Zulässigkeit einer Bescheidberichtigung gemäß § 293 BAO
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Miterledigte GZ: |
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RV/0040-F/11 |
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
RV/0013-F/11-RS1 | Die Bestimmung des § 293 BAO dient zur Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens von Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens. Dabei trägt die Bestimmung ua dem Umstand Rechnung, dass auch bei der Unterstützung durch eine automatisierte Daten¬verarbeitungsanlage Fehler unterlaufen können, durch die bewirkt wird, dass der Bescheid anders lautet als es die Abgabenbehörde beabsichtigt hat (vgl. ). Hat das Finanzamt zwar die im Lohnausweis in Euro angegebenen Beträge übernommen, bei der Eingabe aber die Grenzgängerwährung "SFR“ angemerkt, wodurch die Zahlenwerte mit einem Umrechnungskurs für den Schweizer Franken von 0,63 € in Eurobeträge umgerechnet wurden, liegt offenkundig eine tatsächliche Unrichtigkeit des Bescheides vor, die auf einem im Sinne des § 293 BAO berichtigbaren Eingabefehler beruht. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des XY, gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch betreffend Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2006 gemäß § 293 BAO sowie Festsetzung von Anspruchszinsen entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (in der Folge kurz: Bw.) ist als Grenzgänger in Liechtenstein nichtselbständig tätig. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 wurde die Höhe der nicht lohnsteuerpflichtigen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mit 31.302 beziffert. Im der Einkommensteuererklärung angeschlossenen Jahreslohnausweis sind die Lohnbestandteile, die geleisteten Sozialversicherungsbeiträge sowie die Quellensteuer im Einzelnen betragsmäßig angeführt. Neben den Beträgen ist in einer gesonderten Spalte jeweils die Währung "EUR" angegeben. Weiters findet sich der Hinweis: "ACHTUNG: DIE LOHNDATEN SIND IN EURO ANGEGEBEN!"
Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2006 ausgehend von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 19.828,38 € mit 1.435,43 € festgesetzt. Dabei hat das Finanzamt zwar die im Lohnausweis angegebenen Beträge übernommen, bei der Eingabe aber die Grenzgängerwährung "SFR" angemerkt, wodurch die Zahlenwerte mit einem Umrechnungskurs für den Schweizer Franken von 0,63 € in Euro-Beträge umgerechnet wurden.
Am erließ das Finanzamt einen gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006, mit dem die Einkommensteuer unter Zugrundelegung der im Lohnausweis angegebenen Euro-Beträge mit 4.912,34 € festgesetzt wurde. Dagegen erhob der Bw. Berufung und wandte sich nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung mit Vorlageantrag an den Unabhängigen Finanzsenat. Mit Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenats vom , RV/0310-F/09, wurde der Berufung gegen den gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid 2006 Folge gegeben und der angefochtene Berichtigungsbescheid vom aufgehoben.
Daraufhin berichtigte das Finanzamt Feldkirch den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 mit Bescheid vom neuerlich, stützte sich diesmal jedoch auf § 293 BAO. Die Einkommensteuer für das Jahr 2006 wurde erneut unter Zugrundelegung der im Lohnausweis angegebenen Euro-Beträge mit 4.912,34 € festgesetzt. Begründet wurde dies vom Finanzamt im Wesentlichen damit, dass aufgrund einer unrichtig angemerkten Grenzgängerwährung ein fehlerhafter Einkommensteuerbescheid ausgefertigt worden sei. Der Bescheid sei daher gemäß § 293 BAO zu berichtigen gewesen.
