Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 04.11.2011, RV/0422-F/10

Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerfreiheit für begünstigte Auslandstätigkeiten vor?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber ist bei einem inländischen Hersteller von Lichtkomponenten als Arbeitnehmer beschäftigt.

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2008 machte er die Rückerstattung von angeblich zu viel einbehaltener Lohnsteuer geltend. Er sei vom bis zum mit der Montage von 8-Tyco-Crimpanlagen in Australien und Malaysia beschäftigt gewesen. Da diese Tätigkeit über den Zeitraum von einem Monat hinausgegangen sei, stehe ihm die Steuerfreiheit gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 zu. Die Steuerfreiheit sei von seinem Arbeitgeber nicht berücksichtigt worden, weil das Finanzamt eine diesbezügliche Anfrage nicht beantwortet habe.

In dieser Anfrage (vom ) wurde ausgeführt, der Berufungswerber sei vom bis voraussichtlich in Melbourne/Australien und am Standort in Malaysia mit dem Umbau/Montage und der Inbetriebnahme (mit anschließender Schulung) der neuen 8-Tyco-Crimpanlage beschäftigt. Die Anlage habe eine Originalanschlusslänge von 19 km, welche auf 10 km verkürzt werden müsse. Dies werde durch den Umbau und teilweise durch den Einbau von Neuteilen erreicht. Die Crimpanlage müsse wegen ihres Umfanges vor Ort montiert werden. Die 8-Tyco-Crimpanlagen verarbeiteten 4 verschiedene Crimpsorten von 0,13 bis 3,46 mm², die nach Vorgaben von Tyco zugeordnet, eingestellt und zyklisch kontrolliert werden müsse.

Das Finanzamt anerkannte die geltend gemachte Steuerfreiheit mit Einkommensteuerbescheid vom nicht.

In der dagegen erhobenen Berufung vom stellte der Berufungswerber erneut den Antrag auf Steuerfreiheit der auf die Auslandstätigkeit entfallenden Einkunftsteile.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom mit der Begründung ab, bei der vom Berufungswerber durchgeführten Tätigkeit habe es sich um keine begünstigte Auslandstätigkeit gehandelt.

Mit Schreiben vom stellte der Berufungswerber den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Berufung ergänzend führte er darin aus, bei seiner Auslandstätigkeit habe es sich um nachträgliche Einbauten in neue Maschinen gehandelt. Diese Anlagen seien selbständige Teile von Fertigungsstraßen und könnten erst nach dem Einbau für die Produktion verwendet werden. Die nächsten Schritte seien dann der Probebetrieb und die Inbetriebnahmen der Anlagen. Die Anlagen würden nicht, wie seine Arbeitgeberin mehrmals geschrieben habe, umgebaut, sondern vor dem ersten Einsatz über ihren ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessert und für die betrieblichen Erfordernisse adaptiert.

Um den Sachverhalt weiter zu klären, ersuchte der Unabhängige Finanzsenat das Finanzamt zu ermitteln, ob im Berufungsfall eine begünstigte Auslandstätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 vorlag und diese ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausging. Das Finanzamt führte daraufhin eine Erhebung bei der Arbeitgeberin des Berufungswerbers durch. In einem Schlussbericht über diese Erhebung führte der mit der Erhebung betraute Prüfer aus, er habe am bei der Arbeitgeberin des Berufungswerbers vorgesprochen und verschiedene Unterlagen wie z.B. Nachweise über die Verrechnungen der geleisteten Auslandsmontagen (Teilrechnungen, Endabrechnungen, Lieferscheine, Montageberichte usw.), Nachweise über die Nächtigungskosten und Reisespesen des Auslandsprojektes (Buchhaltungsunterlagen mit den entsprechenden Belegen), Arbeitsnachweise bzw. Stundenaufzeichnungen sowie Lohnkonten und Reisekostenabrechnungen abverlangt. Davon seien aber lediglich eine Zeitnachweisliste für die Monate Mai bis Juli 2008, eine Dienstreiseabrechnung für die Zeit vom bis , ein Reisekostennachweis, diverse Passkopien, ein "Business Travel Account Statement", Hotelrechnungen sowie eine eMail-Korrespondenz vorgelegt worden. Damit sei der Nachweis, dass es sich bei den Auslandstätigkeiten des Berufungswerbers um begünstigte Auslandstätigkeiten im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 gehandelt habe, nicht erbracht worden.

