Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 21.12.2010, RV/3069-W/10

Keine Familienheimfahrten, wenn die Kinder bereits volljährig sind.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3069-W/10-RS1
Sind die Kinder am bisherigen Familienwohnsitz bereits volljährig und daher nicht in besonderem Maße pflege- und betreuungsbedürftig, so sind die Kosten für die Unterkunft am Beschäftigungsort und Fahrtkosten keine Werbungskosten.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., W., K.gasse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2008 erklärte die Bw. Werbungskosten aus dem Titel "doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten" in Höhe von € 7.464.-

Die Bw. ist slowakische Staatsbürgerin.

Lt. Personalausweis ist B. ihr Hauptwohnsitz.

Die Bw. ist geschieden.

Sie hat lt. Ermittlungen des Unabhängigen Finanzsenates drei Kinder, J., geb. 1985, M., geb. 1983 und P., geb. 1982.

Die Bw. arbeitet in Wien als diplomierte Krankenschwester in der Altenpflege und wohnt in X in einer Mietwohnung.

Das Finanzamt anerkannte die Werbungskosten nicht, mit der Begründung, dass deren berufliche Veranlassung nicht nachgewiesen worden sei.

Gegen den Bescheid vom wurde nach Verlängerung der Berufungsfrist mit Schriftsatz vom firstgerecht berufen. Als Begründung wurde von der Bw. vorgebracht, dass sie auch Nachtdienst habe und nicht jeden Tag nach Hause fahren könne. Da ihre Kinder im Streitjahr noch Studenten gewesen seien, habe sie die zweite Wohnung, an der sie auch ihren Wohnsitz habe, bezahlen müssen.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Daraufhin stellte die Bw. mit Schriftsatz vom den Vorlageantrag. Darin führte die Bw. aus, dass sie auf Grund des Schichtdienstes oft dienstfreie Tage habe, an denen sie nach Hause fahre, um sich um ihre Kinder zu kümmern. Die Heimfahrt nach Bratislava dauere 2,5 bis 3 Stunden. Als Nachweise legte die Bw. den Differenzzahlungsbescheid für den Bezug von Familienbeihilfe von Jänner bis September 2008 für zwei bzw. ein Kind (ab Juli), den Mietvertrag bezügl. der Wohnung in X sowie diverse Unterlage vor, aus denen hervorgeht, dass sie rechtmäßig in Österreich beschäftigt ist und bei welchen Dienstgebern.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß §16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen. Berufliche Veranlassung der mit der doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung dennoch dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann. Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektivem Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/13/0154, sowie vom , 2000/14/0207).

Die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung ist aus der Sicht des jeweiligen Streitjahres zu beurteilen (z.B. Zl. 2006/14/0038).

Der Familienwohnsitz ist grundsätzlich jener Ort, an dem der Steuerpflichtige mit seinem Ehegatten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet. Aber auch für alleinstehende oder alleinerziehende Steuerpflichtige kann sich die Unzumutbarkeit der Wohnsitzverlegung aus Umständen der privaten Lebensführung ergeben. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, können etwa die Erziehung und Betreuung minderjähriger Kinder und die Bewahrung des familiären Umfeldes für diese Kinder gewichtige Gründe darstellen, die für die Beibehaltung des Hauptwohnsitzes sprechen ( Zl. 2007/15/0297 und vom , Zl. 2006/14/0038). Der unabhängige Finanzsenat hat bereits mehrfach entschieden, dass hingegen bei volljährigen, wenn auch unterstützungsbedürftigen Kindern von keiner Ortsgebundenheit des haushaltszugehörigen Elternteiles auszugehen ist ( und ).

Die Bw. bringt vor, sie habe im Jahr 2008 in ihrem Haushalt in der Slowakei mit ihren Kindern zusammengelebt, die noch Studenten seien und für die sie Familienbeihilfe bezogen habe. Die Familienheimfahrten hätten den Zweck gehabt, sich um die Kinder zu kümmern. Dazu ist auszuführen, dass die Kinder, wie den oben angeführten Geburtsdaten zu entnehmen ist, im berufungsgegenständlichen Zeitraum bereits volljährig waren. Mag die Bw. sie auch finanziell unterstützt haben und für sie Familienbeihilfe bezogen haben, so ist davon auszugehen, dass die volljährigen Kinder nicht in einem Umfang pflege- und betreuungsbedürftig waren, der die Bw. dazu veranlassen musste den Familienwohnsitz im Interesse des Kindeswohles an ihrem bisherigen Wohnsitz beizubehalten.

Die Kosten für die Unterkunft in X und die Fahrtkosten sind daher als Kosten der privaten Lebensführung zu qualifizieren, weil sie der persönlichen Vorliebe der Bw. entspringen, an ihren freien Tagen nach B. zu fahren und sind daher nicht als Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1988 abzugsfähig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at