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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.10.2018, RV/7103177/2016

Keine abzugsfähigen Kinderbetreuungskosten bei reinem Schulgeld für eine Privatschule

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. über die Beschwerde der Bf, Adr, vertreten durch Dr. Jakob Schmalzl Schwechater Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsges.m.b.H., Bruck Hainburger Str 1, 2320 Schwechat vom , gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer 2013  zur Steuernummer 38 1******* zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf / Sachverhaltsdarstellung

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2013, datiert mit , erging von Amts wegen. In der Begründung wurde angeführt, dass die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steuererklärung gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt wurden. Dabei wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit € 6.600,-- schätzungsweise ermittelt. Den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wurden die Lohnzettel, die bei der belangten Behörde auflagen, zugrunde gelegt. Die Zustellung erfolgte ohne Zustellnachweis.

Die dagegen eingebrachte Beschwerde, datiert mit , eingelangt bei der belangten Behörde am , ist - auszugsweise - wie folgt begründet:
"[...] Vom Finanzamt wurden die Einkommensteuer 2013 und die Umsatzsteuer 2013 im Schätzungswege festgesetzt.
Wir haben die Steuererklärungen 2013 und Einnahmen/Ausgaben Rechnung 2013 jetzt erstellt. Im Jahr 2013 war Frau Bf Kleinunternehmerin. Der Erlös hat € 24.371,45 betragen. Die Rechnungen wurden ohne Umsatzsteuer ausgestellt. Daher ist die Umsatzsteuer von € 4.400,00 auf € 0,-- zu korrigieren. Beiliegend übersenden wir Ihnen die Rechnungskopien. Aus der Einnahmen/Ausgaben Rechnung 2013 ergibt sich ein Gewinn von € 5.885,66, abzüglich des 13% Gewinnfreibetrag von € 765,13 ergibt dies einen zu versteuernden Gewinn von € 5.120,53. Weiters legen wir das Journal 2013 und die Ausgangsrechnungen 2013 bei.
Es werden daher folgende Anträge gestellt:

  • Antrag auf ersatzlose Aufhebung der hier bekämpften Bescheide und Veranlagung im obigen Sinn

  • Antrag auf Aussetzung der Einhebung der strittigen Beträge iHv € 5.255,00 gem. § 212a BAO

  • Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch den gesamten Senat und Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Wie besprochen legen wir auch die Arbeitnehmerveranlagungen 2011 und 2012 bei. Die Bestätigungen für die von uns beantragten Kinderbetreuungskosten für die Jahre 2011, 2012, 2013 und 2014 legen wir auch bei. [...]"

Neben ausgefüllten Steuererklärungsformularen waren auch zwei vom Oktober 2015 ausgestellte Bestätigungen der Kinderbetreuungseinrichtung beigelegt:

und

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der angefochtene Bescheid abgeändert. Es wurden nunmehr Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 5.885,66 in Ansatz gebracht. Darüber hinaus erfolgten keine Änderungen. Dennoch heißt es in der Begründung: "Der Beschwerde wird antragsgemäß entsprochen".

Vorlageantrag

Mit Schriftsatz vom , eingelangt bei der belangten Behörde am wird hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2013 der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt. Die diesbezügliche Begründung lautet wie folgt:
"Die obigen Ausführungen betreffend die Aufwendungen für die Kinderbetreuung gelten für die entsprechenden Ausgaben im Jahr 2013 in Höhe von € 2.280,00 sinngemäß. Darüberhinaus wird die von uns vertretene Steuerpflichtige in dem Recht auf Berücksichtigung des Kinderfreibetrages gemäß § 106a EStG bei der Ermittlung Ihres Einkommens sowie in dem Recht auf Berücksichtigung des Grundfreibetrages gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb verletzt.

Mit der Einkommensteuererklärung 2013 wurde der Kinderfreibetrag in Höhe von € 220,00 für den Sohn der von uns vertretenen Steuerpflichtigen sowie der Grundfreibetrag in Höhe von € 765,13 betreffend die Einkünfte aus Gewerbebetrieb geltend gemacht. Auch diese sind im angefochtenen Bescheid ohne Begründung nicht berücksichtigt.

Wir stellen daher den Antrag auf Festsetzung der Einkommensteuer 2013 unter Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 34 Abs. 9 EStG für Aufwendungen für die Kinderbetreuung in Höhe von € 2.280,00, unter Berücksichtigung des Kinderfreibetrages gemäß § 106a EStG in Höhe von € 220,00 sowie unter Berücksichtigung des Grundfreibetrages gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 EStG in Höhe von € 765,13 bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb."

Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Finanzamt als belangter Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass im Zuge der Erstellung der Beschwerdevorentscheidung vom Bearbeiter die Formblätter E1a und "E1k für den Kinderfreibetrag im Ausmaß von Euro 220,00 und den nachgewiesenen Kinderbetreuungskosten im Ausmaß von Euro 2.280,00" nicht in die Datenbank eingebracht wurden. Daher wurde "beantragt der Beschwerde im nachgewiesenen Ausmaß stattzugeben."

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die gegenständliche Beschwerde der Gerichtsabteilung 1059 zugewiesen.

Zurücknahme von Anträgen

Mit Telefax vom hat der steuerliche Vertreter den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie den Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurückgenommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit übte die Beschwerdeführerin im Jahr 2013 auch eine gewerbliche Tätigkeit aus und erzielte daraus einen Gewinn in Höhe von € 5.885,66; nach Berücksichtigung des Gewinnfreibetrages in Höhe von 13 % des Gewinns, das sind € 765,13, verbleiben steuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 5.120,53.

Der Sohn der Beschwerdeführerin, für den sie Familienbeihilfe bezogen und den Kinderabsetzbetrag beansprucht hatte, besuchte im Jahr 2013 die Schule in Ort1 im Schulzweig der Volksschule. Die Schule in Ort1 ist eine Privatschule des Vereins "Kinderbetreuungseinrichtung". Für den Schulbesuch war Schulgeld zu entrichten. Darüber hinaus wurden auch Betreuungsleistungen in Anspruch genommen, die ebenfalls bezahlt werden mussten. Die Kosten gliedern sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Leistungsart
Betrag
01/2013-06/2013
Schulgeld
     576,00
07/2013-12/2013
Schulgeld
     404,00
 
 
     980,00
 
 
 
01/2013-06/2013
Tagesheim
     906,00
07/2013-12/2013
Nachmittagsbetreuung
     394,00
 
 
  1.300,00
 
 
 
 
Gesamt
  2.280,00

Beweiswürdigung

Die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb ist grundsätzlich nicht strittig, zumal das Finanzamt die Stattgabe der Beschwerde im Vorlagebericht beantragt hatte. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass das Finanzamt die Unterlagen, die der Beschwerde offenbar beigelegt waren (Journal 2013 und Ausgangsrechnungen 2013) einer Überprüfung unterzogen hatte. Gemäß § 163 Abs 1 BAO haben Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften der §§ 131 und 131b BAO entsprechen, die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen. § 131 BAO verweist unter anderem auf § 124 BAO, womit auch Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen ("Aufzeichnungen"- vgl. Ritz, BAO6, § 124 Tz 2) erfasst sind. Insofern konnten die Daten aus den Abgabenerklärungen, die der Beschwerde beigelegt und dem Bundesfinanzgericht auch vorgelegt wurden, der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

Die Tatsache der Bezahlung von Schulgeld und von Betreuungskosten sowie deren Höhe ist aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bestätigungen ("Bestätigung für das Finanzamt" für einen "Zeitraum von 2013/01 bis 2013/06" sowie "Schulgeldbestätigung für einen "Zeitraum von bis ") zu entnehmen und als erwiesen anzusehen. Aus der elektronischen Familienbeihilfendatenbank, in die Einsicht genommen wurde, ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2013 für ihren Sohn Familienbeihilfe (inkl. Kinderabsetzbetrag) bezogen hatte.

Rechtsgrundlagen

§ 10 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 lautet:

Gewinnfreibetrag

§ 10. (1) Bei natürlichen Personen kann bei der Gewinnermittlung eines Betriebes ein Gewinnfreibetrag nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewinnmindernd geltend gemacht werden:
1. Bemessungsgrundlage für den Gewinnfreibetrag ist der Gewinn, ausgenommen
– Veräußerungsgewinne (§ 24),
– Einkünfte im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 und 2, auf die der besondere Steuersatz des § 27a Abs. 1 angewendet wird.

2. Der Gewinnfreibetrag beträgt:
– Für die ersten 175 000 Euro der Bemessungsgrundlage .........13%,
– für die nächsten 175 000 Euro der Bemessungsgrundlage ........7%,
– für die nächsten 230 000 Euro der Bemessungsgrundlage .....4,5%,
insgesamt somit höchstens 45 350 Euro im Veranlagungsjahr.

3. Bis zu einer Bemessungsgrundlage von 30 000 Euro, höchstens daher mit 3 900 Euro, steht der Gewinnfreibetrag dem Steuerpflichtigen für jedes Veranlagungsjahr einmal ohne Investitionserfordernis zu (Grundfreibetrag).

