Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 27.02.2009, RV/0151-L/09

Kein Freibetrag für investierte Gewinne bei Basispauschalierung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (in der Folge kurz Bw.) ist Arzt und neben seiner Tätigkeit als Angestellter des Landes OÖ auch selbständig im Gesundheitswesen tätig und ermittelte in der Einkommensteuererklärung für das streitgegenständliche Veranlagungsjahr 2007 seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit hieraus nach dem USt-Bruttosystem unter Beanspruchung der Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 im Wesentlichen wie folgt:


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Betriebseinnahmen
22.342,23 €
Basispauschalierung 12 % der Betriebseinnahmen
2.681,07
Sozialversicherungsbeiträge
834,75
Gesamtbetrag
- 3.515,82 €
18.826,41 €
Freibetrag für investierte Gewinne § 10 von Wertpapier
- 1.882,64 €
Einkünfte aus selbständiger Arbeit
16.943,77 €

Mit Bescheid vom veranlagte das Finanzamt den Bw. hingegen mit Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 18.826,41 € zur Einkommensteuer für das Jahr 2007 und begründete dies damit, dass bei Inanspruchnahme der gesetzlichen Basispauschalierung (§ 17 Abs. 1 EStG) kein Freibetrag für investierte Gewinne zustehe.

Mit Schriftsatz vom erhob der Abgabepflichtige Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007, beantragte den Freibetrag für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG 1988 in Höhe von 1.882,64 € in voller Höhe gewinnmindernd zu berücksichtigen sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und begründete dies wie folgt:

"Gemäß § 10 EStG können natürliche Personen, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, durch Investitionen in begünstigte Wirtschaftsgüter bzw. Wertpapiere einen Freibetrag in der Höhe von 10 % des Gewinnes, höchstens jedoch 100.000,00 € pro Kalenderjahr, gewinnmindernd geltend machen.

Nach den ErlRV zum neuen § 10 EStG war die Zielsetzung des Gesetzgebers, die über 300.000,00 € Einnahmen-Ausgaben-Rechner in Österreich durch Gewährung dieses Freibetrages zu stärken. Adressaten der Regelung sind daher Klein- und Mittelunternehmer. Durch die Steuerfreistellung eines Gewinnteiles sollten mehr Geldmittel zur Verfügung stehen, um damit wiederum vermehrt zu investieren.

Das Gesetz konzentriert sich auf einen Typus Steuerpflichtigen mit der für ihn typischen Gewinnermittlungsart Einnahmen-Ausgaben-Rechnung. Dem Gesetzgeber war damit bewusst, dass in diesem Bereich viele von der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung in Form der verschiedenen Pauschalierungsmöglichkeiten Gebrauch machen. Pauschale Gewinnermittlungsarten werden dabei von der Bestimmung ex lege nicht ausgeklammert.

Es ist also davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Eigenkapitalsstärkung der Einnahmen-Ausgaben-Rechner bewirken wollte. Dazu zählen unbestritten auch jene Kleinstunternehmer, die ihre Betriebsausgaben pauschal ermitteln.

Rechtsgrundlage für die diversen Pauschalierungsformen bilden die Bestimmungen des § 17 Abs. 1 (Basispauschalierung) bzw. § 17 Abs. 4 und 5 EStG (Voll- und Teilpauschalierungen nach Durchschnittssätzen auf Verordnungsbasis).

"Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 EStG können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden." § 17 Abs. 1 EStG geht eindeutig von einer Gewinnermittlung im Rahmen des § 4 Abs. 3 EStG aus. Die gesetzliche Betriebsausgabenpauschalierung des § 17 Abs. 1-3 EStG stellt sowohl nach h. M. (vgl. Doralt, EStG, § 17 Rz. 26), als auch nach Verwaltungsmeinung (vgl. EStR 2000, Rz. 4107), eine Form der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG dar. Im Bereich der Basispauschalierung ist daher von einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG auszugehen. Daher ist diese Anwendungsvoraussetzung des § 10 EStG ist in jedem Fall erfüllt.

