Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 12.04.2018, RV/5102051/2016

1. Nachweis der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit vor der diesbezüglichen Eintragung im Firmenbuch 2. Kein Nachweis, dass kein abgabenrechtliches Verschulden an der Nichtentrichtung der Abgaben der Primärschuldnerin vorliegt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden V und die weiteren Senatsmitglieder S1, B1 und B2 in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, vertreten durch Stb, über die Beschwerde vom  gegen den Bescheid der belangten Behörde FA, Steuernummer, vom betreffend Haftung für Abgabenverbindlichkeiten der Firma A GmbH in der Sitzung am nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO wie folgt abgeändert und die Haftung für folgende Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin ausgesprochen:


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Abgabenart
Zeitraum
fällig am
Haftungsbetrag in €
Umsatzsteuer
2010
4.282,66
Umsatzsteuer
2011
1.095,43
Umsatzsteuer
2012
6.213,97
Umsatzsteuer
10/2012
1.392,52
Umsatzsteuer
11/2012
2.320,13
Umsatzsteuer
01/2013
2.715,96
Umsatzsteuer
02/2013
2.569,03
Umsatzsteuer
03/2013
1.123,14
Lohnsteuer
2009
1.343,59
Lohnsteuer
2010
11.278,08
Lohnsteuer
2011
3.353,54
Lohnsteuer
2012
27.220,87
Lohnsteuer
11/2012
2.914,07
Lohnsteuer
12/2012
6.541,00
Lohnsteuer
01/2013
5.472,90
Lohnsteuer
02/2013
6.137,91
Lohnsteuer
03/2013
1.045,66
Lohnsteuer
04/2013
918,19
Körperschaftsteuer
01-03/2013
435,06
Körperschaftsteuer
04-06/2013
435,06
Kammerumlage
01-12/2010
1,49
Kammerumlage
01-12/2011
284,84
Dienstgeberbeitrag
2009
302,31
Dienstgeberbeitrag
2010
3.185,23
Dienstgeberbeitrag
2011
529,99
Dienstgeberbeitrag
2012
3.492,66
Dienstgeberbeitrag
11/2012
2.251,32
Dienstgeberbeitrag
12/2012
1.650,67
Dienstgeberbeitrag
01/2013
1.351,49
Dienstgeberbeitrag
02/2013
1.129,10
Dienstgeberbeitrag
03/2013
732,38
Dienstgeberbeitrag
04/2013
525,10
Dienstgeberzuschlag
2009
27,55
Dienstgeberzuschlag
2010
281,01
Dienstgeberzuschlag
2011
45,11
Dienstgeberzuschlag
2012
283,29
Dienstgeberzuschlag
11/2012
200,12
Dienstgeberzuschlag
12/2012
146,73
Dienstgeberzuschlag
01/2013
120,13
Dienstgeberzuschlag
02/2013
100,36
Dienstgeberzuschlag
04/2013
46,67
Pfändungsgebühr
2013
+
764,57
Säumniszuschläge
2012
+
214,96
 
 
Summe
106.475,85

Im Übrigen wird die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Parteienvorbringen

Die Firma A GmbH wurde mit Beschluss vom in das Firmenbuch eingetragen. Ab diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer Geschäftsführer. Mit Beschluss des Landesgerichtes LG vom wurde das Konkursverfahren eröffnet und mit Beschluss vom nach Schlussverteilung aufgehoben. Infolge Vermögenslosigkeit wurde die Firma gemäß § 40 FBG gelöscht.

Mit Haftungsbescheid vom wurde Herr BF, der Beschwerdeführer, als ehemaliger Geschäftsführer der A GmbH als Haftungspflichtiger gemäß § 9 iVm. §§ 80 ff BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma A GmbH im Ausmaß von € 118.370,39 in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

"Begründung:
Die Geltendmachung der Haftung (§ 224 BAO) gründet sich auf folgende Umstände:
Gem. § 9 in Verbindung mit § 80 BAO haben Sie als Geschäftsführer dieser Firma insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln die Sie verwalten, ordnungsgemäß entrichtet werden.

Da Sie dies unterlassen haben und der umstehende Rückstand infolge schuldhafter Verletzung Ihrer Pflicht nicht eingebracht werden kann, war die Haftung auszusprechen.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der
Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung ist aufgrund des bereits abgeschlossenen
Insolvenzverfahrens bei der A GmbH gegeben. Nach ständiger
Rechtsprechung hat der Vertreter zweifelsfrei darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (z.B.: u.a.).

Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung vom wurde vorgebracht, dass das zu dieser Steuernummer eingeleitete Finanzstrafverfahren gegen den potentiell Haftungspflichtigen eingestellt wurde. Dazu wird festgehalten, dass dies für die Heranziehung zur Haftung gemäß § 9 BAO unerheblich ist.

Ebenso wurde vorgebracht, dass zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung () Herr BF nicht mehr Geschäftsführer der A GmbH war. Laut
Firmenbuchauszug war Herr BF bis als Geschäftsführer der A GmbH eingetragen - zu diesem Zeitpunkt befand sich bereits ein
Abgabenrückstand in Höhe von € 64.583,15 auf dem Abgabenkonto. Dazu wird bemerkt, dass Herr BF ausschließlich für Abgaben zur Haftung herangezogen wurde, die im Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit fällig waren.

