Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 25.01.2010, RV/0724-L/08

Mittelpunkt der Lebensinteressen in den USA

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für x, für die Zeit von Oktober 2006 bis Februar 2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für das minderjährige Kind der Berufungswerberin für die Zeit von Oktober 2006 bis Februar 2008 in Höhe von insgesamt € 2.664,00 unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 zurückgefordert.

Die dagegen eingebrachte Berufung wurde damit begründet, dass der Wohnsitz und der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Berufungswerberin immer in Österreich gewesen sei, auch in der Zeit, in der sie ihren Mann in Amerika besucht habe. Eine Anzahl schwieriger Umstände (Fehlgeburt, Risikoschwangerschaft und Kaiserschnitt) hätten sie veranlasst, länger in den USA zu bleiben als geplant.

Mit Berufungsvorentscheidung vom hat das Finanzamt die Berufung als unbegründet abgewiesen. Da die Berufungswerberin mit den Kindern bei ihrem Gatten in den Vereinigten Staaten gelebt habe, habe kein Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich und somit kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland bestanden.

Im Vorlagenantrag vom wird angeführt, dass es für die Berufungswerberin keine einfache Lebenssituation gewesen sei. Sie sei außerdem sofort nach der Geburt ihrer Tochter ehestmöglich zurückgekehrt. Ihr Mittelpunkt der Lebensinteressen und ihr wirtschaftliches Interesse würden auf jeden Fall in Österreich liegen. Das beweise schon alleine die Tatsache, dass sie in Amerika keinerlei finanzielle Unterstützung vom Staat beantragt habe.

Mit Vorhalt vom ersuchte der Unabhängige Finanzsenat die Berufungswerberin um Beantwortung folgender Fragen.

"1) Wann genau sind Sie bzw. Ihr Kind Y in die USA ausgereist, bevor Sie im März 2008 nach Österreich zurückkehrten? 2) Hatten Sie während der Zeit in den USA einen Wohnsitz in Österreich? Wenn ja, wo genau? Laut Auszug aus dem Zentralen Melderegister erfolgte eine Abmeldung des Wohnsitzes in A., mit . 3) Waren Sie und/oder Ihre Kinder seit der Rückkehr im März 2008 nochmals in den USA? Wenn ja, wie lange genau? 4) Hält sich Ihr Ehegatte D. bereits in Österreich auf? Wenn ja, seit wann genau?"

Mit Schreiben vom teilte die Berufungswerberin dazu Folgendes mit.

"1. Mein Sohn Y.Z. und ich sind am 4./ in die USA gereist. 2. Wir hatten während unseres Aufenthaltes in den USA den Wohnsitz in A.B., einerseits da wir nicht vor hatten länger als drei Monate zu bleiben und andererseits gab es für uns keine Möglichkeit einen Wohnsitz in den USA anzumelden. Die Änderung im Zentralen Melderegister vom betraf ausschließlich meinen Mann C.D.. 3. Meine Kinder und Ich waren seit unserer Rückkehr am nicht mehr in den USA. 4. Mein Mann Christopher D. ist bei uns in Österreich seit ."

Am richtete der Unabhängige Finanzsenat folgenden Vorhalt an die Berufungswerberin. "Sehr geehrte Frau D.T.!

Laut vorliegender Unterlagen nahm Ihr Kind Y.Z. bereits im Jänner 2006 ärztliche Hilfe in den USA in Anspruch. Eine weitere Rechnung ist mit datiert.

Das lässt darauf schließen, dass sich jedenfalls das Kind Y.Z. mindestens seit Anfang Jänner 2006 in den USA aufhielt.

Sie werden ersucht, dazu innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens Stellung zu nehmen, ansonsten laut Aktenlage über die Berufung zu entscheiden sein wird."

In der Stellungnahme vom erklärt die Berufungswerberin, dass sie vom bis am Gestütt xx GmbH in YY gearbeitet habe. Sie seien am mit 10 Pferden für Monate auf das von ihrem damaligen Arbeitgeber andere Gestütt in Florida geflogen. In dieser Zeit habe ihr damals 11 Monate alter Sohn durch einen Windelausschlag ärztliche Hilfe benötigt, dies sei auch der Grund für die aufliegende Rechnung vom . Sie könne versichern, dass ihr Aufenthalt in den USA rein beruflich gewesen sei, durch die Entscheidung ihres damaligen Arbeitgebers.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 2 Abs 1 lit a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder. Der Anspruch auf Familienbeihilfe wird durch Abs 8 der genannten Bestimmung an das Vorliegen einer weiteren Voraussetzung geknüpft, da nach diesem Absatz ein Anspruch nur für Personen besteht, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Erläuternd normiert der Gesetzestext, dass eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat hat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Zur Definition des Mittelpunktes der Lebensinteressen vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine Person zwar über mehrere Wohnsitze verfügen, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen haben kann. Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen auf Grund der Geburt, der Staatsangehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt. Daraus folgt, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer verheirateten Person - bei gemeinsamer Haushaltsführung - regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein wird (). Bei Bestehen mehrerer Wohnsitze sind die auf diese entfallenden Aufenthaltszeiten ein bedeutsames quantitatives Kriterium ().

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 89/14/0054, ausführte, normiert § 2 Abs 8 FLAG 1967 den (ständigen) Aufenthalt eines Antragstellers im Inland nicht einmal als zwingende Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Berufungswerberin in einem bestimmten Zeitraum in Österreich befunden hat oder nicht. Dabei ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass es - allenfalls im Gegensatz zu vergangenen Zeiten - auf Grund der verstärkt zu erkennenden Mobilität beispielsweise durchaus immer häufiger der Fall ist, dass eine Berufsausbildung aber auch eine berufliche Tätigkeit über einen bestimmten Zeitraum an einem Ort, in einem anderen Zeitraum an einem anderen Ort ausgeübt wird und dies dazu führen kann, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen - auch mehrmals - verlagert. Gleiches gilt auch für die Aufnahme bzw. Beendigung persönlicher Beziehungen, die einen (wiederholten) Wohnortwechsel mit sich bringen können. Dies vorausgeschickt kommt den oben bereits erwähnten Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes zum "Familienwohnsitz" für die Festlegung des Ortes, an welchem sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet, entscheidende Bedeutung zu.

Wie die Berufungswerberin selbst erklärt, ist sie mit ihrem Sohn im September 2006 in die USA gereist, wo sich auch ihr Ehegatte aufhielt und am das Kind S. geboren wurde. Die Rückkehr nach Österreich erfolgte am .

Im gegenständlichen Fall steht für den Unabhängigen Finanzsenat fest, dass die Berufungswerberin mit dem Ehegatten und ihrem gemeinsamen Kind in den USA einen gemeinsamen Wohnsitz begründet haben und sie an diesem Wohnsitz durchgehend und überwiegend lebten, ab November 2007 auch mit dem neugeborenen Kind. Spätestens mit dieser gemeinsamen Wohnsitznahme hat somit jedenfalls auch eine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen an den Ort dieses gemeinsamen Wohnsitzes stattgefunden. Entscheidend ist lediglich, ob sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem von der Antragstellung umfassten Zeitraum in Österreich befunden hat, was im gegenständlichen Fall - wie oben ausgeführt - nicht gegeben ist. Somit bestand aber im Berufungszeitraum kein Anspruch auf die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. a Einkommensteuergesetz 1988).

Aus den angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Linz, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

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