Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 25.01.2010, RV/2456-W/09

Unzulässiger Antrag ist zurückzuweisen


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Miterledigte GZ:
RV/2655-W/09
RV/2656-W/09
RV/2751-W/09
RV/2752-W/09

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Berufungswerbers (Bw), Adresse, gegen die die Anträge auf Aufhebung gemäß § 302 Abs. 2 lit. c BAO zurückweisenden Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, betreffend 1. Bescheid zur Umsatzsteuer für das Jahr 2000 (RV/2655-W/09), 2. Bescheid zur Umsatzsteuer für das Jahr 2001 (RV/2656-W/09), 3. Bescheid zur Umsatzsteuer für das Jahr 2003 (RV/2456-W/09), 4. Bescheid zur Einkommensteuer für das Jahr 2002 (RV/2751-W/09) und 5. Bescheid zur Einkommensteuer für das Jahr 2003 (RV/2752-W/09), entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schriftsätzen vom 1.) , 2.) , 3.) , 4.)  und 5.)  stellte der Berufungswerber Anträge, die Bescheide, betreffend 1.) Umsatzsteuer für das Jahr 2000, 2.) Umsatzsteuer für das Jahr 2001, 3.) Einkommensteuer für das Jahr 2002, 4.) Umsatzsteuer für das Jahr 2003 und 5.) Einkommensteuer für das Jahr 2003, gemäß § 302 Abs. 2 lit. c BAO bzw. Abs. 1 lit. c leg. cit. aufzuheben.

Von den betroffenen Abgabenverfahren wurden alle außer dem bezüglich Einkommensteuer für das Jahr 2003 mit Berufungsentscheidungen abgeschlossen. Im Einkommensteuerverfahren 2003 entschied der unabhängige Finanzsenates infolge des Zuständigkeitsüberganges aufgrund eines Devolutionsantrages mit Abgabenbescheid. Die gegen die Berufungsentscheidungen bezüglich Umsatzsteuer für die Jahr 2000 und 2001 und bezüglich Einkommensteuer für das Jahr 2002 erhobenen Beschwerden wurden vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnissen vom , Zlen. 2004/13/0124 und 2006/13/0172, als unbegründet abgewiesen. Zu den die Umsatz- und die Einkommensteuer für das Jahr 2003 betreffenden Bescheiden sind beim VwGH Bescheidbeschwerden anhängig.

Mit fünf Bescheiden vom wies die Amtspartei unter Wiedergabe des Wortlautes des § 299 Abs. 1 BAO die Anträge ab, weil es sich bei den aufzuhebenden Bescheiden um Berufungsentscheidungen des UFS handle, weshalb sich die Antrag als unzulässig erwiesen.

Gegen diese Bescheide richten sich die gegenständlichen Berufungen, mit welchen ausgeführt wird, dass der Bw seinen Antrag auf Aufhebung gemäß § 302 Abs. 2 lit. c BAO gestellt habe, und nicht gemäß § 299 BAO, wie das Finanzamt behaupte.

Als weiteres Argument wird vorgetragen, die angesprochenen Berufungsentscheidungen seien funktionell Bescheide des Finanzamtes (I. Instanz), da die Berufungsentscheidungen die angefochtenen Bescheide bloß abgeändert, aber nicht aufgehoben hätten. Die Berufungsentscheidungen befänden sind im Rechtsbestand der I. Instanz. Auch ein Wiederaufnahmsantrag sei bei der I. Instanz einzubringen, wenn der ordentliche Instanzenweg ausgeschöpft sei. Zur Einkommensteuer 2003 wird eingewandt, dass auch diesbezüglich funktionell ein erstinstanzlicher, also Finanzamtsbescheid, vorliege, da ein Devolutionsantrag eingebracht worden sei. Auch die Berufungsentscheidung des GZ RV/0088-W/04 (Anm. richtig Bescheid des UFS, GZ RD/0088-W/04), stehe im Rechtsbestand der I. Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Rechtsgrundlagen: Gemäß § 302 Abs. 1 BAO sind Abänderungen, Zurücknahmen und Aufhebungen von Bescheiden, soweit nicht anderes bestimmt ist, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist, Aufhebungen gemäß § 299 jedoch bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe (§ 97) des Bescheides zulässig.

Gemäß § 302 Abs. 2 lit. c BAO sind darüber hinaus Aufhebungen nach § 299, die wegen Widerspruches mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen oder mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union erfolgen, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist oder wenn der Antrag auf Aufhebung innerhalb dieser Frist eingebracht ist, auch nach Ablauf dieser Frist; zulässig.

§ 299 Abs. 1 BAO lautet: Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Gemäß § 300 Abs. 1 BAO können das Bundesministerium für Finanzen und die Abgabenbehörde zweiter Instanz unter den in lit. a bis d genannten Voraussetzungen einen von ihnen selbst erlassenen, beim Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde angefochtenen Bescheid aufheben.

