Beschwerde gegen die Anordnung der Hausdurchsuchung bei einem kroatischen Schmuckwarenhändler, welcher im Verdacht steht, per Internet weltweit chinesische Markenfälschungen zu vertreiben
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 20/12 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16//0005 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
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Rechtssätze | |
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Stammrechtssätze | |
FSRV/0007-G/11-RS1 | Gemäß § 93 Abs.7 FinStrG idFd FinStrG-Novelle 2010 mit Wirkung ab hat nunmehr jeder durch eine Hausdurchsuchung in seinem Hausrecht Betroffene das Recht, sich bereits gegen die Anordnung der Hausdurchsuchung durch den Spruchsenatsvorsitzenden beschweren zu können;
bereits zum Zeitpunkt der Anordnung hat eine begründete Verdachtslage in Bezug auf das vorgeworfene Finanzvergehen und hinsichtlich des Umstandes, ob sich in den zur Durchsuchung vorgesehenen Räumlichkeiten Gegenstände befinden könnten, die als Beweismittel in Betracht kommen, vorzuliegen. |
FSRV/0007-G/11-RS2 | Eine Durchsuchungsanordnung des Spruchsenatsvorsitzenden iSd § 93 Abs.1 FinStrG bedarf zwingend auch einer Benennung dessen, was gesucht werden soll. |
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der Vorsitzende des Finanzstrafsenates Graz 1, HR Dr. Richard Tannert, als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat in der Finanzstrafsache gegen JS , Schmuckwarenhändler, geb. xxx, W, vertreten durch Mag. Wolfgang Jantscher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Wastiangasse 1, wegen gewerbsmäßiger Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1, 38 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), Finanzamt Oststeiermark, StrNr. 067/2010/00132-001, Amtsbeauftragte HR Dr. Monika Rößler, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen die Anordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates V beim Finanzamt Graz-Stadt als Organ des Finanzamtes Oststeiermark als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom auf Durchführung einer Hausdurchsuchung an der Anschrift W ,
zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Durchsuchungsanordnung des Spruchsenatsvorsitzenden insoweit als rechtswidrig erklärt, als diese keine Festlegung beinhaltet, welche Personen oder Gegenstände bei der angeordneten Amtshandlung gesucht werden sollten.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Verfügung bzw. Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom wurde gegen JS zu StrNr. 067/2010/00132-001 ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren wegen des Verdachtes einer gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs. 1, 38 Abs. 1 FinStrG eingeleitet, weil der Beschuldigte im Amtsbereich des genannten Finanzamtes fortgesetzt in mehrfachen Tathandlungen im Zeitraum von 2008 bis 2010 vorsätzlich unter Verletzung [seiner] abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich [unter anderem] durch Nichtabgabe von Steuererklärungen innerhalb der gesetzlichen Erklärungsfrist, betreffend die Veranlagungsjahre 2007 bis 2009 [eine Verkürzung an Einkommensteuer in noch festzustellender Höhe bewirkt habe, indem infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches die bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben nicht mit dem Ablauf dieser Fristen festgesetzt werden konnten], wobei es ihm darauf angekommen sei, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (Finanzstrafakt des Finanzamtes Oststeiermark betreffend den Beschuldigten, StrNr. 067/2010/00132-001, Bl. 24 f).
Mit Verfügung vom hat der Vorsitzende des Spruchsenates V beim Finanzamt Graz-Stadt als Organ des Finanzamtes Oststeiermark als Finanzstrafbehörde erster Instanz unter dem Titel "Anordnung der Hausdurchsuchung gemäß § 93 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG)" eine Durchsuchung des Ortes bzw. der Räumlichkeiten an der Anschrift W durch Organe der genannten Finanzstrafbehörde angeordnet, wobei aber vergessen wurde, ebenfalls anzugeben, nach welchen Personen oder Gegenständen gesucht werden sollte.
Diese Anordnung wurde von ihm wie folgt begründet:
Gegen den Beschuldigten JS sei in Deutschland am ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung und Verstößen gegen das Markengesetz eingeleitet worden. Ihm werde zur Last gelegt, seit dem Jahr 2003 gefälschte Silberschmuckwaren und entsprechende Verpackungsmaterialien der Marke "Tiffany & Co." aus China gewinnbringend über das Internetauktionshaus eBay veräußert zu haben.
Der Hauptwohnsitz der Ehegatten s habe sich bis zum in Deutschland an der Adresse B, befunden. Dieser sei dann ab diesem Zeitpunkt laut [ergänze wohl: den Angaben des Beschuldigten beim] Einwohnermeldeamt nach K, Kroatien, verlegt worden.
Die Ausübung der betrieblichen Tätigkeit [unter der Firma] XSJ ab an der Anschrift V, sei bekanntgegeben worden.
Seit dem sei ein Porsche Boxter mit dem amtlichen Kennzeichen YY (Erstzulassung ) auf JS zugelassen.
Der Beschuldigte sei beim Finanzamt Neu-Ulm in Deutschland steuerlich erfasst gewesen und habe die angefallenen [deutschen] Steuern entrichtet; es bestünden in Deutschland keine Abgabenrückstände.
Im Zuge dieser Ermittlungen hätte aber festgestellt werden können, dass der Beschuldigte mit seiner Gattin VS, geboren am xxxx, und der gemeinsamen Tochter CS , geboren am xxxxx, seit dem in Österreich gemeldet sei.
Bereits am habe der Beschuldigte ein unbebautes Grundstück in Österreich an der Adresse W erworben.