Gegen den gemäß § 293 BAO ergangenen Berichtigungsbescheid vom betreffend Einkommensteuer 2006 sowie die daraus resultierende Festsetzung von Anspruchszinsen erhob der Bw. mit Schreiben vom Berufung. Begründend führte er aus, dass aus den von ihm vorgelegten Unterlagen eindeutig ersichtlich gewesen sei, dass seine Einkünfte in Liechtenstein in Euro ausgewiesen worden seien. Wenn dieser Umstand vom Finanzamt nicht wahrgenommen worden sei, könne nicht fast drei Jahre später eine Korrektur dieses Fehlers durch das Finanzamt erfolgen, zumal der erste Bescheid schon über Jahre hinweg rechtsgültig gewesen sei. Er sei der Meinung, dass auch die neue Begründung nicht ausreiche, um den Bescheid zu korrigieren, da bei seiner Erklärung keine unrichtige Grenzgängerwährung angemerkt gewesen sei. Der Fehler sei einzig und allein beim Finanzamt gelegen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des Sachverhaltes und des bisherigen Verfahrensganges begründete das Finanzamt die erneute Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2006 unter Anführung der relevanten Gesetzesbestimmungen (§ 293 BAO sowie §§ 302, 207 und 208 BAO) im Wesentlichen wie folgt: Die Abgabenbehörde habe eine falsche Grenzgängerwährung zur Anwendung gebracht. Dies habe zur Konsequenz gehabt, dass die Höhe der Einkommensteuer für das Jahr 2006 unrichtig, weil von einer falschen Basis aus, berechnet worden sei. Es liege somit ein Anwendungsfall des § 293 BAO vor. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO beginne bezüglich des Abgabenanspruchs für die Einkommensteuer des Jahres 2006 mit Ende des Jahres 2006 zu laufen. Der streitverfangene Abgabenanspruch sei somit noch nicht verjährt. Hinsichtlich des Ermessensgebrauchs wurde vom Finanzamt ausgeführt, dass eine Abwägung zwischen Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu erfolgen habe. Unter Billigkeit werde die Angemessenheit in Bezug auf die berechtigten Interessen der Partei, unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung von Abgaben verstanden. Im gegenständlichen Fall wiege das Interesse an einer korrekten Berechnung der Abgabenschuld und in diesem Zusammenhang die Einbringlichkeit von Abgaben höher, als das Interesse der Partei an einem abgabengünstigen aber unrichtigen Bescheid.
Mit Schreiben vom beantragte der Bw. die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ergänzend führte er aus, dass es nicht sein könne, dass durch eine neue bzw. andere gesetzliche Bestimmung der Fehler der Finanz berichtigt werden könne. Auf dem Lohnausweis sei ganz klar ersichtlich gewesen, dass es sich um Eurobeträge handle.
Über die Berufung wurde erwogen:
Vorab ist bezüglich der formellen Zulässigkeit der verfahrensgegenständlichen Bescheidberichtigung festzuhalten, dass nach der Bestimmung des § 302 Abs. 1 BAO Abänderungen, Zurücknahmen und Aufhebungen von Bescheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zulässig sind. Darüber hinaus sind gemäß § 302 Abs. 2 lit. a BAO von Amts wegen vorgenommene Berichtigungen nach § 293 BAO auch noch innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft des zu berichtigenden Bescheides zulässig.
Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Einkommensteuer fünf Jahre, welche nach der Anordnung in § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Gemäß § 4 BAO entsteht der Abgabenanspruch, soweit keine speziellere Regelung diesen Zeitpunkt bestimmt, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Nach § 4 Abs. 2 lit. a BAO entsteht der Abgabenanspruch bei der zu veranlagenden Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z 1 schon früher entstanden ist.
Im vorliegenden Fall ist demnach der Abgabenanspruch zur Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2006 mit Ablauf des Kalenderjahres 2006 entstanden. Der Berichtigungsbescheid gemäß § 293 BAO erging am und somit noch vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist. Die Jahresfrist nach § 302 Abs. 2 lit. a BAO ermöglicht Berichtigungen gemäß § 293 BAO über die Grundregel des § 302 Abs. 1 BAO hinaus und kommt somit nur dann zur Anwendung, wenn Bescheide (zulässigerweise) außerhalb der Verjährungsfrist erlassen wurden (vgl. Ritz, BAO4, § 293 Tz 14). Verjährung stand der Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2006 gemäß § 293 BAO folglich nicht entgegen.
Zutreffend ist das Finanzamt auch vom Vorliegen eines im Sinne des § 293 BAO berichtigbaren Fehlers ausgegangen.
Gemäß § 293 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen in einem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.
Schreibfehler sind neben Rechtschreibfehlern auch Abschreibfehler, die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich einen berichtigungstauglichen Schreibfehler darstellen (vgl. ; ). Schreib- und Rechenfehler im Sinne des § 293 BAO können auch dann, wenn sie nicht offenbar sind, berichtigt werden. Diesfalls muss das Vorliegen eines Fehlers jedoch ausreichend nachgewiesen werden (vgl. ).
Eine Unrichtigkeit, die ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruht, liegt vor, wenn die Unrichtigkeit - zufolge der Eintragung in eine falsche Zeile des Eingabebogens - gegen den Willen der Behörde in der Folge durch den programmierten Ablauf des maschinellen Veranlagungsverfahrens eintritt und im ausgedruckten Bescheid ihren Niederschlag findet (vgl. ; ). Alle Fehler, die bei händischer Ausfertigung als offenkundige Unrichtigkeiten zu bezeichnen sind, sind auch dann Unrichtigkeiten, wenn sich die Abgabenbehörde beim technischen Vorgang der Erstellung und Ausfertigung des Bescheides einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage bedient (vgl. ). Auch Eingabefehler sind nach § 293 BAO berichtigungsfähig (vgl. ).
Andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende Unrichtigkeiten sind Fehler, die Schreib- und Rechenfehlern sehr nahe kommen. Solche Unrichtigkeiten liegen vor, wenn erkennbar eine Formulierung dem erschließbaren Gestaltungswillen nicht entspricht (vgl. ). Darunter fallen daher zB Flüchtigkeitsfehler oder andere Fehler in der Erklärung des Bescheidwillens, nicht hingegen Fehler im Bereich des Überlegens, des Schlussfolgerns oder des Urteilens; vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 293 Rz 13). Offenkundig ist die Unrichtigkeit dann, wenn jene Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, das sind im Wesentlichen die Behörde und die Parteien des Verfahrens, die Unrichtigkeit erkennen können und für die Behörde der Fehler nach der Aktenlage bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Erlassung des Bescheides zu vermeiden gewesen wäre (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 293 E 12; Ritz, BAO4, § 293 Tz 6, mwN). Insofern muss die Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst ersichtlich sein. Erkenntnisquelle kann insbesondere auch der Akteninhalt sein (vgl. ; ).
Die Bestimmung des § 293 BAO dient somit nicht dazu, Irrtümer der Behörde bei der Auslegung des Gesetzes zu berichtigen, sondern nur zur Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens von Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens. Dabei trägt die Bestimmung ua dem Umstand Rechnung, dass auch bei der Unterstützung durch eine automatisierte Datenverarbeitungsanlage Fehler unterlaufen können, durch die bewirkt wird, dass der Bescheid anders lautet als es die Abgabenbehörde beabsichtigt hat (vgl. , und ).
Indem zwar die im Lohnsteuerausweis angegebenen Beträge richtig in die automationsunterstützte Datenverarbeitungsanlage übertragen wurden, bei der Eingabe aber trotz des auf dem Lohnausweises nicht zu übersehenden Hinweises, dass die Lohndaten in Euro angegeben sind, die Grenzgängerwährung "SFR" angemerkt wurde, wodurch die Zahlenwerte mit einem Umrechnungskurs für den Schweizer Franken von 0,63 in Euro-Beträge umgerechnet wurden, unterlief dem Finanzamt somit ein Fehler, der bewirkte, dass der Bescheid anders lautet, als es das Finanzamt beabsichtigt hat. Aus der Aktenlage ergibt sich nicht der geringste Hinweis dafür, dass der Wille der Behörde darauf gerichtet gewesen wäre, der Besteuerung niedrigere Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu Grunde zu legen als sie vom Berufungsführer erklärt wurden. Selbst der Berufungsführer hat Derartiges nicht behauptet.
Bei entsprechender Aufmerksamkeit seitens des Finanzamtes wäre dieser Fehler bereits bei der Erlassung des Bescheides zu vermeiden gewesen bzw. wäre er bei einer händischen Ausfertigung des Bescheides schon bei der dann händisch erfolgenden Umrechnung der im Lohnausweis angeführten Beträge aufgefallen. Ebenso war für den Bw. die Unrichtigkeit des Einkommensteuerbescheides 2006 vom offenkundig, zumal es für ihn erkennbar gewesen sein muss, dass das Finanzamt bei der Berechnung der Einkommensteuer entgegen seinen tatsächlich erklärten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit lediglich von solchen in Höhe von 19.828,38 € ausging.
Damit liegt aber ohne Zweifel eine tatsächliche Unrichtigkeit des Bescheides vor, die auf einem im Sinne des § 293 BAO berichtigbaren Eingabefehler beruht. Die Berichtigung führte dabei lediglich zur Korrektur dieses Fehlers, die wiederum die rechnerischen Konsequenzen im berichtigten Einkommensteuerbescheid 2006 nach sich zog. Es liegt kein Fehler im Bereich des Überlegens, des Schlussfolgerns oder des Urteilens (und somit kein Fehler im Bereich des Zustandekommens und der Gestaltung des Bescheidwillens) vor. Demgemäß ist mit der vom Finanzamt vorgenommenen Berichtigung auch keine Änderung des im Einkommensteuerbescheid 2006 zum Ausdruck gekommenen Willensentschlusses verbunden.