Im Bereich des § 17 Abs. 5 EStG können, mangels anders lautender Regelungen und in der Folge unter Rückgriff auf die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften, Betriebsausgaben oder Betriebsausgabenteile nur mittels Durchschnittssätzen festgelegt werden. Da Durchschnittssätze im betrieblichen Bereich nur auf Basis des § 4 Abs. 3 EStG möglich sind, kann daher ebenso nur auf diese Gewinnermittlungsart zurückgegriffen werden. Dies spricht deutlich dafür, dass § 17 EStG im Bereich der Teilpauschalierungen keine eigenständigen Gewinnermittlungsvorschriften schafft, womit auch hier die Anwendungsvoraussetzungen des § 10 EStG gegeben sind.

Zudem ist der Freibetrag für investierte Gewinne keine Betriebsausgabe, sondern handelt es sich vielmehr um eine Investitionsbegünstigung: Vorausgesetzt werden neben einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Investitionen in begünstigte abnutzbare Sachanlagen oder in bestimmte Wertpapiere und deren Halten im Betriebsvermögen während der vierjährigen Behaltedauer. Die Begünstigung von Investitionen als erfolgsneutrale Vermögensumschichtungen zeigt die Wesensunterschiede des Freibetrages für investierte Gewinne einerseits und von Betriebsausgaben andererseits: Bei Sachanlagen beginnt die AfA im Regelfall mit der tatsächlichen Nutzung und somit möglicherweise erst im Folgejahr. Wird nur in begünstigte Wertpapiere investiert, greift die AfA nicht. Der Gesetzgeber begünstigt somit Investitionen ohne Rücksicht auf Betriebsausgaben aus dieser Investition (vgl. Beiser in SWK 33/2006; Freibetrag für investierte Gewinne trotz Pauschalierung).

Begünstigt der Freibetrag für investierte Gewinne also auch "betriebsausgabenfreie" Investitionen durch den begünstigten Aufbau von Wertpapierreserven, so schließt dies teleologisch eine Unvereinbarkeit des Freibetrages für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG mit Betriebsausgabenpauschalen aus. Entscheidend ist, dass eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vorliegt. Das führt zu der Schlussfolgerung der Freibetrag für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG ist keine Betriebsausgabe, sondern eine Investitionsbegünstigung. Das ergibt nicht nur der Umstand der Deckelung mit 10 % des Gewinnes, der an den nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinn anknüpft, und somit nicht Teil pauschalierter Betriebsausgaben sein kann.

Vielmehr zeichnet auch der Gesetzeswortlaut den Freibetrag für investierte Gewinne als Investitionsbegünstigung in der Bezeichnung der gesetzlichen Überschrift zu § 10 EStG, der Anknüpfung an Investitionen in Form einer Anschaffung oder Herstellung von Sach- oder Finanzanlagen einer ausdrücklich definierten Qualität und der vierjährigen Mindestbehaltedauer unter der Sanktion einer Nachversteuerung. Dass der Freibetrag für investierte Gewinne nach § 10 EStG 1988 ebenso wie der frühere Investitionsfreibetrag durch die Minderung des steuerpflichtigen Gewinnes wie eine fiktive Betriebsausgabe wirkt, ist bereits Teil der Rechtsfolgen einer solchen Investitionsbegünstigung und ändert an der Qualität als Investitionsbegünstigung nichts. Beim früheren Investitionsfreibetrag ist die Qualität einer Investitionsbegünstigung durch die Wirkung wie eine fiktive Betriebsausgabe ebenso nicht zweifelhaft gewesen. Für den Freibetrag für investierte Gewinne ist die zwingende Verknüpfung mit Investitionen in Sach- oder Finanzanlagen einer bestimmten Qualität und mit einer vierjährigen Behaltedauer ebenso strikt vorgegeben (§ 10 Abs. 3, 4 und 5 EStG; vgl. Beiser in SWK 28/2008; Freibetrag für investierte Gewinne und Pauschalierungen).