Auf diesem Grundstück befindet sich mittlerweile ein einstöckiges Einfamilienhaus.
Weiters seien [ergänze: in Österreich] Kraftfahrzeuge auf den Beschuldigten zugelassen.
Laut Auskunft der Gemeinde bzw. der Polizeiinspektion sei vor Ort nicht bekannt, welcher Tätigkeit die Familie s nachgeht bzw. welches Einkommen das Ehepaar s habe. VS sei offensichtlich Hausfrau.
Es sei daher davon auszugehen, dass der Beschuldigte im Jahre 2007 seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt habe, den bereits in Deutschland zur Einkunftserzielung betriebenen Internethandel nunmehr von Österreich aus weiterbetrieben habe bzw. betreibe und es unterlassen habe, seine daraus resultierenden Umsätze und Einnahmen gegenüber dem Finanzamt offen zu legen.
Nach den Ermittlungsergebnissen, wonach der Wohnsitz im Inland nicht nur für den Beschuldigten selbst, sondern auch für die Ehegattin bzw. die minderjährige Tochter angemeldet wurde, ein Eigenheim errichtet wurde bzw. auch Kraftfahrzeuge mit inländischem Kennzeichen benutzt werden, bestehe "grundsätzlich" kein Zweifel, dass der Beschuldigte seinen Hauptwohnsitz (Mittelpunkt der Lebensinteressen) in Österreich begründet habe und somit nach den Bestimmungen des § 1 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig sei.
Es bestehe weiters auch der begründete Verdacht, dass sich in den Räumlichkeiten der oben angeführten Lageadresse Aufzeichnungen und Unterlagen [ergänze: befänden], insbesondere Erlösaufzeichnungen aller Art, Bank- und sonstige Belege des Zahlungsverkehrs, Aufzeichnungen über Geldtransaktionen, Aufzeichnungen und Belege über Wareneinkäufe, sonstige betriebsspezifische Aufzeichnungen und insbesondere Nachweise bzw. Hinweise für Vermögenswerte (Sparguthaben, Wertpapierdepots und dgl.), EDV-Daten und Datenträger, Verrechnungen mit Kunden, Schriftverkehr, Schmieraufzeichnungen und Kalender, die bisher nicht vorgelegt worden seien und einerseits Aufschluss über die tatsächlich getätigten Geschäfte geben könnten und andererseits aus denen die Höhe der bis dato gegenüber der Abgabenbehörde nicht erklärten Umsätze und Einnahmen feststellbar sei bzw. die vermögens- und steuerrechtliche Zuordnung dieser Mittel ermöglicht werde.
Laut derzeitiger Aktenlage sei in berechtigter Weise davon auszugehen, dass ein Finanzvergehen nach § 33 FinStrG begangen worden sei, welches aber den im § 53 FinStrG angeführten Wertbetrag voraussichtlich nicht übersteigen werde (genannter Finanzstrafakt, Bl. 56 f).
Am um 09.50 Uhr erschienen tatsächlich Beamte der Steuerfahndung in ihrer Eigenschaft als Organe des Finanzamtes Oststeiermark an der Anschrift W beim Wohnhaus der Familie s , übergaben den obzitierten Einleitungsbescheid und eine Ausfertigung der Anordnung des Spruchsenatsvorsitzenden dem anwesenden Beschuldigten und forderten diesen auf, das Gesuchte (von den Beamten interpretiert als Gegenstände der in der Begründung des Hausdurchsuchungsbefehls genannten Art) freiwillig herauszugeben (Finanzstrafakt Bl. 89).
Nach Weigerung des Herrn s , solche Gegenstände herauszugeben (weil er in Österreich bisher keine Einkünfte erzielt habe) (Finanzstrafakt Bl. 89), durchsuchten die Beamten in der Zeit von 10.06 Uhr bis 12.50 Uhr die Wohnung [das Wohnhaus] des JS [der Familie s ], beschlagnahmten 4 Ordner mit Unterlagen über eine Firmengründung in Zypern, Baurechnungen und Unterlagen betreffend das Objekt B , diverse lose Unterlagen inklusive Kontoauszüge, Anmeldung Marke F, Bankunterlagen, Kontoauszüge der Steiermärkischen Sparkasse, diverse Autorechnungen (Finanzstrafakt Bl. 90) sowie einen PC samt externer Festplatte und kopierten den Inhalt der EDV-Geräte (Finanzstrafakt Bl. 94 f).
Innerhalb offener Frist hat JS durch seinen Verteidiger mittels zweier gleichlautender Eingaben (Fax und Schreiben vom ) gegen "den Bescheid" über die verfahrensgegenständliche Anordnung der Hausdurchsuchung Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes der Anordnung erhoben und dabei im Wesentlichen vorgebracht:
Nicht protokolliert worden sei, dass auch diverse Unterlagen über einen staatlich geförderten Kredit zur Existenzgründung in Deutschland aus dem Jahr 2002 und eine fehlerhafte "BWA" des Gewerbebetriebes in Deutschland aus dem Jahr 2007 (vorläufiger Ausdruck mit fehlenden bzw. falschen Buchungen) beschlagnahmt worden seien und sämtliche am Untersuchungsort gefundenen Kredit- bzw. Bankomatkarten des Beschuldigten und seiner Ehegattin abgeschrieben worden seien (Kontonummer, Bankverbindung, Bankleitzahl).
Auch sei die Beschlagnahme des Computers, welcher vor allem von der Tochter des Beschuldigten für schulische Zwecke genutzt werde, nicht protokolliert worden und überdies der Computer nicht wie versprochen innerhalb einer Woche wieder zurückgestellt worden.
