Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.01.2019, RV/7106039/2018

Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft mit Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7106039/2018-RS1
Nach § 185 Abs. 2 UGB führt die Eröffnung eines Konkursverfahrens über einen Gesellschafter zwingend zur Auflösung einer (atypisch) Stillen Gesellschaft. Diese Auflösungsbestimmung ist nicht disponibles Recht. Durch frühere Verlustzuweisungen entstandene negative Kapitalkonten stellen daher - sofern keine Nachschüsse erfolgen - zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung über die Geschäftsherrin steuerpflichtige Veräußerungsgewinne der zwingend ausscheidenden Stillen Gesellschafter dar. Die vom VwGH entwickelte Judikatur zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (Ausscheiden der wesentlichen Betriebsgrundlagen aus dem Betriebsvermögen) kommt mangels Gesellschaftsvermögens der atypisch Stillen Gesellschaft nicht zur Anwendung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerde des Bf. vom als ehemaliger Gesellschafter der N-atyp.still gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2006, St.Nr. StNr3, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. bezeichnet) ist ehemals atypisch stiller Gesellschafter der N-atyp.still, in PLZ-Ort2, Adresse. An dieser atypisch stillen Gesellschaft waren die M-GmbH mit Sitz in PLZ-Ort2, Adresse, als Inhaberin des Unternehmens sowie Dr.M., W.M., Mag.B. und der Bf. als atypisch stille Gesellschafter beteiligt.

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom Datum1, Zl. GZ1, wurde über das Vermögen der M-GmbH als Inhaberin des Unternehmens iSd § 187 Abs. 1 UGB das Konkursverfahren eröffnet und Dr.R. als Masseverwalterin bestellt.

Mit weiterem Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum2, Zl. Datum3, wurde die M-GmbH (im Folgenden M-GmbH) gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.  

1. Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für 2006 vom :

Wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen ermittelte das Finanzamt für das Jahr 2006 die Besteuerungsgrundlagen der N-atyp.still im Schätzungswege gemäß § 184 BAO und damit die Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 868.411,69. Die im Schätzungsweg ermittelten Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv EUR 868.411,69 entfallen zur Gänze auf den Veräußerungs- und Aufgabegewinn, da die laufenden Einkünfte des Jahres 2006 aufgrund der in den Vorjahren erzielten Verluste mit EUR 0,00 geschätzt worden seien. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 2006 der ehemals beteiligten atypisch stillen Gesellschafter wurden wie folgt ermittelt:

Legende aus Anonymisierungsgründen:
Dr.M.: Dr.M., W.M.: W.M., Mag.B.: Mag.B., M-GmbH: M-GmbH.

Begründend wurde ausgeführt, den atypisch stillen Beteiligten seien seit der Gründung der N-atyp.still Verluste zugewiesen worden, die deren Einlagen überstiegen haben. Insofern ein Gesellschafter, der als Mitunternehmer eines Betriebes anzusehen sei, im Zeitpunkt der Beendigung seiner Beteiligung sein negatives Kapitalkonto nicht auffüllen müsse, sei dies als Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn gemäß § 24 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Fall schließe der Vertrag über den Abschluss der stillen Gesellschaft, welcher am unterfertigt worden sei, unter Punkt VI eine Nachschusspflicht des stillen Gesellschafters ausdrücklich selbst für den Fall aus, dass die zugewiesenen Verluste die gezeichnete Einlagen übersteigen sollten. Es werde weiters ausdrücklich vermerkt, dass ein im Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters allfällig verbleibendes negatives Kapitalkonto durch die M-GmbH abzudecken sei.  

Somit sei im Zeitpunkt der Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft bzw. im Zeitpunkt der Konkurseröffnung über das Vermögen der M-GmbH ein Aufgabegewinn in Höhe der negativen Kapitalkonten der atypisch stillen Gesellschafter entstanden.

Der anteilige Veräußerungsfreibetrag gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 berechne sich aus dem prozentuellen Anteil am Stammkapital multipliziert mit EUR 7.300,00. Der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn sei für das Jahr 2006 wie folgt ermittelt worden:

Legende aus Anonymisierungsgründen:
Dr.M.: Dr.M., W.M.: W.M., Mag.B.: Mag.B., M-GmbH: M-GmbH.

