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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSK vom 30.03.2006, RV/0226-K/04

Ist Weitergabeverpflichtung an Kinder eine den Erwerb schmälernde Gegenleistung bzw. Last bei ScheSt?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Zemrosser und die weiteren Mitglieder HR Dr. Ploner, Dr. Lamp und MMag. Dr. Dörflinger im Beisein der Schriftführerin FOI Orasch über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Oskar Rauchenwald, Öffentlicher Notar, 9360 Friesach, Wiener Straße 17, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben.

Die Schenkungssteuer wird festgesetzt mit € 4.271,22. Bisher war vorgeschrieben € 5.206,72.

Entscheidungsgründe

Mit Notariatsakt vom übergab N.N. seiner Schwiegertochter, der nunmehrigen Berufungswerberin (in der Folge: Bw.) den zu zwei Drittel in seinem Miteigentum stehenden Anteil an der Liegenschaft EZ 123, GB 45678, samt dem darauf befindlichen Wohnhaus A-Dorf1 in deren Eigentum. Als Gegenleistung hiefür räumte die Bw. dem Übergeber und dessen Gattin auf beider Lebenszeit das unentgeltliche Wohnrecht an der von ihnen bewohnten Wohnung im Erdgeschoss samt Mitbenützung übriger Teile der Liegenschaft ein. Das Wohnungsrecht erlösche mit dem Ableben des später versterbenden Berechtigten und wurde von den Vertragsparteien mit € 300,00 je Monat bewertet, was kapitalisiert einen Betrag von € 51.572,67 ergäbe. Der anteilig auf das Übergabsobjekt entfallende dreifache Einheitswert betrage € 81.684,26. Weiters verpflichtete sich die Bw., das Übergabsobjekt im Sinne einer fideikommisarischen Substitution nur an eines oder mehrere ihrer ehelichen Kinder mit dem Sohn des Übergebers entweder bei Lebzeiten oder von Todes wegen zu hinterlassen. Endlich hielten die Parteien noch fest, dass es sich um ein gemischtes Rechtsgeschäft im Familienkreise handle und deshalb eine Anfechtung wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes ausgeschlossen sei.

Für diesen Erwerbsvorgang setzte das Finanzamt Klagenfurt (FA) der Bw. gegenüber Grunderwerbsteuer und Schenkungssteuer (ScheSt) fest. Die Bemessungsgrundlage und die daraus abgeleitete ScheSt errechnete das FA wie folgt:


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  • Grundstück, maßgeblicher Einheitswert (3-fach)
81.684,26
  • abzüglich GreSt-pflichtige Gegenleistung
-48.756,48
  • steuerlich maßgeblicher Wert des Grundstückes
32.927,78
-440,00
  • steuerpflichtiger Erwerb € 32.487,78, gerundet
32.487,00
4.548,18
658,54
  • Erbschaftssteuer gesamt, gerundet
5.206,72

Ihre dagegen fristgerecht erhobene Berufung begründete die Bw. zunächst damit, der vom FA herangezogene Barwertfaktor sei unzutreffend und ergäbe sich richtigerweise ein kapitalisierter Wert des Wohnrechtes im Ausmaß von € 51.572,67. Weiters wäre die Verpflichtung der Bw., das Übergabsobjekt im Sinne einer fideikommissarischen Substitution nur an eines ihrer ehelichen Kinder entweder zu Lebzeiten zu übergeben oder von Todes wegen zu hinterlassen, bei der Berechnung der ScheSt nicht berücksichtigt worden. Dies sei als Auflage anzusehen, die gemäß § 20 Abs. 8 ErbStG mit dem Wert des Übergabsobjektes - soweit nicht eine grunderwerbsteuerpflichtige Gegenleistung vorliege - in Abzug zu bringen wäre. Durch das angeordnete Nachfolgerecht der Kinder wäre sie in ihrer Verfügung über das Vertragsobjekt sowohl zu Lebzeiten als auch von Todes wegen zur Gänze gehindert. Es liege also keine Bereicherung der Bw. vor und sei eine solche von den Vertragsparteien auch gar nicht beabsichtigt gewesen. Eine Bereicherung der Bw. könne allenfalls darin liegen, dass sie nach dem Ableben ihrer Schwiegereltern das Übergabsobjekt bis längstens zu ihrem Ableben nutzen könnte. Die sich aus der Differenz zwischen dem kapitalisierten Wert des Wohnrechts der Schwiegereltern und dem Wert des Wohnrechts der Bw. ergebende Bereicherung würde € 9.256,19 und die daraus errechnete ScheSt € 1.066,74 betragen, in welchem Ausmaß die ScheSt neu zu bemessen beantragt werde.