Weiters wurde dargelegt, dass die Geschäftsunterlagen und die Bücher ordnungsgemäß an die neue Geschäftsführung übergeben wurden und somit ein Nachweis zu allfälligen Stichtagen daher nicht mehr möglich sei, da sich die Unterlagen nicht mehr in seinem Besitz befänden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es jedoch jedem Vertreter, der fällige Abgabenschulden der Gesellschaft nicht (oder nicht zur Gänze) entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Haftungsinanspruchnahme zumutbar, sich spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung seiner Vertretertätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften, jene Informationen zu sichern, die ihm im Fall der Inanspruchnahme als Haftungspflichtigen die Darlegung seines pflichtgemäßen Verhaltens ermöglichen (vgl. z.B. ). Da nun auch bereits am (Zeitpunkt des Geschäftsführerwechsels laut Ihren Angaben) ein vollstreckbarer Rückstand in Höhe von € 64.630,36 aushaftete, wäre es somit in Ihrer qualifizierten Mitwirkungspflicht gelegen, sich diesbezüglich Unterlagen zu sichern.

Hinsichtlich Ihres Vorbringens, dass die Umsatzsteuer 2012 erst nach dem Ausscheiden als Geschäftsführer festgesetzt wurde, wird festgestellt, dass bei Selbstbemessungsabgaben maßgebend ist, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt werden.

Hinsichtlich der Heranziehung zur Haftung für ausstehende Lohnsteuer wäre festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten hätte. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 EStG für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen würden, verpflichtet wäre, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen hätte. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung wäre jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken.

Auch wurde vorgebracht, dass die Gründe der Nichtentrichtung und der Insolvenz nicht bei Hr. BF während seiner Geschäftsführertätigkeit liegen, sondern bei der nachfolgenden Geschäftsführung. Wären die Anteile an der Gesellschaft nicht verkauft worden und wäre Hr. BF weiter Geschäftsführer gewesen, wäre es nicht zum Insolvenzverfahren gekommen und die Abgaben wären auch bis dato vollständig beglichen worden. Dazu wird festgestellt, dass bereits im Zeitpunkt der Beendigung der Geschäftstätigkeit (laut Ihren Angaben am ) ein vollstreckbarer Rückstand in Höhe von € 64.630,36 aushaftete. Da sämtliche Abgaben für die Sie zur Haftung herangezogen wurden in den Zeitraum Ihrer Geschäftsführertätigkeit fallen, muss seitens des Finanzamtes von einer schuldhaften Pflichtverletzung Ihrerseits ausgegangen werden.

Die Geltendmachung der Haftung liegt im Ermessen der Abgabenbehörde, das sich innerhalb der vom Gesetz aufgezeigten Grenzen zu halten hat (§ 20 BAO). Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, wobei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles ein wesentliches Ermessenskriterium darstellt. Sie waren im Zeitpunkt der Fälligkeit der aushaftenden Abgabenschulden der einzige handelsrechtliche Geschäftsführer der A GmbH, somit der einzige in Betracht kommende Haftende im Sinn des § 9 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 80 ff BAO. Die Abgabenschulden können bei der GmbH nicht mehr eingebracht werden. Darüber hinaus haben Sie keine in Ihrer wirtschaftlichen Lage gelegenen Billigkeitsgründe vorgetragen, weswegen das Finanzamt in Ihrer Inanspruchnahme als Haftenden eine Unbilligkeit im Sinn einer Unzumutbarkeit erblicken hätte können.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes muss vom Vorliegen einer Schuldhaftigkeit Ihrerseits ausgegangen werden und die Haftung war in Höhe von € 118.370,39 auszusprechen."

Am erhob der Beschwerdeführer, der für das Abgabenverfahren der Stb am eine uneingeschränkte Vollmacht samt Zustellvollmacht erteilt hatte, durch die Stb2, Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom  sowie gegen die Bescheide über die Abgabenansprüche. Die Stb2 berief sich auf die gemäß § 88 Abs. 9 WTBG erteilte Bevollmächtigung inkl. Zustellbevollmächtigung. Die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid wurde wie folgt begründet: 
"Es liegen keine Gründe iS des § 9 iVm §§ 80 ff BAO, die die Abgabenbehörde berechtigen, unseren Klienten zur Haftung heranzuziehen.
Es fehlt vorweg der wesentliche Tatbestand des § 9 Abs 1 BAO, nämlich die schuldhafte
Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten.
Die Gründe dafür wurden bereits im Vorhaltsverfahren dargelegt:
Das zu dieser Steuer Nummer eingeleitete Finanzstrafverfahren gegen unseren Klienten
wurde eingestellt.
Die Insolvenzeröffnung erfolgte am . Zu diesem Zeitpunkt war unser Klient nicht mehr Geschäftsführer dieser Gesellschaft.
Die Anteile wurden lt. Verträge am abgetreten und auch der Geschäftsführerwechsel erfolgte mit diesem Tag. Die spätere Eintragung im Firmenbuch
erfolgte auf Grund eines Mängelbehebungsauftrages des Firmenbuchgerichts.
Zum Zeitpunkt der Abtretung war weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung gegeben. Der Abgabenrückstand hat zu diesem Tag € 65.008,33 betragen.
Die Geschäftsunterlagen und die Bücher wurden ordnungsgemäß an die neue Geschäftsführung übergeben. Ein Nachweis zu allfälligen Stichtagen ist daher durch unseren Klienten nicht mehr möglich, da sich die Unterlagen nicht mehr in seinem Besitz befinden.
Der Verkauf der Anteile bzw. die Änderung der Geschäftsführung erfolgte, weil der Käufer von den ausländischen Kundenkontakten der A wusste und sich davon viel versprach.
Leider kamen diverse Projekte nicht zustande und - soweit unserem Klienten bekannt - ist ein wesentlicher Geschäftspartner (Partner) plötzlich und unerwartet verstorben.
Am , also rd. 7 Monate vor dem Anteilsverkauf hat der Abgabenrückstand nur € 275,78 betragen. Auch nachher wurden allfällige Rückstände noch prompt oder in
Teilbeträgen entrichtet.
Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung finden sich am Abgabenkonto Festsetzungen von
Umsatzsteuern (Mai und Juni 2013) von € 9.000,00, offensichtlich durch Schätzung. Zu diesem Zeitpunkt war unser Klient schon nicht mehr Geschäftsführer und für die Abgaben
verantwortlich.
Die Umsatzsteuer 2012 wurde nach dem Ausscheiden als Geschäftsführer festgesetzt. Für
die Erstellung der Steuererklärungen 2012 war unser Klient nicht mehr verantwortlich.
Die Gründe der Nichtentrichtung und der Insolvenz liegen nicht bei unserem Klienten während seiner Geschäftsführertätigkeit. Die Gründe dafür liegen bei der nachfolgenden
Geschäftsführung.
Wären die Anteile an der Gesellschaft nicht verkauft worden und wäre unser Klient weiter
Geschäftsführer gewesen, wäre es nicht zum Insolvenzverfahren gekommen und die
Abgaben wären auch bis dato vollständig beglichen worden.
Nachdem somit die Voraussetzung des im § 9 Abs. 1 BAO geforderte schuldhafte
Pflichtverletzung nicht gegeben ist, kann daher die Vertreterhaftung gegen unseren Klienten nicht zur Anwendung gelangen.
Die dazu im Bescheid angeführten Entgegnungen können nicht nachvollzogen werden und
zwar aus dem Grund, da Herr BF nach seinem Ausscheiden kraft Gesetz keinen Einfluss mehr auf die Geschäftsführung hatte.
Es wurde auch keine anderen Gläubiger bevorzugt behandelt. Dies ergibt sich auch schon
daraus, dass im November 2012 keine Abgabenschuldigkeiten bestanden. Zum Zeitpunkt des Anteilsverkaufs hat der Abgabenrückstand nur rd. 55 % des Betrages lt. Haftungsbescheides betragen.
Die Gründe die zur Insolvenz geführt haben, lagen auch in keinster Weise im Einflussbereich unseres Klienten."