Im Zuge der Hausdurchsuchung habe der Beschuldigte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er in Österreich bisher keine Einkünfte erzielt habe und überdies zu keinem Zeitpunkt eine Betriebsstätte in Österreich gehabt hätte.
Bestimmte beschlagnahmte Unterlagen, nämlich diverse genannte Kontoauszüge, befänden sich im Eigentum seiner Gattin, weshalb er und VS der diesbezüglichen Beschlagnahme auch ausdrücklich widersprochen hätten.
Im angefochtenen Bescheid [gemeint wohl: In der angefochtenen Anordnung] sei in "keinster" Weise dargestellt worden, dass der Beschuldigte konkret verdächtigt wird, ein bestimmtes Finanzvergehen begangen zu haben. Es werde kein konkretes historisches Geschehen dargelegt, unter welches ein konkreter Finanzstraftatbestand subsumiert werden könne.
Vielmehr werde lediglich ein Generalverdacht geäußert: Aus dem Umstand, dass der Beschuldigte seit in Österreich gemeldet sei, sich an der Adresse W ein Einfamilienhaus befinden würde, auf den Beschuldigten Kraftfahrzeuge zugelassen sind und nach Auskunft der Gemeinde bzw. der Polizeiinspektion nicht bekannt sei, welcher Tätigkeit die Familie s nachgehen würde, schließe der Spruchsenatsvorsitzende rechtswidrig, dass der Beschuldigte es unterlassen hätte, seine Umsätze und Einnahmen gegenüber dem Finanzamt offenzulegen. Diese substanzlosen Schlussfolgerungen reichten nicht aus. Der Hausdurchsuchungsbefehl sei vielmehr nur deshalb erlassen worden, um erst durch die Hausdurchsuchung Verdachtsgründe zu gewinnen.
Bei sorgfältiger Ermittlung wäre festzustellen gewesen, dass das gegen den Beschuldigten in Deutschland eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung und Verstößen gegen das Markengesetz bereits mit Strafbefehl des Amtsgerichtes Augsburg vom rechtskräftig beendet worden sei, wobei aus dem vorgenannten Strafbefehl hervorgehe, dass von einer Verfolgung der Steuerstraftaten gemäß § 154 Abs. 1 deutsche Strafprozessordnung sogar abgesehen wurde (eine Kopie des Strafbefehles ist der Beschwerde als Beilage 1 beigeschlossen).
Weiters wäre festzustellen gewesen, dass dem Beschuldigten bis Ende 2010 für die Jahre 2008 bis 2010 vom Finanzamt Neu-Ulm Deutschland Einkommensteuerbescheide zugegangen seien und die darin festgesetzten Steuern von JS auch ordnungsgemäß entrichtet worden seien (Beilagen 2 bis 4).
Ebenso wäre festzustellen gewesen, dass VS und die Tochter CS jeweils mit Hauptwohnsitz in K , Kroatien, gemeldet seien und sich dort befindliche Wohnhaus im grundbücherlichen Alleineigentum der Ehegattin des Beschuldigten stehe (Beilagen 5 und 6). Der Mittelpunkt der Lebensinteressen von VS liege daher nicht in Österreich, sondern in Kroatien. Frau s wäre daher in Kroatien steuerpflichtig, zumal die Genannte auch kroatische Staatsbürgerin sei.
Zur Wahrheitsfindung wegen des Verdachtes eines Finanzvergehens nach § 33 FinStrG wäre es daher vollkommen ausreichend gewesen, den Beschuldigten und allenfalls auch seine Ehegattin zu vernehmen und von diesem [also dem Beschuldigten] die Vorlage der oben angeführten Unterlagen zu begehren. Die Anordnung der Hausdurchsuchung war daher jedenfalls unverhältnismäßig.
Die Beschlagnahme der oben dargestellten Urkunden und Fahrnisse sei aber auch deshalb rechtswidrig gewesen, weil diese auch Unterlagen umfassten, die nicht den Vorwurfszeitraum 2007 bis 2009 betreffen. Dabei handle es sich um nachstehende Unterlagen:
"1. Ordner dunkelblau Firmengründung Zypern": Diese Unterlagen betreffen die Firmengründung F Limited sowie die Markenanmeldung der Marke F in den Jahren 2010 und 2011.
"2. Ordner gelb Baurechnungen": Diese Rechnungen betreffen das Jahr 2010.
"3. Ordner Allianz Unterlagen Deutschland b Gas/Strom - Unterlagen": Diese Unterlagen betreffen Gas- und Stromrechnungen sowie Versicherungspolizzen betreffend das Haus in Deutschland.
"4. Ordner rot Hauskredit Deutschland": Diese Unterlagen betreffen den für das Einfamilienhaus in Deutschland aufgenommenen Hauskredit aus dem Jahre 2001.
Es werde daher beantragt, der Vorsitzende des Berufungssenates wolle
1. "den angefochtenen Bescheid" [gemeint wohl: die angefochtene Anordnung] des Spruchsenatsvorsitzenden für rechtswidrig erklären,
2. die im Zuge der Hausdurchsuchung vom durchgeführte Beschlagnahme für rechtswidrig erklären, sowie
3. der "belangten Behörde" auftragen, sämtliche anlässlich der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Dokumente, Unterlagen und sonstige Fahrnisse umgehend vollständig an den Beschuldigten zurückzustellen.
