Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 04.04.2006, RV/0085-I/06

Erbübereinkommen ändert nichts am Erbanfall; sind Kosten der Nachlassregelung nur insoweit abzuziehen, als sie auf steuerbares bzw. steuerpflichtiges Vermögen entfallen ?


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Miterledigte GZ:
RV/0086-I/06


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0085-I/06-RS1
Das zwischen den drei Gesetzeserben nach Abgabe der Erbantrittserklärung abgeschlossene Erbübereinkommen vermag am Erbanfall (Quote je 1/3) nichts zu ändern. Die Kosten der Nachlassregelung sind zufolge der gebotenen historischen Interpretation des § 20 Abs. 5 ErbStG nur insoweit vom Erwerb abzuziehen, als sie auf steuerpflichtige, hier konkret nicht endbesteuerte, Teile des Erwerbes entfallen. Die Aufzählung in § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG ist eine bloß demonstrative.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des M, Adr, vertreten durch Notar, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die Erbschaftssteuer wird gemäß § 8 Abs. 1 und Abs. 4 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG), BGBl. 1955/141 idgF, im Betrag von gesamt € 515,57 festgesetzt. Die Fälligkeit des angefochtenen Bescheides bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Laut Abhandlung (Protokoll vom ) nach der am verstorbenen L haben die drei Gesetzeserben - der Witwer F, der Sohn M und die Tochter P - je die unbedingte Erbantrittserklärung zum Nachlass abgegeben. Laut Inventarium waren an erblasser. Aktiva vorhanden: eine Liegenschaft (Eigentumswohnung) mit dem dreifachen Einheitswert von € 55.470,33 sowie endbesteuerte Vermögenswerte (Bausparvertrag, Konten etc.) in Höhe von zusammen € 29.008,01; an Passiva: ein im Jahr 1980 aufgenommenes Wohnbauförderungsdarlehen ausstehend mit € 44.910,89 sowie die Todfallskosten von zusammen € 5.141,08. Der Reinnachlass wurde in Höhe von € 34.426,37 ermittelt. Im anschließenden Erbübereinkommen wurde zwischen den Erben vereinbart, dass zum Einen der Sohn M (= Berufungswerber, Bw) die Wohnungseigentumsanteile und zum Anderen der Witwer die sämtlichen endbesteuerten Vermögenswerte (Konten etc.) sowie das aushaftende Wohnbauförderungsdarlehen in sein Eigentum bzw. Haftung übernimmt. Des Weiteren räumt der Bw dem Vater F an der Wohnung das lebenslange, grundbücherlich sicherzustellende Wohnungsgebrauchsrecht ein. Der Bw hat schließlich an die Schwester P sechs Monate nach dem Ableben des Vaters einen Betrag in Höhe des hälftigen Verkehrswertes der Liegenschaft (Eigentumswohnung) zu entrichten. Die Abhandlungs- und Gerichtskosten wurden vom Finanzamt im Betrag von gesamt € 1.137,25 vermerkt.

Das Finanzamt hat daraufhin ua. dem Bw mit Bescheid vom , StrNrX, ausgehend von einem hälftigen Erbanfall und dem so ermittelten steuerpflichtigen Erwerb (nach Abzug ua. der hälftigen Kosten von € 568,62) in Höhe von € 12.515,61 gemäß § 8 Abs. 1 und 4 ErbStG (Stkl. I) Erbschaftssteuer im Betrag von € 867,58 vorgeschrieben (im Einzelnen siehe Bescheid). Begründend wurde ausgeführt, das Wohnbauförderungsdarlehen sei (im Hinblick auf die Restlaufzeit) auf 44 % des aushaftenden Betrages abzuzinsen; im Übrigen sei die Steuer vom Erbanfall, nicht aber vom effektiv zugeteilten Vermögensgegenstand laut Erbübereinkommen, zu bemessen.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde eingewendet, alle drei Gesetzeserben hätten zum Nachlass die unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben und der Nachlass sei auch allen drei Erben gerichtlich eingeantwortet worden. Entgegen der Rechtsansicht des Finanzamtes sei daher die Steuer ausgehend von einem Erbanfall von richtigerweise je einem Drittel zu bemessen, wobei auch die bisher nicht berücksichtigten Kosten der Regelung des Nachlasses (= Gerichts- und Gerichtskommissärsgebühren) von zusammen € 3.203,04 anteilig in Abzug zu bringen seien. Der steuerpflichtige Erwerb betrage daher lt. Berechnungsdarstellung beim Bw € 6.921,82, die Erbschaftssteuer gesamt € 508,92.

