Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 20.01.2010, RV/0336-L/09

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe bei Fehlen eines Aufenthaltstitels nach dem NAG bzw. während laufendem Asylverfahren.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag.Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt, 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin ist serbische Staatsbürgerin und hält sich seit dem Jahr 2002 zusammen mit ihrem Ehegatten und ihren beiden Kindern L und Lo in Österreich auf. Ein im September 2008 eingebrachter Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die beiden Kinder wurde mit Bescheid vom für den Zeitraum ab Jänner 2006 mit folgender Begründung abgewiesen: Die Berufungswerberin sei derzeit noch Asylwerberin. Da das Asylverfahren erst nach dem eingeleitet worden sei, sei für sie die Rechtslage ab maßgeblich. Danach sei für die Gewährung der Familienbeihilfe ein gültiger Aufenthaltstitel erforderlich. Der Ehegatte sei zwar subsidiär Schutzberechtigter, nicht jedoch die Kinder und die Berufungswerberin, weshalb auch für den Ehegatten kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.

In der dagegen eingebrachten Berufung wurde sinngemäß ausgeführt: Der Unabhängige Bundesasylsenat hätte mit Bescheid vom dem Ehegatten subsidiären Schutz gewährt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zuerkannt. Betreffend die Berufungswerberin und die beiden Kinder sei das Asylverfahren noch anhängig. Es sei davon auszugehen, dass in diesem Verfahren zumindest jener Rechtsstatus zuerkannt werde, der auch dem Ehegatten zukomme. Die Gewährung des subsidiären Schutzes wirke auf das Datum der Einreise zurück, da der Bescheid der Asylbehörde nur feststelle, dass eine Zurückweisung nicht zulässig sei. Es handle sich somit nicht um eine originäre Rechtsgewährung, sondern bloß um die Feststellung eines bereits bestehenden Rechtszustandes. Vor diesem Hintergrund würden auch die Berufungswerberin und die beiden Kinder die Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe erfüllen.

Nach Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat stellte dieser mittels Vorhalt an die Berufungswerberin die Anfrage, wann tatsächlich von sämtlichen Familienmitgliedern Asyl beantragt wurde bzw. das Asylverfahren eingeleitet wurde, in welchem Stadium sich das Verfahren derzeit befinde und ob die Familie Leistungen aus der Grundversorgung erhält oder erhalten hat. Die Anfrage wurde sinngemäß folgendermaßen beantwortet:

Erstmals wurde das Asylverfahren betreffend sämtliche Familienmitglieder am eingeleitet. Während das Asylverfahren der Berufungswerberin und der beiden Kinder negativ entschieden wurde, wurde einer Beschwerde des Ehegatten stattgegeben und ihm mit Entscheidung des UBAS vom eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis erteilt, die in der Folge bis verlängert wurde. 2007 wurde ein zweiter Asylantrag eingebracht, das Verfahren der Berufungswerberin und der beiden Kinder befinde sich noch im Berufungsstadium. Leistungen aus der Grundversorgung wurden nur zwei bis drei Monate nach der Einreise bezogen, seither finanziere die Familie den Lebensunterhalt selbst.

Dem Schreiben lagen die nicht rechtskräftigen Bescheide des Bundesasylamtes betreffend den Antrag der Berufungswerberin und der beiden Kinder bei sowie die dagegen eingebrachte Berufung. Aus den Bescheiden ergab sich folgender Sachverhalt: Mit stellte die Familie erstmals einen Antrag auf Asyl, welcher betreffend die Berufungswerberin und die beiden Kinder in letzter Instanz am negativ entschieden wurde. Am wurde der neue Asylantrag gestellt, der in erster Instanz mit Bescheid vom abgewiesen wurde.

In Beantwortung einer weiteren Anfrage des Unabhängigen Finanzsenates, mit welchem Aufenthaltstitel sich die Berufungswerberin zwischen Beendigung des ersten Asylverfahrens am und neuer Antragstellung am in Österreich aufhielt, wurde eingeräumt, dass die Berufungswerberin in dieser Zeit über keinen Aufenthaltstitel verfügte. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass dem Ehegatten die subsidiäre Schutzberechtigung noch im Rahmen des alten, mit eingeleiteten Asylverfahrens gewährt wurde.

Schließlich wurden in einer weiteren Eingabe die zwischenzeitig (am ) ergangenen Berufungsentscheidungen des Asylgerichtshofes betreffend die Berufungswerberin und die beiden Kinder übermittelt, in denen nunmehr die subsidiäre Schutzberechtigung auch für die Berufungswerberin und die Kinder festgestellt wurde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 in der ab geltenden Fassung haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Nach § 3 Abs. 2 leg.cit. besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.

§ 3 Abs. 3 leg.cit. besagt: Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

Schließlich wurde mit Wirksamkeit ab der zitierten Bestimmung ein Absatz 4 und 5 (idF BGBl I Nr. 168/2006) angefügt, wonach außerdem solche Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe haben, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

Bis galt für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, folgende gesetzliche Regelung des § 3 Abs. 1 FLAG 1967: Danach hatten solche Personen dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt waren und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet bezogen. Kein Anspruch bestand, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauerte, außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstieß. Nach Absatz 2 galt diese Einschränkung des Absatz 1 nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhielten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde.