Eine Beschwerde gegen die Durchführung der angeordneten Hausdurchsuchung wurde vom Beschuldigten nicht erhoben (siehe den jeden Zweifel ausschließenden objektiven Erklärungsgehalt des Anbringens, Finanzstrafakt Bl. 36 f bzw. 49 und 49 verso).
Wohl jedoch wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde gegen die Anordnung des Spruchsenatsvorsitzenden eine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Unter einer Hausdurchsuchung ist die Durchsuchung von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen zu dem Zweck zu verstehen, eine eines Finanzvergehens (mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit) verdächtige Person oder verfallsbedrohte oder als Beweismittel in Betracht kommende Gegenstände aufzufinden (siehe dazu u.a. ; ; - JBl 1983, 478; - ZfVB 1990/355; - ZfVB 1990/377; - ZfVB 1998/953; - JBl 1989, 198 = AnwBl 1989/3074).
§ 93 Abs. 1 FinStrG in der Fassung der FinStrG-Novelle 2010, BGBl I 2010/104, mit Wirkung ab , bestimmt hinsichtlich den Voraussetzungen für die Durchführung einer Hausdurchsuchung in verfahrensrechtlicher Hinsicht wie folgt:
Die Durchführung einer Hausdurchsuchung (Abs. 2) [ ... ] bedarf einer mit Gründen versehenen schriftlichen Anordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs. 2 unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Die Anordnung richtet sich an die mit der Durchführung betraute Finanzstrafbehörde. Eine Kopie dieser Anordnung ist einem anwesenden Betroffenen bei Beginn der Durchsuchung auszuhändigen. Ist kein Betroffener anwesend, so ist die Kopie nach § 23 des Zustellgesetzes (ZustG) zu hinterlegen. Wurde jedoch die Anordnung vorerst mündlich erteilt, weil die Übermittlung der schriftlichen Ausfertigung an die mit der Durchsuchung beauftragten Organe wegen Gefahr im Verzug nicht abgewartet werden konnte, so ist die Kopie innerhalb der nächsten 24 Stunden zuzustellen.
Gemäß § 93 Abs. 7 FinStrG, ebenfalls in der Fassung der FinStrG-Novelle 2010, ist jeder, der durch die Durchsuchung in seinem Hausrecht betroffen ist, berechtigt, sowohl gegen die Anordnung als auch gegen die Durchführung der Durchsuchung Beschwerde an die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz zu erheben. Über diese Beschwerden entscheidet der Vorsitzende des Berufungssenates, der über Rechtsmittel gegen Erkenntnisse des im Abs. 1 genannten Spruchsenates zu entscheiden hätte.
Anders als zur Zeit der Rechtslage vor der FinStrG-Novelle 2010 hat also der Spruchsenatsvorsitzende nicht mehr Hausdurchsuchungsbescheide in der Anzahl der von der Hausdurchsuchung Betroffenen zu erlassen, welche dann den anwesenden Betroffenen bei Beginn der Hausdurchsuchung jeweils zuzustellen waren bzw. für diese nach § 23 ZustG zu hinterlegen waren, sodass also Hausdurchsuchungen als bloße Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nur in äußerst seltenen Ausnahmesituationen (bei Unmöglichkeit der Einholung eines schriftlichen oder allenfalls lediglich mündlichen Hausdurchsuchungsbefehles vom Spruchsenatsvorsitzenden infolge Gefahr im Verzug - § 93 Abs. 4 FinStrG alte Fassung - oder z.B. bei einer von der Behörde unverschuldeten Unkenntnis über die Identität eines Betroffenen) rechtmäßig stattgefunden haben, richten sich die diesbezüglichen Durchsuchungsanordnungen der Spruchsenatsvorsitzenden nunmehr (lediglich) an die mit der Durchführung (zu ergänzen wohl: der Durchsuchung) betraute Finanzstrafbehörde (woraus sich im Übrigen ergibt, das auch andere Finanzstrafbehörden als lediglich die nach § 58 Abs. 1 FinStrG zuständigen Finanzstrafbehörden Hausdurchsuchungen durchführen dürfen, wenn sie damit betraut werden; anderenfalls hätte es dieser Formulierung im Gesetz nicht bedurft).
Sämtliche Hausdurchsuchungen im finanzstrafbehördlichen Verfahren sind also nach der nunmehrigen Rechtslage Ausübungen unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wobei jedem davon in seinem Hausrecht Betroffenen zweierlei Rechtsmittel zur Verfügung stehen:
Ihm wird die Möglichkeit eingeräumt, sich gegen die Durchführung der Hausdurchsuchung und die dabei vorgenommenen allfälligen Beschlagnahmen zu beschweren (§ 93 Abs. 7 FinStrG neue Fassung, erster Satz, zweite Alternative).
Und / oder er beschwert sich - zusätzlich oder für sich alleine - gegen die Anordnung der Durchsuchung (§ 93 Abs. 7 FinStrG neue Fassung, erster Satz, erste Alternative).
Hätte der Gesetzgeber lediglich jedem in seinem Hausrecht durch die tatsächliche Vornahme einer Hausdurchsuchung in einem finanzstrafbehördlichen Verfahren Betroffenen eine Beschwerdemöglichkeit gegen diese ausgeübte unmittelbare finanzstrafbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahmenbeschwerde) einräumen wollen, hätte es der obgenannten ersten Alternative nicht bedurft.
Bereits nach der vormaligen Rechtslage besaß jedoch der Empfänger eines Hausdurchsuchungsbescheides ein Beschwerderecht auch insoweit, als im Bescheid Befehls- und Zwangsmaßnahmen in einem über die tatsächliche Durchführung hinausgehendem Umfang hinaus angeordnet gewesen waren (vgl. z.B. FSRV/0032-L/05).