Soweit der Bw. vorbringt, dass der Fehler einzig und alleine beim Finanzamt gelegen sei und es nicht sein könne, dass durch eine neue bzw. andere gesetzliche Bestimmung der Fehler des Finanzamtes berichtigt werden könne, ist ihm zu entgegnen, dass die Bestimmung des § 293 BAO ja gerade der Beseitigung von Fehlern der Behörde dient. Der Einwand, dass der hier in Rede stehende Fehler ausschließlich dem Finanzamt anzulasten sei, ist ohne Zweifel zutreffend, steht einer Berichtigung aber in keiner Weise entgegen. Auch sieht das Gesetz keine Einschränkung dahingehend vor, dass ein Bescheid nur einmal berichtigt werden kann bzw. eine nach einer anderen Verfahrensbestimmung (im Berufungsfall nach § 293b BAO) vorgenommene, im Berufungsverfahren für unzulässig erklärte Berichtigung, einer nachfolgenden Berichtigung gemäß § 293 BAO entgegensteht. Ein Bescheid kann somit auch mehrfach (hintereinander) berichtigt werden (vgl. Stoll, BAO, Seite 2836, zu § 293b BAO).
Die Anwendung des § 293 BAO ist in das Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde gestellt. Ermessensentscheidungen sind nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Unter Billigkeit wird die Angemessenheit in Bezug auf die berechtigten Interessen der Partei verstanden. Die Billigkeit gebietet etwa die Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie des steuerlichen Verhaltens und der wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei (vgl. Stoll, BAO, 208). Unter Zweckmäßigkeit ist das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben, aber auch die Bedachtnahme auf Sinn und Zweck gesetzlicher Vorschriften zu verstehen (vgl. ). Daher ist zB für Berichtigungen gemäß § 293 BAO insbesondere der Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit vor jenem der Rechtsbeständigkeit (vgl. Ritz, BAO4, § 293 Tz 10) sowie der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu beachten, welcher erfordert, dass Fehler bei der Steuerbemessung mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln zu vermeiden oder zu beseitigen sind (vgl. ). Darüber hinaus ist bei der Ermessensübung auch das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung zu beachten. So spricht etwa die Geringfügigkeit der Auswirkungen gegen die Vornahme einer Bescheidberichtigung nach § 293 BAO (vgl. , 2008/16/0086).
Aufgrund der - wie oben erläutert - auch für den Bw. offenkundigen Unrichtigkeit des Einkommensteuerbescheides 2006 liegt auch kein Vertrauenstatbestand vor, der im Rahmen der Ermessensübung entsprechenden Anlass geben würde, den Grundsatz von Treu und Glauben in besonderem Maße zu berücksichtigen. Außerdem schützt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ; ; ) der Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit. Vielmehr ist die Behörde verpflichtet, von einer als unrichtig erkannten abgabenrechtlichen Beurteilung im Rahmen der vom Gesetz vorgesehenen Mittel abzugehen. Das in Art. 18 B-VG verankerte Legalitätsprinzip, wonach die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf, ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (vgl. ; ; ) grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, insbesondere jener von Treu und Glauben.
Unter Bedachtnahme auf die oben dargelegten Grundsätze erweist sich die Ermessensübung durch das Finanzamt als rechtmäßig, zumal bei einem Differenzbetrag von 3.476,91 € (Abgabennachforderung aufgrund der Bescheidberichtigung) auch nicht von geringfügigen Auswirkungen ausgegangen werden kann, die gegen eine Vornahme einer Bescheidberichtigung nach § 293 BAO sprechen würden. Darüber hinaus überwiegen jedenfalls die öffentlichen Interessen an der Einbringung der Abgaben und der Sinn und Zweck des § 293 BAO (Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit vor jenem der Rechtsbeständigkeit, Gleichmäßigkeit der Besteuerung) die berechtigten Interessen des Bw., zumal aus der Aktenlage auch keine unter dem Gesichtspunkt einer Unbilligkeit zu berücksichtigenden Umstände hervorgehen.
Die Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2006 gemäß § 293 BAO erweist sich somit insgesamt als rechtmäßig und war die Berufung daher als unbegründet abzuweisen.
Der Bw. hat weiters die Festsetzung von Anspruchszinsen bekämpft und dies im Ergebnis mit der Rechtswidrigkeit des gemäß § 293 BAO berichtigten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2006 begründet. Nachdem aber aus den oben dargelegten Gründen die Berufung gegen den Berichtigungsbescheid vom als unbegründet abgewiesen wurde, konnte auch der Berufung gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen kein Erfolg beschieden sein. Hinzu kommt, dass Anspruchszinsen nach dem Normzweck des § 205 BAO die Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben, wobei jede Nachforderung bzw. Gutschrift gegebenenfalls einen (neuen) Anspruchszinsenbescheid auslöst und aufgrund der Bindung des Zinsenbescheides an die Höhe der im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides der Zinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar ist, der maßgebende Stammabgabenbescheid sei rechtswidrig (vgl. Ritz, BAO4, § 205 Tz 34; ebenso , mwN).
Feldkirch, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at