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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSW vom 20.02.2009, FSRV/0089-W/08

Zum Zeitpunkt der Selbstanzeige zu Beginn der BP war die Tat bereits teilweise entdeckt, daher keine strafbefreiende Wirkung.

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 2, HR Mag. Gerhard Groschedl, in der Finanzstrafsache gegen Frau A.B., J., vertreten durch sh & eckl Treuhand, Steuerberatungs GmbH, 3100 St. Pölten, Kupferbrunnenstraße 21, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG des Finanzamtes Waldviertel als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , Strafnummer-1,

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Waldviertel als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen A.B. (in weiterer Folge Bf.) zur Strafnummer-1 ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass sie im Bereich des Finanzamtes Waldviertel/Standort Krems vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für 08/2007 bis 1/2008 in Höhe von € 5.272,00 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe.

Als Begründung wurde ausgeführt, dass sich der Verdacht des angelasteten Finanzvergehens auf die Feststellung der durchgeführten abgabenbehördlichen Umsatzsteuerprüfung vom gründe. Es fehle an der Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige, da diese erst bei Prüfungsbeginn erstattet worden sei. Da somit die Tat zum Zeitpunkt der Selbstanzeige bereits entdeckt gewesen sei und dies dem steuerlichen Vertreter im Zuge der Anmeldung zur UVA-Prüfung auch bekannt gewesen sei, trete die Straffreiheit nach § 29 Abs. 3 lit. b FinStrG nicht ein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde der Beschuldigten vom , in welcher ausgeführt werde, dass beim Unternehmen der Bf. eine Umsatzsteuerprüfung durchgeführt worden sei. Bei Beginn der Prüfung sei eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG erstattet worden. Laut Begründung des Bescheides sei zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat bereits entdeckt gewesen.

Aus der bloßen Nichtabgabe einer Voranmeldung allein oder im Unterbleiben einer Umsatzsteuervorauszahlung könne in Beziehung auf § 29 Abs. 3 lit. b FinStrG die Verwirklichung eines Finanzvergehens nicht erschlossen werden. Somit könne ohne Hinzutreten einer Kenntnis der Finanzstrafbehörde von weiteren konkreten Tatumständen von einer auch nur teilweisen Tatentdeckung keine Rede sein ().

Da die Bescheidbegründung in keiner Weise darlege, von welchen weiteren konkreten Tatbeständen (gemeint wohl: Tatumständen) die Finanzstrafbehörde zu Beginn der Prüfung (somit zum Zeitpunkt der Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG) Kenntnis gehabt habe, werde beantragt, von der Einleitung eines Strafverfahrens gemäß § 82 FinStrG abzusehen.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 83 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz, sofern genügend Verdachtsgründe für die Einleitung wegen eines Finanzvergehens gegeben sind, das Finanzstrafverfahren einzuleiten.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Gemäß § 29 Abs. 1 FinStrG wird, wer sich eines Finanzvergehens schuldig gemacht hat, insoweit straffrei, als er seine Verfehlung der zur Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften zuständigen Behörde oder einer sachlich zuständigen Finanzstrafbehörde darlegt (Selbstanzeige). Eine Selbstanzeige ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.

§ 29 Abs. 2 FinStrG: War mit einer Verfehlung eine Abgabenverkürzung oder ein sonstiger Einnahmenausfall verbunden, so tritt die Straffreiheit nur insoweit ein, als der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offengelegt und die sich daraus ergebenden Beträge, die der Anzeiger schuldet oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann, den Abgaben- oder Monopolvorschriften entsprechend entrichtet werden. Werden für die Entrichtung Zahlungserleichterungen gewährt, so darf der Zahlungsaufschub zwei Jahre nicht überschreiten; diese Frist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (§§ 201 und 202 BAO) mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen mit der Bekanntgabe des Betrages an den Anzeiger zu laufen.

§ 29 Abs. 3 FinStrG: Straffreiheit tritt nicht ein,

a) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3) gegen den Anzeiger, gegen andere an der Tat Beteiligte oder gegen Hehler gesetzt waren,

b) wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat bereits ganz oder zum Teil entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war oder die Entdeckung einer Tat, durch die Zollvorschriften verletzt wurden, unmittelbar bevorstand und dies dem Anzeiger bekannt war, oder

c) wenn bei einem vorsätzlich begangenen Finanzvergehen die Selbstanzeige anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nicht schon bei Beginn der Amtshandlung erstattet wird.

§ 29 Abs. 5 FinStrG: Die Selbstanzeige wirkt nur für die Personen, für die sie erstattet wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Betracht kommt. Ein derartiger Verdacht, der die Finanzstrafbehörde zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens verpflichtet, kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. beispielsweise ). Dabei ist nur zu prüfen, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe gegeben sind, nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Untersuchungsverfahrens gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde bekannt gewordenen Umstände für einen Verdacht ausreichen oder nicht.