Mit teilweise stattgebender Berufungsvorentscheidung vom hat das Finanzamt - in Anerkennung der geltend gemachten Kosten, allerdings nur im Ausmaß von 65,66 % - wiederum ausgehend vom hälftigen Erbanfall die Erbschaftssteuer auf € 855,50 herabgesetzt und ausgeführt: Es seien lediglich 65,66 % der Abhandlungskosten gem. § 20 Abs. 5 ErbStG anzuerkennen, da 34,34 % der Aktiven steuerfrei seien. Da nach dem Inhalt des Erbübereinkommens die Tochter P nichts erhalte, sei sie nicht als Erbin aufzufassen.

Mit Antrag vom wurde die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz begehrt und vorgebracht, maßgebend sei nach der Judikatur nicht das Erbübereinkommen sondern der Erbanfall, dh. die durch Erbanfall jeweils erworbene Erbquote, weshalb gegenständlich auch die Tochter Erbin sei und ein Erbanfall von je einem Drittel vorliege. Nach § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG seien die gesamten Abhandlungkosten vom Erwerb abzuziehen; eine Aliquotierung sei gesetzlich nicht gedeckt. Die auf § 20 Abs. 5 iVm § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG gestützte Rechtsansicht treffe nicht zu, da endbesteuerte Vermögenswerte zwar nicht steuerpflichtig, jedoch "steuerbar" im Sinne des § 20 Abs. 5 seien. Die Kürzung der Abhandlungskosten im Verhältnis zum endbesteuerten Vermögen sei auch insofern unsachlich, als zur Bemessung der Abhandlungsgebühren sämtliche Aktiva, sohin auch die endbesteuerten Vermögenswerte, herangezogen würden. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde mittels Schreiben vom ausdrücklich zurück gezogen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Erbschaftsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG Erwerbe von Todes wegen und gelten als solche gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 Erwerbe durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltendgemachten Pflichtteilsanspruches.

Die geltende Erbschaftssteuer stellt eine Erbanfallsteuer dar; sie ist grundsätzlich vom Erbanfall zu bemessen. Das Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht wird vom Bereicherungsprinzip beherrscht. In diesem Sinne wird in § 20 Abs. 1 ErbStG bestimmt, dass als Erwerb, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber gilt, somit der Betrag, um den der Erwerber von Todes wegen bereichert wurde (vgl. ). Der Steuerpflicht unterliegt damit grundsätzlich jenes Vermögen (Besitz- weniger Schuldposten), das am Stichtag (= Todestag) dem Erblasser gehörte ( Slg. 3050/F) und damit als von Todes wegen an den Erwerber (Erben) angefallen gilt. Zufolge des in § 18 normierten Stichtagsprinzips können nach dem Stichtag liegende Wertänderungen nicht berücksichtigt werden (vgl. ). Auch Änderungen im Umfang des Erwerbes bzw. in der Zusammensetzung des Nachlassvermögens, die nach dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers eintreten, sind für die Erbschaftsbesteuerung grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. ; , 96/16/0280 u. a.).