Die oben zitierte Neuregelung der Ansprüche von Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, erfolgte im Rahmen umfangreicher Gesetzesänderungen durch das Fremdenrechtspaket 2005, BGBl. I Nr. 100/2005. Im Zuge dieser Änderungen wurde auch folgende Übergangsbestimmung des § 55 FLAG angefügt: Die §§ 2 Abs. 8 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 100/2005, treten mit , nach Maßgabe der Übergangsbestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) sowie des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in Kraft. Das Asylgesetz 2005 enthält unter anderem in seinem § 75 Abs. 1 folgende Übergangsbestimmung: Alle am anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

Auf Grund dieser Verknüpfung der Übergangsbestimmung für den § 3 FLAG mit den Übergangsbestimmungen des NAG und des Asylgesetzes 2005 traf der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2007/15/0170, die Feststellung, dass § 3 FLAG in der Fassung des Fremdenrechtspaketes 2005 für Personen, denen gegenüber gemäß § 75 Asylgesetz 2005 das Asylverfahren noch nach dem Asylgesetz 1997 abgeführt wird, auch für Zeiträume ab nicht anzuwenden ist und für diese Personen § 3 FLAG zunächst noch in der Fassung des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, zur Anwendung kommt.

Im gegenständlichen Fall ist folgender Sachverhalt erwiesen: Der von der Berufungswerberin sowie ihren beiden Kindern L und Lo am gestellt Asylantrag wurde am in letzter Instanz abgewiesen. Im folgenden Zeitraum hielten sich die Antragsteller ohne Aufenthaltstitel weiterhin in Österreich auf und stellten erst am neuerlich einen Asylantrag, der letztinstanzlich mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom dahingehend entschieden wurde, dass der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt wurde, jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt wurde. Bezüglich des Ehegatten der Berufungswerberin und Vaters der beiden Kinder wurde der Asylantrag vom nach einer Aufhebung der abweisenden Entscheidung am durch den Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates vom dahingehend entschieden, dass dem Antragsteller die subsidiäre Schutzberechtigung zuerkannt wurde und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis erteilt wurde, die in der Folge bis verlängert wurde.

Auf Grund der Tatsache, dass betreffend die Berufungswerberin und ihre beiden Kinder zum kein offenes Asylverfahren anhängig war und erst wieder am ein Asylverfahren nach dem AsylG 2005 eingeleitet wurde, steht fest, dass der Antrag der Berufungswerberin für die Zeit ab nach der gesetzlichen Regelung des § 3 FLAG in der Fassung des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zu beurteilen ist. Nach dieser Regelung haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie selbst sowie die anspruchsvermittelnden Kinder entweder einen Aufenthaltstitel nach den §§ 8 oder 9 NAG haben, oder ihnen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 gewährt wurde oder die subsidiäre Schutzberechtigung zuerkannt wurde.

Diese Voraussetzungen treffen im Berufungszeitraum weder auf die Berufungswerberin noch auf die Kinder zu. Bis zur Einleitung des neuen Asylverfahrens hielten sich die Berufungswerberin und die beiden Kinder unbestrittenermaßen ohne irgend einen Aufenthaltstitel in Österreich auf, auch die Einleitung des neuen Asylverfahrens konnte noch keinen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln. Der Status von Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 wurde letztlich nicht zuerkannt.

Der Umstand, dass ihnen mit der nunmehr im Jänner 2010 ergangenen Entscheidung des Asylgerichtshofes die subsidiäre Schutzberechtigung gemäß § 8 AsylG 2005 zuerkannt wurde, wirkt keineswegs, wie in den Berufungsausführungen angenommen, auf das Datum der Einreise ins Bundesgebiet zurück. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, sofern dieser im Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat wegen Vorliegens einer realen Gefahr nicht zulässig ist. Wie der Asylgerichtshof in seiner Entscheidung betreffend die Berufungswerberin unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt hat, ist hiefür das Vorliegen eines tatsächliche Risikos im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen. In diesem Sinn hat er lediglich festgestellt, dass die beim Ehegatten in seinem Bescheid vom über seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung vorgelegenen Gründe auch bei der Beschwerdeführerin vorliegen würden. Die Feststellung eines auch für einen früheren Zeitraum geltenden Zustandes kann aus dieser Begründung nicht abgeleitet werden.

Das Finanzamt hat mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag der Berufungswerberin "ab " abgewiesen. Die zeitliche Wirksamkeit dieses Bescheides erstreckt sich somit auf den Zeitraum bis zum Eintritt einer Änderung der Sach- oder Rechtslage (vgl. , ). Da eine Änderung der Sachlage, wie dies etwa durch die Zuerkennung der subsidiären Schutzberechtigung gegeben wäre, im Zeitpunkt der Erlassung des abweisenden Bescheides noch nicht vorgelegen ist, ist die Abweisung des Antrages der Berufungswerberin zu Recht erfolgt.

Inwieweit auf Grund der vor dem geltenden Rechtslage, die für den Ehegatten der Berufungswerberin noch bis zum Abschluss seines Asylverfahrens nach dem Asylgesetz 1997 Gültigkeit hatte, ein Anspruch des Ehegatten auf Familienbeihilfe bestehen konnte, ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Aufenthaltstitel
subsidiär Schutzberechtigter
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at