Einreihung eines Chevrolet Avalanche
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
ZRV/0006-Z2L/05-RS1 | wie ZRV/0044-Z2L/07-RS1 In den Fällen, in denen keine Beschau der Einfuhrware stattgefunden hat, kommt dem Wirtschaftsbeteiligten die sogenannte Beschaffenheitsvermutung zugute, nachdem die Angaben in der Zollanmeldung allein für die weitere Zollbehandlung maßgeblich sind (; , ZRV/0139-Z2L/04). Das Zollamt kann im Rahmen des Unterscuhungsverfahrens diese Angaben durch spätere Feststellungen widerlegen, wobei das Zollamt die Beweislast trifft (). Hat hingegen - wie im entschiedenen Fall - eine Beschau stattgefunden, entwickeln die Angaben im Zollbefund eine eigenständige Beweiskraft, die durch das Zollamt im weiteren Verfahren durch geeignete Beweismittel schlüssig widerlegt werden müssen, um eine nachträgliche Änderung der Tarifierung festzustellen und Abgaben nachzufordern. Die Beweismittel müssen einwandfrei Aufschluss darüber geben, wie die Ware tatsächlich beschaffen war (). |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde des Bf., vertreten durch Dr. Herbert Salcher, Öffentliche Agentie, 6300 Wörgl, Bahnhofstrasse 37, vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Innsbruck, vertreten durch OR Mag. Reinhard Bichler, vom , Zl. 800/06357/2004, betreffend Zollschuld 2004 entschieden:
Der Beschwerde wird statt gegeben. Der Spruch des angefochtenen Bescheides hat zu lauten: "Der Berufung wird statt gegeben. Der Bescheid des Zollamtes vom , Zahl: 800/90367/17/2003 wird ersatzlos aufgehoben".
Entscheidungsgründe
Am stellte die Bf. den Antrag 1 PKW der Warennummer 87032410 00 mit einer in der Anmeldung angegebenen Rohmasse und einer Eigenmasse von 2.000,00 kg in den freien Verkehr zu überführen (WE.Nr: 809/000/909566/01/1). Laut Faktura handelte es sich bei dem Fahrzeug um einen "Chevrolet Avalanche".
Mit Bescheid des Zollamtes Innsbruck vom , Zahl: 800/90367/17/2003 wurden nach Art. 201 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Abs. 1 Zollrechtsdurchführungsgesetz (ZollR-DG) Abgaben in Höhe von € 5.033,28 und eine Abgabenerhöhung in Höhe von € 531,99 nacherhoben. Begründet wurde die Vorschreibung damit, dass nach Überprüfung der ggstl. Anmeldung festgestellt worden sei, dass es sich beim ggstl. Fahrzeug um ein "hauptsächlich zur Beförderung von Gütern geeignetes Fahrzeug" handle, das in die Tarifposition 8704 21 31 00 einzureihen sei (Zollsatz: 22%).
Dagegen wurde form- und fristgerecht der Rechtsbehelf der Berufung erhoben. Begründet wurde die Berufung im Wesentlichen damit, dass eine Überprüfung ergeben habe, dass die Fahrzeuge hauptsächlich zur Personenbeförderung geüeignet seien, somit sei der in der Zollanmeldung angegebene Code 8703 mit einem Zollsatz von 10% zu Recht herangezogen worden. Die zollrechtliche Beurteilung stimme mit allen einschlägig bekannten Tarifauskünften überein, so mit den schriftlichen Antworten des Zollamtes, mit Tarifauskünften der Zentralstelle für verbindliche Zollauskünfte sowie auch mit internen Auskünften des Bundesministeriums für Finanzen. Die Bf. verweist in der Folge auf einschlägige Aktenvermerke und Antworten des Zollamtes. Des Weiteren wird ausgeführt, dass die nachträgliche buchmäßige Erfassung nach Art. 220 Abs. 1 ZK zu Unrecht vorgenommen worden sei und auch die Anmeldung unzureichend überprüft worden sei. Es wird beantragt, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Innsbruck vom , Zahl: 800/06357/2004 als unbegründet abgewiesen. Mit wurde gegen die Berufungsvorentscheidung Beschwerde erhoben.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen sich gemäß Art. 20 Abs. 1 ZK auf den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften. Gemäß Art. 20 Abs. 3 ZK umfasst der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften unter anderem die Kombinierte Nomenklatur sowie jede andere Nomenklatur, die ganz oder teilweise auf der Kombinierten Nomenklatur - gegebenenfalls auch mit weiteren Unterteilungen - beruht und die durch besondere Gemeinschaftsvorschriften zur Durchführung zolltariflicher Maßnahmen im Warenverkehr erstellt worden ist. Die Kombinierte Nomenklatur bildet auch die Grundlage für den Österreichischen Gebrauchszolltarif.