Mit Vorhalt vom lud der Unabhängige Finanzsenat den Berufungswerber ein, zu diesem Bericht Stellung zu nehmen. Weiters wurde er u.a. ersucht zu erklären, worin exakt die "Verbesserung" und "Adaptierung" der Anlagen "für die betrieblichen Erfordernisse" bestanden habe und was genau seine Aufgabe in diesem Zusammenhang gewesen sei sowie allfällige diesbezügliche Angaben mit entsprechenden Unterlagen (Angebote, Aufträge, Verträge, Fotos etc.) zu belegen. Weiters wurde der Berufungswerber darauf hingewiesen, dass die Steuerfreiheit nur zustehe, wenn die begünstigte Auslandstätigkeit ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgehe. Damit diese Voraussetzung erfüllt sei, dürfe die begünstigte Tätigkeit während dieser Zeit nicht unterbrochen werden und auch keine andere, nicht begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden. Der vorliegenden Aktenlage sei allenfalls zu entnehmen, dass er in der Zeit vom bis zum in Australien und vom bis zum in Malaysia gewesen sei. Welche Tätigkeiten er dort ausgeübt habe, sei aber nicht erkennbar, da die vorgelegten Zeitnachweislisten für die Monate Mai, Juni und Juli 2008 darüber jedenfalls keinen Aufschluss gäben. Der Berufungswerber wurde daher eingeladen, diesen Nachweis mittels zeitnah geführter Aufzeichnungen oder Stundenlisten, aus welchen für jeden Tag und jede Stunde die Art der Tätigkeit, die er in der fraglichen Zeit ausgeübt habe, hervorgehe, zu erbringen.

Dieser Vorhalt wurde von der Arbeitgeberin des Berufungswerbers mit Schreiben vom beantwortet. Zur Auslandstätigkeit des Berufungswerbers im Jahr 2008 wurde ausgeführt, dieser habe in der Zeit vom bis zum im unternehmenseigenen Werk in Melbourne/Australien die Revision der Fertigungsanlagen für magnetische Vorschaltgeräte der Baureihe EC, die Justage der Anlagen hinsichtlich Qualität und Produktivität, die Schulung von Mitarbeitern und den Hochlauf von Anlagen durchgeführt. Im Anschluss daran sei er in der Zeit vom bis zum im Werk in Ulu Tirma in Malaysia mit der Implementierung neuer Crimpanlagen für die Baureihe OM, OF und OG, der Anpassung der Anlagen an die Produkte, der Schulung der Mitarbeiter und dem Hochlauf der Anlagen beschäftigt gewesen. Der Berufungswerber sei "Der Experte" für die Produktionsanlagen im Bereich der magnetischen Vorschaltgeräte. Er habe eine fundierte Ausbildung im Bereich Mechanik und sei daher in der Lage, den Zustand der Anlagen zu beurteilen, Revisionen durchzuführen, Modifikationen zu implementieren und Mitarbeiter zu schulen. In diesem Zusammenhang habe er die Koordination und Umsetzung der Revision der Fertigungsanlagen für magnetische Vorschaltgeräte der Baureihe EC in Australien geleitet und aktiv umgesetzt. Weiters habe er in Malaysia die Implementierung von neuen Crimpanlagen als Ersatzinvestition durchgeführt. Hiebei seien die bei der Firma T. erworbenen Crimpanlagen mechanisch so modifiziert worden, dass die Produkte der Reihe OM, OF und OG produziert werden konnten. Die Mitarbeiter seien in die Abläufe, Justagen und Instandsetzungen eingeschult und die Anlagen nach deren Hochlauf an das Werk übergeben worden. Im Bereich des Global Engineering würden Leistungen für alle Werke weltweit erbracht. Diese seien oft nicht im Vorhinein abschätzbar und meistens projektbezogen. Aus diesem Grund würden die anfallenden Kosten im Rahmen der jährlichen Budgetierung für das kommende Geschäftsjahr mittels prozentuell auf die Werke verteilt. Da die anfallenden Personalkosten somit bereits auf die verschiedenen Werke umgelegt worden seien, sei es nicht üblich, bei solchen Einsätzen und Projekten Stundenaufzeichnungen durchzuführen. Damit sei der Zeitnachweis, mit dem die Anwesenheit des jeweiligen Mitarbeiters dokumentiert werde, ausreichend, auch wenn damit kein Bezug zu einem Projekt oder Einsatz möglich sei. Es könne aber bestätigt werden, dass der Berufungswerber zwischen und die Revision der Fertigungsanlagen und gleich anschließend vom bis die Ersatzinvestition der Crimpanlagen in Malaysia als Mitarbeiter im Projekt umgesetzt habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 sind Einkünfte, die Arbeitnehmer inländischer Betriebe für eine begünstigte Auslandstätigkeit von ihren Arbeitgebern beziehen steuerfrei, wenn die Auslandstätigkeit jeweils ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgeht.

