Verdacht des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei und der Monopolhehlerei.
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 7, Hofrat Dr. Josef Lovranich, in der Finanzstrafsache gegen JX, XY, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael Drexler, Verteidiger in Strafsachen, 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) des Zollamtes Wien, vertreten durch Oberrat Dr. Gerold Teibinger, vom , GZ 100/90.559/2005-AFF/Tou, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur SN 100/2005/00000-001 ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser am gemeinsam mit MX im Bereich des Zollamtes Wien vorsätzlich Sachen, die zugleich Gegenstände des Tabakmonopols seien, nämlich 123.200 Stück Zigaretten verschiedener Marken, hinsichtlich welcher von bisher unbekannt gebliebenen Tätern das Finanzvergehen des Schmuggels und des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 35 Abs. 1 lit. a, 44 Abs. 1 lit a FinStrG begangen worden sei, in Kenntnis deren zollunredlicher Herkunft an sich gebracht und hiermit das Finanzvergehen der Abgabenhehlerei und der Monopolhehlerei nach §§ 11, 37 Abs. 1 lit. a, 46 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:
Der Bf. habe lediglich "ein Vermietungsgeschäft an einen gewissen TX durchgeführt". Allfällige rechtswidrige Geschäfte dieser Person könnten nicht dem Bf. zugeordnet und unterstellt werden. Der Bf. sei weder Inhaber noch Besitzer der Zigaretten gewesen. Diese hätten sich lediglich in einer von ihm vermieteten Wohnung befunden. Der Bf. hätte keine Kenntnis von den Zigaretten gehabt. Aufgrund eines bloßen Vermietungsgeschäftes könne nicht ein begründeter Verdacht angenommen werden.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.
Gemäß § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich der Monopolhehlerei schuldig, wer vorsätzlich Monopolgegenstände (§ 17 Abs. 4) oder Erzeugnisse aus Monopolgegenständen, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.
Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Gemäß § 11 FinStrG begeht nicht nur der unmittelbare Täter das Finanzvergehen, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, es auszuführen, oder der sonst zu seiner Ausführung beiträgt.
Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung, vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen.
Ergibt diese Prüfung gemäß Abs. 1, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz gemäß § 82 Abs. 3 erster Satz FinStrG das Strafverfahren einzuleiten.
Gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG ist die Einleitung des Strafverfahrens aktenkundig zu machen.
Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl. ). "Verdacht" ist mehr als eine bloße Vermutung. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. ).
Der Verdacht muß sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken ().
Anlässlich einer freiwillig gestatteten Nachschau in der von MX gemieteten Wohnung in XY1, die durch den Schlüsseldienst geöffnet worden war, entdeckten Organe der Finanzstrafbehörde erster Instanz am 200 Stück Zigaretten der Marke Benson & Hedges, 9.600 Stück Zigaretten der Marke Camel, 5.800 Stück Zigaretten der Marke Camel Lights, 23.600 Stück Zigaretten der Marke Chesterfield King Size, 2.000 Stück Zigaretten der Marke Chesterfield Lights, 8.000 Stück Zigaretten der Marke HB, 9.600 Stück Zigaretten der Marke Lucky Strike, 4.400 Stück Zigaretten der Marke Marlboro, 8.000 Stück Zigaretten der Marke Marlboro Lights, 600 Stück Zigaretten der Marke Memphis Blue, 20.200 Stück Zigaretten der Marke Memphis Blue Lights, 22.800 Stück Zigaretten der Marke Memphis Classic, 3.400 Stück Zigaretten der Marke Memphis Lights, 4.600 Stück Zigaretten der Marke Milde Sorte, 200 Stück Zigaretten der Marke Plaza und 200 Stück Zigaretten der Marke VP.
Die Zigaretten sowie die ebenfalls in der og. Wohnung vorgefundenen 3 Kartons mit Plastiksäcken, welche laut Tatbeschreibung vom "vorwiegend für den Verschleiß von Zigaretten unredlicher Herkunft im Bereich des Mexikoplatzes verwendet" würden, wurden gemäß § 89 Abs. 2 FinStrG beschlagnahmt.