Das nunmehrige "umfassende" Beschwerderecht (Terminus siehe die ErlRV 874 BlgNR, 24. GP zu Z 37) der in ihrem Hausrecht Betroffenen hat hier offensichtlich insoweit eine Modifikation vorgenommen, als - einschränkend - angeordnete, aber durch die einschreitenden Organe nicht umgesetzte Maßnahmen nicht erfolgreich Gegenstand einer Beschwerde sein können, weil diesbezüglich die formalrechtliche Voraussetzung, nämlich das Betroffensein in seinem Hausrecht des Beschwerdeführers durch eine Durchsuchung, fehlt, insoweit also mit einer Zurückweisung der Beschwerde vorzugehen wäre, andererseits aber dem tatsächlich später Betroffenen eine Beschwerdemöglichkeit bereits gegen die Anordnung der Hausdurchsuchung, gleichsam als Rechtsbehelf sui generis, eingeräumt wurde: Damit ist es dem später von der Hausdurchsuchung Betroffenen sogar möglich, einen Hausdurchsuchungsbefehl, für welchen zum Zeitpunkt seiner Erlassung die vollständigen Voraussetzungen seiner Rechtmäßigkeit noch gefehlt haben (weil z.B. sich die Verdachtslage erst nach seinem Ergehen, aber vor seiner Umsetzung ausreichend erhärtet hat), für rechtswidrig erklären zu lassen.
Im gegenständlichen Fall hat sich der Beschwerdeführer tatsächlich dafür entschieden, den Hausdurchsuchungsbefehl des Spruchsenatsvorsitzenden vom und nicht die am durchgeführte Hausdurchsuchung zu bekämpfen.
Es liegt aber auch in der Logik einer derartigen Beschwerde gegen einen Hausdurchsuchungsbefehl, dass Argumente einer rechtswidrigen Umsetzung der Anordnung des Spruchsenatsvorsitzenden, weil beispielsweise Gegenstände gesucht bzw. beschlagnahmt worden wären, die von der Anordnung gar nicht umfasst gewesen wären, ins Leere gehen müssen.
Gemäß § 93 Abs. 2 FinStrG sind Hausdurchsuchungen Durchsuchungen von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen. Sie dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht besteht, dass sich darin eine eines Finanzvergehens, mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit, verdächtige Person aufhält oder dass sich daselbst Gegenstände befinden, die voraussichtlich dem Verfall unterliegen oder die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.
Will ein Spruchsenatsvorsitzender eine derartige Hausdurchsuchung anordnen, hat er nach erfolgter Sachverhaltsaufnahme in einem intellektuellen Prozess für sich die Feststellung zu treffen, dass die Voraussetzungen und das Gebotensein für eine solche Maßnahme vorliegen; eine Anordnung derselben durch den Organwalter gleichsam blindlings ohne erfolgte Prüfung der Voraussetzungen und gleichsam eine Delegierung dieser Entscheidungskompetenz auf die ausführenden Organe ist in der Rechtsordnung nicht vorgesehen bzw. wäre allenfalls wohl eine verfassungswidrige Auslegung derselben.
Voraussetzung für die Anordnung der gegenständlichen Hausdurchsuchung ist also der begründete Verdacht auch zum Zeitpunkt der Anordnung, dass - die hier nicht relevante Suche nach Personen ausgeblendet - sich in den zur Durchsuchung vorgesehenen Räumlichkeiten (hier: in den Wohn- und Betriebsräumlichkeiten an der Anschrift W ) Gegenstände befänden, die im Finanzstrafverfahren (hier: gegen den Beschwerdeführer) als Beweismittel in Betracht kommen (siehe dazu , 93/15/0132 - ÖStZB 1995, 31; - ÖStZB 1997, 707; - ÖStZB 2002/444).
Die Anordnung bzw. die Vornahme einer Hausdurchsuchung verlangt nach einem ausreichenden Verdacht für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ( - ARD 4699/50/95 = ÖStZB 1996, 42).
Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (für viele: - ÖStZB 1995, 380; - ÖStZB 1995, 381 = ARD 4675/15/95; - ÖStZB 1995, 699; - ÖStZB 1996, 78; - ÖStZB 1996, 229 = SWK 1996 R 58; - ÖStZB 1996, 349; - ÖStZB 1996, 510; - ÖStZB 1996, 486; - ÖStZB 1996, 511; - ÖStZB 1997, 37 = FJ 1997, 80; - AnwBl 1997/7422 = ÖStZB 1997, 748; - ecolex 1997, 697 = AnwBl 1997/7430 = ARD 4864/68/97 = ÖStZB 1997, 739; - ÖStZB 1998, 459; - ÖStZB 2001, 298; - ARD 5333/30/2002 = SWK 2001 R 64 = ÖStZB 2002, 194; - ÖStZB 2003, 78; - ÖStZB 2003, 648; - ÖStZB 2004, 258; - ÖStZB 2004, 659 = SWK 2004 R 82; - JusGuide 2007/35/344 VwGH = SWK 2008 R 4 = GeS 2007, 447 = ÖStZB 2008, 150).
Ein solcher Tatverdacht für die Anordnung einer Hausdurchsuchung muss im Zeitpunkt der Anordnung derselben bestehen. Auf die erst bei dieser vorgefundenen Unterlagen kommt es - siehe oben - zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit ihrer Anordnung nicht an ( - ÖStZB 1991, 439 = ARD 4337/53/92; , 0131, 0132 - ÖStZB 1997, 385, , 0041 - ÖStZB 1997, 382; , 0182 - StInd 2001/2833 = ÖStZB 2002, 444).