Begünstigte Auslandstätigkeiten iSd § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 sind die Bauausführung, Montage, Montageüberwachung, Inbetriebnahme, Instandsetzung und Wartung von Anlagen, die Personalgestellung anlässlich der Errichtung von Anlagen durch andere inländische Betriebe sowie die Planung, Beratung und Schulung, soweit sich alle diese Tätigkeiten auf die Errichtung von Anlagen im Ausland beziehen, weiters das Aufsuchen und die Gewinnung von Bodenschätzen.

Die Errichtung einer Anlage im Ausland bezieht sich auf deren Herstellung oder Montage und weitere in Folge der Errichtung anfallende Tätigkeiten wie die Inbetriebnahme, Instandsetzung, Wartung, Personalgestellung, Planung, Beratung und Schulung durch Anlernen von Bedienungspersonal in der Errichtungsphase. Montage ist der Zusammenbau und das Aufstellen größerer Anlagen oder ortsfester Maschinen und Arbeitsgeräte. Sind diese nicht ortsfest, müssen sie einen Umfang aufweisen, der eine Montage an Ort und Stelle erfordert. Können sie auch an anderen Orten bzw. im Inland aufgebaut und den Zielort transportiert werden, entfällt die Begünstigung (vgl. Jakom/Laudacher EStG, 2011, § 3 Rz 34 und 35). Die Begünstigung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 kommt auch zur Anwendung, wenn Arbeitnehmer inländischer Betriebe zur Errichtung eigener Anlagen ins Ausland entsandt werden ().

Eine weitere Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die begünstigte Auslandstätigkeit ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgeht. Damit diese Voraussetzung erfüllt ist, darf die begünstigte Tätigkeit während dieser Zeit nicht unterbrochen werden und auch keine andere, nicht begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden.

Strittig ist zunächst, ob im Berufungsfall überhaupt ein begünstigte Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 10 lit. b EStG 1988 vorlag.

Nach der Beschreibung seiner Arbeitgeberin hat der Berufungswerber im Werk in Melbourne/Australien die Revision der Fertigungsanlagen für magnetische Vorschaltgeräte der Baureihe EC, die Justage der Anlagen hinsichtlich Qualität und Produktivität, die Schulung der Mitarbeiter und den Hochlauf der Anlagen und im Anschluss daran im Werk in Ulu Tiram/Malaysia die Implementierung neuer Crimpanlagen für die Baureihen OM, OF und OG, die Anpassung der Anlagen an die Produkte (Abstände, Produktgrößen, Drahtmesser etc.), die Schulung von Mitarbeitern und den Hochlauf der Anlagen durchgeführt.