Durch die Konkurseröffnung über das Vermögen der M-GmbH, St.Nr. StNr2, am Datum1 sei die atypisch stille Gesellschaft beendet worden. Da es sich bei der atypisch stillen Gesellschaft um eine Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit gehandelt habe, sei es erforderlich, dass alle ehemaligen Gesellschafter derselben im Bescheidadressaten des Feststellungsbescheides namentlich angeführt werden. Da eine Zustellung an die M-GmbH als Geschäftsherrin nicht mehr möglich sei, sei die Zustellung nicht gemeinschaftlich, sondern an jeden ehemaligen Gesellschafter gesondert erfolgt.  

2. Beschwerden vom samt Ergänzungsschriftsatz vom :

Mit Eingaben vom erhob der Bf. als atypisch stiller Gesellschafter gegen den Feststellungsbescheid gemäß § 188 vom das Rechtsmittel der Beschwerde, bekämpfte die im Feststellungsbescheid festgestellten Einkünfte iHv EUR 277.891,74 dem Grunde nach und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, soweit es seine Person betreffe. Aufgrund des komplexen Sachverhaltes werde die Begründung dafür bis nachgereicht.

Nach den weiteren Ausführungen im Ergäzungsschriftsatz vom sei zwar mit Datum1 das Konkursverfahren über das Vermögen der M-GmbH eröffnet worden, diese Gesellschaft aber erst mit Datum2 gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht worden. Demzufolge habe die M-GmbH bis zum Jahre 2009 bestanden. 

Da nach Punkt XI. des Gesellschaftsvertrages der Gesellschafter (=atypisch stillen)

  • bei Auflösung der Gesellschaft oder

  • bei Eröffnung eines über das Vermögen des Gesellschafters (=atypisch stillen) rechtskräftig eröffneten Konkurs oder

  • bei Abweisung eines Konkursantrages mangels eines die Konkurskosten deckenden Vermögens 

ausscheidet, sei die Konkurseröffnung im Jahr 2006 über das Vermögen der M-GmbH kein Auflösungsgrund für die atypisch stille Gesellschaft. Erst die Auflösung der Gesellschaft im Jahre 2009 habe zu einer Auflösung der stillen Gesellschaft geführt. 

Die festgestellten Veräußerungs- und Aufgabegewinne seien demnach erst im Jahre 2009 festzustellen. Da die atypisch stillen Gesellschaften im Jahre 2009 nach Einlage im Jahre 2002 seit 7 Jahren bestehen, werde die gleichmäßige Verteilung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes auf drei Jahre gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 beantragt.

3. Beschwerdevorentscheidung vom :

Die Beschwerde (vormals: Berufung) gegen den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2006 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde als unbegründet abgewiesen.

Nach den Ausführungen des Finanzamtes stelle sich der maßgebliche Sachverhalt etwas anders dar, als er in der Beschwerde dargestellt worden sei:

Demnach habe die C-GmbH in PLZ-Ort3, Adresse2, mit der Geschäftsherrin, M-GmbH, mit einen Vertrag mit rückwirkenden Zusammenschluss zum über die Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft abgeschlossen.

Mit Vertrag vom sei die Einlage auf EUR 125.000,000 reduziert worden, da sich ein Investor zurückgezogen habe. Gleichzeitig sei bekannt gegeben worden, dass die C-GmbH diesen Vertrag nicht für sich selbst, sondern treuhändig für verschiedene Treugeber (W.M., Dr.M., Bf. und Mag.B.) abgeschlossen habe. Diese Treuhandvereinbarungen (alle vom Mai 2003, mit unterschiedlichen Tagen) seien dem Finanzamt vorgelegt worden. Somit sei dem Finanzamt klar gewesen, dass diese Anteile den Treugebern und nicht der C-GmbH zuzurechnen gewesen seien.

Dass daneben noch einzelne Verträge zwischen der M-GmbH als Geschäftsherrin und dem einzelnen atypisch stillen Gesellschafter abgeschlossen worden seien, sei dem Finanzamt bis zum Beschwerdeverfahren nicht bekannt geworden. Dies insbesondere, als dem Finanzamt nur der Vertrag von W.M. vorgelegt worden sei. Dieser Sachverhalt sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt, führe aber hinsichtlich der Zurechnung zu keinem anderen Ergebnis.