Für den Fall der Nichtstattgabe der Bescheidbeschwerde wurde der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gestellt, sowie die Anträge auf Entscheidung durch den gesamten Senat und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom  wurde die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe der wesentlichen Beschwerdeausführungen wurde begründend ausgeführt:
"Ergänzend zum Haftungsbescheid vom ist anzuführen, dass das gegen den
Beschwerdeführer am eingeleitete Finanzstrafverfahren bloß zum Teil
eingestellt wurde und diese Einstellungen unter anderem in Bezug auf andere Unternehmen als die gegenständliche A GmbH erfolgten. Das
Finanzstrafverfahren ist zudem für die Haftungsheranziehung im Rahmen des § 9 iVm § 80ff BAO des Abgabenverfahrens nicht direkt von Bedeutung. Im Finanzstrafrecht sind
außerdem verschiedene Vorsatzformen gefordert, welche nicht immer mit jenen im
Haftungsverfahren geforderten übereinstimmen müssen, weswegen die Argumentation des Beschwerdeführers, dass das eingestellte Finanzstrafverfahren automatisch das
Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Haftung nach § 9 iVm § 80 ff BAO bedeutet,
nicht zielführend ist.
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung, Voraussetzung ist die objektive
Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden. Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren
oder voraussichtlich erfolglos wären (vgl Ritz, BAO, 5. Aufl. 2014, § 9 Rz 4f). Ob dem
Beschwerdeführer oder der nachfolgenden Geschäftsführung ein Verschulden am Eintritt
der Zahlungsunfähigkeit bzw Insolvenzeröffnung trifft, ist für die Haftung nach § 9 BAO
unbeachtlich (vgl Ritz, BAO, 5. Aufl. 2014, § 9 Rz 10).
Für die Haftung nach § 9 ist nur die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung, wie zum Beispiel die Pflicht zur Abgabenentrichtung. Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Beschwerdeführer die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (vgl Ritz, BAO, 5 . Aufl. 2014, § 9 Rz 9f). Somit kommt es nicht darauf an, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung Geschäftsführer war, sondern ob er zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschulden Geschäftsführer war. Grundsätzlich richtet sich die Dauer des Haftungszeitraumes nach der Eintragung im Firmenbuch, jedoch kommt dieser nur deklarative Wirkung zu und ist widerlegbar. Die Zurücklegung der Geschäftsführerbefugnis erfolgt durch einseitig empfangsbedürftige Erklärung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH und ist entweder ausdrücklich sofort rechtswirksam oder erst mit Ablauf von vierzehn Tagen (vgl , ). Jedoch wurde ein vom Firmenbuch abweichender Tag der Löschung nur behauptet und nicht vom Beschwerdeführer bewiesen. Somit waren alle im Haftungsbescheid genannten offenen Abgabenschulden im Zeitpunkt seiner Geschäftsführertätigkeit von bis (Antrag auf Löschung beim Firmenbuchgericht eingelangt) fällig. Aufgrund dieser klaren Zurechnung der offenen Abgabenschulden erweist sich die Behauptung, die Gründe der Nichtentrichtung würden bei der nachfolgenden Geschäftsführung liegen als unbeachtlich.

Entsprechend der ständigen Rechtssprechung des VwGHs ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgabe bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzulegen weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben nicht rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung anzunehmen ist (vgl ). Bereits zum vom Beschwerdeführer behaupteten Zeitpunkt der Abtretung bestand laut seinen Angaben ein Abgabenrückstand in Höhe von € 65.008,33 für welchen der Beschwerdeführer keinen Grund nannte, warum ihn diesbezüglich kein Verschulden trifft und somit von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers auszugehen war. Der Behauptung, dass im November 2012 keine Abgabenschuldigkeiten bestanden hätten und sich daraus keine Bevorzugung anderer Gläubiger ergebe, kann nicht gefolgt werden. Zum einen entspricht der November 2012 nur einen sehr kurzen Zeitraum des gegenständlichen Haftungszeitraumes zum anderen lässt sich daraus nicht die Erfüllung des Gleichbehandlungsgebots für den gesamten Haftungszeitraums ableiten. Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer für eine Beendigung der Geschäftsführerfunktion vor dem keinen Beweis erbrachte, ist es irrelevant, ob der Abgabenrückstand zum behaupteten, aber nicht bewiesenen Abtretungszeitpunkt lediglich 55% der gegenständlichen Haftungssumme betragen hat oder nicht.