Wenn daher mehrere Erben nach Abgabe der Erbantrittserklärung miteinander ein Abkommen (sog. Erbübereinkommen) über die Aufteilung des Nachlasses schließen, wird der Grundsatz, dass die Erbschaftssteuer grundsätzlich vom Erbanfall zu bemessen ist, nicht berührt. In diesem Fall gilt der Anteil am steuerlich bewerteten Nachlassvermögen und nicht der effektiv zugeteilte Vermögensgegenstand als angefallen ( u. a.). Ein zwischen den Miterben abgeschlossenes Erbübereinkommen ist bereits ein unter Lebenden abgeschlossenes Rechtsgeschäft und kann an der durch Abgabe der Erbantrittserklärung entstandenen Steuerschuld für den Erwerb von Todes wegen nichts mehr ändern (vgl. zu vor: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz. 23 zu § 2).

Dem diesbezüglichen Berufungseinwand, gegenständlich liege ein Erbanfall in Höhe der Erbquote von je einem Drittel an alle drei gesetzlichen Erben (Witwer und zwei Kinder), die jeweils auch die Erbantrittserklärung abgegeben haben, vor, kommt daher Berechtigung zu. Das laut Abhandlung anschließend von der Erben vereinbarte Erbübereinkommen ist im Hinblick auf die Beurteilung des jeweiligen Erwerbes von Todes wegen völlig unmaßgeblich, worauf im Übrigen vom Finanzamt selbst in der Bescheidbegründung verwiesen wurde.

In Streit gezogen ist weiters, ob in Anbetracht der vorhandenen endbesteuerten und damit gem. § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG steuerbefreiten Vermögenswerte, das sind wie eingangs dargelegt Konten, Bausparguthaben etc. im Wert von € 29.008,01, die darauf - im Verhältnis zum Gesamtbetrag der Aktiva - im Ausmaß von 34,34 % entfallenden Kosten der Nachlassregelung als nicht abzugsfähig zu beurteilen oder nach dem Dafürhalten des Bw in jedem Falle nach der Bestimmung des § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG zur Gänze abzuziehen sind.

Nach § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG sind von dem Erwerbe u. a. insbesondere abzuziehen: die Kosten der Eröffnung einer letztwilligen Verfügung des Erblassers, die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Regelung des Nachlasses, die Kosten der gerichtlichen Sicherung des Nachlasses und der Inventarerrichtung.

§ 20 Abs. 5 erster Satz ErbStG lautet: "Schulden und Lasten, die in wirtschaftlicher Beziehung zu nicht steuerbaren Teilen des Erwerbes stehen, sind nicht abzuziehen."

Gemäß dem ersten Teilstrich des § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG, idFd BGBl I 2003/71 ab , bleiben ua. Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen steuerfrei, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gem. § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz des Einkommensteuergesetzes 1988 idFd BGBl. Nr. 12/1993 - sohin der Kapitalertragsteuer - unterliegen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist die Aufzählung der in § 20 Abs. 4 ErbStG angeführten Abzugsposten - argumento "insbesondere" - eine bloß demonstrative. Zu diesen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten gehören all jene und soweit, die aus Anlass des Anfalles bzw. zur Durchsetzung der Rechte des Bedachten oder Erwerbers demselben notwendigerweise erwachsen sind (vgl. ). In § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG werden "insbesondere" die mit dem Nachlass und der Verlassenschaftsabhandlung zusammenhängenden Kosten, darunter die Kosten der Regelung des Nachlasses, genannt. Zufolge des § 20 Abs. 5 ErbStG sind aber diese grundsätzlich ("insbesondere") anzuerkennenden Schulden und Lasten dann, wenn sie in wirtschaftlicher Beziehung zu "nicht steuerbaren" Teilen des Erwerbes stehen, nicht abzuziehen und damit vice versa nur jene Schulden und Lasten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit "steuerbaren" Teilen des Erwerbes stehen, vom Erwerb abzuziehen (vgl. / 0282). Der Bw geht daher fehl, wenn er gestützt allein auf § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG vermeint, die Abhandlungskosten seien demnach in jedem Fall zur Gänze abzugsfähig, weil eben diese Bestimmung nach dem Obgesagten aufgrund des § 20 Abs. 5 erster Satz, der bei der hier vorliegenden unbeschränkten Steuerpflicht anzuwenden ist, eine Einschränkung im Hinblick auf den steuerbaren bzw. steuerpflichtigen Teil des Erwerbes erfährt.

