Gesetzliches Vorausvermächtnis des Wohnrechtes.
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/16/0040 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Aus dem vom Notar Dr. P aufgenommenen Abhandlungsprotokoll vom des BG R, ergibt sich Folgendes: Der Berufungswerber ist der erblasserische Witwer nach der am verstorbenen Frau M. Die Verstorbene hat gemeinsam mit dem nunmehrigen Witwer am ein Testament errichtet, in Welchem diese sich gegenseitig zu Erben eingesetzt und die Kinder auf den Pflichtteil beschränkt haben. Der Berufungswerber hat sich seines testamentarischen Erbrechtes entschlagen, jedoch unter Vorbehalt seines gesetzlichen Vorausvermächtnisses und Pflichtteilsanspruches. Zur Erbin war somit die Tochter auf Grund des Gesetzes berufen. Im Pflichtteilsübereinkommen heißt es diesbezüglich: 1. Dem Witwer steht im Rahmen seines gesetzlichen Vorausvermächtnisses insbesondere das Recht zu, in der Ehewohnung wie bisher zu wohnen. Sämtliche Betriebskosten sind jedoch weiterhin von ihm zu tragen. 2. Der Witwer ... 3. Die Erbschaftssteuer trägt jeder Teil für sich. Für Zwecke der Erbschaftssteuerbemessung wird das vorgenannte Wohnrecht mit 300,00 € pro Monat bewertet und festgestellt, dass für den Witwer bezüglich des Wohnrechtes kein Erwerb von Todes wegen vorliegt, weil er auf Grund der allgemeinen Grundsätze des Zivilrechtes (siehe § 833 1. Satz ABGB) als Miteigentümer ohnehin berechtigt ist, die Liegenschaft wie bisher zu benützen, sodass es keine Neubegründung eines Wohnrechtes für den Witwer bedarf.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt die Erbschaftssteuer vom Kapitalwert des Rechtes fest. Dagegen richtet sich die Berufung mit der Begründung, dass dieses Recht keinen Erwerb von Todes wegen darstelle, weil der Berufungswerber als Hälfteeigentümer ohnehin berechtigt sei, die Liegenschaft mitzubenützen. Das Finanzamt wies die Berufung als unbegründet ab, im Antrag gemäß § 276 BAO wird auf das Berufungsvorbringen verwiesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im vorliegenden Fall war der Berufungswerber auf Grund des Testamentes zum Erben berufen und die sonst in Betracht kommenden erbberechtigten Personen waren auf den Pflichtteil beschränkt. Bei Annahme der Erbschaft wäre der Berufungswerber Alleineigentümer der Liegenschaft geworden. Da es offenbar im Interesse aller Beteiligten lag, dass die Tochter den Miteigentumsanteil an der Liegenschaft übernimmt, verzichtete der Berufungswerber auf seintestamentarisches Erbrecht und nahm lediglich das Vorausvermächtnis, nämlich die Ehewohnung weiterhin bewohnen zu können (neben einem, hier allerdings ohne Bedeutung, Guthaben bei einem Kreditinstitut), in Anspruch. Dies bedeutet allerdings nicht, dass hier nur die Ausübung eines bestehenden Rechtes vorliegt. Bisher hatte er ein auf dem Familienrecht beruhendes Benützungsrecht, nunmehr erhält er einen vertraglichen Anspruch gegenüber der Miteigentümerin. Davon unabhängig ist, dass einem Miteigentümer bereits auf Grund dieser Eigenschaft gewisse Rechte zustehen (vgl. § 833 ABGB). Die nunmehrige Nutzung gründet sich auf das im Verlassenschaftsverfahren getroffene Pflichtteilsübereinkommen, ist also ein vertraglicher Anspruch. Gemäß § 758 ABGB gebührt dem überlebenden Ehegatten als gesetzliches Vorausvermächtnis auch das Recht, die Ehewohnung weiter zu bewohnen. Dieses Recht unterliegt als gesetzliches Vorausvermächtnis mit Pflichtteilscharakter grundsätzlich den Regeln des Vermächtnisrechtes. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG unterliegt der Erbschaftssteuer der Erwerb von Todes wegen. Als Erwerb von Todes wegen werden gemäß § 2 Abs. 1 ErbStG diejenigen Erwerbe der Steuer unterworfen, die schon im Sinne des bürgerlichen Rechtes als Erwerb von Todes wegen angesehen werden, nämlich der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches. Im Bereich des Steuertatbestandes gründet das Erbschaftssteuergesetz die Steuerpflicht nicht auf wirtschaftliche Gegebenheiten, sondern auf einen durch das Zivilrecht geregelten Tatbestand. Eine Beurteilung dieser Tatbestände nach der im § 21 BAO näher umschriebene wirtschaftliche Betrachtungsweise ist daher von vornherein ausgeschlossen. Somit stellt die Annahme des gesetzlichen Vorausvermächtnisses grundsätzlich einen erbschaftssteuerpflichtigen Tatbestand dar. Die Festsetzung der Erbschaftssteuer wie im angefochtenen Bescheid erfolgte somit zu Recht und über die Berufung ist spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Schlagworte | gesetzliches Vorausvermächtnis |
Anmerkung | zur ErbSt-Pflicht des Wohnrechtes des überlebenden Ehegatten als gesetzliches Vorausvermächtnis vgl. NotZ 1998/279, ebenso RV/0805-L/05 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
JAAAC-88004