Der Einwand des Beschwerdeführers, die Geschäftsunterlagen und Bücher seien ordnungsgemäß an die neue Geschäftsführung übergeben worden, weshalb ein Nachweis
zu allfälligen Stichtagen nicht möglich sei, ist nicht zielführend, weil den Haftenden die
Pflicht trifft, für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens
vorzusorgen (vgl )."

Im Vorlageantrag vom hielt der Beschwerdeführer, vertreten durch die Stb2, die Beschwerde vom vollinhaltlich aufrecht und beantragte die Aufhebung des Haftungsbescheides vom lt. Beschwerdeantrag. Ergänzend wurde angeführt, dass bei der Ermessensübung das monatliche Gehalt des Beschwerdeführers nicht entsprechend gewürdigt worden sei. Das verbleibende Nettoentgelt betrage nach einer Gehaltszession € 914,19 (Nettogehalt € 2.362,19 abzgl. Gehaltszession € 1.448,00).
Weiters entfiele nach stattgebender Erledigung der Beschwerde gegen die der Haftungsinanspruchnahme zugrunde liegenden Bescheide der Haftungsbetrag fast zur Gänze.
Es wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, Entscheidung durch den gesamten Senat sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung verweisend wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass das niedrige monatliche Einkommen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung stehe. Es sei außerdem nicht dargelegt worden, wie lange die Gehaltszession noch aufrecht sei. In der Folge sei eine ratenweise Bezahlung der Haftungsschuld möglich. Das Fehlen von nennenswerten Vermögenswerten sei nicht behauptet worden.

Am wurde die Ladung für die mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht dem Beschwerdeführer zu Handen der Stb zugestellt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung legte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers einen Beschluss des Landesgerichtes LG vom vor, aus dem hervorgeht, dass mit einer Eingabe, welche am beim Gericht eingelangt sei, Änderungen der Geschäftsführung und der Gesellschafter angemeldet worden seien. Dazu sei ein Verbesserungsauftrag ergangen.
Weiters wurde eine Ablichtung eines Firmenbuchauszuges vorgelegt, aus der hervorgeht, dass seit Herr GF die Primärschuldnerin selbständig vertreten würde.
Schließlich wurde eine Urkunde des Notars RA vom vorgelegt, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen werde. Ihm werde die Entlastung erteilt. Zum Geschäftsführer werde mit sofortiger Wirkung GF bestellt.

Die Behördenvertreterin gab in diesem Zusammenhang bekannt, dass bei der Ermittlung der Haftungsschuld das laut historischem Firmenbuchauszug aufscheinende DAtum () berücksichtigt worden sei.

Der Beschwerdeführer legt dar, dass aus seiner bisherigen Geschäftstätigkeit sämtliche Steuern korrekt bezahlt worden seien. Er hätte unentgeltlich die Geschäftsführung der Primärschuldnerin übernommen. Sein deutscher Partner hätte die Zusage gegeben, ihn bei der Geschäftstätigkeit zu unterstützen. In weiterer Folge sei es zum Bruch der Geschäftsbeziehung gekommen. Die Primärschuldnerin sei Teil eines Firmenkonglomerat gewesen. In dem Geschäftsfeld Montagen, Kraftwerke und Zementfabriken sei der Beschwerdeführer nicht entsprechend bewandert gewesen (Kalkulationen, technische Beurteilungen), zudem sei der Firmengründer (Herr XY) unerwartet schwer erkrankt und verstorben, sodass dem Beschwerdeführer die nötige Unterstützung gefehlt hätte. Daher habe das dringende Interesse bestanden, die Gesellschaftsanteile und die Geschäftsführung an einen entsprechenden Geschäftspartner abzutreten. Daher sei am die Abtretung der Geschäftsanteile und Zurücklegung der Geschäftsführung erfolgt. Zudem sei die Entlastung des bisherigen Geschäftsführers erfolgt, sodass der Beschwerdeführer davon ausgehen hätte können, dass die damals noch offene Abgabenschuld beglichen werde. Es wäre beabsichtigt gewesen, den damals aushaftenden Abgabenrückstand aus den laufenden Aufträgen zu entrichten. Es sei auch beabsichtigt gewesen, dies notfalls mittels Darlehen von Schwesterfirmen zu finanzieren.

Die haftungsgegenständlichen Abgaben haften am Abgabenkonto der Primärschuldnerin zur Gänze unberichtigt aus.

Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorliegenden Aktenteile, in das Firmenbuch und das Abgabeninformationssystem.

Rechtslage

§ 98 Abs. 1 BAO lautet:

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz. BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen.

§ 9 Abs. 4 ZustG lautet:

Haben mehrere Parteien oder Beteiligte einen gemeinsamen Zustellbevollmächtigten, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung des Dokumentes an ihn die Zustellung an alle Parteien oder Beteiligte als bewirkt. Hat eine Partei oder hat ein Beteiligter mehrere Zustellbevollmächtigte, so gilt die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.

§ 7 BAO lautet:

(1) Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, werden durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 224 Abs. 1) zu Gesamtschuldnern.

(2) Persönliche Haftungen (Abs. 1) erstrecken sich auch auf Nebenansprüche (§ 3 Abs. 1 und 2).