Speziell im Hinblick auf Schulden und Lasten in Zusammenhang mit endbesteuertem Kapitalvermögen ist laut § 2 des Endbesteuerungsgesetzes, BGBl. 1993/11, bundesgesetzlich u.a. "vorzusehen, dass für Kapitalerträge und Vermögen, für die eine Abgeltung der Steuern (§ 1 Abs. 2 Endbesteuerungsgesetz) eintritt, bei der Ermittlung des .... Erwerbes von Todes wegen (§ 20 ErbStG1955) ..... Schulden und Lasten nicht berücksichtigt werden." Wenn auch eine dementsprechende einfachgesetzliche Vorkehrung nicht getroffen wurde, so ist dennoch davon auszugehen, dass der historische Gesetzgeber die Begriffe "steuerbar" bzw. "der Steuer unterliegen" nicht dem heutigen Verständnis entsprechend verwendet hat. Aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes ergibt sich, dass insbesondere die Begünstigungsbestimmung nach § 17 ErbStG entgegen ihrem eigentlichen Wortlaut einen steuerpflichtigen und nicht bloß steuerbaren Erwerb voraussetzt (vgl. auch die Bestimmung des § 22 ErbStG: Anmeldeverpflichtung für steuerpflichtige, nicht auch für steuerbefreite Erwerbe). Dies bedeutet aber, dass die obgenannte, von § 2 des Endbesteuerungsgesetzes geforderte bundesgesetzliche Norm, wonach die mit steuerfreien Teilen des Erwerbes zusammenhängenden Schulden und Lasten nicht berücksichtigt werden dürfen, ohnehin besteht. Aufgrund der gebotenen historischen Gesetzesinterpretation ist daher § 20 Abs. 5 ErbStG so zu verstehen, dass Schulden und Lasten, die in wirtschaftlicher Beziehung zu nicht steuerpflichtigen Teilen des Erwerbes stehen, nicht abzugsfähig sind. Demgemäß sind die die endbesteuerten und damit nicht steuerpflichtigen Vermögenswerte betreffenden bzw. darauf anteilig entfallenden Schulden und auch Kosten nicht abzugsfähig. Der eingewendeten Bemessung der Gerichts- und Gerichtskommissärsgebühren nach § 3 GKTG und § 24 GGG, wonach endbesteuertes Vermögen in die Bemessungsgrundlage einbezogen werde, kommt im Rahmen der steuerrechtlichen Beurteilung keine Bedeutung zu.

Wenn daher im Berufungsfalle laut der vorgenommenen Verhältnisrechnung das Nachlassvermögen im Ausmaß von 34,34 % aus endbesteuerten Vermögenswerten besteht, welche Ermittlung im Übrigen unwidersprochen geblieben ist, so sind in diesem Umfang die darauf entfallenden Abhandlungskosten als nicht abzugsfähig zu behandeln. Diese Kosten von gesamt € 3.203,04 sind somit beim Bw mit einem Drittel und davon 65,66 %, sohin im Betrag von lediglich € 701,04 zu berücksichtigen.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Berufung insgesamt nur ein teilweiser Erfolg beschieden sein. Die Erbschaftssteuer bemißt sich wie folgt:


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Erbanfall 1/3
Wert Gst
18.490,11
abzügl. Todfallskosten
- 1.713,69
abzügl. Kosten der Nachlassregelung
- 701,04
abzügl. abgezinstes Darlehen
- 6.586,93
abzügl. Freibetrag
- 2.200
steuerpflichtiger Erwerb
7.288,45
davon Erbschaftssteuer: gem. § 8 Abs. 1 ErbStG. 2 %
145,77
369,80
Erbschaftssteuer gesamt
515,57

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Erbanfall
Erbübereinkommen
Kosten
Nachlassregelung
endbesteuertes Vermögen
steuerbarer Erwerb
steuerpflichtiger Erwerb

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at