2. festgestellter Sachverhalt: Als entscheidungserheblicher Sachverhalt wird festgestellt, dass der Bw die fünf Aufhebungsanträge laut Spruch auf § 302 Abs. 2 lit. c BAO stützt, also Anträge auf Aufhebung gemäß § 302 Abs. 2 lit. c BAO meint. Für diese Sachverhaltsannahme sprechen die Formulierungen in sämtlichen Aufhebungsanträgen sowie das in fünf Berufungsschriftsätzen zum Ausdruck gebrachte Begehren, er habe ausdrücklich die Aufhebung nicht auf § 299, sondern auf § 302 Abs. 2 lit. c BAO stützen wollen.

3. rechtliche Beurteilung: § 302 BAO ist eine Fristen regelnde Norm. Ob es jedoch zulässig ist, einen - allenfalls bereits rechtskräftig gewordenen - Bescheid im Wege einer Bescheidaufhebung aus dem Rechtsbestand zu beseitigen und an seiner Stelle einen anderen Bescheid zu erlassen, ist aber anhand jener Norm zu prüfen, welche die Voraussetzungen nennt, unter denen eine Bescheidaufhebung erfolgen darf (Tatbestandsnorm). Die abgabenrechtliche Verfahrensordnung (BAO) regelt die Bescheidaufhebung in §§ 299 für von der Abgabenbehörde erster Instanz erlassene Bescheide und in § 300 für vom BMF oder vom UFS erlassene Bescheide und nur bei Sachverhalten, die unter die in §§ 299, 300 BAO subsumiert werden können, ist eine Aufhebung zulässig. Dass der UFS als bescheiderlassende Behörde auf sämtlichen Bescheiden aufscheint, wird vom Bw auch gar nicht in Abrede gestellt. Die Fristeneinhaltung iSd § 302 BAO ist erst die daran anschließende Frage.

Der Bw sieht seinen Aufhebungsanträgen Fragen des Gemeinschaftsrechts zu Grunde liegen, obgleich der UFS in der Berufungsentscheidung vom , RV/1628-W/06, zu Aufhebungsanträgen gemäß § 299 BAO, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1996 bis 1999, bereits ausgesprochen hat, dass die entscheidungserheblichen Sachverhalte keine Rechtsfragen des Gemeinschaftsrechtes aufwerfen.

Dass eine Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO bei Bescheiden, die der unabhängige Finanzsenat als Abgabenbehörde II. Instanz erlassen hat, nicht in Betracht kommt, sondern ausschließlich eine nach § 300 BAO, ist dem Bw aus mehreren UFS-Entscheidungen bereits bekannt (zB ). Zurückweisungsbescheide zu Aufhebungsanträgen gemäß § 299 BAO im Zusammenhang mit Berufungsentscheidungen haben dazu geführt, dass der Bw sodann die Aufhebung nicht zur Berufungsentscheidung beantragte, sondern zum zuvor ergangenen Erstbescheid, was ebenfalls als unzulässig zu beurteilen war (zB , RV/2578-W/06), weil der angefochtene Bescheid bei Vorliegen einer in dieser Sache ergangenen Berufungsentscheidung nicht mehr dem Rechtsbestand angehört.

Dass im Fall von Bescheidabänderungen durch Berufungsentscheidungen die Inhalte beider Bescheide gemeinsam zu betrachten sind, zumal auch der Verwaltungsgerichtshof im Fall einer Beschwerde die Abgabenbehörde I. Instanz und den unabhängigen Finanzsenat gemeinsam als belangte Behörde betrachtet, ändert nichts daran, dass in sämtlichen vom Bw begehrten Bescheidaufhebungen die Bescheide vom unabhängigen Finanzsenat erlassen worden sind, weshalb ausschließlich eine Aufhebung nach § 300 BAO zulässig wäre. Besonders deutlich wird dies zum vom UFS funktional als Erstbescheid erlassenen Abgabenbescheid, der nur mit Beschwerde vor den Höchstgerichten anfechtbar war.

Die von der Amtspartei mit den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Zurückweisung ist daher nicht zu beanstanden, sie ist jedoch bei diesem Berufungswerber, der stets alles ausschließlich sehr wörtlich nimmt, wie auch dieses Berufungsverfahren zeigt, in sachgerechter Weise damit zu begründen, dass die Unzulässigkeit darin zu erblicken ist, weil ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 302 Abs. 2 lit. c BAO in der Bundesabgabenordnung nicht vorgesehen ist und sich der Antrag aus diesem Grund als unzulässig erweist.

Es liegt ein ganz besonders gelagerter Einzelfall vor, die eine sehr spezielle Rechtsprechung erforderlich macht. Es ist dem Bw aber durchaus zu Gute zu halten, dass er sich bemühte, den Boden der Bundesabgabenordnung, anders als in den Fällen erfundener Anträge, wie den Anträgen auf Neufestsetzung, zu bewahren (siehe , und die darin dargestellte Vorgeschichte und angeführten Verfahren), weshalb es nicht rechtswidrig anzusehen ist, wenn die Amtspartei über den unzulässigen Antrag bescheidmäßig abgesprochen hat.

Des Weiteren gibt es keinen Rechtsbestand der I. Instanz oder Rechtsbestand der II. Instanz. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Wiederaufnahme eines Verfahrens gemäß § 303 BAO sind mit jenen der Bescheidaufhebung gemäß §§ 299, 300 BAO nicht vergleichbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Anbringen
Antrag
Rechtsschutz
Zurückweisung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at