Von den in Melbourne/Australien durchgeführten Tätigkeiten kann keine als begünstigte Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 10 lit. b EStG 1988 angesehen werden. Denn keine dieser Tätigkeiten stand mit der Errichtung einer Anlage in Zusammenhang, sondern bezogen sich vielmehr auf bereits errichtete Anlagen. Unter einer Revision wird die Überprüfung und Kontrolle von Maschine und Abläufe verstanden. Ein für die in Rede stehende Steuerbegünstigung erforderliche Herstellung oder Montage von Anlagen liegt diesfalls aber nicht vor. Für diese Tätigkeiten steht daher die Steuerfreiheit des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 nicht zu.

Anders steht es um die in Ulu Tiram/Malaysia durchgeführten Tätigkeiten. Hier war der Berufungswerber mit der Implementierung neuer Crimpanlagen betraut. Dabei wurden neu zugekaufte Crimpanlagen gegen andere, im Werk befindliche, Anlagen ausgetauscht. Dafür mussten sie aber vorher entsprechend modifiziert werden, um im Betrieb eingesetzt werden zu können. Nach dieser Beschreibung ist daher davon auszugehen, dass die neuen Crimpanlagen nicht einfach fertig im Werk aufgestellt, sondern modifiziert und in die Fertigungsstraße integriert werden mussten. Insoweit kann nach Meinung des Unabhängigen Finanzsenates von einer Montage iSd § 3 Abs. 1 Z 10 lit. b EStG 1988 gesprochen werden. Haben sich die übrigen Tätigkeiten (Schulung der Mitarbeiter, Hochlauf der Anlagen) ebenfalls auf die neu montierten Anlagen bezogen, wären sie ebenfalls als begünstigte anzusehen. Ob das der Fall ist oder ob der Berufungswerber neben diesen nicht auch begünstigungsschädliche Tätigkeiten ausgeübt hat, kann mangels Vorlage geeigneter Unterlagen, insbesondere zeitnah geführter Stundenaufzeichnungen, nicht mit Sicherheit beurteilt werden. Es wäre aber am Berufungswerber gelegen, diesen Nachweis zu erbringen, zumal es sich bei der Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 um eine Begünstigungsvorschrift handelt, bei der die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung in den Hintergrund tritt und den Steuerpflichtigen eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft (vgl. Ritz, BAO³, § 115 Tz 12). Der Umstand, dass im Rahmen des Global Engineering keine Stundenaufzeichnungen geführt worden, entbindet den Steuerpflichtigen nicht davon, für steuerliche Zwecke eine entsprechende Beweisvorsorge zu treffen.

Allerdings steht die Steuerfreiheit auch für diese Tätigkeiten selbst bei deren Anerkennung als begünstigte Auslandstätigkeiten nicht zu, und zwar aus folgendem Grund:

Einkünfte für eine begünstigte Auslandstätigkeit sind nur dann steuerfrei, wenn diese Tätigkeit ununterbrochen über den Zeitraum von einem Monat hinausgeht. Da die Tätigkeit in Melbourne/Australien nicht als begünstigte Auslandstätigkeit beurteilt werden konnte, ist für die Berechnung der Monatsfrist nur die Tätigkeit in Malaysia vom bis heranzuziehen. Die Monatsfrist ist nach Maßgabe des § 108 BAO zu ermitteln. Danach enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Wochen oder des letzten Tages des Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Das heißt, dass im Berufungsfall die Monatsfrist am geendet und die zeitliche Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 nur erfüllt worden wäre, wenn die Tätigkeit zumindest bis gedauert hätte. Da sie aber bereits am 2. Juli beendet wurde, war diese Voraussetzung nicht erfüllt, weswegen die Steuerfreiheit auch für die Tätigkeit in Malaysia nicht zur Anwendung gelangen konnte.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Feldkirch, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

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