Echte Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG mindern den Gewinn zwingend. "Liebhaberei" kann nicht durch beliebiges Außerachtlassen von Betriebsausgaben vermieden werden. Ein Wahlrecht der Steuerpflichtigen ist mit einer Investitionsbegünstigung zu vereinbaren, mit einer Betriebsausgabe iSd. § 4 Abs. 4 erster Satz EStG dagegen nicht (und ebenso nicht mit Werbungskosten iSd. § 16 Abs. 1 erster Satz EStG). § 4 Abs. 4 Z 4, 4a und 4b EStG begünstigt ein bestimmtes Verhalten der Steuerpflichtigen durch fiktive Betriebsausgaben und somit durch eine Ertragsteuerverschonung = Steuersubvention. Echte Betriebsausgaben iSd. § 4 Abs. 4 erster Satz EStG liegen auch insoweit nicht vor.

Aus der Systematik des Gesetzes ist belegend weiter anzuführen, dass echte Betriebsausgaben iSd. § 4 Abs. 4 erster Satz EStG den Gewinn zwingend mindern. Betriebsausgaben sind von den Betriebseinnahmen abzuziehen. Ein Wahlrecht der Steuerpflichtigen besteht hinsichtlich des Abzuges von Betriebsausgaben iSd. § 4 Abs. 4 erster Satz EStG nicht. Die Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG sind bereits abgezogen worden, bevor das relative Maximum in Höhe von 10 % des Gewinnes nach § 10 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 zu ermitteln ist. Zudem stimmt die Stellung im Gesetz exakt mit der früheren Stellung des Investitionsfreibetrages überein. Diese Stellung entspricht also in ihrer Positionierung exakt einer klassischen Investitionsbegünstigung.

Nach dem Gesetzeszweck verfolgen Betriebsausgaben das Ziel den tatsächlichen Aufwand durch eine vereinfachte Ermittlungsform zu erheben. Investitionsbegünstigungen zielen auf die Förderung bestimmter Investitionen. Der Freibetrag für investierte Gewinne ist in Relation zum Basispauschale nach § 17 EStG in Höhe von 6 oder 12 % der Umsatzerlöse von zu großem Gewicht, um in diesen Pauschalien Platz zu finden.

Der Freibetrag für investierte Gewinne zielt darauf ab, Investitionen in abnutzbare Anlagegüter oder in Finanzanlagen auszulösen. Die Basispauschalierung nach § 17 EStG zielt darauf ab, bestimmte tatsächliche Aufwendungen im Sinn einer Verwaltungsvereinfachung pauschal statt durch Einzelbelege und Einzelaufzeichnungen exakt zu ermitteln. Der Gesetzeszweck einer Investitionsbegünstigung nach § 10 EStG 1988 in Form eines Freibetrages für investierte Gewinne steht einer Pauschalierung entgegen, weil der Freibetrag für investierte Gewinne von einer Willensentscheidung der Steuerpflichtigen abhängt, in Relation zu den Basispauschalien in Höhe von 6 oder 12 % der Umsatzerlöse ein zu großes Gewicht hat, und weil Betriebsausgabenpauschalien den tatsächlichen Aufwand abgelten, während der Freibetrag für investierte Gewinne Investitionen in Sach- oder Finanzanlagen auslösen will und eine Pauschalierung diesen Investitionsanreiz zunichte machen würde. Eine Pauschalierung würde den Anreiz zu den vom Gesetz erwünschten Investitionen vernichten. Eine Kontrolle der vierjährigen Mindestbehaltedauer wäre außerdem nicht möglich.

Zielführend argumentiert Beiser die Inanspruchnahme des Freibetrages investierter Gewinne und Pauschalierung durch die Berücksichtigung des Sachlichkeitsgebotes nach Art. 7 B-VG. Aufgrund der Wahlmöglichkeit der Inanspruchnahme des Freibetrages für investierte Gewinne. Sofern ein Steuerpflichtiger in begünstige Anlagen investieren möchte, während ein anderer vergleichbarer Steuerpflichtiger dies nicht möchte, wäre es sachwidrig anzunehmen, bei einem beinhalte die Betriebsausgabenpauschale einen Freibetrag für investierte Gewinne, beim anderen dagegen nicht.