4. Übersteigt die Bemessungsgrundlage 30 000 Euro, steht ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag insoweit zu, als er durch Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter gemäß Abs. 3 gedeckt ist.

5. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag kann für das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung begünstigter Wirtschaftsgüter (Abs. 3) geltend gemacht werden. Er ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung wird dadurch nicht berührt.

6. Wird der Gewinn nach § 17 oder einer darauf gestützten Pauschalierungsverordnung ermittelt, steht nur der Grundfreibetrag nach Z 3 zu. Ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag kann nicht geltend gemacht werden.

7. Erzielt der Steuerpflichtige Einkünfte aus mehreren Betrieben und übersteigt die Bemessungsgrundlage in Summe den Betrag von 175 000 Euro, ist wie folgt vorzugehen:
– Es ist auf Basis der Bemessungsgrundlage das höchstmögliche Ausmaß des dem Steuerpflichtigen insgesamt zustehenden Gewinnfreibetrages nach Z 2 zu ermitteln und ein Durchschnittssatz (Gewinnfreibetrag dividiert durch die Bemessungsgrundlage) zu bilden.
– Dieser Gewinnfreibetrag ist unter Anwendung des Durchschnittssatzes auf die einzelnen Betriebe aufzuteilen.
– Danach ist der Grundfreibetrag nach Wahl des Steuerpflichtigen zuzuordnen; wird von diesem Wahlrecht nicht Gebrauch gemacht, ist der Grundfreibetrag im Verhältnis der Gewinne zuzuordnen.

Betriebe, deren Gewinn pauschal ermittelt wird, können höchstens mit einem Gewinn von 30 000 Euro bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden.

§ 34 Abs. 9 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 lautet:

Außergewöhnliche Belastung

§ 34. (9) Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr gelten unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:
1. Die Betreuung betrifft
– ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 oder
– ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2.

2. Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr oder, im Falle des Bezuges erhöhter Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 für das Kind, das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet. Aufwendungen für die Betreuung können nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

3. Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.

4. Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) des Kindes an.

Steuerfreie Zuschüsse, die gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b von Arbeitgebern geleistet werden, kürzen den Höchstbetrag von 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr nicht. Soweit Betreuungskosten durch Zuschüsse gemäß § 3 Abs. 1 Z 13 lit. b abgedeckt sind, steht dem Steuerpflichtigen keine außergewöhnliche Belastung zu.

§ 106a EStG 198 8 idF BGBl I 112/2012 lautet:

Kinderfreibetrag

§ 106a. (1) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 steht ein Kinderfreibetrag zu. Dieser beträgt
– 220 Euro jährlich, wenn er von einem Steuerpflichtigen geltend gemacht wird;
– 132 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn er für dasselbe Kind von zwei (Ehe-)Partnern, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einem gemeinsamen Haushalt leben, geltend gemacht wird,
– 132 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn einem anderen nicht im selben Haushalt lebenden Steuerpflichtigen für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag nach Abs. 2 zusteht.

(2) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 steht ein Kinderfreibetrag in Höhe von 132 Euro jährlich zu.

(3) Steht für ein Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 2 zu, darf für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 1 in Höhe von 132 Euro nur von jenem Steuerpflichtigen geltend gemacht werden, der mehr als sechs Monate Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 hat.

(4) Der Kinderfreibetrag wird im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigt. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Kinderfreibetrag geltend gemacht wird, anzuführen.

Rechtliche Erwägungen

Gemäß § 300 Abs 1 BAO in der Fassung des BGBl I 14/2013, die im Zeitpunkt der Vorlage der Beschwerde durch das Finanzamt anwendbar war, konnten ab Stellung des Vorlageantrages mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit durch das Finanzamt weder abgeändert noch aufgehoben werden. Aus diesem Grund musste das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorlegen, obwohl es eine Stattgabe beantragt hat. Gemäß § 300 BAO in der derzeit gültigen Fassung können durch die belangte Behörde ab tatsächlicher Vorlage die angefochtenen Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit nicht mehr abgeändert werden. Die tatsächliche Vorlage erfolgte mit Vorlagebericht vom . Das Bundesfinanzgericht ist somit für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 10 Abs 1 EStG kann bei der Gewinnermittlung eines Betriebes einer natürlichen Person ein Gewinnfreibetrag berücksichtigt werden. Bis zu einer Bemessungsgrundlage von 30.000 Euro, höchstens daher mit 3.900 €, steht der Gewinnfreibetrag dem Steuerpflichtigen für jedes Veranlagungsjahr einmal ohne Investitionserfordernis zu (Grundfreibetrag).  Der Freibetrag stellt eine fiktive Betriebsausgabe dar (Peth in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 10 Anm 6). Die Beschwerdeführerin hat den Gewinnfreibetrag durch Ausfüllen der Kennziffer 9221 in der Beilage E1a zur Einkommensteuererklärung geltend gemacht. Bei einem Gewinn vor Gewinnfreibetrag in Höhe von € 5.885,66 war daher ein Gewinnfreibetrag in Höhe von € 765,13 in Abzug zu bringen. Somit verbleiben Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 5.120,53. Der Beschwerde war in diesem Punkt voll stattzugeben.

