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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 13.04.2007, RV/0202-F/06

Betriebsnotwendigkeit einer Einlage

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0202-F/06-RS1
Der acht Monate vor dem Bilanzstichtag erfolgten Einlage einer Einkommensteuergutschrift kann die Betriebsnotwendigkeit nicht abgesprochen werden, zumal die auf dem betrieblichen Konto gut geschriebenen Beträge kurz nach der Einlage zur Abdeckung betrieblicher Verbindlichkeiten verwendet wurden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des MF, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer 2005 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe betragen:


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Gesamtbetrag der Einkünfte
45.131,45 €
Topfsonderausgaben (soweit wirksam und eingeschliffen)
-115,12 €
Kirchenbeitrag
-100,00 €
Einkommen
44.916,33 €
Steuer für den Durchschnittssteuersatz
14.432,75 €
Einkommensteuer
9.744,28 €

Entscheidungsgründe

Der zum Jahresende bilanzierende Berufungswerber (in der Folge Bw) machte in der elektronisch eingereichten Steuererklärung für das Streitjahr den Hälftesteuersatz gemäß § 11a EStG für den Betrag von 29.186,43 € geltend.

Diesen Betrag kürzte das Finanzamt bei der Veranlagung zur Einkommensteuer um 8.528,35 €. Dabei handelt es sich um eine mit dem Ausdruck "Private Steuern" betitelte Einlage, die mit Mitteln getätigt wurde, welche zunächst dem Bw vom Finanzamt am gutgeschrieben worden sind (Einkommensteuergutschrift 2003 in Höhe von 15.443,30 €) und mit deren Rest nach anderweitiger Teilverfügung am eine Lieferantenrechnung beglichen worden ist. Die Abweichung von der Steuererklärung begründend, führte das Finanzamt aus, bei Gutschriften aus den Steuern handle es sich nicht um betriebsnotwendige Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG.

Der Bw erhob Berufung. In ihr wandte er sich gegen den Standpunkt des Finanzamtes mit der Begründung, das Geld sei zur Finanzierung von Investitionen sowie für Materialbeschaffung verwendet worden.

Das Finanzamt erließ eine abweisliche Berufungsvorentscheidung. In ihr führte es aus, ein konkreter Zusammenhang zwischen der erfolgten Einlage und dem betrieblich bedingten Kapitalbedarf zur Finanzierung von Investitionen sei nicht nachgewiesen worden. Vielmehr weise das betriebliche Bankkonto ganzjährig einen die getätigte Einlage übersteigenden Guthabensstand auf. Es seien sohin ausreichend liquide Mittel im Betrieb vorhanden gewesen, weshalb nicht "vom Vorliegen der vom Gesetz geforderten Betriebsnotwendigkeit zwecks Fremdkapitalvermeidung ausgegangen werden" könne.

Durch die Einbringung eines Vorlageantrages gilt die Berufung wiederum als unerledigt. In diesem trat der Bw der Argumentation des Finanzamtes mit folgenden, sinngemäß wiedergegebenen Ausführungen entgegen: Es sei dem Unternehmer zum einen grundsätzlich freigestellt, ob er sein Unternehmen mit Eigen- oder Fremdmitteln ausstatte. Aus dem Umstand, dass ausreichend liquide Mittel im Betrieb vorhanden waren, könne nicht geschlossen werden, dass eine Einlage nicht betriebsnotwendig ist. Zum anderen sei es unzulässig, bei der Beurteilung der Liquidität eines Unternehmens allein auf das im Guthaben befindliche Bankguthaben zu schauen. Man müsse auch berücksichtigen, dass gemäß der Saldenliste zum 30.4. und der Bilanz zum Jahresende erhebliche Lieferantenschulden und sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten bestanden hätten. Trotz der Einlage habe demnach im Zeitpunkt der Einlage eine Unterdeckung von 8.657,45 bestanden, die sich bis zum Bilanzstichtag sogar noch erhöht habe. Die Einlage der Einkommensteuergutschrift habe daher eindeutig dazu geführt, dass das Unternehmen weniger Fremdkapital in Anspruch habe nehmen müssen. Zum Dritten sei zu vermuten, dass der Gesetzgeber durch den Begriff der "Betriebsnotwendigkeit" den Missbrauch einer Steuerbegünstigung verhindern habe wollen. Ein solcher Fall liege aber keineswegs vor, da eine Einkommensteuergutschrift auf dem betrieblichen Finanzamtskonto gutgeschrieben und vom Steuerpflichtigen nicht beeinflusst werden könne. Schließlich könne dem § 11a EStG nicht entnommen werden, dass die Rückführung von zuviel bezahlter Einkommensteuer sich begünstigungsschädlich auswirken soll, nachdem die Bezahlung von Einkommensteuervorauszahlungen vom betrieblichen Konto den begünstigt zu besteuernden Gewinn bereits geschmälert habe.