Eine Erstreckung von Betriebsausgabenpauschalien auf den Freibetrag für investierte Gewinne würde letzten Endes den angestrebten Investitionsanreiz vernichten und eine Möglichkeit der Kontrolle der Mindestbehaltedauer unmöglich machen.

Ergebnisgleich argumentiert dazu auch Mag. Michael Hödl (vgl. SWK 09/2008; FBiG versus pauschale Gewinnermittlung - oder doch beides?) weiter zutreffend, dass der Freibetrag für investierte Gewinne keine fiktive Betriebsausgabe sein kann. Bei § 10 EStG handelt es sich um eine Bestimmung, die einen Teil des Gewinnes steuerfrei stellt, weshalb der Freibetrag für investierte Gewinne bei allen Formen von Betriebsausgabenpauschalierungen gewinnmindernd zu berücksichtigen ist.

Die materiellen Voraussetzungen für eine gewinnmindernde Inanspruchnahme des Freibetrages für investierte Gewinne nach § 10 EStG sind erfüllt und wurden seitens der entscheidenden Behörde auch nicht bestritten. In ihrer Begründung hat die zuständige Behörde eine Zulässigkeit des Freibetrages für investierte Gewinne lediglich bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung verneint.

Nachdem die Inanspruchnahme einer Basispauschalierung der Anwendung des Freibetrages für investierte Gewinne gemäß § 10 EStG nicht entgegensteht, ist dem Berufungswerber der geltend gemachte Freibetrag investierter Gewinne in der ausgewiesenen Höhe bei der Ermittlung des Einkommens im Jahr 2007 in voller Höhe gewinnmindernd zuzuerkennen."

Nach Anberaumung der mündlichen Berufungsverhandlung zog der Bw. den diesbezüglichen Antrag am zurück.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im § 10 Einkommensteuergesetz, BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. I Nr. 99/2007 wie folgt geregelt:

§ 10. (1) Natürliche Personen, die den Gewinn eines Betriebes gemäß § 4 Abs. 3 ermitteln, können bei der Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren körperlichen Anlagegütern oder von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10 % des Gewinnes, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), höchstens jedoch 100 000 Euro gewinnmindernd geltend machen. Der Höchstbetrag von 100 000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr nur einmal zu. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden und ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) wird dadurch nicht berührt.

(2) Bei Gesellschaften, ...

(3) Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, in dem 1. im Falle der Anschaffung oder Herstellung abnutzbarer Anlagegüter diese

a) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von mindestens vier Jahren haben und

b) in einer Betriebsstätte im Inland oder im übrigen EU/EWR-Raum verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne von § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend außerhalb des EU/EWR-Raumes eingesetzt werden, nicht als in einer Betriebsstätte im EU/EWR-Raum verwendet.

2. im Falle der Anschaffung von Wertpapieren gemäß § 14 Abs. 7 Z 4 diese dem Anlagevermögen ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden, vorbehaltlich Abs. 5 Z 2.

(4) Für folgende Wirtschaftsgüter kann ein Freibetrag für investierte Gewinne nicht gewinnmindernd geltend gemacht werden:

- Gebäude und Herstellungsaufwendungen eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten auf ein Gebäude.

- Personen- und Kombinationskraftfahrzeuge, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % der gewerblichen Personenbeförderung dienen.

- Luftfahrzeuge.

- Geringwertige Wirtschaftgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.

- Gebrauchte Wirtschaftsgüter.

- Wirtschaftsgüter, die von einem Unternehmen erworben werden, das unter beherrschendem Einfluss des Steuerpflichtigen steht.

- Wirtschaftsgüter, für die der Forschungsfreibetrag gemäß § 4 Abs. 4 Z 4 oder Z 4b oder die Forschungsprämie gemäß § 108c in Anspruch genommen wurde.

(5) Scheiden Wirtschaftsgüter, für die der Freibetrag für investierte Gewinne geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen aus oder werden in eine Betriebsstätte außerhalb des EU/EWR-Raumes verbracht, gilt Folgendes: ...

