Nachträglich rückgezahlte Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung in der Pensionsversicherung stellen keinen Nachversteuerungstatbestand des § 18 Abs.4 EStG dar.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige
Finanzsenat hat über die Berufung des GH, Architekt, 1170 Wien,
PGasse, vertreten durch WTH Gerhard Martincevic, Wirtschaftstreuhänder,
1030 Wien, Esteplatz 3/9, vom gegen den Bescheid des
Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk vom betreffend
die Einkommensteuer des Jahres 1995 entschieden:
Der Berufung
wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird
abgeändert.
Die
Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ist dem Ende der folgenden
Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu
entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Bw. erzielte im berufungsgegenständlichen Jahr
Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Architekt, Einkünfte aus
Gewerbebetrieb (aus Beteiligungen), Einkünfte aus Kapitalvermögen,
sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Im
Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes
vom (gem. § 293 b Bundesabgabenordnung zur
erklärungsgemäßen Veranlagung vom ) werden vom
Finanzamt für den Bw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
(Bezugauszahlende Stelle Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten) in
Höhe von S 454.709 der Besteuerung unterzogen.
In der Bescheidbegründung vertritt das Finanzamt die
Auffassung, dass die im Jahre 1995 von der Pensionsversicherungsanstalt der
Angestellten rückgeflossenen Beiträge, als
sonstige Einkünfte im Sinne des
§ 29 Z 3 EStG 1988 zu qualifizieren seien.
Mit erhebt der Bw. gegen den
Einkommensteuerbescheid vom
Berufung:
Der Hauptverband der österreichischen
Sozialversicherungsträger habe im Jahre 1995 festgestellt, dass der Bw. ab
nach dem gewerblichen Sozialversicherungsgesetz pflichtversichert
sei, für die Dauer einer Pflichtversicherung jedoch eine freiwillige
Weiterversicherung nicht zulässig sei. Die in den Jahren 1990 bis 1994
vorgeschriebenen, und als Sonderausgaben zur freiwilligen Weiterversicherung in
der Pensionsversicherung abgesetzten Beträge, seien daher an den Bw.
zurückbezahlt worden.
Unter Bezugnahme auf § 29 Abs. 3 EStG 1988 habe das
Finanzamt den zugeflossenen Betrag als Rückzahlung einer Leistung
qualifiziert und der Besteuerung unterzogen.
Da es sich jedoch um eine Rückvergütung
fälschlich vorgeschriebener Pensionsversicherungsbeiträge handle,
einer derartigen Rückzahlung aber
weder eine Leistung, noch eine
Duldung zugrunde liege, falle dies nicht unter den Tatbestand des §
29 Abs. 3. Der Bescheid sei somit rechtswidrig ergangen.
Das Finanzamt weist die Berufung mit
Berufungsvorentscheidung vom ab und führt in der Begründung vom dazu
aus:
"Gemäß
§
15 EStG liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte
Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 (3) Z 4 - 7
zufließen. Die Ihnen von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten
rückgezahlten Beiträge in Höhe von ATS 454.709 sind als
Einkünfte
aus nichtselbständiger Arbeit gem.
§ 2 (3) Z 4 und § 25 EStG zu behandeln ()".
Mit begehrt der Bw. die
Vorlage der Berufung an die zweite
Instanz.
Das Finanzamt habe in der Berufungsvorentscheidung die
Rückvergütung der Pensionsversicherungsbeiträge aufgrund eines
Lohnzettels der Pensionsversicherungsanstalt als Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit behandelt. Zwischenzeitig sei die Veranlagung
wegen geänderter Ergebniszuweisungen aus Beteiligungen durch den Bescheid
vom ersetzt worden. Die Erfassung der Rückvergütung von
Beiträgen zu einer freiwilligen Weiterversicherung als Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit sei fehlerhaft. Es bestünde kein
Dienstverhältnis mit der Pensionsversicherungsanstalt.
Die Rückzahlung von Versicherungsprämien für
eine freiwillige Weiterversicherung stellen keine Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit dar, und seien auch nicht unter dem Tatbestand
des § 29 Abs. 3 EStG zu subsumieren.
Über
die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 15 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem
Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des
§ 2 Abs. 3 Z. 4 - 7 EStG zufließen. Gemäß
§ 25
Abs. 1 Z. 1 EStG sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit alle
Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren
Dienstverhältnis.
Einkünfte, die in der Aufzählung des § 2
Abs. 3 EStG 1988 nicht enthalten sind, unterliegen nicht der
Einkommensteuer.
Gem. § 18 Abs. 1 Z 2 sind Beiträge und
Versicherungsprämien zu einer freiwilligen Kranken-, Unfall- oder
Pensionsversicherung bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben
abzuziehen, soweit sich nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.
In § 18 Abs. 4 sind jene Fälle genannt, bei denen
als Sonderausgaben abgesetzte Beträge nachzuversteuern sind.
Zu den Einkünften zählen aber rückgezahlte
Werbungskosten wie z. B.
rückerstattete Arbeitnehmerbeiträge aus der gesetzlichen
Sozialversicherung gem. §§ 269 und 529 Abs. 5 ASVG ().
Vom Arbeitgeber rückgezahlte Werbungskosten
unterliegen dem Lohnsteuerabzug. Erfolgt die Rückzahlung von
Pflichtbeiträgen durch einen Sozialversicherungsträger hat bei
Auszahlung von Pflichtbeiträgen gem. § 25 Abs. 1 Z 3 lit. d EStG 1988
die auszahlende Stelle im Hinblick auf die Erfassung derartiger Bezüge im
Veranlagungsverfahren einen Lohnzettel auszustellen (§ 69 Abs. 5 EStG 1988)
und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln.
Sofern diese
Pflichtbeiträge (auch teilweise)
auf Grund des Vorliegens von Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit
einzubehalten bzw. zu entrichten waren, sind die erstatteten
(rückgezahlten) Beiträge zur Gänze als Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit zu erfassen.
Werden dem Steuerpflichtigen Werbungskosten in einem
späteren Jahr erstattet, so fließen ihm im Rahmen der jeweiligen
Einkunftsart Einnahmen im Sinne des § 15 EStG zu, die bei der Ermittlung
der Einkünfte zu berücksichtigen sind (vgl.
Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch 2 § 16 EStG
Tz 26; Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 15 EStG
Tz. 2 Seite 4, sowie Slg. 4970/F). Dem entspricht für den
umgekehrten Fall die Bestimmung des § 16 Abs. 2 EStG, wonach zu den
Werbungskosten grundsätzlich auch die Erstattung (Rückzahlung) von
Einnahmen zählt.
Wie der VwGH im vom Finanzamt in der
Berufungsvorentscheidung angeführten Erkenntnis 89/14/0178 vom
ausgeführt hat, unterliegt die Rückzahlung der vom Bf. an den
Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer geleisteten Pflichtbeiträge, die in
den Vorjahren bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als
Werbungskosten abgezogen wurden, im Jahr des Rückflusses als Einnahmen bei
den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Besteuerung.
Da aber für den hier zu beurteilenden Fall die
Geltendmachung als Sonderausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 2 zu Recht
erfolgt ist, ein Nachversteuerungstatbestand des § 18 Abs. 4 EStG 1988
nicht gegeben ist (so auch die Ansicht des Finanzamtes), und die
rückgefolssenen Beträgen keine Einkünfte im Sinne § 2 Abs. 3
EStG 1988 darstellen, war der Berufung stattzugeben.
Beilage :
1 Berechnungsblatt
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 18 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | rückgezahlte Versicherungsbeiträge Sonderausgaben Nachversteuerung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at