§ 106a Abs 1 EStG verweist für den Kinderfreibetrag auf § 106 Abs 1 EStG. Als Kinder iSd § 106 Abs 1 EStG gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner mehr als sechs Monate im Jahr ein Kinderabsetzbetrag zusteht. Wird der Kinderfreibetrag nur von einem Steuerpflichtigen gelten gemacht, beträgt er im Jahr 2013 € 220,00. Da diese Voraussetzungen vorliegen, war der Beschwerde auch in diesem Punkt voll stattzugeben.

Gemäß § 34 Abs 9 EStG sind Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis zum zehnten Lebensjahr bis zu € 2.300 als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Voraussetzung ist, dass die Betreuung in einer institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person erfolgt. Abzugsfähig sind nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (54 BlgNR 24. GP, 16f) nur die Kosten der ausschließlichen Kinderbetreuung (so auch ). Ausgeschlossen sind daher reine Schulgelder für Privatschulen (), sofern im Schulgeld nicht eine gesondert ausgewiesene Betreuungskomponente enthalten ist (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 34 Anm 77i). Aus den vorgelegten Bestätigungen, von denen eine Bestätigung ausdrücklich als "Schulgeldbestätigung" bezeichnet ist, geht hervor, dass sich die geltend gemachten Kosten sowohl aus Schulgeld als auch aus gesondert ausgewiesenen Betreuungskosten zusammensetzen, zumal in diesem Ausmaß Betreuungsaufwendungen vorliegen.

Es ist Aufgabe des Verwaltungsgerichts, in der Sache zu entscheiden, das heißt, neuerlich und zwar so zu entscheiden, als ob die Sache erstmals nach den für diese geltenden materiell-rechtlichen Bestimmungen unter Beachtung der Verfahrensgrundsätze behandelt würde. Insofern besteht die Verpflichtung, die Entscheidung (gegenüber der Vorentscheidung) originär neu zu gestalten. Jede Anfechtung eines Bescheides, auch eine bloß partielle Anfechtung führt deshalb dazu, dass die Rechtsmittelbehörde einen neuen "rechtsrichtigen" Bescheid zu erstellen bzw das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis die Sache neu und „rechtsrichtig“ zu beurteilen hat (vgl ; ). Eine Bindung an den Antrag der belangten Behörde im Vorlagebericht besteht weder zu Gunsten noch zu Lasten der Beschwerdeführerin. Der Beschwerde war in diesem Punkt nur zum Teil Folge zu geben, als Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung im Ausmaß von € 1.300,-- zu berücksichtigen sind; das reine Schuldgeld stellt keine außergewöhnliche Belastung dar.

Mündliche Verhandlung / Entscheidung durch den Senat

Gemäß § 272 Abs 2 Z 1 BAO obliegt die Entscheidung dem Senat, wenn dies in der Beschwerde oder im Vorlageantrag beantragt wird. Ein solcher Antrag muss keine Begründung enthalten. Gemäß § 274 Abs 1 Z 1 BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn dies in der Beschwerde oder im Vorlageantrag beantragt wird. Sowohl der Antrag auf mündliche Verhandlung als auch auf Entscheidung durch den Senat wurde in der Beschwerde vom , eingelangt bei der belangten Behörde am , ausdrücklich gestellt.

Beide Anträge sind zurücknehmbar. Mit Telefax vom wurde sowohl der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung als auch auf Entscheidung durch den Senat zurückgenommen. Die Entscheidung war daher durch den Einzelrichter zu treffen. 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Berücksichtigung des Gewinnfreibetrages und des Kinderfreibetrages ist unstrittig und erfolgte auf dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Hinsichtlich der Nichtberücksichtigung des reinen Schulgeldes als Kinderbetreuungskosten liegt bereits höchstgerichtliche Rechtsprechung vor ( ), welcher die Entscheidung folgt.

Wien, am

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