(6) Im Falle der Übertragung eines Betriebes ist ...

(7) Voraussetzungen für die Geltendmachung des Freibetrages für investierte Gewinne sind:

1. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird in der Steuererklärung an der dafür vorgesehenen Stelle getrennt hinsichtlich körperlicher Wirtschaftsgüter und Wertpapiere ausgewiesen. Eine Berichtigung einer unrichtigen oder unterlassenen Eintragung ist bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer oder Feststellungsbescheides (§ 188 der Bundesabgabenordnung) möglich.

2. Der Freibetrag für investierte Gewinne wird im Anlageverzeichnis (§ 7 Abs. 3) bei den jeweiligen Wirtschaftsgütern ausgewiesen. Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4, für die ein Freibetrag in Anspruch genommen wird, sind in ein gesondertes Verzeichnis aufzunehmen, das der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen ist.

Im gegenständlichen Fall ist allein die Rechtsfrage strittig, ob der vom Bw. geltend gemachte Freibetrag für investierte Gewinne von dem von ihm im Rahmen der Basispauschalierung ermittelten Gewinn abgezogen werden kann, was das Finanzamt verneint.

Die so genannte Basispauschalierung wird in den Absätzen 1 bis 4 des mit der Überschrift "Durchschnittssätze" versehenen § 17 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 100/2006 wie folgt geregelt:

§ 17. (1) Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt

- bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6%, höchstens jedoch 13 200 €,

- sonst 12%, höchstens jedoch 26 400 €,

der Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung.

Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: Ausgaben für den Eingang an Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen sind oder einzutragen wären, sowie Ausgaben für Löhne (einschließlich Lohnnebenkosten) und für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden, weiters Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1.

§ 4 Abs. 3 vorletzter Satz ist anzuwenden.

(2) Die Anwendung des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 setzt voraus, dass

1. keine Buchführungspflicht besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 ermöglichen,

2. die Umsätze im Sinne des § 125 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung des vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht mehr als 220 000 Euro betragen,

3. aus der Steuererklärung hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht.

(3) Geht der Steuerpflichtige von der Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 auf die Geltendmachung der Betriebsausgaben nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften über, so ist eine erneute Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 frühestens nach Ablauf von fünf Wirtschaftsjahren zulässig.

Aus dem ersten Satz des eben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 ergibt sich zweifelsfrei, dass der Gesetzgeber die Basispauschalierung ausdrücklich als Möglichkeit der "Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3" mit Pauschalierung der Betriebsausgaben anbietet. Demnach kommt die Gewährung des Freibetrages für investierte Gewinne nach dem Wortlaut des oben zitierten § 10 EStG 1988 in Betracht. Diese Begünstigung für Einnahmen-Ausgaben-Rechner soll der Stärkung der kleinen und mittleren Unternehmen durch Freistellung von 10% des Gewinnes (gedeckelt mit 100.000,00 €) dienen.

Der vorletzte Satz des oben zitierten § 17 Abs. 1 EStG 1988 lässt neben dem Betriebsausgabenpauschale von 12 bzw. 6 % nur die Absetzung der dort taxativ aufgezählten Ausgaben als Betriebsausgaben zu ("Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: ..."). Der Freibetrag für investierte Gewinne stellt zweifellos keine Ausgabe für Löhne, Fremdlöhne oder Sozialversicherungsbeiträge dar. Der vom Bw. im gegenständlichen Fall für den Kauf des Wertpapiers aufgewendete Betrag ist auch keine "Ausgabe für den Eingang an Waren, ..., die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen wären. Im Wareneingangsbuch nach § 128 BAO ist nämlich nur der Erwerb zur Weiterveräußerung bestimmter Waren zu erfassen. Der Freibetrag für investierte Gewinne kann jedoch nur für den Erwerb (Herstellung) von Anlagevermögen geltend gemacht werden.

Für die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ist demnach entscheidend, ob der nach § 10 EStG 1988 von der Einkommensteuer freigestellte Freibetrag für investierte Gewinne als (sonstige) Betriebsausgabe iSd § 17 Abs. 1 EStG 1988 anzusehen ist.