Mit E-Mail vom brachte das Finanzamt vor, von einer nachhaltigen Eigenkapitalstärkung des Betriebes könne nicht ausgegangen werden, da das Privatkonto im Zeitraum von sechs Monaten ab der Einlage der Einkommensteuergutschrift Entnahmen in nicht unbedeutender Höhe ausweise. Eine Einlage diene aber nach der Judikatur () nur dann der nachhaltigen Stärkung des Eigenkapitals, wenn sie nicht unmittelbar danach entnommen werde. Die Sperrfrist von sechs Monaten sei vom Gedanken getragen, dass jede Geldeinlage, die über einen derartigen Zeitraum nicht wieder durch eine Entnahme aus der betrieblichen Sphäre ausscheidet, der nachhaltigen Eigenkapitalstärkung dienen könne, wodurch mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit der Charakter der Betriebsnotwendigkeit erfüllt sei.

Mit E-Mail vom brachte der Bw eine Gegenäußerung ein. In ihr führte er aus, wie das vorgelegte Privatkonto zeige, habe er zwischen dem Eingang der Einkommensteuergutschrift auf seinem Geschäftskonto am und dem , an dem er eine Lieferantenrechnung in Höhe von 10.000 € beglichen habe, lediglich Entnahmen von 483 € getätigt. Mit der Begleichung einer betrieblichen Schuld habe er die Einlage aber betrieblich verwendet, nachfolgende Entnahmen stünden mit der Einlage in keinem Zusammenhang. Ein betraglicher oder zeitlicher Zusammenhang der Einlage zu den vom Finanzamt behaupteten erheblichen Entnahmen bestehe nicht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Absatz 1 der maßgelblichen gesetzlichen Bestimmung des § 11a EStG lautet: "Natürliche Personen, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, können den Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne (§ 4 Abs. 10) und Veräußerungsgewinne (§ 24), bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch 100.000 €, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs. 1 versteuern (begünstigte Besteuerung). Der Höchstbetrag von 100.000 Euro steht jedem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum nur einmal zu. Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn, ausgenommen Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne, die Entnahmen (§ 4 Abs. 1) übersteigt. Einlagen (§ 4 Abs. 1) sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind."

Strittig ist allein, ob die am 20.4. des Streitjahres erfolgte Gutschrift an Einkommensteuer (mit dem Teilbetrag von 8.528,35 €) eine betriebsnotwendige Einlage im Sinne der zitierten Vorschrift darstellt. Der entscheidende Referent schließt sich aus den nachfolgend angeführten Gründen bei der Auslegung der zitierten Bestimmung dem Standpunkt des Berufungswerbers an, deckt sich dieser doch mit der herrschenden Lehre.

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz mit dem Erfordernis der "Betriebsnotwendigkeit" offensichtlich Bezug auf die bereits im Geltungsbereich des § 11 EStG 1972 in der Rechtsprechung behandelte Problematik der Umgehungshandlungen durch entsprechende Einlagengestaltungen nimmt (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 11a Tz 3; Doralt/Heinrich, EStG9, § 11a Tz 28). Wie nun aber der Bw zutreffend vorgebracht hat, hatte er bezüglich der Einkommensteuergutschrift nicht die geringste Gestaltungsmöglichkeit.

Wie weiters die Einkommensteuerrichtlinien (Rz 3860e) sinngemäß zutreffend ausführen, sind vorrangig kurz vor dem Bilanzstichtag getätigte Einlagen hinsichtlich ihrer Betriebsnotwendigkeit zu hinterfragen. Diese Rechtsmeinung vermag sich auf die zu § 11 EStG 1972 ergangene Judikatur zu stützen (, und , 92/13/0305). Demzufolge dient jede Einlage, die nicht sogleich wieder durch eine Entnahme kompensiert wird, der Stärkung des betrieblichen Eigenkapitals. Für die Betriebsnotwendigkeit einer Einlage spricht, wenn sie entweder über einen Zeitraum von sechs Monaten nicht wieder durch eine Entnahme aus der betrieblichen Sphäre ausscheidet oder wenn es zwar zu einer Entnahme kommt, ihr aber betriebliche Investitionen vorgelagert sind (SWK 2004, S 338). Bedenkt man nun, dass die strittige Einlage acht Monate vor dem Bilanzstichtag dem Betrieb zugeführt wurde und dass der Bw unbeeinsprucht von der Amtspartei bzw nachgewiesenermaßen mit dem eingelegten Geld am 30.5. des Streitjahres betriebliche Aufwendungen tätigte (siehe Berufungsvorbringen und Vorhaltsbeantwortung vom ), dann ist auch unter diesem Aspekt die Betriebsnotwendigkeit der Einlage zu bejahen.