§ 9 BAO lautet:

(1) Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

(2) Notare, Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder haften wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Berufes bei der Beratung in Abgabensachen vorgenommen haben, gemäß Abs. 1 nur dann, wenn diese Handlungen eine Verletzung ihrer Berufspflichten enthalten. Ob eine solche Verletzung der Berufspflichten vorliegt, ist auf Anzeige der Abgabenbehörde im Disziplinarverfahren zu entscheiden.

§ 80 BAO lautet: 

(1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

§ 224 Abs 1 BAO:

Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

§ 20 BAO lautet:

Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

§ 248 BAO lautet:

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

§ 78 Abs 3 EStG 1988 lautet:

Reichen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht aus, so hat er die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten.

§ 21 Abs 1 UStG 1994 lautet:

Der Unternehmer hat spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.

Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Erwägungen

Herr BF hat der Stb und der Stb2 eine uneingeschränkte Vollmacht in Abgabenangelegenheiten jeweils inkl. Zustellvollmacht erteilt.

Gemäß § 98 Abs. 1 BAO sind Zustellungen nach dem ZustellG vorzunehmen, soweit die BAO selbst nichts anderes bestimmt. Hat eine Partei mehrere Zustellbevollmächtigte (wie dies gegenständlich der Fall ist), gilt gemäß § 9 Abs. 4 zweiter Satz ZustellG die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist. (vgl. GZ 2012/13/0051)

Laut Zustellnachweis wurde die Ladung für die mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht für den am Herrn BF, zH Stb, zugestellt. Somit liegt eine ordnungsgemäße Ladung vor.

Die in den Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Gemäß § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach der Bestimmung des § 248 BAO (erster Satz) kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen.

Wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch gemäß § 248 BAO gegen die Bescheide über die Abgabenansprüche Beschwerde einbringt, ist zunächst nur über die Beschwerde gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, weil sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Beschwerde gegen die Abgabensprüche überhaupt besteht. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen ( mit weiteren Verweisen).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Geltendmachung der Haftung nach § 9 BAO voraus, dass eine uneinbringliche Abgabenforderung gegen den Vertretenen besteht, die als haftungspflichtige in Frage kommende Person zum Personenkreis des §§ 80 ff BAO gehört, eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertreters vorliegt und die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war.

1. Zur Vertreterhaftung

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer ab Gründung der Gesellschaft deren Geschäftsführer war und dass er im Zeitpunkt der Konkurseröffnung, am , nicht mehr Geschäftsführer der A GmbH war. Strittig ist jedoch bis zu welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer Geschäftsführer war. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass der Geschäftsführerwechsel am , also am selben Tag, an dem die Anteile abgetreten worden seien, erfolgt sei. Die spätere Eintragung im Firmenbuch sei aufgrund eines Mängelbehebungsauftrages des Firmenbuchgerichts erfolgt. Hingegen war der Beschwerdeführer lt. Firmenbuchauszug bis zum als Geschäftsführer der A GmbH eingetragen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am legte der Beschwerdeführer glaubhaft dar, dass der Geschäftsführerwechsel tatsächlich am stattgefunden hat. Aus den vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass der Beschwerdeführer am als Geschäftsführer abberufen wurde und gleichzeitig Herr GF zum neuen Geschäftsführer berufen wurde. Dem Beschwerdeführer wurde gersellschaftsrechtlich die Entlastung erteilt.

Die abgabenrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der A GmbH reicht daher über den Zeitraum  bis .

2. Zur Uneinbringlichkeit

Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfalls­haftung (; , 2007/13/0003). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (; ). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (; ).

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit unbestritten fest, da mit Beschluss des Landesgerichtes LG vom  der, über das Vermögen der A GmbH, am  eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 0,443852% aufgehoben wurde. Infolge Vermögenslosigkeit wurde die Firma gemäß § 40 FBG gelöscht.

3. Zur Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten

Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht ().

Der Geschäftsführer haftet für nichtentrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgaben­rechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (; ; ).

Bei Selbst­bemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstbe­rechnung abzuführen gewesen wären (vgl zB ; ; ; ; ); maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob bzw. wann die Abgabe bescheidmäßig fest­gesetzt wird (; ).

Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (zB Körperschaft­steuer) ist grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend (; vgl. Ritz, BAO6, § 9 Tz 10).

Im gegenständlichen Fall bringt der Beschwerdeführer keine relevanten Gründe vor, weshalb ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten im haftungsrelevanten Zeitraum, also von  bis unmöglich gewesen wäre. Es wird nicht behauptet, dass die vertretene GmbH keine liquiden Mittel im Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Abgaben während des Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit gehabt habe. Der Beschwerdeführer legt auch nicht dar, ob eine Gläubigergleichbehandlung gegeben war. Er legt keine Geschäftsunterlagen vor, aus denen der Stand der liquiden Mittel zum Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Abgaben hervorgeht. Bereits mit Schreiben vom war der Beschwerdeführer vom Finanzamt aufgefordert worden darzulegen, in welchem Ausmaß andere Gläubiger im haftungsgegenständlichen Zeitraum befriedigt worden seien.

Dem Vorbringen, wonach keine anderen Gläubiger bevorzugt behandelt worden seien und sich dies auch schon daraus ergebe, dass im November 2012 keine Abgabenschuldigkeiten bestanden hätten und zum Zeitpunkt des Anteilsverkaufs der Abgabenrückstand nur rd. 55% des Betrages lt. Haftungsbescheides betragen habe, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Aus der Angabe des Beschwerdeführers, dass der Abgabenrückstand im Zeitpunkt des Anteilsverkaufs, dem , nur rund 55% betragen habe, lässt sich nicht ableiten, ob alle Gläubiger gleich behandelt worden sind. Der Beschwerdeführer hätte vielmehr genau dartun und durch entsprechende Geschäftsunterlagen nachweisen müssen, ob eine Gläubigergleichbehandlung gegeben war. 