§ 4 Abs. 1, 3 und 4 EStG 1988 enthalten zur Gewinnermittlung folgende Aussagen: (1) Gewinn ist der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. ...

(3) Der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben darf dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. ...

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls:

...

4. Ein Forschungsfreibetrag in Höhe von 25% für Aufwendungen (Ausgaben) zur Forschung und experimentellen Entwicklung, ...

...

8. und 10. Ein Bildungsfreibetrag von höchstens 20% der Aufwendungen, ...

Im Zuge der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 werden demnach nicht nur tatsächliche Ausgaben als Betriebsausgaben gewinnmindernd abgesetzt, sondern auch durch den Gesetzgeber als steuerliche Begünstigung zuerkannte Freibeträge (Bildungsfreibetrag, Forschungsfreibetrag, Lehrlingsfreibetrag gemäß § 124b Z 31 EStG 1988). Diese rein rechnerischen Größen und als "fiktive Betriebsausgaben" bezeichneten Beträge stellen zweifellos ebenfalls Betriebsausgaben iSd § 4 Abs. 3 EStG 1988 und folglich auch des § 17 Abs. 1 EStG 1988 dar. Die Qualifikation des zuletzt genannten Lehrlingsfreibetrages nach § 124b Z 31 EStG 1988 als fiktive Betriebsausgabe hat jüngst der Verwaltungsgerichtshof bestätigt ().

Dem möglichen Argument, der Freibetrag für investierte Gewinne könne schon deshalb keine fiktive Betriebsausgabe sein, weil das Gesetz ihn nicht als Betriebsausgabe definiere, ist entgegen zu halten, dass § 4 Abs. 4 EStG 1988 auf Grund der Formulierung "Betriebsausgaben sind jedenfalls...." lediglich eine demonstrative und keine taxative Aufzählung der Betriebsausgaben enthält.

Es bleibt daher die Frage übrig, ob auch der Freibetrag für investierte Gewinne eine derartige fiktive Betriebsausgabe darstellt. Die oben genannten Freibeträge für Forschung und Bildung vermitteln zusätzliche fiktive Betriebsausgaben, die rechnerisch durch Anwendung eines Prozentsatzes auf tatsächliche Aufwendungen ermittelt werden. Der oben erwähnte Lehrlingsfreibetrag war hingegen mit 1.460,00 € betraglich fixiert.

Die Begünstigungsbestimmung des § 10 EStG 1988 (Fettdruck durch die Berufungsbehörde) spricht im ersten Absatz (vgl. Abs. 4) hingegen von der Möglichkeit ("können") "...einen Freibetrag für investierte Gewinne bis zu 10% des Gewinnes, ...gewinnmindernd geltend machen." bzw. im dritten Absatz "Der Freibetrag für investierte Gewinne kann nur zu Lasten des Gewinnes jenes Betriebes geltend gemacht werden, ...". Aus diesen Formulierungen ergibt sich, dass zunächst der vorläufige Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu ermitteln ist. Von diesem Zwischenwert können über Antrag dann noch maximal 10% abgezogen werden. Nach Ansicht der Berufungsbehörde stellt diese letzte Abzugspost funktionell ebenfalls eine fiktive Betriebsausgabe dar. Diese Rechtsauffassung teilen auch Zorn (in Hofstätter-Reichel, § 10 Tz 2), nach dessen eindeutiger Formulierung "Dieser FBiG stellt eine fiktive Betriebsausgabe dar, die zusätzlich gewinnmindernd berücksichtigt wird." und Heinrich, in Doralt/Heinrich, EStG, §10 Tz 16: "Aufwandseitige Freibeträge, die zum Zwecke der Investitionsförderung gewährt werden, stellen Betriebsausgaben dar ..." (vgl. ).

Damit erweist sich die vom Bw. vertretene Rechtsansicht, der Freibetrag für investierte Gewinne sei nur eine Investitionsbegünstigung und keine Betriebsausgabe, als verfehlt und das Begehren des Bw. als unberechtigt.

