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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.01.2010, RV/1999-W/08

Behandlung von Erwerben und Entnahmen von Nullkuponanleihen von dem 1.1.1998

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 371/10 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/13/0164 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A-AG, Adresse, vertreten durch B-GmbH, sowie der der Berufung gemäß § 257 Abs. 1 BAO beigetretenen Partei C, vertreten durch D, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 23. Bezirk vom betreffend Kapitalertragsteuer für die Monate Mai und Juni 1997 entschieden:

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Höhe der Kapitalertragsteuer, die der Bw gutgeschrieben bzw. für die die Bw. zu Haftung herangezogen wird, beträgt:


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Mai 97
218.901,39 €
das entspricht
ATS
3.012.148,75
bisher
152.620,91 €
das entspricht
ATS
2.100.109,44
Juni 97
-226.286,76
das entspricht
ATS
-3.113.773,70
bisher
-157.414,84 €
das entspricht
ATS
-2.166.075,44

Entscheidungsgründe

Die A-AG (im folgenden Bw.) ist ein Kreditinstitut und war im berufungsgegenständlichen Zeitraum kuponauszahlende Stelle (§ 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988) für so genannte Nullkuponanleihen (Zerobonds).

Über die gegenständliche Berufung hat der Unabhängige Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom , Zl. RV/4743-W/02 bereits einmal entschieden. Hauptstreitpunkte des Verfahrens waren, ob die Berechnung der Kapitalertragsteuer bei Nullkuponanleihen nach einer linearen oder progressiven finanzmathematischen Methode zu erfolgen hat, die Steuerpflicht von Depotentnahmen sowie die Frage, ob das Finanzamt die Bw. für in diesem Zusammenhang festgestellte Nachforderungen an Kapitalertragsteuer zur Haftung heranziehen durfte. Die Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat im Wesentlichen als unbegründet abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wurde von der Bw. zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, welcher die Behandlung der Beschwerde unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , B 1575/03 mit Beschluss vom , Zl. B 186/04 ablehnte. Der Verwaltungsgerichtshof hob aufgrund einer Sukzessivbeschwerde die Berufungsentscheidung in weiterer Folge aber mit Erkenntnis vom , 2005/13/0063, 0070 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. Somit ist im fortgesetzten Verfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz neuerlich über die Berufung zu entscheiden.

Im Erkenntnis vom , 2005/13/0075 stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis weder der Bestimmung des § 95 Abs. 6 EStG 1988 eine Gutschrifterteilung entnommen werden könne noch der Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 65/2008 ein Kapitalertragsteuerabzug bei einer Depotentnahme.

Da in der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom die Steuerpflicht von Depotentnahmen bejaht worden war, hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2005/13/0063, 0070 schon deshalb die Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf.

Anlass für das gegenständliche und andere Verfahren war, dass im Jahr 2000 vom Finanzamt für den 23. Bezirk im Hinblick auf ungewöhnlich hohe Kapitalertragsteuergutschriften in den Kapitalertragsteueranmeldungen mehrerer Banken Prüfungen gemäß § 151 BAO veranlasst wurden. Dabei stellte sich heraus, dass diese hohen Gutschriften im Zusammenhang mit dem Verkauf von bestimmten Nullkuponanleihen standen.

Im Zuge der Prüfung bei der Bw. über die Voranmeldungszeiträume Mai und Juni 1997 wurde von der Betriebsprüfung bei folgenden Erwerben mit darauf folgenden Entnahmen betreffend die Nullkuponanleihe WPKN 405371 British Gas Intern Fin die Ermittlung der Stückzinsen für die erteilte Gutschrift bei den Erwerben bzw. den von der Bw. bei den Entnahmen vorgenommenen Kapitalertragsteuerabzug , abweichend von der linearen Ermittlung durch die Bw., aufgrund einer progressiven finanzmathematischen Berechnungsmethode vorgenommen (KESt-Beträge in ATS):


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Vorgang
Datum
Nominale USD
KESt Bw. linear
KESt BP progress
Differenz
Erwerb
2.000.000
-809.259,40
-245.279,34
563.980,06
Entnahme
2.000.000
823.679,98
250.020,29
-573.659,69
Erwerb
7.500.000
-3.026.569,33
-916.780,26
2.209.789,07
Entnahme
7.500.000
3.113.773,70
947.698,26
-2.166.075,44

Als Begründung wurde angeführt, dass die vereinfachende Ermittlung gemäß Punkt 5.1. des Erlasses des Z 14 0602/1/1-IV/14/93 nicht anwendbar sei, weil die so ermittelten rechnerischen Zinsen im Ergebnis unverhältnismäßig hoch von den tatsächlichen wirtschaftlichen Zinsen abweichen (67%gegenüber der (progressiven) finanzmathematischen Ermittlung).

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt für den 23. Bezirk die Kapitalertragsteuer wie folgt fest und zog die Bw. hinsichtlich des Monates Mai 1997 dafür zur Haftung heran:


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Mai 97
152.620,91 €
das entspricht
ATS
2.100.109,44
Juni 97
-157.414,84 €
das entspricht
ATS
-2.166.075,44

Dagegen erhob die Bw. mit Schreiben vom Berufung und beantragte die Aufhebung der Bescheide.

Mit Schreiben vom trat C der Berufung gemäß § 257 BAO bei.

