Alleinerzieherabsetzbetrag: Lebensgemeinschaft, ohne Unterhalt für die Kinder des Partners zu leisten
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw.) beantragte mit Antrag vom die Erstattung des Alleinerzieherabsetzbetrages für das Jahr 2008. Betreffend ihren "Familienstand am (Bitte nur ein Kästchen ankreuzen)" kreuzte die Bw. "geschieden seit 04.1996" an. Bezüglich der Anzahl der Kinder, für die 2008 für mindestens sieben Monate die Familienbeihilfe [durch AntragstellerIn oder (Ehe)PartnerIn] bezogen wurde, wurde die Anzahl mit 3 Kinder angegeben. Unter der Rubrik: Einkünfte im Kalenderjahr 2008 wurde angekreuzt: Ich hatte keine steuerpflichtigen Einkünfte.
Das Finanzamt wies den Antrag mit folgender Begründung ab: "Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht bei Personen, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, nur dann zu, wenn diese Partnerschaft im Kalenderjahr länger als sechs Monate besteht und einer der Partner für mindestens ein Kind mehr als sechs Monate Familienbeihilfe bezieht. Da diese Voraussetzungen bei Ihnen nicht gegeben sind, kann der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden.
Das Rechtsmittel der Berufung wurde mit der Begründung eingebracht, die Bw. habe den Alleinerzieherabsetzbetrag für 2008 beantragt und nicht den Alleinverdienerabsetzbetrag.
Wie im Formular E5 bereits angegeben, sei die Bw. Alleinerzieherin und beziehe für ihre drei Kinder Familienbeihilfe.
Daher ersuche die Bw. um Überweisung des Alleinerzieherabsetzbetrages für 2008 auf ihr Konto.
Das Finanzamt erließ nach Vornahme von Abfragen aus dem Zentralen Melderegister nachfolgende abweisende Berufungsvorentscheidung:
"Gem. § 33 (4) Z 1 und 2 EStG 1988 haben Sie weder Anspruch auf die Auszahlung des Alleinverdiener- noch des Alleinerzieherabsetzbetrages.
Sie erklären in der Berufung, den Alleinverdienerabsetzbetrag gem. § 33 (4) Z 1 EStG 1988 nicht in Anspruch nehmen zu wollen, erheben jedoch Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag gem. § 33 (4) Z 2 leg.cit.
Dieser gesetzlichen Bestimmung zufolge ist ein Steuerpflichtiger dann Alleinerzieher, wenn er mit mindestens einem Kind im Sinn des § 106 (1) leg.cit. nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt. Aus den Daten des Zentralen Melderegisters geht hervor, dass Sie zumindest seit dem in Partnerschaft mit Herrn F..., leben. Selbst wenn keine aufrechte Ehe bestehen sollte, ist von einer Partnerbeziehung auszugehen, die während des ganzen Veranlagungszeitraumes (= Kalenderjahr 2008) bestanden hat.
Somit besteht kein Anspruch auf den in Rede stehenden Absetzbetrag."
Im Vorlageantrag wurde die Begründung dahingehend ergänzt, es sei richtig, dass Herr F. in der Wohnung (der Wohnanschrift der Bw.) gemeldet ist.
Er sei jedoch nur zwei Tage in der Woche in Wien und lebe sonst in seiner Eigentumswohnung in S.
Herr F. leiste keinen Beitrag zum Haushaltseinkommen, das heiße, die Bw. sei mit ihren drei Kindern alleinerziehend.
Die Bw. hoffe, dass durch diese Erklärung der Alleinerzieherabsetzbetrag und Mehrkindzuschlag auf ihr Konto überwiesen werden kann.
In der Folge legte das Finanzamt die Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz vor. Der Streitpunkt wurde bezeichnet wie folgt: Alleinerzieherabsetzbetrag - die Antragstellerin bestreitet die Lebensgemeinschaft mit ihrem Partner.
Die Bw. richtete nachstehende "Vorlagebericht - Richtigstellung" an die Abgabenbehörde zweiter Instanz: "... ich habe heute, , den Vorlagebericht meiner Berufung erhalten und möchte hiermit folgendes richtigstellen: Unter Streitpunkt steht: "die die Antragstellerin bestreitet die Lebensgemeinschaft mit ihrem Partner." Diese Formulierung ist falsch, und das habe ich in meiner Berufung auch nicht so angegeben. Sondern: Ich lebe zwar in einer Lebensgemeinschaft mit Herrn F..., aber da er keinen Beitrag zum Unterhalt meiner Kinder leistet, bin ich der Ansicht, dass mir der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht. Ich ersuche Sie den Streitpunkt also zu korrigieren."