Dass bei Inanspruchnahme der Basispauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 kein Freibetrag für investierte Gewinn gemäß § 10 EStG 1988 zusteht, wird auch überwiegend von der Fachliteratur vertreten (Jakom/Kanduth-Kristen EStG § 10 Rz 8, Zorn, aaO. § 10 Tz 3; Heinrich, aaO, §10 Tz 14, Atzmüller in, SWK 2006, S 864).

Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist auch aus der Textierung des § 17 Abs. 1 EStG 1988 die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, neben den pauschalierten Betriebsausgaben nur die dort taxativ aufgezählten Ausgaben als Gewinn mindernde Posten zuzulassen (vgl. ). Das Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 12% bzw. 6% der Umsätze nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 übersteigt meist die Erfahrungswerte und wirkt dann wie eine undifferenzierte Steuerbegünstigung (Doralt, aaO, §17 Tz 5).

Der Bw. argumentiert mit dem Sinn der Bestimmung des § 10 EStG, verkennt bzw. übersieht dabei jedoch die oben dargestellten Grenzen der Basispauschalierung nach § 17 EStG 1988. Dem Argument des Bw., die Erstreckung der Betriebsausgabenpauschalierungen auf Freibeträge für investierte Gewinne würde den vom Gesetz angestrebten Investitionsanreiz vernichten und eine Kontrolle der Mindestbehaltefrist unmöglich machen, wird entgegnet:

Diese Behauptung trifft nicht auf alle Betriebsausgabenpauschalierungen, sondern nur auf jene zu, die neben dem Betriebsausgabenpauschale nur einen Katalog taxativ aufgezählter Betriebsausgaben zulassen. So ist z.B. entsprechend der anderen Konzeption der Freibetrag für investierte Gewinne bei Beanspruchung der Handelsvertreterpauschalierung nach BGBl. II 95/2000 zulässig. Die Kontrolle einer Mindestbehaltefrist erübrigt sich im gegenständlichen Fall durch die Unvereinbarkeit des Freibetrages für investierte Gewinne mit der vom Bw. freiwillig gewählten Basispauschalierung. Letzterer Umstand führt nach Ansicht der Berufungsbehörde auch dazu, dass die Versagung des Freibetrages für investierte Gewinne hier sachlich gerechtfertigt und entgegen der Rechtsansicht des Bw. sehr wohl mit dem von ihm ins Treffen geführten Gleichheitssatz (Art. 7 B-VG) im Einklang steht:

Vertritt der Gewinnermittler nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 die Auffassung, dass eine Gewinnermittlung durch Basispauschalierung nach § 17 EStG 1988 gesamthaft für ihn günstiger ist, hat er die Wahlmöglichkeit, zu dieser oben dargestellten Sonderform der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung überzugehen. Macht ein Steuerpflichtiger von einem derartigen Wahlrecht Gebrauch, muss er dann auch Nachteile in Kauf nehmen, die mit diesem System verbunden sind. Zu diesen Nachteilen gehört die Unmöglichkeit zusätzlicher Betriebsausgaben neben den taxativ aufgezählten und der Betriebsausgabenpauschale des § 17 EStG 1988. Ein derartiger Nachteil ist bei einer Gesamtschau in Ansehung der Vorteile der Basispauschalierung verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. das Erkenntnis des , betreffend den Ausschluss des Einnahmen-Ausgaben-Rechners nach § 4 Abs. 3 EStG vom Verlustabzug, da er ja freiwillig den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln könnte).

Der Bw. hätte bei (normaler) Ermittlung seines Gewinnes nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 (Verzicht auf die Basispauschalierung) den Freibetrag für investierte Gewinne lukrieren können. Die vom Bw. angestrebte kumulative Beanspruchung beider Begünstigungen - Basispauschalierung und Freibetrag für investierte Gewinne - scheint mit dem das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit (vgl. Doralt/Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, Band I, 9. Auflage, S 17 Rz 22) auch nicht mehr vereinbar.

Aus all diesen Gründen konnte der Berufung kein Erfolg beschieden sein.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at