In seiner abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das FA zunächst aus, dass Mieten üblicherweise monatlich vorschüssig bezahlt würden und daher hinsichtlich des Wohnrechtes eine zwölfmal jährlich vorschüssige Rente zu unterstellen sei. Da ein gemeinsames Wohnrecht vorliege, das mit dem Ableben des später versterbenden Berechtigten erlösche, sei der Kapitalisierungsfaktor desjenigen mit der höheren Erlebenswahrscheinlichkeit für die Bewertung maßgeblich. Zur Frage der Überlassungsverpflichtung an die Kinder vertrat das FA die Ansicht, dass diese nicht bewertbar sei und daher eine Berücksichtigung als Auflage gemäß § 20 Abs. 8 ErbStG, welche in Geld veranschlagt werden könne, nicht stattfinden könne.

In ihrer als Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz zu wertenden Stellungnahme wendete die Bw. ein, das Wohnrecht werde gleichmäßig über einen Zeitraum, etwa ein Jahr oder einen Monat, ausgeübt und fließe nicht wie etwa eine Mietzahlung schon zu Beginn eines Monats zu. Die Bewertung sei daher nachschüssig vorzunehmen. Außerdem wäre von einem gemeinsamen Wohnrecht der Berechtigten auszugehen, weshalb sich auch nach dem vom Bundesministerium für Finanzen online zur Verfügung gestellten Berechnungsprogramm bei einer Verbindungsrente der von der Bw. begehrte Betrag von € 51.572,67 ergäbe. Bezüglich der Übergabeverpflichtung wendete die Bw. noch ergänzend ein, dass es sich hiebei sehr wohl um einen ihre Bereicherung schmälernden Vermögensnachteil handle, der auch in Geld veranschlagt werden könne. Nach einhelliger Ansicht von Lehre und Rechtsprechung sei die Übergabeverpflichtung mit dem Wert des Grundstückes zu bewerten, sodass sich der negative Wert dieser Verpflichtung mit dem positiven Wert des Grundstückes aufhebe. Eine nicht in Geld veranschlagbare Leistung sei nur dann anzunehmen, wenn bei ihrem Entfall das Vermögen des Verpflichteten wirtschaftlich gesehen keine Vermehrung erfahre bzw. das Vermögen des Verpflichteten durch die Gegenleistung nicht geschmälert werde, was im gegenständlichen Fall aber gerade nicht gegeben wäre.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG unterliegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz Schenkungen unter Lebenden. Nach § 3 Abs. 1 Z 1 gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes und nach Z 2 leg. cit. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Eine gemischte Schenkung als einheitliches Rechtsgeschäft kann der ScheSt unterliegen, wenn der Leistung des einen Teiles eine geringere Leistung des anderen Teiles gegenübersteht und die Bereicherung des anderen Teiles von demjenigen, der die höherwertige Leistung erbringt, gewollt ist (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 50 zu § 3). Hält man sich nun im vorliegenden Fall bloß die Diskrepanz zwischen dem Einheitswert, welcher erfahrungsgemäß nur einen Bruchteil des wahren Wertes ausmacht, des hingegebenen Grundstückes und dem Kapitalwert des als Gegenleistung eingeräumten Wohnrechts vor Augen, so erhellt schon daraus ein krasses Missverhältnis der beiden Leistungen. Ergibt sich zudem noch aus der Urkunde selbst, dass die Vertragsteile Leistung und Gegenleistung als subjektiv inäquivalent angesehen haben, so folgt daraus, dass auf das Vorliegen einer gemischten Schenkung zu schließen ist (, NZ 1995, 305). Die in der Urkunde vom enthaltene Feststellung, dass es sich bei dem gegenständlichen Vertrag um ein gemischtes Rechtsgeschäft im Familienkreise handle, weshalb eine Anfechtung wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes ausgeschlossen sei, wäre entbehrlich gewesen, wenn sich die Parteien nicht selbst der Inäquivalenz der jeweils zu erbringenden Leistungen bewusst gewesen wären. Der Einwand der Bw., es sei gar keine Bereicherungsabsicht vorgelegen, musste sohin ins Leere gehen und ist daher vom Vorliegen einer gemischten Schenkung auszugehen.

Bezüglich des Vorbringens der Bw., das FA habe den kapitalisierten Wert des Wohnrechtes als eine bei der ScheSt abzugsfähige Gegenleistung unrichtig angesetzt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der Berufungsentscheidung vom heutigen Tag, GZ. RV/0225-K/04, betreffend Grunderwerbsteuer verwiesen. Darin gelangte der erkennende Senat zur Ansicht, dass der Kapitalwert des dem Übergeber und dessen Gattin eingeräumten gemeinsamen Wohnungsrechtes € 51.872,67 beträgt. Diesbezüglich konnte sohin dem Begehren der Bw. gefolgt werden.

Nicht geteilt werden kann indes die Auffassung der Bw. hinsichtlich des Abzuges der Übergabsverpflichtung. So ist in § 19 Abs. 1 ErbStG normiert, dass sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des ErstenTeiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften) richtet. Nach § 6 BewG werden Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer Bedingung abhängt, nicht berücksichtigt.