Aus der Aussage, wonach im November 2012 keine Abgabenschuldigkeiten bestanden hätten und zum Zeitpunkt des Anteilsverkaufs der Abgabenrückstand nur rund 55% betragen habe, lässt sich jedoch ableiten, dass der Beschwerdeführer bereits in diesem  Zeitraum seinen abgabenrechtlichen Pflichten nicht nachgekommen ist, da ansonsten kein nennenswerter Abgabenrückstand am bestehen hätte können. Aus der Angabe, dass im November 2012 keine Abgabenschulden bestanden hätten, kann allenfalls abgeleitet werden, dass der Beschwerdeführer bis zu diesem Zeitpunkt seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachgekommen ist oder aber auch, dass der Abgabenbehörde zu diesem Zeitpunkt keine Abgabenschulden bekannt waren.

Dem Vorbringen der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers, wonach die Umsatzsteuer 2012 nach dem Ausscheiden des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der A GmbH festgesetzt worden ist und der Beschwerdeführer für die Erstellung der Steuererklärungen 2012 nicht mehr verantwortlich gewesen sei, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der Beschwerdeführer war als Geschäftsführer der A GmbH dazu verpflichtet, die jeweiligen Umsatzsteuervoranmeldungen gemäß § 21 Abs 1 UStG 1994 einzureichen. Die Voranmeldung ist spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen.

Die für den Voranmeldungszeitraum selbst berechnete Vorauszahlung ist eine Abgabe iSd BAO. Sie ist spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Fälligkeitstag ist der 15. Tag des auf den Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonats. Die Rechtzeitigkeit der Entrichtung ist nach §§ 210 f BAO zu beurteilen (Ruppe/Achatz, UStG4, § 21 Tz 24f).

Da für die Umsatzsteuer 2012 der sich aus dem Gesetz ergebende Zeitpunkt der Fälligkeit, unabhängig davon, wann die Umsatzsteuer 2012 bescheidmäßig festgesetzt wurde, entscheidend ist, war der Beschwerdeführer entgegen dem Beschwerdevorbringen zur Abführung verpflichtet. Kommt es aufgrund der Veranlagung zu einer Umsatzsteuernachforderung, so wird für diese gemäß Abs. 5 leg.cit. keine von Abs. 1 und Abs. 3 abweichende Fälligkeit begründet. Bescheidmäßig festgesetzte Nachforderungen an Umsatzsteuer stellen unabhängig davon, auf welchem verfahrensrechtlichen Titel der Bescheid beruht, rückständige Umsatzsteuervorauszahlungen dar, für deren Fälligkeit § 21 Abs. 1 UStG gilt. „Das UStG enthält keine Bestimmungen über von den vier bzw zwölf Fälligkeitszeitpunkten abweichende Fälligkeitszeitpunkte für aus der Steuererklärung (des § 21 Abs 4 UStG) resultierende Abschlusszahlungen sowie für Nachforderungen aus Umsatzsteuerbescheiden (weder für Festsetzungen gem § 21 Abs 3 UStG noch für nach § 21 Abs 4 UStG zu erfolgende Veranlagungen, ebenso wenig für Abänderungen oder Aufhebungen von Umsatzsteuerbescheiden). Abweichende Fälligkeitszeitpunkte regelnde Bestimmungen wären verfassungswidrig. Durch den Veranlagungsbescheid (§ 21 Abs 4 UStG) erfolgt keine "Umwandlung" der nach § 19 UStG entstandenen Steuerschulden in eine (Jahres)Umsatzsteuer. Dafür spricht auch , wonach der Jahresumsatzsteuerbescheid eine Zusammenfassung der in den Voranmeldungszeiträumen entstandenen Steuerschulden darstellt, der keine neue Fälligkeit festlegt.“ (Christoph Ritz, Bescheidbeschwerden gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs 3 UStG, taxlex 2015, 111)

Bei Selbstbemessungsabgaben wie der Umsatzsteuer ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (); maßgebend ist daher ausschließlich der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit (). Gemäß der hier zur Anwendung kommenden Bestimmung des § 21 Abs. 5 UStG 1994 wird durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet. Das bedeutet, dass nicht der Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung der Umsatzsteuernachzahlung für die Fälligkeit relevant ist, sondern die entsprechende gesetzliche Bestimmung, die besagt, dass sich im Fall rückständiger Vorauszahlungen der 15. des auf den betreffenden Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates als Fälligkeitstag ergibt.

Die Umsatzsteuervorauszahlungen das Veranlagungsjahr 2012 betreffend waren daher jedenfalls in einem Zeitraum fällig, in dem der Beschwerdeführer eindeutig noch Geschäftsführer der GmbH war, denn seine Geschäftsführertätigkeit ging bis zum .

Auch wenn der Beschwerdeführer gesellschaftsrechtlich entlastet wurde, ändert dies nicht an dem Umstand, dass er schuldhaft nicht dafür gesorgt hat, dass während jener Zeitspanne, in der er unbestritten Geschäftsführer war, sämtliche fällige Abgabenverbindlichkeiten aus den finanziellen Mitteln der Primärschuldnerin entrichtet wurden.

Betreffend die Haftung für die Lohnsteuer ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 78 Abs. 3 EStG 1988 hat der Abfuhrpflichtige bei nicht ausreichenden Mittel zur Entrichtung der Lohnsteuer, die auszuzahlenden Löhne entsprechend zu kürzen und vom niedrigeren ausbezahlten Lohn die Lohnsteuer zu berechnen und abzuführen.
Daraus folgt, dass die Lohnsteuer von den ausbezahlten Löhnen immer zur Gänze zu berechnen und abzuführen ist. Das Gleichbehandlungsgebot gilt für die Lohnsteuer nicht.
Wird die abzuführende Lohnsteuer nicht oder nicht zu Gänze entrichtet, liegt darin ein pflichtwidriges Verhalten der für die Abfuhr der Lohnsteuer verantwortlichen Person. Wird die Lohnsteuer bei der lohnsteuerpflichtigen Gesellschaft uneinbringlich so haftet gemäß § 9 iVm §§ 80ff BAO der oder die im Gesetz genannte Vertreter/Vertreterin für den Steuerausfall (-RS1). Wird die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen ().