Darüber hinaus sei anzumerken, dass der Vertrag von W.M. mit den beiden Verträgen, die die C-GmbH abgeschlossen habe, hinsichtlich des Vertragsformulars vollkommen ident sei. Abweichungen würden somit nur die händisch ausgefüllten Stellen betreffen. Diese seien jedoch für das Beschwerdeverfahren nicht relevant.

Im vorliegenden Fall werde - nach Wiedergabe der maßgeblichen Bestimmungen der Punkte II, VI, VII, VIII, X, XI, XIII und XIV des Gesellschaftsvertrages - vom Bf. gar nicht bestritten, dass es keine Nachschussverpflichtung gegeben habe, aufgrund derer die atypisch stillen Gesellschafter beim Ausscheiden das negative Kapitalkonto hätten ausgleichen müssen. Dies ergebe sich im übrigen klar aus den vorliegenden Verträgen (s. Punkte VI und XIII). Ebenso sei unstrittig, dass negative Kapitalkonten vorliegen, dass somit den Gesellschaftern auch Verluste über die Einlage hinaus zugewiesen worden seien.

Strittig sei demnach nur, in welchem Zeitpunkt die Nachversteuerung des negativen Kapitalkontos im Rahmen der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes zu erfassen sei und ob - gegebenenfalls - eine Verteilung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes auf drei Jahre möglich sei.

Eine unechte stille Gesellschaft ende ohne Abwicklung mit Wirkung eines Auflösungsgrundes. Dies gelte auch dann, wenn die stille Gesellschaft gemäß § 185 Abs. 2 UGB durch Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst werde.

Das UGB unterscheide im Abschnitt über die stille Gesellschaft (§§ 179 bis 188 UGB) klar zwischen dem stillen Gesellschafter und dem Inhaber des Unternehmens. Wenn daher nur von Gesellschafter ohne nähere Bezeichnung die Rede sei, wie in § 185 Abs. 2 UGB, seien daher beide Seiten gemeint, da ja beide Gesellschafter der atypisch stillen Gesellschaft seien.

Dass dies auch auf den Konkurs der Geschäftsherrin zutreffe, ergebe sich aus § 187 Abs. 1 UGB, wonach der stille Gesellschafter - im Fall, dass über den Inhaber des Unternehmens das Konkursverfahren eröffnet werde - wegen der Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn fallenden Anteils am Verlust übersteige, seine Forderung als Insolvenzgläubiger geltend machen kann. Dies setze nämlich das Ende der stillen Gesellschaft voraus.

Wenn in den vorliegenden Beschwerden vorgebracht werde, dass der Vertrag über die Begründung der atypischen stillen Gesellschaft die Beendigung zwar bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über den atypisch stillen Gesellschafter, nicht aber im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Geschäftsherrin vorsehe, gehe dieses Argument fehl.

Ein gesetzlicher Auflösungsgrund und darum handle es sich bei § 185 Abs. 2 UGB könne nämlich nicht abbedungen werden, da die stille Gesellschaft mangels gesellschaftsrechtlicher Grundlage mit der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unternehmers erlösche und auch später (zB nach einem Zwangsausgleich) nicht mehr fortgeführt werden könnte. Daher habe zu diesem Zeitpunkt die Versteuerung der negativen Kapitalkonten der atypisch stillen Gesellschafter zu erfolgen und zwar unabhängig davon, ob im gleichen Jahr noch das Insolvenzverfahren beendet werden könne oder die Löschung der Geschäftsherrin im Firmenbuch erfolgt sei (s. ESt-RL Rz 5994b). Diese Rechtsmeinung habe auch der UFS geteilt (vgl. GZ. RV/0353-L/06; , GZ. RV/3852-W/10).

Da die atypisch stillen Gesellschaften somit 2006 geendet haben, sei die 7-Jahres-Frist nicht erfüllt. Eine Verteilung als Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn auf drei Jahre komme daher nicht in Betracht.

4. Vorlageantrag vom :

Mit Eingabe vom stellte der Bf. den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

5. Vorlagebericht des Finanzamtes vom :

Wiederholt wird seitens des vorlegenden Finanzamtes darauf verwiesen, dass nach § 185 Abs. 2 UGB eine stille Gesellschaft durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst werde. Mangels gesellschaftsrechtlicher Grundlage erlösche mit der Konkurseröffnung über das Vermögen des Unternehmers die stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft. Da über die Geschäftsherrin, M-GmbH, am Datum1 das Konkursverfahren eröffnet worden sei, erlösche mit diesem Zeitpunkt die atypisch stille Gesellschaft und habe zu diesem Zeitpunkt eine Versteuerung der negativen Kapitalkonten der atypisch stillen Gesellschafter zu erfolgen.