Nach der Judikatur des VwGH (Erkenntnis vom , 86/16/0116, 0117) ist das Erbrecht des Nacherben aufschiebend bedingt durch den Eintritt des Substitutionsfalles. Argumentum e contrario muss daher wohl auch die Verpflichtung des Vorerben, die Nacherbschaft herauszugeben, als aufschiebend bedingte Last anzusehen sein. Wenn auch im gegenständlichen Fall die Übergabsverpflichtung der Bw. als Auflage zu werten ist, so ist diese doch aufschiebend bedingt dadurch, dass entweder die Bw. die Übergabsliegenschaft zu Lebzeiten an eines oder mehrere der Kinder überträgt oder diese die Bw. überleben. Derartige, in der Zukunft liegende, ungewisse und vom Eintritt einer Bedingung abhängige Lasten können aber nach der letztgenannten Vorschrift nicht berücksichtigt werden.

Darüber hinaus ist noch die Bestimmung des § 9 BewG zu beachten. Darin ist festgelegt, dass bei der Bewertung Beschränkungen, denen ein Steuerpflichtiger in seiner Eigenschaft als Vorerbe (....) oder als Inhaber eines gebundenen Vermögens unterliegt, nicht berücksichtigt werden. Twaroch-Wittmann-Frühwald führen hiezu in ihrem Kommentar zum Bewertungsgesetz, Band I, S 72, aus, dass Vorerben und Inhaber eines gebundenen Vermögens bürgerlich-rechtlich zwar Eigentümer sind, jedoch nicht die unbeschränkte Herrschaft über ihr Eigentum haben. Diese Verfügungsbeschränkungen werden bei der Bewertung nicht berücksichtigt. Der formalrechtliche Eigentümer wird daher, obwohl er nicht die unbeschränkte Herrschaft über das Vermögen hat, abgabenrechtlich dennoch als vollberechtigter Eigentümer behandelt. So wird etwa der Vorerbe, der auch gemäß § 5 Abs. 1 ErbStG als Erbe gilt, abgabenrechtlich als Eigentümer der Vorerbschaft angesehen; die Vorerbschaft erscheint bis zum Eintritt der Nacherbfolge in seinem Gesamtvermögen in dem Umfang und mit dem Wert auf, wie wenn keine Nacherbfolge angeordnet wäre.

Im Lichte dieser eindeutigen herrschenden Meinung musste dem Begehren der Bw., die einer fideikommissarischen Substitution gleichzusetzende Übergabsverpflichtung als einen ihre Bereicherung schmälernden, in Geld veranschlagbaren, Vermögensnachteil in Abzug zu bringen, ein Erfolg versagt bleiben. Die von der Bw. ihrer als Vorlageantrag zu wertenden Stellungnahme beigelegten Literaturstellen beziehen sich auf andere, nicht vergleichbare, Sachverhalte.

Der Berufung war sohin ein Erfolg nur teilweise bescheiden und errechnet sich die ErbSt gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG vorerst wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
  • Grundstück, maßgeblicher Einheitswert (3-fach)
81.684,26
  • abzüglich GreSt-pflichtige Gegenleistung
-51.872,67
  • steuerlich maßgeblicher Wert des Grundstückes
29.811,59
-440,00
  • steuerpflichtiger Erwerb € 29.371,59, gerundet
29.371,00
4.111,94

In einem derartigen Fall gelangt jedoch die Bestimmung des § 8 Abs. 2 ErbStG zur Anwendung. Demnach ist die Steuer nach Abs. 1 leg. cit. in der Weise zu berechnen, dass von dem Wertbetrag des Erwerbes nach Abzug der Steuer nicht weniger erübrigt wird, als von dem höchsten Wertbetrage der nächstniedrigeren Stufe des Tarifs nach Abzug der nach dieser entfallenden Steuer.

Zieht man vom "steuerpflichtigen Erwerb" (€ 29.731,00) die oben errechnete Steuer (€ 4.111,94) ab, verbleibt der Bw. sohin ein "Nettoerwerb 1" nach § 8 Abs. 1 ErbStG im Ausmaß von € 25.259,06. Die auf den höchsten Wertbetrag der nächstniedrigen Stufe des Tarifs (€ 29.200,00) entfallende Steuer beträgt in der Steuerklasse IV (12%) € 3.504,00, der "Nettoerwerb 2" daher € 25.696,00. Die Differenz zwischen "steuerpflichtigem Erwerb" (€ 29.371,00) und "Nettoerwerb 2" (€ 25.696,00) ergibt somit die Steuer gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 im Betrag von € 3.675,00 (Beispiel hiezu in Fellner, a.a.O., Rz 3 zu § 8). Dieser ist noch die Steuer gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG (2% vom gerundeten, steuerlich maßgeblichen Wert des Grundstückes € 29.811,00) in Höhe von € 596,22 hinzuzurechnen, sodass sich die nunmehr festzusetzende ScheSt insgesamt auf € 4.271,22 beläuft.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Fideikommissarische Substitution
Weitergabeverpflichtung
Gegenleistung
Härteklausel

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at