Es ist daher hinsichtlich der Lohnsteuer von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers auszugehen und der Haftungsanspruch besteht daher zu Recht.

Bezüglich der haftungsgegenständlichen Säumnis- und Verspätungszuschläge ist auf die Bestimmung des § 7 Abs 2 BAO zu verweisen nach der sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche im Sinne des § 3 Abs 1 und 2 BAO erstrecken; nach dem zuletzt genannten Absatz gehören zu den Nebenansprüchen insbesondere auch der Verspätungszuschlag (Abs 2 lit. b), die Neben­gebühren der Abgaben, wie die Stundungszinsen, die Aussetzungszinsen, die Säumniszuschläge und die Kosten des Vollstreckungs- und Sicherungs­verfahrens (Abs 2 lit. d) ().                  

4. Verschulden

Der Beschwerdeführer hat in keiner Weise dargetan, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war.

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgaben­rechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (; ; ; vgl. Ritz, BAO6, § 9 Tz 22).

Die schuldhafte Verletzung der Abgabenentrichtungspflicht des Geschäftsführers ist für jede haftungsgegenständliche Abgabe zu prüfen.

Zum Einwand, wonach die Geschäftsunterlagen und die Bücher ordnungsgemäß an die neue Geschäftsführung übergeben worden seien und daher ein Nachweis zu allfälligen Stichtagen durch den Beschwerdeführer nicht mehr möglich sei, da sich die Unterlagen nicht mehr in seinem Besitz befänden, ist Folgendes auszuführen: Den Geschäftsführer trifft die Verpflichtung, zwecks Beweisführung seiner ordnungsgemäßen Buchführung für die Verfügbarkeit der Buchhaltungsunterlagen zu sorgen.

Wer weiß, dass Unterlagen zu Beweiszwecken bedeutsam sind, „riskiert“ bei ihrer Vernichtung, dass diese Vorgangsweise – vor allem, soweit ihn eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft – in freier Beweiswürdigung entsprechend berücksichtigt wird (Ritz, BAO6, § 132 Tz 9).

Im gegenständlichen Fall handelt es sich zwar nicht um ihre Vernichtung, sondern um die Weitergabe ohne Anfertigung von Kopien, jedoch macht dies wertungsmäßig keinen Unterschied. Der Beschwerdeführer hätte dafür Sorge tragen müssen, dass die Buchhaltungsunterlagen verfügbar sind, um belegen zu können, dass er an den entsprechenden Stichtagen (Fälligkeitstagen der einzelnen Abgaben) seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen ist.

Wenn die steuerliche Vertretung einwendet, dass die Gründe für die Nichtentrichtung und der Insolvenz nicht beim Beschwerdeführer während seiner Geschäftstätigkeit liegen, sondern bei der nachfolgenden Geschäftsführung und es nicht zum Insolvenzverfahren gekommen wäre und die Abgaben bis dato vollständig beglichen worden wären, wenn die Anteile an der Gesellschaft nicht verkauft worden wären und der Beschwerdeführer weiter Geschäftsführer gewesen wäre, ist dazu auszuführen:

Haftungsbegründend ist die schuldhafte Verletzung abgaben­rechtlicher Pflichten. Ein Verschulden des Geschäftsführers am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ist für die abgaben­rechtliche Haftung ebensowenig von Bedeutung, wie ein Verstoß gegen die Pflicht, rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenz­verfahrens über das Vermögen des Vertretenen zu stellen (). Dass der Beschwerdeführer seine abgabenrechtlichen Pflichten, nämlich die pünktliche Entrichtung der Abgabenverbindlichkeiten der Primärschuldnerin aus deren vorhandenen Mitteln, verletzt hat, wurde bereits dargelegt.

Der diesbezügliche Einwand geht daher ins Leere.

Das Beschwerdevorbringen, wonach im Zeitpunkt der behaupteten Anteilsabtretung und dem behaupteten Geschäftsführerwechsel am der Abgabenrückstand € 65.008,33 betragen habe, steht mit der Aussage, wonach es, wenn die Anteile an der Gesellschaft nicht verkauft worden und der Beschwerdeführer weiter Geschäftsführer gewesen wäre, nicht zum Insolvenzverfahren gekommen und die Abgaben auch bis dato vollständig beglichen worden wären, im Widerspruch.

Dies deshalb, weil bereits am die Abgabenrückstände nicht vollständig beglichen waren, daher fällige Abgaben vorlagen, die der Beschwerdeführer bereits während seiner Geschäftsführertätigkeit hätte abführen müssen. Mit dem Vorbringen gewinnt der Beschwerdeführer daher nichts um zu belegen, dass keine Schuldhaftigkeit seinerseits vorliegt.

Zum Vorbringen, wonach das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Finanzstrafverfahren eingestellt wurde wird ausgeführt:

Der Umstand, dass das gegen den Beschwerdeführer geführte Finanzstrafverfahren teilweise eingestellt worden ist, ist für die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer schuldhaft die abgabenrechtlichen Verpflichtungen verletzt hat, nicht von Bedeutung. Denn bei den §§ 33 Abs 1 und 2 FinStrG und § 49 Abs 1 lit a FinStrG handelt es sich um Vorsatzdelikte, während bei der schuldhaften Verletzung iSd § 9 BAO leichte Fahrlässigkeit reicht ( ).

5. Kausalzusammenhang

Die Pflichtverletzung muss ursächlich für die Uneinbringlichkeit sein (). Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war (; ).