Die Kombinierte Nomenklatur, die auf der Grundlage des Harmonisierten Systems beruht (als Harmonisiertes System wird das Internationale Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren bezeichnet), wurde mit Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif festgelegt und ist im Anhang I dieser Verordnung enthalten. Der Teil I dieses Anhanges enthält unter Titel I die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Die Allgemeine Vorschrift 1 besagt, dass die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel nur Hinweise sind. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nicht anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.
Der Wortlaut der Position 8703 lautet:
"Personenkraftwagen und andere Kraftfahrzeuge, ihrer Beschaffenheit hauptsächlich zur Personenbeförderung bestimmt, einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen".
Der Wortlaut der Position 8704 lautet:
"Lastkraftwagen".
Wie die belangte Behörde in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausführt, kommt es auf den Wortlaut der Position gemäß der Allgemeinen Vorschriften 1 an.
Zur Auslegung der KN können auch die so genannten Erläuterungen herangezogen werden. Diese Erläuterungen sind zwar nicht verbindlich, stellen aber nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ein wichtiges Erkenntnismittel für die einzelnen Tarifpositionen dar, um eine einheitliche Anwendung des Zolltarifs zu erreichen (zB C- 339/98, Slg. 2000, I-08947, Rz. 9)
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes kommt es bei der Tarifposition 8703 maßgeblich auf die Herstellerkonzeption (... zur Personenbeförderung gebaut), dh auf den (objektiven) Verwendungszweck des Fahrzeuges an (vgl. BFH, , VII R 61/98, ZfZ 2000, 339). Die subjektive Verwendungsabsicht des Fahrers, d.h. ein subjektiver Freizeit- oder Unterhaltungswert ("Funcar") ist unbeachtlich. Ist ein Fahrzeug nach dem äußeren Erscheinungsbild in gleicher Weise zum Transport von Gütern gebaut, kommt eine Einreihung in die Pos. 8703 nicht in Betracht. Fahrzeuge mit einem vom Fahrerhaus abgetrennten ausrüstungsfähigen Fahrgestell sind nicht zu Personenbeförderung gebaut.
Es kommt zum Ersten auf die Umstände des Einzelfalls in dem Sinne an, dass das Gesamtbild des Fahrzeugs bei der Einfuhr zugrunde zu legen ist. Zum Zweiten kommt es darauf an, ob die Zulademöglichkeit außerhalb des Fahrgastraumes eine wesentliche Bedeutung hat, wie der BFH ausführt. Auch der VwGH vertritt in ständiger Rechtsprechung zum UStG die Auffassung, dass es für die Abgrenzung der Fahrzeugarten PKW und Kombi einerseits und LKW andererseits entscheidend auf die wirtschaftliche Zweckbestimmung des Kraftfahrzeuges, und zwar nicht auf den Verwendungszweck im Einzelfall, sondern auf den Zweck ankommt, dem das Kraftfahrzeug nach seiner typischen Beschaffenheit und Bauart von vornherein und allgemein zu dienen bestimmt ist ().
Der EuGH hat zu "Pick ups" in seiner E v. , Rs. C-486/06 ausgeführt, dass es vornehmlich auf die Ausstattung (Rz 27 ff) ankommt:
"27. Nach dem Wortlaut der Position 8703 - "hauptsächlich zur Personenbeförderung gebaute Kraftfahrzeuge" - ist der Verwendungszweck der genannten Fahrzeuge für ihre Tarifierung entscheidend. Aus dem Gebrauch der Wörter "zu [dem Zweck] ... gebaut", folgt in Übereinstimmung mit der in Randnr. 24 des vorliegenden Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung, dass es auf den dem Fahrzeug innewohnenden Verwendungszweck entscheidend ankommt. Dieser Verwendungszweck wird durch das allgemeine Erscheinungsbild der im Ausgangsverfahren fraglichen Fahrzeuge und durch die Gesamtheit ihrer Merkmale, die ihnen ihren wesentlichen Charakter verleihen, bestimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil B.A.S. Trucks, Randnr. 40).
28. Im vorliegenden Fall weisen die im Ausgangsverfahren fraglichen Kraftfahrzeuge nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts folgende objektiven Merkmale und Eigenschaften auf: Sie bestehen zum einen aus einer geschlossenen Kabine, die als Fahrgastraum dient, wobei sich hinter dem Sitz oder der Sitzbank des Fahrers klappbare oder herausnehmbare Sitze mit Dreipunkt-Sicherheitsgurten befinden, und zum anderen aus einem von der Kabine getrennten Laderaum, der nicht höher als 50 cm ist, nur an der Rückseite geöffnet werden kann und keine Vorrichtungen zum Festmachen einer Ladung hat. Die Fahrzeuge sind mit einer sehr luxuriösen Innenausstattung mit zahlreichen Optionen (insbesondere elektrisch verstellbaren Ledersitzen, elektrisch zu bedienenden Spiegeln und Fenstern sowie einer Stereo-Anlage mit CD-Spieler) versehen und mit einem Antiblockier-Bremssystem (ABS), einem Benzinmotor mit einem Hubraum von 4 bis 8 Litern und sehr hohem Verbrauch, einem Automatikgetriebe, Vierradantrieb und Luxus(sport)felgen ausgestattet.