Ein Verdachtkann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (wiederum für viele: , 0060, 0061 - ÖStZB 1994, 360 = SWK 1994 R 95; , 0131, 0132 - ÖStZB 1997, 385; , 0156 - ARD 4834/55/97 = ÖStZB 1997, 382; - ÖStZB 1997, 707; - ÖStZB 2002, 566; , 0596 - ARD 5333/31/2002 = ecolex 2001/327 = SWK 2001 R 95 = ÖStZB 2002, 173; - ÖStZB 2002, 566; - ÖStZB 2002, 444; - SWK 2003 R 83; - SWK 2004 R 82 = ÖStZB 2004, 659; - ÖStZB 2005, 420; - ÖStZB 2006, 14; - SWK 2006 R 78 = ÖStZB 2006, 382).
Solche tatsächliche Anhaltspunkte sind der Aktenlage zum Zeitpunkt der Anordnung wie folgt zu entnehmen:
Demnach ist JS seit vielen Jahren in Deutschland u.a. als erfolgreicher Händler von preiswerten Produkten der chinesischen Schmuckwaren-, Taschen-, Bekleidungs- und Schuhindustrie tätig gewesen, welche er im Internet weltweit, vorzugsweise auch im englischen Sprachraum, zum Verkauf angeboten hat. Da diese Produkte (z.B. mit dem Logo "Tiffany", "Tiffany & Co.", "T & Co.") zumindest teilweise von ihrer Bezeichnung und dem äußeren Anschein europäischen Markenwaren täuschend ähnlich nachempfunden waren, ist er auch mit den deutschen Strafgesetzen in Konflikt geraten (Schuldspruch beim Amtsgericht München vom , rechtskräftig am , 70 Tagessätze á DM 60,00 wegen versuchten Betruges in acht Fällen und Betruges in zwei Fällen; Schuldspruch beim Amtsgericht Fürstenfeldbruck vom , rechtskräftig am , wegen Verstoßes gegen das deutsche Markengesetz, unerlaubter Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke und Betrug in 323 Fällen, Freiheitsstrafe 1 Jahr und 6 Monate bedingt auf eine dreijährige Probezeit) (an das österreichische Bundesministerium für Finanzen übermitteltes Aktenkonvolut der Staatsanwaltschaft Augsburg vom , darin enthalten die Anklageschrift zu GZ. 505 Js 119737/08 vom , Seite 6 f).
Auch in der Folge wurde JS laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Augsburg vorgeworfen, dass er in 470 Fällen gegen das deutsche Markengesetz verstoßen habe, weil er, der jedenfalls seit 2003 gewerbsmäßig gefälschte Silberschmuckwaren und entsprechende Verpackungsmaterialien der Marke "Tiffany & Co." aus China bezogen hatte, um die Falsifikate - wie oben erwähnt - weltweit gewinnbringend weiter zu veräußern, konkret zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt kurz vor dem gefälschten Schmuck der genannten Marke (50 Paar silberne Ohrstecker, 50 silberne Armbänder, 50 Paar silberne Manschettenknöpfe, 50 silberne Halsketten und 50 silberne Schmuckketten) bei der Firma ACompany in C, China, bestellt und dessen Versendung an seine damalige Geschäftsadresse in V , veranlasst hatte (wobei die Warensendung bei der Einfuhr nach Deutschland am am Zollamt Flughafen Köln/Bonn vom Hauptzollamt Köln zunächst zurückbehalten und dann nicht ausgeliefert worden war) sowie weil er über das Internetauktionshaus eBay unter Verwendung der Benutzernamen "m1", "m2", "m3" und "m4" 115 gefälschte Schmuckstücke der Marken "Tiffany & Co." bzw. "Tiffany" in der Zeit zwischen dem Oktober 2003 und dem September 2005 an Abnehmer in Australien (5), Deutschland (4), Großbritannien (60), Hongkong (1) Italien (3), Kanada (2) und USA (40) verkauft hatte (obgenannte Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Augsburg, Finanzstrafakt des Finanzamtes Oststeiermark betreffend den Beschuldigten zu StrNr. 076/2010/00132-001, Bl. 104 bis 109).
Hinsichtlich weiterer Markenrechtsverstöße und Betrugstaten des betreffend Einfuhr, Besitz, Verkauf von Ware der Marken Louis Vuitton, Puma, Nike, Hermes und David Yurman hat die Staatsanwaltschaft Augsburg nach § 154a Abs. 1 deutsche Strafprozessordnung (dStPO) von der Verfolgung abgesehen, weil sie - im Vergleich zu den angeklagten Fakten nicht (mehr) erheblich ins Gewicht gefallen sind (Anklageschrift Seite 7, Finanzstrafakt Bl. 109).
In den Jahren 2003 bis 2006 hat JS bei eBay mit diversen Markenartikeln einen Handel betrieben, wobei er unter den Account-Namen "m1 ", "m2 ", "m3 " und "m4 " über 300 angebliche Markenartikel (darunter die in der obigen Anklage genannten 115 Schmuckstücke der Marken "Tiffany & Co." bzw. "Tiffany") mit einem Gesamterlös von umgerechnet fast € 50.000,00 verkauft hat (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 115).