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in der Fassung StReformG 2005, BGBl. I 2004/57, steht zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen nachfolgender Absetzbetrag zu:
Einem Alleinerzieher steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich - bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro, - bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro. Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerzieher ist ein Steuerpflichtiger, der mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt.
Gemäß § 106 Abs. 3 EStG 1988 ist (Ehe)Partner eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit der er mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt.
In seiner Entscheidung vom , RV/0008-I/05, führte der unabhängige Finanzsenat aus: Das Finanzamt hat das Zusammenleben der Bw. mit Herrn K. als eheähnliche Gemeinschaft gewertet. Den diesbezüglichen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung, die insoweit als Vorhalt zu werten sind, hat die Bw. nichts mehr entgegengehalten. Vielmehr bringt die Bw. nunmehr vor, dass ihr Freund keinerlei Unterhalt oder Zuwendungen leiste, da er nicht der Vater sei. Den Unterhalt für sich und ihre Tochter bestreite sie ganz allein, weshalb ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag zustehen müsse.
Damit verkennt die Bw. die Rechtslage, wenngleich einzuräumen ist, dass man aufgrund des Einleitungssatzes des § 33 Abs. 4 EStG "zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen" zum Schluss gelangen könnte, dass durch den Alleinerhalterabsetzbetrag Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind abgegolten werden.
Aus den diversen Gesetzesmaterialien und erläuternden Bemerkungen zum sog. Familienbesteuerungsgesetz 1992, BGBl. 312, mit welchem die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen seit neu geregelt wurde, geht jedoch hervor, dass die Unterhaltsleistungen für ein Kind durch Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag abgegolten sind. Dies ergibt sich auch explizit aus § 34 Abs. 7 EStG (im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Belastungen), wonach Unterhaltsleistungen für haushaltszugehörige Kinder durch die Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag abgegolten sind. Daher kann der Alleinerhalterabsetzbetrag nicht den Kindesunterhalt betreffen.
Diesem irreführenden Einleitungssatz, der laut Ruppe (vgl. RdW 1992, 412) als reine Zweckbestimmung bzw. als Erklärung des Gesetzgebers zu sehen sei und nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre, kommt keine normative Bedeutung zu. Die Anspruchsvoraussetzungen für den Alleinerzieherabsetzbetrag sind vielmehr in Z 2 iVm mit Z 3 und § 106 klar und deutlich geregelt. Demnach steht der Alleinerhalterabsetzbetrag zu, wenn dem Steuerpflichtigen für mindestens ein Kind mehr als 6 Monate im Jahr ein Kinderabsetzbetrag zusteht und dieser tatsächlich alleinerziehend ist, d. h. nicht in Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt.
Laut den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (siehe SWK 1992, T 27) sollte durch den Alleinverdienerabsetzbetrag die finanzielle Lage von Alleinerziehern verbessert werden. Den Alleinerhalterabsetzbetrag erhält ein Steuerpflichtiger somit nicht, weil er zu Unterhalt verpflichtet ist, sondern weil die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person, die alleinstehend Kinder aufzuziehen hat, geringer ist, als die einer Person, der ein Partner zur Seite steht. Offensichtlich und wohl auch zu Recht geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich durch eine Lebensgemeinschaft die finanzielle Lage von Alleinerziehern verbessert. Diesen grundsätzlichen Überlegungen des Gesetzgebers entsprechend, würde der Bw. andererseits auch der Alleinverdienerabsetzbetrag zustehen, wenn ihr Lebensgefährte unter der Einkunftsgrenze des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG bliebe. Ebenso stünde dem Partner der Bw. der Alleinverdienerabsetzbetrag zu, sofern die Bw. Einkünfte von höchstens 4.400 € (60.000 öS) jährlich erzielte. Dabei bliebe steuerfreies Arbeitslosengeld (wie von der Bw. etwa 2003 bezogen) bei der Berechnung des Grenzbetrages außer Ansatz. In allen Fällen kommt es nicht darauf an, ob das Kind ein gemeinsames Kind ist.
In typisierender Betrachtungsweise ist im streitgegenständlichen Fall daher davon auszugehen, dass sich durch das Zusammenleben mit ihrem Freund allein schon durch gewisse Synergieeffekte eine Gesamtersparnis ergibt, die letztlich allen Beteiligten zu gute kommt. Die Bw. ist somit objektiv gesehen nicht Alleinerzieherin im Sinne der einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen, auch wenn ihre Tochter tatsächlich keine Direktunterstützungen seitens des Lebensgefährten erhält und sich daher die Bw. subjektiv als Alleinerzieherin betrachtet.