Das Finanzamt beruft sich insbesondere auf das Erkenntnis des . Nach Überzeugung des Referenten ist das zitierte Judikat nicht geeignet, den erstinstanzlichen Standpunkt zu stützen. Berücksichtigt man nämlich, dass diesem Judikat ein Sachverhalt zu Grunde lag, wonach der Beschwerdeführer nach dem 18.12. des maßgeblichen Bilanzstichtages (also knapp vor dem Bilanzstichtag) Einlagen von zusammen 500.000 ATS geleistet hat, die er am 26. Jänner des Folgejahres, also knapp danach, wieder entnommen hat, während gegenständlich die Einlage 8 Monate vor dem Bilanzstichtag geleistet wurde, so wird deutlich, dass ein vergleichbarer Sachverhalt nicht vorliegt. Zu bedenken ist weiters, dass als Auswirkung der rechtlichen Beurteilung durch den VwGH die knapp nach dem Bilanzstichtag erfolgte Entnahme im Ergebnis vorgezogen wurde und im Veranlagungszeitraum Berücksichtigung fand. Eine derartige (faktisch) vorgezogene Berücksichtigung von Entnahmen ist im Berufungsfall aber nicht möglich bzw erforderlich, da ohnedies alle der Einlage folgenden Entnahmen (des Streitjahres) begünstigungsmindernd Berücksichtigung fanden.

Die Einkommensteuerrichtlinien (Rz 3860e) nennen Einlagen dann als betriebsnotwendig, wenn Eigenkapitalbedarf besteht oder Fremdkapital ersetzt wird (vgl. auch Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 59 BlgNR 22.GP). Diese Meinung wird auch vom Referentenführen geteilt. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Aufzählung des BMF eine demonstrative ist und dass generell die Förderung der Eigenkapitalbildung den Normzweck bildet. Dieser wiederum bietet (neben der Rechtsprechung des VwGH zu § 11 EStG 1972) die maßgebliche Hilfestellung bei der Normauslegung. Dem Begriff der betriebsnotwendigen Einlage kann demzufolge kein über den Zweck, offensichtliche Umgehungshandlungen vermeiden zu wollen, hinausgehender Inhalt beigemessen werden (Doralt/Heinrich, EStG9, § 11a Tz 28 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VfGH; SWK 2003, S 479). Dies aber bedeutet, dass Einlagen, die auf Dauer geeignet sind, die Liquidität eines Unternehmens zu sichern, Schutz vor Insolvenz zu geben und als Risikopolster zu dienen (SWK 2003, T 124) den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen. In diesem Zusammenhang ist es entsprechend der Rechtsauffassung des Bw daher durchaus angebracht, auch kurzfristige Verbindlichkeiten in die Liquiditätsprüfung einzubeziehen. Bestand nun aber im Einlagenzeitpunkt eine Unterdeckung, dann erweist sich die (auf Dauer getätigte) Einlage als betriebsnotwendig. Zurecht führen auch die Einkommensteuerrichtlinien eine durch eine Einlage finanzierte Anschaffung einer Herbstkollektion als Beispiel für eine betriebsnotwendige Einlage im Sinne von § 11 EStG an.

Die Abweichung von der Steuererklärung begründend, vertrat das Finanzamt die Meinung, bei Steuergutschriften handle es sich nicht um betriebsnotwendige Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG. Gemäß der zitierten Gesetzesstelle sind Einlagen alle (Hervorhebung durch den Referenten) Zuführungen von Wirtschaftsgütern aus dem außerbetrieblichen Bereich. Der Referent vermag keinen nachvollziehbaren Grund zu erkennen, weshalb eine auf dem betrieblichen Konto gutgeschriebene (und dort auch belassene) Einkommensteuer nicht eine Einlage in diesem Sinne sein soll. Dies umso mehr, als sich die strittige Einlage zweifelsfrei (auf Dauer) Kapital erhöhend auswirkte. Ob eine Einlage direkt aus der privaten Sphäre des Unternehmens stammt oder aber über den Umweg einer rückerstatteten Über- bzw Vorauszahlung an das Finanzamt getätigt wird, ist für ihre Einstufung als betriebsnotwendig unerheblich. Vielmehr gilt der (lediglich bei Umgehung durchbrochene) Grundsatz, dass (alle) Einlagen und Entnahmen gegeneinander aufzurechnen sind, wenn im selben Wirtschaftsjahr sowohl Entnahmen als auch Einlagen getätigt wurden ().

Aus den dargelegten Gründen wurde der Berufung stattgegeben.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Einlage
Einkommensteuergutschrift
betriebsnotwendig
Umgehung
Verweise
Doralt/Heinrich, EStG 9. Auflage, § 11a Tz 28
SWK 2004, S 338
Anmerkung
Die Entscheidung setzt sich u.a. (im Wesentlichen bestätigend) mit Rz 3680e EStR 2000 auseinander.
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 10/2010, 352

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at