In der Zeit zwischen Juni 2005 und November 2006 hat DHL-Express für JS 75 gleichartige Sendungen mit mehr als 6.200 Stück Schmuck- und Silberschmiedewaren über unterschiedliche Flughäfen nach Deutschland eingeführt, verzollt und zu der Anschrift V , geliefert (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 115).
Zwischen Juni 2005 und Jänner 2006 hat die Firma U im Auftrag des Beschuldigten 25 Frachtsendungen aus Hongkong und China mit insgesamt 2.186 Stück Schmuckwaren importiert und an die Anschrift V , geliefert; die deklarierten Rechnungspreise hiefür haben US $ 2.204,50, die entrichteten Einfuhrabgaben haben € 946,39 betragen (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 116).
Unter der Anschrift V , hatte der Beschuldigte seinerzeit als alleiniger Inhaber der Firma "SC" einen Groß- und Einzelhandel mit Computer-Hardware und Software nebst Zubehör, Internet e-Commerce, Webdesign-Lösungen und Consulting betrieben. Die vormals benutzen Geschäftsräumlichkeiten sind aber seit Dezember 2007 anderweitig vermietet (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 113, 118).
Im Zeitraum Juli 2005 bis Juni 2006 hat U für JS mehr als 5.300 Versandaufträge durchgeführt. Die hiefür geschuldeten Frachtkosten von € 77.000,00 wurden per Lastschrift vom Geschäftskonto der SC abgebucht. Bestimmungsländer der Sendungen waren neben Deutschland vor allem Großbritannien, Italien und Frankreich; der Warenwert betrug in der Regel zwischen € 100,00 und € 200,00 (Anmerkung: sohin hochgerechnet insgesamt € 795.000,00) (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 116).
JS und seine Ehefrau VS sind seit dem unter der StNr. zzzz beim Finanzamt Neu-Ulm für Zwecke der Einkunftsbesteuerung steuerlich erfasst gewesen (Bericht der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt Augsburg-Stadt vom , Finanzstrafakt Bl. 100).
Das Einzelunternehmen SC wurde vom Beschuldigten am gegründet, weshalb er ab 2002 unter der obgenannten StNr. auch für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst gewesen ist (Bericht der Steuerfahndungsstelle vom , Finanzstrafakt Bl. 101).
Für das Veranlagungsjahr 2003 hat der Beschuldigte aus seinem gewerblichen Einzelunternehmen bei einem steuerpflichtigen Nettoumsatz von € 1,230.000,00 einen Gewinn von € 26.997,00 erklärt, wobei eine antragsgemäße Veranlagung erfolgte (Bericht der Steuerfahndungsstelle vom , Finanzstrafakt Bl. 101).
Für das Veranlagungsjahr 2004 hat der Beschuldigte zwar Umsatzsteuervoranmeldungen, aber keine Jahressteuererklärungen eingereicht, weshalb das Finanzamt Neu-Ulm auf Basis der Voranmeldungen den Nettoumsatz mit € 930.000,00 und den Gewinn mit € 72.750,00 schätzte (Bericht der Steuerfahndungsstelle vom , Finanzstrafakt Bl. 101).
Für das Veranlagungsjahr 2005 hat der Beschuldigte weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch Jahressteuererklärungen eingereicht, weshalb das Finanzamt Neu-Ulm den Nettoumsatz mit € 1,050.000,00 und den Gewinn mit € 97.000,00 - wohl griffweise - schätzte (Bericht der Steuerfahndungsstelle vom , Finanzstrafakt Bl. 101).
Für das Veranlagungsjahr 2006 hat der Beschuldigte im Rahmen von Umsatzsteuervoranmeldungen einen Netto-Umsatz von € 345.000,00 erklärt. Nachdem keine Jahressteuererklärungen eingereicht wurden, hat das Finanzamt Neu-Ulm den Gewinn mit € 42.000,00 geschätzt (Bericht der Steuerfahndungsstelle vom , Finanzstrafakt Bl. 101).
Für das Veranlagungsjahr 2007 hat der Beschuldigte weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch Jahressteuererklärungen eingereicht, weshalb das Finanzamt Neu-Ulm den Nettoumsatz mit € 75.000,00 und den Gewinn mit € 18.500,00 - wohl griffweise - schätzte (Bericht der Steuerfahndungsstelle vom , Finanzstrafakt Bl. 101).
Am sind der Beschuldigte und seine Ehegattin von R, nach B , gezogen. Dort hatten die Ehegatten s mit Kaufvertrag vom ein Einfamilienhaus um DM 250.000,00 (Herkunft der Geldmittel unbekannt) erworben, welches im Juli 2010 noch immer in ihrem Eigentum gestanden ist (Bericht der Steuerfahndungsstelle vom , Finanzstrafakt Bl. 101).
Am ist JS in Deutschland noch unter der Anschrift Z, alleine, ohne Ehefrau und Tochter, gemeldet gewesen; doch haben laut dem Zollfahndungsamt München Erkenntnisse bestanden, dass sich der Beschuldigte dort nicht ständig aufhält bzw. diese Meldeanschrift nur pro forma existiere (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 117).
Am habe sich JS nach (damaliger) Meinung des Zollfahndungsamtes München hauptsächlich in I, aufgehalten. Dort ist er zwar nicht offiziell gemeldet gewesen, er habe aber unter dieser Adresse bei der Deutschen Telekom einen Telefonanschluss angemeldet, auch ist eine der am Haus befindlichen Klingeln mit "s " beschriftet gewesen (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 118).