MX sagte am vor den og. Organen der Finanzstrafbehörde erster Instanz im Wesentlichen wie folgt aus:
Sie habe die og. Wohnung am an den Polen TX, der in XY2, wohnhaft sei bis zum "verborgt". Seit Jänner 2005 habe MX diese Wohnung dem vorgenannnten Polen dreimal "übers Wochenende" überlassen. Sie sei Hauptmieterin der og. Wohnung in XY1, und jener in XY3. Lediglich die Wohnung "20/18" werde von ihr benützt.
Anlässlich der Aufnahme der Tatbeschreibung durch Organe der Finanzstrafbehörde erster Instanz sagte MX im Wesentlichen wie folgt aus:
Sie habe die Wohnung "20/5" am an einen Bekannten "verborgt". Ihr Gatte, der Bf., hätte diesem die Schlüssel übergeben. Der Name dieses Bekannten sei TX. Er sei polnischer Staatsbürger. Sie und der Bf. hätten TX die vorgenannte Wohnung bereits zum vierten Mal "geborgt". Die Rückgabe der Schlüssel hätte am Abend des erfolgen sollen. Hätte sie von den Zigaretten gewusst, hätte sie ihm die Wohnung nicht "geborgt".
Bei der fortgesetzten Einvernahme sagte MX am im Wesentlichen wie folgt aus:
Ein Pole habe sich am bei ihrem Gatten nach einer Nächtigungsmöglichkeit erkundigt. MX und ihr Gatte hätten daraufhin diesem Polen die Schlüssel für die Wohnung "20/5" überlassen und als Kaution € 100,00 verlangt. Der Pole habe 2 bis 3 Tage später die Schlüssel zurückgegeben und € 50,00 bezahlt. Erstmals sei die Vermietung Mitte Dezember 2004, weiters einmal im Jänner, einmal im Februar sowie vom 2. bis erfolgt. Bei dem Polen handle es sich um TX, wohnhaft in XY2. Er habe die Telefonnumer XYZ. Diese Daten hätte ihr Gatte bei der ersten Vermietung aus dem Reisepass des TX ersehen. TX sei ca. 30 Jahre alt, ziemlich groß, habe ca. 100 kg und dunkle, kurze Haare.
Auf den Vorhalt, wonach bei der "vertraulich durchgeführten Hauserhebung" in Erfahrung gebracht worden sei, dass sich in der Wohnung "20/5" Zigaretten befunden hätten, antwortete MX im Wesentlichen wie folgt:
Es sei ihr noch nie aufgefallen, dass "in ihrem Haus" mit Zigaretten gehandelt werde. Sie rauche nicht, ihr Gatte sei ebenfalls Nichtraucher.
Auf den Vorhalt, dass die Vermietung einer Wohnung an eine fremde Person ohne vertragliche Regelung nicht nachvollziehbar sei, antwortete MX im Wesentlichen wie folgt:
Sie habe sich nicht viel dabei gedacht. In der betreffenden Wohnung hätten sich nur alte Einrichtungsgegenstände befunden. Außerdem habe sie eine Kaution erhalten.
Der Bf. sagte am bei seiner Einvernahme als Verdächtiger durch Organe der Finanzstrafbehörde erster Instanz im Wesentlichen wie folgt aus:
Er sei Mitte Dezember 2004 von TX angesprochen und um eine Unterkunft für ein paar Tage gebeten worden. Nachdem er dessen Reisepass "genau angesehen" habe, habe der Bf. den Namen und die Telefonnummer notiert und TX die Schlüssel für die Wohnung "20/5" übergeben. Bei der Schlüsselübergabe habe der Bf. € 100,00 als Kaution und nach der Rückgabe der Schlüssel € 50,00 als Entgelt für die Nächtigungen erhalten. Diese Vorgänge hätten sich im Jänner und Februar 2005 wiederholt. Von den Zigaretten in der Wohnung "20/5" habe der Bf. nichts gewusst. Er habe die Wohnung jedesmal nach der Schlüsselrückgabe besichtigt. Der Bf. habe keine Bedenken gegen die Vermietung gehabt, da es sich bei TX um einen "Landsmann" gehandelt habe.
Auf den Vorhalt, dass in der og. Wohnung auch 3 Kartons mit einigen hundert Plastiktaschen beschlagnahmt worden seien und es unwahrscheinlich sei, dass die vorgefundene Zigarettenmenge innerhalb von 2 Tagen hätte weiterverkauft werden können, antwortete der Bf:
Die Rückgabe der Schlüssel nach 2 Tagen sei sicher vereinbart gewesen. Die Schlüssel hätten am Abend des zurückgegeben werden sollen.