In seiner Entscheidung vom , RV/0319-G/07, führte der unabhängige Finanzsenat aus: Ob sich der Lebensgefährte an der Erziehung der Kinder oder an deren Unterhaltskosten beteiligt hat, ist, wie dargestellt, bei beiden Absetzbeträgen für den Anspruch ohne Bedeutung. Ebenso wenig verhindert die durch die besonderen Umstände der Berufstätigkeit des Lebensgefährten zeitlich beschränkte, gemeinsame Haushaltsführung das Vorliegen einer nicht ehelichen, anderen Partnerschaft im Sinne des § 33 Abs. 4 Z.1 EStG, zumal derartige Verhältnisse auf eine Vielzahl ehelicher Lebensgemeinschaften in gleicher Weise zutreffen.
In seiner Entscheidung vom , RV/2000-W/04, führte der unabhängige Finanzsenat aus: In typisierender Betrachtungsweise ist im streitgegenständlichen Fall daher davon auszugehen, dass sich durch das Zusammenleben mit dem Partner allein schon durch gewisse Synergieeffekte (Hausarbeit, Einkauf, gemeinsame Finanzierung des Hauses, gemeinsame Anschaffung von Wirtschaftsgütern (Küche) oder gemeinsame Nutzung von Wirtschaftsgütern (Wohnzimmer, Ankleide, HiFi-Geräte) eine Gesamtersparnis ergibt, die letztlich allen Beteiligten zugute kommt. Die Bw. ist somit objektiv gesehen nicht Alleinerzieherin im Sinne der einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen, auch wenn ihre Tochter keine Direktunterstützungen seitens des Partners erhält und sich die Bw. subjektiv als Alleinerzieherin betrachtet (vgl. UFSaktuell 2005, 241 RV/008-I/05-RS1).
Auf Basis des oben wiedergegebenen Akteninhaltes und der Behördenabfrage aus dem Zentralen Melderegister steht folgender unstrittige Sachverhalt fest: Die Bw. lebte mit ihren drei Kindern und Herrn F., der nicht der Kindesvater ist, seit dem gemeinsam in einer Wohnung in Wien und handelt es sich im Übrigen auch derzeit um den Hauptwohnsitz der Bw. und des Herrn F. (die Bw. hatte ihren Hauptwohnsitz zwei Wochen vorher angemeldet; Abfragen aus dem Zentralen Melderegister vom heutigen Tag). F. lebte jedoch nicht ständig in der Wiener Wohnung, sondern laut den eigenen Angaben der Bw. auch in einer etwa 40 km entfernten Eigentumswohnung in S. Die Bw. lebte in einer Lebensgemeinschaft mit Herrn F., er - der nicht der Kindesvater der drei Kinder der Bw. ist - leistete jedoch keinen Unterhalt für die Kinder der Bw. Mit diesen Feststellungen gehen im Übrigen die Zustellungen der Finanzamtsbescheide des Herrn F. an die Wiener Wohnung (im Februar und im Mai 2009) und der Umstand konform, dass der betreffend Herrn F. von der R.Bank gemäß §§ 84 EStG 1988 dem Finanzamt gemeldete Lohnzettel für das Jahr 2008 - anders als der Lohnzettel für das Vorjahr 2007 - eine bestimmte Position (der im hier in Rede stehenden Zusammenhang Indizcharakter beizumessen ist) nicht beinhaltet.
Auf Grund dieser Feststellungen ist das Schicksal der Berufung bereits entschieden: Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung bzw. Erstattung des Alleinerzieherabsetzbetrages ist das Leben in einer eheähnlichen Gemeinschaft und nicht - wie dies die Bw. vermeint - das Nichterhalten von Unterhaltsleistungen für die (ihrer) in der Gesetzesbestimmung genannten Kinder im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988. Auf die zitierte Gesetzesbestimmung des § 33 EStG 1988 und die diesbezüglich ergangenen wiedergegebenen Berufungsentscheidungen wird hingewiesen.
Mit dem gemeinsamen Wohnen in der Wiener Wohnung, wenngleich es keines an allen Wochentagen war (wie dies bspw. bei sogenannten Wochenendpendlern der Fall ist), wurde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bw. auch ohne den Erhalt von Unterhaltsleistungen für ihrer Kinder unstreitig erhöht, wodurch sie gegenüber alleinstehenden Personen entsprechend geringer belastet war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at