Bereits mit BVE sei ausgeführt worden, dass die unechte stille Gesellschaft ohne Abwicklung mit Wirkung eines Auflösungsgrundes ende. Dies gelte auch dann, wenn die stille Gesellschaft gemäß § 185 Abs. 2 UGB durch Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst werde.

Das UGB unterscheide im Abschnitt über die stille Gesellschaft (§§ 179-188 UGB) klar zwischen dem stillen Gesellschafter und dem Inhaber des Unternehmens. Wenn daher nur von "Gesellschafter" ohne nähere Bezeichnung die Rede wie in § 185 Abs. 2 UGB sei, seien daher beide Seiten gemeint, da ja beide Gesellschafter der atypisch stillen Gesellschaft seien.

Nach Auffassung des vorlegenden Finanzamtes haben die atypisch stillen Gesellschaften somit 2006 geendet, weswegen die 7-Jahres-Frist zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt gewesen sei. Daher komme eine Verteilung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes auf drei Jahre nicht in Betracht. Es werde daher eine Abweisung der Beschwerde durch das Finanzamt beantragt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites bildet die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine atypisch stille Gesellschaft ende bzw. als aufgelöst gelte, wenn über das Vermögen der beteiligten Kapitalgesellschaft als Inhaberin des Unternehmens das Konkursverfahren eröffnet worden sei.

Insbesondere geht es um die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Nachversteuerung des negativen Kapitalkontos zu erfolgen habe und ob eine Verteilung des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinnes auf 3 Jahre erfolgen könne. Die Höhe des vom Finanzamt zum Auflösungszeitpunkt errechneten Aufgabegewinnes in Höhe des jeweiligen negativen Kapitalkontos wurde nicht bekämpft. 

Nach § 185 Abs. 2 UGB wird die stille Gesellschaft durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters und, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, durch den Tod des Inhabers des Unternehmens oder Vermögens aufgelöst.

Wird nach § 187 Abs. 1 UGB über das Vermögen des Inhabers des Unternehmens oder Vermögens das Konkursverfahren eröffnet, so kann der stille Gesellschafter wegen der Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Anteils am Verlust übersteigt, seine Forderung als Insolvenzgläubiger geltend machen.

Gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 ist im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss.

Der Veräußerungsgewinn ist nach § 24 Abs. 4 EStG 1988 nur insoweit steuerpflichtig, als er bei der Veräußerung (Aufgabe) des ganzen Betriebes den Betrag von 7 300 Euro und bei der Veräußerung (Aufgabe) eines Teilbetriebes oder eines Anteiles am Betriebsvermögen den entsprechenden Teil von 7 300 Euro übersteigt.

Gemäß § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 sind über Antrag Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Textierung des § 185 Abs. 2 UGB eindeutig, dass der Auflösungsgrund der Konkurseröffnung über das Vermögen eines Gesellschafters zwingend ist und abweichende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages unwirksam sind.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der einzige insolvenzbezogene Auflösungsgrund für eine stille Gesellschaft, weil das UGB - anders als das GesbR-RG in § 1208 Z 3 idgF ABGB - die Änderungen der Insolvenzordnung durch IRÄG 2010 nicht nachvollzogen hat. § 1208 Z 3 idgF ABGB ist daher auf stille Gesellschaften nicht anwendbar, weil § 185 Abs. 2 UGB eine lex specialis ist und die Voraussetzungen des § 1175 Abs. 4 idgF ABGB daher nicht erfüllt sind (vgl. Zib/Dellinger, Unternehmensgesetzbuch, § 185, Rz. 50).

Wird über den Unternehmensinhaber oder über den stillen Gesellschafter der Konkurs eröffnet, so hat dies zwingend nach § 185 Abs. 2 UGB die Auflösung der (atypisch) stillen Gesellschaft zur Folge (vgl. Jabornegg/Artmann, Unternehmensgesetzbuch, Band 1, § 185, Rz. 13).

Der Auflösungsgrund der Konkurseröffnung ist zwingend, davon abweichende Vereinbarungen sind unwirksam (vgl. Zib/Dellinger, a.a.O., § 185, Rz. 51).