Weiters gab der Bf. bei der Einvernahme an, dass er die og. Wohnung "20/5" sicher nicht einem am Mexikoplatz ansässigen Geschäftsinhaber - mit dieser Annahme wurde der Bf. konfrontiert - vermietet habe. Der Bf. habe noch nie Zigaretten angekauft, da er und seine Gattin Nichtraucher seien.
TX, XY4, sagte am bei seiner Einvernahme als Zeuge durch Organe der zuständigen polnischen Zollbehörde im Wesentlichen wie folgt aus:
Er kenne MX und den Bf. Er habe diese in X kennengelernt. Sie seien die Eltern seines Schulfreundes S. TX habe niemals die Wohnung "20/5" gemietet. Im Jahre 1997 sei er in Österreich gewesen und habe sich dort 3 Monate aufgehalten. Nach der Rückkehr nach Polen sei er nicht mehr in Österreich gewesen. In der ul. Y gebe es keinen Wohnblock Nr. 4 A/6. Den Reisepass oder Personalausweis habe TX nie verloren.
Anlässlich der Übersendung des Protokolls über die Einvernahme des TX gab die zuständige polnische Zollbehörde bekannt, dass die Beschreibung, die vom Bf. und von MX angegeben worden sei, nicht auf den Zeugen TX zutreffe. Dieser sei 174 cm groß, habe ca. 80 kg und blonde Haare.
Am sagte der Bf. anlässlich seiner Einvernahme als Verdächtiger durch Organe der Finanzstrafbehörde erster Instanz im Wesentlichen wie folgt aus:
Er habe TX nach dem noch zweimal gesehen, und zwar im Juli und August 2005. Der Sohn des Bf. mit dem Vornamen S habe in Polen einen Schulfreund mit dem Namen TX gehabt. Dieser Schulfreund sei jedoch nicht die Person, der er die og. Wohnung vermietet habe. Die Namensgleichheit sei dem Bf. damals aufgefallen. Der vorgenannte Schulfreund sei ca. 30 Jahre alt, 185 bis 190 cm groß und habe kurze, dunkelblonde Haare.
MX sagte am bei ihrer Einvernahme durch Organe der Finanzstrafbehörde erster Instanz im Wesentlichen wie folgt aus:
Der og. Schulfreund ihres Sohnes sei ca. 30 Jahre alt, ca. 170 cm groß und habe kurze, braune Haare. Die Wohnung "20/5" sei einer Person mit dem Namen TX vermietet worden. Bei dieser Person handle es sich aber nicht um den og. Schulfreund.
Laut Mitteilung der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom an den Unabhängigen Finanzsenat seien die og. Zigaretten aufgrund der Aufmachung der Zigarettenpackungen (teilweise seien ukrainische Steuerbanderolen, bzw. kyrillische Schriftzeichen angebracht) und dem Fehlen der in der Europäischen Union vorgeschriebenen Gesundheitswarnhinweise in der jeweiligen Landessprache auf allen Zigarettensorten Nichtgemeinschaftswaren.
Die og. Ermittlungsergebnisse sind hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Wahrscheinlichkeit, dass die verfahrensggstl. Zigaretten mit dem Makel des Schmuggels (einer der in § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG normierten Vortaten) behaftet sind und dass der Bf. diese Zigaretten, die zugleich Monopolgegenstände sind, an sich gebracht hat.
Es besteht folglich der Verdacht, dass der Bf. die objektiven Tatbestandsmerkmale des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei und der Monopolhehlerei nach §§ 11, 37 Abs. 1 lit. a, 46 Abs. 1 lit. a FinStrG verwirklicht hat.
Das Wissen um das österreichische Tabakmonopol wird als allgemein bekannt vorausgesetzt.
Aufgrund der og. Ermittlungsergebnisse besteht der Verdacht, dass der Bf. hinsichtlich der zollunredlichen Herkunft der Zigaretten zumindest vorsätzlich im Sinne des § 8 Abs. 1 zweiter Halbsatz FinStrG gehandelt hat.
Beim derzeitigen Verfahrensstand kann daher der Verantwortung des Bf. nicht gefolgt werden. Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens ist zu Recht erfolgt. Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Bf. die ihm zur Last gelegten Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens vorbehalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 8 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 11 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 82 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 82 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 83 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Verdacht Abgabenhehlerei Monopolhehlerei |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at