In den im Zuge des Verfahrens eingebrachten Schriftsätzen wandten sich die Parteien gegen die Anwendung einer finanzmathematischen (progressiven) Stückzinsenberechnung, gegen die Steuerpflicht von Entnahmen sowie gegen die Heranziehung der Bw. für in diesem Zusammenhang festgestellte Nachforderungen an Kapitalertragsteuer.

Mit Schreiben vom wurde den Parteien im Hinblick auf die vom Verwaltungsgerichtshof erkannte Rechtslage zur Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

In den Stellungnahmen der Bw. und der beigetretenen Partei C vom und (diese betreffen jeweils auch andere Berufungen) wurde auf die Rechtslage betreffend das Jahr 1997, also vor Ergehen der Änderungen in § 95 EStG 1988 durch das BGBl. I Nr. 65/2008 nicht eingegangen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Mit BGBl. I Nr. 65/2008 wurden in Reaktion auf das Erkenntnis des , in § 95 Abs. 7 und § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 Regelungen betreffend die Gutschriftserteilung und die Steuerpflicht von Depotentnahmen geschaffen und diese im Hinblick auf die bis zum Ergehen des oben zitierten Erkenntnisses von Lehre und Verwaltungspraxis mit der nunmehr geschaffenen Regelung im wesentlichen identen Vorgangsweise der Kreditinstitute und Finanzämter gemäß § 124b Z144 und 145 EStG 1988 rückwirkend mit in Kraft gesetzt.

Da die berufungsgegenständlichen Geschäftsfälle in Zeiträume vor dem fallen, ist bezüglich der berufungsgegenständlichen Geschäftsfälle (Erwerbe samt zeitnahen Entnahmen) entsprechend den Ausführungen im Erkenntnis des vorzugehen.

Demgemäß waren daher weder die Erteilung von Kapitalertragsteuergutschriften an den Erwerber im Zeitpunkt der Anschaffung der Nullkuponanleihen als auch die Vornahme von Kapitalertragsteuerabzügen anlässlich der Entnahmen der Wertpapiere aus dem Depot rechtlich gedeckt.

Dementsprechend ist die Kapitalertragsteuer für die Monate Mai und Juni 1997 so festzusetzen, dass sowohl die erteilten Gutschriften als auch die vorgenommenen Abzüge anlässlich der Depotentnahmen wieder rückgängig gemacht werden.

Da die Festsetzung für Juni 1997 eine Gutschrift in Höhe von ATS -3.113.773,70 ergibt, ist lediglich für den Monat Mai 1997, wo eine Nachforderung von ATS 3.012.148,75 entsteht, auf die Frage der Haftung einzugehen.

Nach § 95 Abs. 2 EStG 1988 haftet der zum Abzug Verpflichtete (§ 95 Abs. 3 EStG 1988) dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Gemäß § 95 Abs. 3 EStG 1988 ist zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet:

1. Bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2 EStG 1988) der Schuldner der Kapitalerträge.

2. Bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (§ 93 Abs. 3 EStG 1988) die kuponauszahlende Stelle. Kuponauszahlende Stelle ist das Kreditinstitut, das an den Kuponinhaber Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt, der inländische Emittent, der an den Kuponinhaber solche Kapitalerträge auszahlt.

3. Ein Dritter, der Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 4 gewährt.

Der Tatbestand der Haftung für Kapitalertragsteuer nach § 95 Abs. 2 EStG 1988 stellt nur auf die objektive Pflichtverletzung ab, die nach den Ausführungen im angeführten Erkenntnis vom , 2005/13/0075, jedenfalls vorliegt, weil eine Gutschrift an Kapitalertragsteuer aus Anlass der gegenständlichen Wertpapiererwerbe gar nicht hätte geltend gemacht werden dürfen. Doch steht die Geltendmachung der Haftung nach § 224 BAO iVm § 95 Abs. 2 EStG 1988 im Ermessen der Behörde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0004, mwN, zur insoweit gleich gelagerten Bestimmung des § 82 EStG 1988 die hg. Erkenntnisse vom , 2000/13/0046, und vom , 2001/15/0152, VwSlg 7.713/F, und zur insoweit gleich gelagerten Haftung nach § 99 EStG 1988 das hg. Erkenntnis vom , 2003/15/0087, VwSlg 7.881/F).

Gegenständlich werden die zwei berufungsgegenständlichen Erwerbe von Nullkuponanleihen sowie die damit im Zusammenhang stehenden zeitnahen Entnahmen entsprechend dem Erkenntnis des gänzlich kapitalertragsteuerfrei gestellt. Die Vorschreibung an zu Unrecht erteilter Gutschrift in Höhe von ATS 3.026.569,33 für den Erwerb am führt zwar für den Monat Mai 1997 insgesamt zu einer Nachforderung, doch wird diese Nachforderung durch die Nichtvornahme eines Kapitalertragsteuerabzuges in Höhe von ATS 3.113.773,70 anlässlich der Entnahme am wieder ausgeglichen. Insgesamt ergibt sich für beide Monate durch die zwei "Kauf-Entnahme-Vorgänge" insgesamt eine Gutschrift in Höhe von ATS 101.624,95.

Im Hinblick auf diese Umstände erscheint es im Rahmen des Ermessens nicht unbillig, die Bw. zur Haftung für die Kapitalertragsteuernachforderung für den Monat Mai 1997 heranzuziehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Nullkupon
Entnahme
Gutschrift
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at