds-Y AG noch nicht verkauft, auch der Depotwechsel hat zu keiner Veräußerung im Sinne des § 27 Abs. 6 EStG geführt, die von der Bank pauschal ermittelten ausschüttungsgleichen Erträge haben somit (noch) nicht über eine Erhöhung der Anschaffungskosten zu einer Verminderung der bei einer Veräußerung realisierten Wertsteigerung geführt, weshalb es durch die nunmehrige Rückgängigmachung der pauschalen Besteuerung nicht zu einer doppelten Korrektur kommt. Im Fall der Veräußerung der Anteilscheine an der Fonds-Y AG wird der Bf aber im Rahmen seiner Offenlegungspflicht nachzuweisen haben, dass die pauschal ermittelten ausschüttungsgleichen Erträge nicht noch einmal über die fortgeschriebenen Anschaffungskosten ergebnismindernd berücksichtigt wurden.
Der Bf hat ferner weitere Unrichtigkeiten aufgezeigt. Die Bank hat, wie der Verlustausgleichsbescheinigung, in welcher die Kapitalertragsteuer als KGSt (Kursgewinnsteuer) bezeichnet wird, zu entnehmen ist, für einen Gewinn aus dem Verkauf von Aktien der L-AG eine (positive) KGSt von 596,36 € und für den Verlust aus dem Verkauf von Aktien der K-AG eine (negative) KGSt von 1.351,08 € berechnet. Demgegenüber hat der Bf durch die Vorlage der Kauf- und Verkaufsbelege nachgewiesen, dass er aus dem Verkauf von Aktien der L-AG einen Gewinn von 697,50 €, woraus sich eine (positive) KGSt von 174,36 € ergibt, und aus dem Verkauf von Aktien der K-AG einen Verlust von 7.407,40 €, woraus sich eine (negative) KGSt von 1.851,85 € ergibt, erzielt hat. Bemerkt wird, dass der Bf in seiner Einkommensteuererklärung zwar nur die Ergebnisse aus diesen beiden Aktientransaktionen angeführt hat; sein Begehren zielt aber erkennbar auf eine Berichtigung des Verlustausgleichs ab, weil der Verlustüberhang aus den angeführten Transaktionen nicht ausgleichsfähig wäre und das vom Bf gewollte Ergebnis nur eintritt, wenn der von der Bank durchgeführte Verlustausgleich insgesamt berichtigt wird. Da die Bank sohin in den beiden genannten Fällen dem Verlustausgleich und damit der Berechnung der abzuführenden Kapitalertragsteuer unrichtige Werte zu Grunde gelegt hat, liegt auch insoweit ein gemäß § 97 Abs. 2 EStG korrigierbarer unrichtiger Kapitalertragsteuerabzug vor.
Anknüpfend an die auf Seite 2 der Verlustausgleichsbescheinigung dargestellten Details der KGSt aus Gewinnen und der gegenrechenbaren KGSt aus Verlusten ergeben sich aus den dargelegten Berichtigungen Einkünfte in folgender Höhe:
Da die betroffenen Kapitaleinkünfte nach Durchführung des Verlustausgleichs negativ sind, beträgt die Steuer gemäß § 27a Abs. 1 EStG für diese Einkünfte null. Die auf diese Steuer anzurechnende, von der Bank per Saldo abgezogene Kapitalertragsteuer von 2.461,14 € ist daher zur Gänze zu erstatten.
Der Bf hat in seine Einkommensteuererklärung eine Kapitalertragsteuer von 2.601,75 € eingetragen. Der Differenzbetrag von 140,61 € zu dem von der Bank abgezogenen Betrag von 2.461,14 € ergibt sich aber nur rein rechnerisch aus dem - mit den nichtselbständigen Einkünften des Bf nicht ausgleichsfähigen - Verlustüberhang und stellt keine anrechenbare Kapitalertragsteuer dar.
Zur Frage der Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zu der Frage, ob die Bestimmung des § 186 Abs. 2 Z 4 InvFG, wonach dann, wenn Kapitalertragsteuer auf Basis pauschal ermittelter ausschüttungsgleicher Erträge abgezogen wurde, der Selbstnachweis gegenüber dem Abzugsverpflichteten zu erbringen ist, einer Erstattung der Kapitalertragsteuer auf Basis des Selbstnachweises im Rahmen einer gemäß § 97 Abs. 2 EStG beantragten Veranlagung der betreffenden Kapitaleinkünfte mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 EStG entgegensteht, gibt es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb die Revision spruchgemäß zuzulassen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 186 Abs. 2 Z 4 InvFG 2011, Investmentfondsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 77/2011 § 97 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105148.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at