Die Beschwerdeausführungen beschränken sich auf das Vorbringen, dass die Bf. rechtzeitig zu Beginn der Betriebsprüfung eine strafbefreiende Selbstanzeige erstattet haben soll, was von der Finanzstrafbehörde erster Instanz bestritten wird. Zu prüfen ist jedoch im gegenständlichen Verfahren, ob deshalb keine Straffreiheit eingetreten ist, da gemäß § 29 Abs. 3 lit. b FinStrG zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat bereits ganz oder zum Teil entdeckt und dies dem Anzeiger bekannt war.

In diesem Zusammenhang ist auf den Arbeitsbogen des Betriebsprüfers, Seite 12, zu verweisen, woraus der Vermerk ersichtlich ist, dass der Betriebsprüfer am dem steuerlichen Vertreter telefonisch die Betriebsprüfung für die Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume 8-12/2007 und 1/2008 angekündigt hat und explizit darauf hingewiesen hat, dass die Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG durchgeführt werde, da weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet worden seien (wobei zwischen Prüfungsanmeldung und Prüfungsbeginn die fehlenden Umsatzsteuervoranmeldungen am nachgereicht wurden).

Soweit der Verteidiger unter Zitierung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Ansicht vertritt, ohne Hinzutreten einer Kenntnis der Finanzstrafbehörde von weiteren konkreten Tatumständen kann von einer auch nur teilweisen Tatentdeckung keine Rede sein, ist festzuhalten, dass bei der Bf. bereits eine vorangegangene Umsatzsteuerprüfung für die Zeiträume Jänner bis Juli 2007 stattgefunden hat, die nicht nur zu Nachforderungen, sondern auch zu einer Bestrafung wegen des Finanzvergehens der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG (Strafverfügung vom , Geldstrafe in Höhe von € 1.100,00) geführt hat, wobei der Verdacht auch damals zunächst auf Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG gerichtet war. Gerade der Umstand, dass die neuerliche Umsatzsteuerprüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG durchgeführt wurde, beweist, dass die Finanzstrafbehörde erster Instanz angesichts des finanzstrafrechtlichen Vorlebens der Bf. vom Verdacht einer Abgabenhinterziehung (wie dies auch explizit aus dem Prüfungsauftrag selbst ersichtlich ist) ausgegangen ist. Nur dann wird eine abgabenbehördliche Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG angeordnet, wenn auch entsprechende Verdachtsmomente vorliegen. Allerdings sei nur am Rande erwähnt, dass es mit dem Ziel und dem Zweck einer Prüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG an sich unvereinbar ist, die Prüfung vorher telefonisch oder sonst in irgend einer Weise anzukündigen, da ein Verdächtiger dadurch nicht nur gewarnt wird, sondern ihm auch die Möglichkeit eröffnet wird, belastendes Beweismaterial verschwinden zu lassen bzw. die Buchhaltung "entsprechend" auf die Prüfung vorzubereiten.

Dem Strafakt ist weiters zu entnehmen, dass die Bf. - obwohl die vorangegangene Prüfung für den Zeitraum Jänner bis Juli 2007 wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen geführt wurde - auch in den Folgemonaten ab August 2007 ihre diesbezüglichen abgabenrechtlichen Verpflichtungen völlig vernachlässigt hat. Ja selbst die oben dargestellte Bestrafung hat kein Umdenken in ihrem Handeln bewirken können. Aus der Sicht der Finanzstrafbehörde war zum Zeitpunkt der Ankündigung der Betriebsprüfung für die Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen der Bf. keine andere Deutungsmöglichkeit als der Verdacht einer Abgabenhinterziehung offen. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Verdacht besteht, dass die Bf. für die nunmehr angeschuldeten Tatzeiträume wissentlich eine Abgabenverkürzung bewirken wollte, indem sie - nach wie vor, ohne ihr steuerunehrliches Verhalten ändern zu wollen - weder entsprechende Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben noch Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet hat.

Auch wenn trotz Vorliegens einer Selbstanzeige ein Finanzstrafverfahren eingeleitet werden kann, wenn deren strafbefreiende Wirkung nicht zweifelsfrei feststeht (), ist festzuhalten, dass aufgrund der oben erwähnten telefonischen Ankündigung einer Außenprüfung gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG vom dem steuerlichen Vertreter und damit der Bf. der Umstand der teilweisen Tatentdeckung bekannt war. Da diese Tatentdeckung jedenfalls vor Beginn der Betriebsprüfung am erfolgt ist, kann im vorliegenden Fall der zu Beginn der Betriebsprüfung erstatteten Selbstanzeige mangels Rechtzeitigkeit keine strafbefreiende Wirkung zuerkannt werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
taxlex 2009, 338

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at