Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 22.11.2011, RV/0048-L/11

Auswärtige Berufsausbildung, Besuch des griechischen Lyzeums

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Z F, ADR, vertreten durch Dr. GZ, ADR1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Einkommensteuer 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Abgabepflichtige gab seine Einkommensteuererklärung für 2009 am auf elektronischen Weg ab.

In einem ergänzenden Schreiben vom führte der Vertreter des Abgabepflichtigen aus, dass ihm Frau Z mitgeteilt habe, dass ihr Sohn als in Deutschland lebender Grieche das griechische Lyzeum besuche. Der Besuch sei erforderlich, weil der Sohn nach Abschluss der Schule in Griechenland studieren wolle und dafür ein Abschlusszeugnis einer griechischen Schule benötige. Die Entfernung zwischen Wohnort O und dem Schulort S betrage 45 km. Diese Strecke müsse täglich mit dem Auto gefahren werden, weil es keine akzeptable Verkehrsverbindung gebe. Gehe man von durchschnittlich 22 Schultagen im Monat aus, dann würden mit dem Auto pro Monat 1.980 km zurückgelegt. Aus diesem Grund würden Ausgaben für die auswärtige Berufsausbildung des Sohnes geltend gemacht.

Das Formular L1k mit den entsprechenden Eintragungen sowie eine Bestätigung der Schule ("Hiermit wird bestätigt, dass A G Z , geboren am (Datum) hat von August 2009 bis Dezember 2009 unsere Schule besucht. Unsere Schule liegt 45km entfernt von seinem Wohnort und der Schüler benötigt min. 2,5 Stunden um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unsere Schule zu erreichen.") und eine handschriftliche Aufstellung der Fahrtdauer mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Frau Z lagen dem Schreiben bei.

Im Einkommensteuerbescheid 2009 vom wurden Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes nicht als außergewöhnliche Belastung (Pauschbetrag) berücksichtigt. Begründend führte das Finanzamt an:

"Aufwendungen für eine Berufsausbildung außerhalb des Wohnortes sind mit einem Pauschalbetrag als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes - im Umkreis von 80km - keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Der Freibetrag für die auswärtige Berufsausbildung von A konnte nicht anerkannt werden, da der Besuch eines Gymnasiums auch im Einzugsbereich des Wohnortes (in Wels) möglich ist. Für die Beurteilung, ob eine gleichwertige Berufsausbildung vorliegt, ist nicht der Ausbildungsschwerpunkt oder die Sprache maßgeblich, sondern der gleichwertige Ausbildungsabschluss (Abitur)."

Mit brachte der Abgabepflichtige Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 auf elektronischen Weg ein. Begründend führte er aus, dass aus der Bescheidbegründung ersichtlich sei, dass der Inhalt des Ergänzungsschreibens vom nicht berücksichtigt wurde. Darin sei ausgeführt worden, dass der Sohn ein griechisches Lyzeum (Unterricht in seiner Muttersprache!) in S besuche. Der Verweis in der Begründung auf die Möglichkeit eines Schulbesuches in Wels für einen Schüler, der in Deutschland lebe, sei wohl ein Versehen.

Im Vorhalt vom führte das Finanzamt an:

"In der Begründung handelt es sich um einen Schreibfehler. Gemeint war mit Wohnort nicht Wels (liegt ja kein Wohnsitz vor), sondern der Wohnort in "PLZ"O .

Sie werden ersucht, bekanntzugeben: Wo befindet sich das vom Wohnort O nächstgelegen Gymnasium? Bitte die genaue Bezeichnung und Anschrift bekanntgeben. Wird das griechische Lyzeum mit Abitur abgeschlossen?

Wie bereits in der Begründung angeführt, liegt eine auswärtige Berufsausbildung nicht vor, wenn auch im Einzugsbereich des Wohnortes eine gleichwertige Berufsausbildung gegeben ist. Maßgeblich ist der gleichwertige Ausbildungsabschluss. Eine abweisende Berufungserledigung ist sehr wahrscheinlich."

Als Antwort wurde eine Bestätigung des Griechischen Lyzeums S vom übermittelt, worin bestätigt wird, dass das zu O nächstgelegene Lyzeum jenes in S sei, und das weitere Lyzeum in M, also 90km von O entfernt gelegen sei. Das griechische Lyzeum werde mit Abitur abgeschlossen.

Handschriftlich ist auf diesem Schreiben der Vermerk "in O gibt es ein städtisches Gymnasium" angebracht.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung mit folgender Begründung ab:

"Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten nicht als außergewöhnliche Belastung, wenn auch im Einzugsgebiet des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Auslegung des § 34 Abs. 8 EStG 1988 auf einen gleichartigen Ausbildungsabschluss und auf die Vergleichbarkeit der Ausbildung ihrer Art nach abzustellen. Die Kosten für den Besuch eines griechischen Lyzeums außerhalb des Wohnortes sind nicht zwangsläufig erwachsen, weil es im Einzugsbereich des Wohnortes eine "entsprechende" Ausbildungsmöglichkeit gibt. Im Wohnort O gibt es ein städtisches Gymnasium, in dem der gleichartige Ausbildungsabschluss (=Abitur) ebenfalls erreicht werden kann. Der Freibetrag für die auswärtige Berufsausbildung steht nicht zu."

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Berufungswerber die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, Begründend führte er aus, dass in der Begründung der Berufungsvorentscheidung ausgeführt werde, dass es am Wohnort O /BRD ein städtisches Gymnasium gebe, in dem der gleichartige Ausbildungsabschluss wie im Lyzeum S erreicht werden könne. Dabei werde jedoch nicht berücksichtigt, dass in diesem Gymnasium in O kein Griechisch-Unterricht angeboten werde.