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beschwerdeführer konnte die Abgabenbehörde daher auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

6. Berechnung der Haftungsschuld

Der Beschwerdeführer behauptete, dass am ein Geschäftsführerwechsel stattgefunden habe und er nur bis zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer gewesen sei.

Für bis zum bei der Pimärschuldnerin fällig gewesene Abgabenschuldigkeiten besteht daher die Haftung jedenfalls zu Recht.


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Abgabenart
Zeitraum
fällig am
Haftungsbetrag in €
Umsatzsteuer
2010
4.282,66
Umsatzsteuer
2011
1.095,43
Umsatzsteuer
2012
6.213,97
Umsatzsteuer
10/2012
1.392,52
Umsatzsteuer
11/2012
2.320,13
Umsatzsteuer
01/2013
2.715,96
Umsatzsteuer
02/2013
2.569,03
Umsatzsteuer
03/2013
1.123,14
Lohnsteuer
2009
1.343,59
Lohnsteuer
2010
11.278,08
Lohnsteuer
2011
3.353,54
Lohnsteuer
2012
27.220,87
Lohnsteuer
11/2012
2.914,07
Lohnsteuer
12/2012
6.541,00
Lohnsteuer
01/2013
5.472,90
Lohnsteuer
02/2013
6.137,91
Lohnsteuer
03/2013
1.045,66
Lohnsteuer
04/2013
918,19
Körperschaftsteuer
01-03/2013
435,06
Körperschaftsteuer
04-06/2013
435,06
Kammerumlage
01-12/2010
1,49
Kammerumlage
01-12/2011
284,84
Dienstgeberbeitrag
2009
302,31
Dienstgeberbeitrag
2010
3.185,23
Dienstgeberbeitrag
2011
529,99
Dienstgeberbeitrag
2012
3.492,66
Dienstgeberbeitrag
11/2012
2.251,32
Dienstgeberbeitrag
12/2012
1.650,67
Dienstgeberbeitrag
01/2013
1.351,49
Dienstgeberbeitrag
02/2013
1.129,10
Dienstgeberbeitrag
03/2013
732,38
Dienstgeberbeitrag
04/2013
525,10
Dienstgeberzuschlag
2009
27,55
Dienstgeberzuschlag
2010
281,01
Dienstgeberzuschlag
2011
45,11
Dienstgeberzuschlag
2012
283,29
Dienstgeberzuschlag
11/2012
200,12
Dienstgeberzuschlag
12/2012
146,73
Dienstgeberzuschlag
01/2013
120,13
Dienstgeberzuschlag
02/2013
100,36
Dienstgeberzuschlag
04/2013
46,67
Pfändungsgebühr
2013
+
764,57
Säumniszuschläge
2012
+
214,96
 
 
Summe
106.475,85

Da der Beschwerdeführer den Geschäftsführerwechsel am im Rahmen der mündlichen Verhandlung glaubhaft gemacht hat, besteht für eine Geltendmachung der Haftung für jene Abgaben, die nach dem fällig geworden sind, keine rechtliche Grundlage. Insofern besteht somit keine Haftung für folgende im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin:


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Abgabenart
Zeitraum
fällig am
Haftungsbetrag in €
Umsatzsteuer          
04/2013
719,69
Umsatzsteuer
05/2013
3.982,25
Umsatzsteuer
06/2013
4.977,81
Lohnsteuer
05/2013
462,88
Körperschaftsteuer
07-09/2013
435,06
Dienstgeberbeitrag
05/2013
125,76
Verspätungszuschlag
2010
416,99
Verspätungszuschlag
2011
101,32
Verspätungszuschlag
02/2013
205,52
 
 
Summe
11.427,28

Was die Haftung für die Säumniszuschläge 2013 in Höhe von 467,26 € anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass sie im Zeitraum zwischen und fällig geworden sind. Das bedeutet, dass manche davon im Zeitraum der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers fällig geworden sind, manche erst danach. Aus den vorgelegten Unterlagen ist eine detaillierte Zuordnung nicht möglich, sodass der Senat zugunsten des Beschwerdeführers hinsichtlich des Betrages von 467,26 € von der Aufrechterhaltung der Haftung absah.

7. Ermessen

Die Heranziehung zur Haftung gemäß § 224 BAO ist in das Ermessen (§ 20) der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist (; vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren2, § 224 Anm. 2).

Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben (Ritz, BAO6, § 20 Tz 7).

Vom Beschwerdeführer wurde nichts dahingehend vorgebracht, weshalb die Haftung wegen seiner persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geltend gemacht werden dürfe. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Haftung nicht nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte und des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden, sondern auch darüber hinaus. Eine Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungs­pflichtigen steht in keinem Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (). Eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit schließt nicht aus, dass künftig erzielte Einkünfte oder künftig neu hervorgekommenes Vermögen zur Einbringlichkeit der Haftungsschuld führen. Aufgrund des Alters des Beschwerdeführers (51 Jahre) ist mit der Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben noch zu rechnen.

Der Einwand, wonach bei der Ermessensübung das monatliche Gehalt des Beschwerdeführers nicht entsprechend gewürdigt worden sei, weil das verbleibende Nettoentgelt nach einer Gehaltszession nur € 914,19 betrage (Nettogehalt € 2.362,19 abzgl. Gehaltszession € 1.448,00), geht daher ins Leere.

Da der Abgabenausfall auf ein Verschulden des Beschwerdeführers zurückzuführen ist, ist den Zweckmäßigkeitsgründen der Vorrang einzuräumen. In Hinblick auf die Löschung der Primärschuldnerin im Firmenbuch ist die Geltendmachung der Haftung die einzige Möglichkeit, für die Einbringlichkeit der gegenständlichen Abgaben zu sorgen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Das Verwaltungsgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen am eindeutigen Gesetzestext sowie an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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