Diese Auflösungsbestimmung ist auch nicht disponibles Recht. Die durch frühere Verlustzuweisungen entstandenen negativen Kapitalkonten stellen daher - sofern keine Nachschüsse erfolgen - zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung über die Geschäftsherrin steuerpflichtige Veräußerungsgewinne der zwingend ausscheidenden Stillen Gesellschafter dar (vgl. GZ. RV/3852-W/10).

Nach der Rechtsprechung des VwGH endet die stille Gesellschaft bei Vorliegen eines Auflösungsgrundes ohne Abwicklung. Die Auflösung der stillen Gesellschaft bedeutet bereits die Vollbeendigung der zwischen dem Unternehmensinhaber und dem stillen Gesellschafter begründeten schuldrechtlichen Beziehung, der sodann die Auseinandersetzung der vermögensrechtlichen Ansprüche folgt (vgl. Zl. 2010/15/0026; Hochedlinger in Jabornegg/Artmann, Kommentar zum UGB2, §§ 184, 185 Rz 22).

Die zwingende Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft im Konkursfall hat somit nach § 187 Abs. 1 UGB zur Folge, dass ein Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters entsteht (vgl. Zib/Dellinger, Unternehmensgesetzbuch, § 187, Rz. 4).

Im vorliegenden Fall hatte die mit Datum1 erfolgte Konkurseröffnung über das Vermögen der M-GmbH zur Folge, dass die atypisch stille Gesellschaft, N-atyp.still, mit Datum1 beendet wurde. Mit zwingender Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft scheiden somit sämtliche Gesellschafter aus dieser Gesellschaft infolge der mit Datum1 erfolgten Konkurseröffnung aus.

Im vorliegenden Fall kann die bereits für das Jahr 2006 erfolgte Zurechnung des Aufgabegewinnes nicht mit dem Argument bekämpft werden, dass die M-GmbH - wenn auch im Konkurs befindlich - noch weiter bis 2009 bestanden habe, da die M-GmbH erst mit Datum2 im Firmenbuch gelöscht worden sei. Es kann daher der Argumentation des Bf. nicht gefolgt werden, dass die in Rede stehende atypisch stille Gesellschaft erst im Jahre 2009 beendet worden sei.

Demgemäß wird in Punkt XI. des in Rede stehenden Vertrages über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft festgehalten, dass ein Gesellschafter auch bei Eröffnung eines über das Vermögen des Gesellschafters rechtskräftig eröffneten Konkurses ausscheidet.

Dies gilt unabhängig davon, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden, auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist (vgl. Zl. 2006/15/0126; , Zl. 94/13/0084, 1998, 891).

Im vorliegenden Fall sieht Punkt VI. des in Rede stehenden Vertrages über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft vor, dass den stillen Gesellschafter, der seine gezeichnete Einlage voll in bar bezahlt habe, keine Nachschusspflicht auch dann nicht treffe, wenn die zugewiesenen Verluste die gezeichnete Einlage übersteigen sollten. Ein im Zeitpunkt des Ausscheidens allfällig verbleibendes negatives Kapitalkonto sei durch die M-GmbH als Geschäftsherrin abzudecken. Darüber hinaus ist der Bf. als atypisch stiller Gesellschafter auch nicht verpflichtet, empfangene Gewinnbeteiligungen, Entnahmen oder Zinsen wegen späterer Verluste ganz oder teilweise zurückzuzahlen.  

Die Höhe des vom Finanzamt zum Auflösungszeitpunkt errechneten Aufgabegewinnes in Höhe des jeweiligen negativen Kapitalkontos wurde nicht bekämpft.

Darüber hinaus können nach § 37 Abs. 2 Z 1 EStG Veräußerungs- und Aufgabegewinne iSd § 24 EStG 1988 nur dann drei Jahre verteilt angesetzt werden, wenn seit der Eröffnung sieben Jahre verstrichen sind (vgl. Jakom, EStG, § 37, Rz. 58).

Da im vorliegenden Fall die atypisch stille Gesellschaft bereits im Jahre 2006 mit der mit Datum1 erfolgten Konkurseröffnung über das Vermögen der M-GmbH endete, wurde somit die in § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 normierte Siebenjahresfrist nicht erfüllt.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist eine Revision nicht zulässig, als dieses Erkenntnis der in dieser Entscheidung dargestellten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes folgt (vgl. Zl. 2010/15/0026).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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