Am wurde die Berufung vom Finanzamt der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die dargestellten Sachverhaltsfeststellungen (Besuch des griechischen Lyzeums in S , Entfernung vom Wohnort und Dauer des Weges mit öffentlichen Verkehrsmitteln) stehen zwischen den Parteien nicht in Streit. Einzig strittiger Punkt ist die Frage, ob der Besuch des griechischen Lyzeums mit dem Besuch des städtischen Gymnasiums am Wohnort des Kindes in O vergleichbar ist.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich und zwangsläufig erwachsen sein sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Weiters darf sie weder Betriebsausgaben oder Werbungskosten noch Sonderausgaben darstellen.

Das Gesetz verlangt allerdings in einigen, in § 34 Abs. 6 EStG aufgezählten Fällen nicht, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt sein muss. Dies erfolgt durch die Ausnahme vom Erfordernis des Selbstbehaltes (Quantschnigg/Schuch, ESt HB, § 34 Tz 1).

Gemäß § 34 Abs. 6 TS 2 EStG werden die Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8 ohne Ansatz eines Selbstbehaltes berücksichtigt.

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG gelten "Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes gelten dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine ihrer Art nach gleichwertige (gleichartige) Ausbildungsmöglichkeit besteht.

Berufsausbildung ist jede ernstlich betriebene Vorbereitung auf einen künftigen Beruf. Dazu zählen nicht nur alle Arten schulischer, universitärer oder kursmäßiger Ausbildung, sondern auch alle Maßnahmen zum Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahme in einer Ausbildungsordnung oder Studienordnung vorgeschrieben ist.

Die zitierte gesetzliche Bestimmung des § 34 Abs. 8 EStG trifft nach herrschender Meinung eine Regelung für jene Mehraufwendungen (Fahrtkosten, Unterbringungskosten, Verpflegungsmehraufwand) im Rahmen der Unterhaltspflicht, die auf Grund der Auswärtigkeit der Berufsausbildung erwachsen. Der § 34 Abs. 8 EStG sieht hinsichtlich der Mehraufwendungen, die dem Steuerpflichtigen durch die auswärtige Berufsausbildung eines Kindes erwachsen, den Abzug eines monatlichen Pauschbetrages vom Einkommen vor. Einerseits werden diese gesetzlichen Pauschbeträge nicht um einen Selbstbehalt im Sinne des§ 34 Abs. 4 gekürzt (§ 34 Abs. 6, zweiter Rechtsfall), andererseits steht aber dem Steuerpflichtigen auch kein Wahlrecht dahingehend zu, nachweisbare höhere Kosten geltend zu machen (vgl. ; Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer Kommentar, § 34 allgemein sowie zu § 34 Abs. 6 bis 8 Tz 4 und 4.1. und Doralt, EStG4, § 34 Tz 64 ff).

Mehraufwendungen, die durch einen auswärtigen Schulbesuch oder durch ein auswärtiges Studium entstanden sind, sind dann nicht zwangsläufig, wenn dieser Schulbesuch oder dieses Studium bei gleichen Bildungschancen und gleichen Berufsaussichten auch an einer im Wohnort oder im Nahebereich des Wohnortes gelegenen Schule oder Universität absolviert werden kann (vgl. dazu ). Der Grundsatz der Berücksichtigung des Kindeswohls verlangt, dass je größer eine besondere Begabung des Kindes und je besser die wirtschaftliche Situation des Unterhaltspflichtigen ist, dem Kind auch eine besondere, auswärtige Ausbildungs- bzw. Entfaltungsmöglichkeit zu finanzieren sein wird (zB der Besuch einer auswärtigen Skihandelsschule, obwohl sich eine Handelsschule im Einzugsbereich befindet, ). Aber nicht jeder Vorteil, den Eltern ihren Kindern angedeihen lassen, führt zu zwangsläufigen Kosten für die Eltern.

Es ist durchaus üblich, dass Eltern im Interesse einer möglichst guten und umfassenden Ausbildung ihrer Kinder neben der gesetzlich geregelten Unterhaltspflicht freiwillig und ohne sittliche Verpflichtung weitere Kosten auf sich nehmen, zB für die Ausbildung eines Kindes zum Instrumentalsolisten an einer ausländischen Hochschule (). Auch unter Berücksichtigung einer grundsätzlich freien Berufswahl sind die Eltern (im Rahmen ihrer rechtlichen Unterhaltspflicht) nicht verpflichtet, ihrem Kind jeden mit hohen Kosten verbundenen, speziellen Ausbildungswunsch zu erfüllen (, betr. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern übersteigende Kosten für ein Footballstudium an einem amerikanischen College).

Es besteht grundsätzlich keine sittliche Verpflichtung, Kindern den Besuch einer Privatschule zu finanzieren (vgl. Jakom/Baldauf, EStG 2011, § 34Rz 82 und die dort zit. Rspr.).

Legt man diese Aussagen auf die Umstände des konkreten Falles um, so ist davon auszugehen, dass durch den Besuch des städtischen Gymnasiums in O im Wesentlichen die gleichen Bildungschancen und gleichen Berufsaussichten durch den Abschluss dieser Schule mit Abitur bereitgestellt werden. Es besteht auch keine Verpflichtung, seinem Kind über den Besuch eines allgemeinen Gymnasiums, das mit Abitur abgeschlossen wird, darüber hinaus den Besuch einer Privatschule (Lyzeum) allein wegen der besonderen sprachlichen Ausbildung zu ermöglichen.

Da somit nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates am Wohnort des Kindes eine gleichwertige Berufsausbildung zur Verfügung steht, ist der Tatbestand des § 34 Abs. 8 EStG 1988 (...wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht...) nicht erfüllt.

Die Berufung war daher abzuweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at