29. Unter Berücksichtigung dieser Merkmale und Eigenschaften ist zu prüfen, ob solche Fahrzeuge nach ihrem allgemeinen Erscheinungsbild und der Gesamtheit ihrer Merkmale hauptsächlich zur Beförderung von Personen oder zum Transport von Waren gebaut sind."
Der EuGH führt dazu als Antwort auf die Vorlagefrage aus:
"Pick-ups wie diejenigen, um die es im Ausgangsverfahren geht, die zum einen aus einer geschlossenen Kabine, die als Fahrgastraum dient, wobei sich hinter dem Sitz oder der Sitzbank des Fahrers klappbare oder herausnehmbare Sitze mit Dreipunkt-Sicherheitsgurten befinden, und zum anderen aus einem von der Kabine getrennten Laderaum, der nicht höher als 50 cm ist, nur an der Rückseite geöffnet werden kann und keine Vorrichtungen zum Festmachen einer Ladung hat, bestehen sowie mit einer sehr luxuriösen Innenausstattung mit zahlreichen Optionen (insbesondere elektrisch verstellbaren Ledersitzen, elektrisch zu bedienenden Spiegeln und Fenstern sowie einer Stereo-Anlage mit CD-Spieler) versehen und mit einem Antiblockier-Bremssystem (ABS), einem Benzinmotor mit einem Hubraum von 4 bis 8 Litern und sehr hohem Verbrauch, einem Automatikgetriebe, Vierradantrieb und Luxus(sport)felgen ausgestattet sind, sind nach ihrem allgemeinen Erscheinungsbild und der Gesamtheit ihrer Merkmale in Position 8703 KN der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der Fassung der Anhänge der Verordnungen (EG) Nrn. 3115/94 der Kommission vom , 3009/95 der Kommission vom und 1734/96 der Kommission vom einzureihen."
Nach den durch den Bf. vorgelegten Unterlagen verfügt das Fahrzeuge hinsichtlich der Ausstattung folgende Ausstattung: Lederausstattung, Klimaanlage, Radiostereoanlage, Automatik, Sitzheizung, Scheibenheizung etc.. Eine gewisse Luxusbezogenheit ist in Anbetracht der Erläuterungen somit den Fahrzeugen eigen.
Anlässlich der Einfuhrverzollung hat ein Organwalter des Zollamtes Innsbruck keine Beschau vorgenommen. Der Unabhängige Finanzsenat hat nun in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass in den Fällen, in denen keine Beschau der Einfuhrware stattgefunden hat, dem Wirtschaftsbeteiligten die sog. Beschaffenheitsvermutung zugute komme, nach der die Angaben in der Zollanmeldung dann allein für die weitere Zollbehandlung maßgeblich sind. Das Zollamt kann im Rahmen des Untersuchungsverfahrens diese Angaben durch spätere Feststellungen widerlegen, wobei das Zollamt hierbei die Beweislast trifft (; ). Hat hingegen eine Beschau stattgefunden, entwickeln die Angaben im Zollbefund eine Beweiskraft (), die aber durch das Zollamt im weiteren Verfahren widerlegt werden können. Die Angaben in der Zollanmeldung hinsichtlich Warenbeschaffenheit und Einreihung können nämlich auch nach Überlassung von der Zollbehörde nach Ermittlungen und Feststellungen im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes (§ 115 Abs. 1 BAO) widerlegt werden. Die Beweismittel müssen einwandfrei Aufschluss darüber geben, wie die Ware tatsächlich beschaffen war (). Derartige konkrete Nachweise, die belegen würden, dass das ggstl. Fahrzeug in die Tarifposition 8704 einzureihen ist, wurden nach Ansicht des UFS nicht vorgebracht bzw. ist durch das zit. Urteil des EuGH ausreichend belegt, dass die Einreihung in die Tarifposition 8703 zu Recht erfolgte, da das ggstl. Fahrzeug über zwei Sitzreihen verfügt und auch deutlich luxusbezogen ist.
Aus den o.a. Sach- und Rechtsgründen war, wie im Spruch des Bescheides ausgeführt, zu entscheiden.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 20 Abs. 3 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1 |
Schlagworte | Einreihung Pick up Avalanche Pick-up Pickup |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at