Am sind zwei seiner Fahrzeuge noch auf seine ehemalige Privatanschrift in b eingetragen gewesen; der Beschuldigte ist dort nicht mehr gemeldet gewesen, es gab auch keine Anzeichen dafür, dass sich JS dort noch aufgehalten hätte, es hätte aber Unstimmigkeiten bei den Datensätzen der Meldebehörde gegeben (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 118).
Am ist auf JS noch immer ein am erworbenes KFZ der Marke Porsche mit deutschem Kennzeichen zugelassen gewesen (Bericht der Steuerfahndungsstelle, Finanzstrafakt Bl. 101).
In der Zeit zwischen Dezember 2007 und Mai 2008 sind auf dem Konto 1 des JS bei der Sparkasse N, Deutschland, € 135.665,14 (: € 10.000,00, : € 10.000,00, : € 10.000,00, : € 11.665,14, : € 19.000,00, : € 25.000,00, : € 20.000,00, : € 30.000,00) von der Ehegattin des Beschuldigten aus Kroatien überwiesen worden. Der Absender trug die Anschrift KK, Kroatien (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 121 f; siehe auch den Bericht dieses Amtes vom , Finanzstrafakt Bl. 125).
An dieser Anschrift befand sich der Sitz der Firma "DSoftware", die den Webshop "www.iiii.com" betreibt. Für den Webshop zeichnet verantwortlich " JS , DSoftware , V ". Der Webshop wird mit dem Vertrieb von Taschen, Schuhen und Bekleidung bekannter Designer (wie z.B. Louis Vuitton, Prada und Fendi) in Verbindung gebracht (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 121 f).
In der Zeit zwischen dem und dem hat JS von seinem Konto 2 bei der Raiffeisenbank3, Österreich, auf sein Konto 1 bei der Sparkasse N , Deutschland, € 344.000,00 überwiesen (: € 16.000,00, : € 10.000,00, : € 5.000,00, : € 20.000,00, : € 10.000,00, : € 20.000,00, : € 10.000,00, : € 17.500,00, : € 13.000,00, : € 8.000,00, : € 5.000,00, : € 10.000,00, : € 20.000,00, : € 30.000,00, : € 15.000,00, : € 12.500,00, : € 10.000,00, : € 12.000,00, : € 10.000,00, : € 50.000,00, : € 20.000,00, : € 10.000,00, : € 10.000,00) (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom mit Nachtrag vom , Finanzstrafakt Bl. 125 ff).
In der Zeit zwischen November 2003 bis Juli 2008 hat JS für die regelmäßige Nutzung von Keyword-Advertising-Werbung bei Google, Microsoft und Yahoo weit über € 300.000,00 bezahlt, wobei der größte Teil auf "Google AdWords" mit € 302.265,88 entfällt. Da die Zahlungen nur an englischsprachige Werbetools in Großbritannien und in den USA geleistet wurden, sollte offensichtlich ganz gezielt englischsprachige Kundschaft angesprochen werden (Bericht des Zollfahndungsamtes München, Dienstsitz Nürnberg, vom , Finanzstrafakt Bl. 123 f).
Wie bei einer Hausdurchsuchung in einer Wohnung des JS am in I , festgestellt, hatte der Beschuldigte dort 109 gefälschte Schmuckstücke der Marke "Tiffany & Co." aufbewahrt, um sie zu einem späteren Zeitpunkt weiterzuverkaufen (Anklageschrift Seite 5, Finanzstrafakt Bl. 110).
Mit Wirkung zum hatten sich JS und VS von der Anschrift B , als Hauptwohnsitz abgemeldet und bei dem dortigen Einwohnermeldeamt als neuen Hauptwohnsitz die Anschrift K , Kroatien bekanntgegeben (Bericht der Steuerfahndungsstelle vom , Finanzstrafakt Bl. 101).
Bereits wenige Tage zuvor aber, nämlich am , hatten JS und VS sich selbst und ihre Tochter CS bei der Gemeinde in Österreich unter der der Anschrift W als Hauptwohnsitz angemeldet (Bericht der Steuerfahndung vom , Finanzstrafakt Bl. 5).
An dieser Anschrift hatte JS am um € 8.921,00 ein unbebautes Grundstück erworben, worauf in der Folge ein schmuckes Einfamilienhaus gebaut worden war (Finanzstrafakt Bl. 5, 8).
Im August 2010 sind in Österreich zwei Fahrzeuge mit x Kennzeichen zugelassen, nämlich ein BMW X 6 seit und ein Audi A 6, Erstzulassung , seit (Bericht der Steuerfahndung vom , Finanzstrafakt Bl. 5).
Laut Rücksprache der Steuerfahndung in der Gemeinde bzw. bei der Polizeiinspektion sei vor Ort nicht bekannt, welcher Tätigkeit das Ehepaar s nachgeht bzw. welches Einkommen sie haben. VS sei offensichtlich "Hausfrau". Die vierzehnjährige Tochter CS besucht in E die Schule (Bericht der Steuerfahndung vom , Finanzstrafakt Bl. 6 f).
In der Gesamtschau ergab sich also für den Spruchsenatsvorsitzenden tatsächlich das Bild, dass der Beschuldigte JS , sich abwendend von seinen ursprünglichen Geschäften in der EDV-Branche, im Internet einen lukrativen weltweiten Handel mit diversen chinesischen Falsifikaten aufgebaut hat, wobei die einzelnen Überprüfungsmaßnahmen gleichsam schlaglichtartig jeweils für kurze Zeit Einsicht in Geld- und Warenflüsse geboten haben. Dieser - in Bezug auf den Versandhandel - von den faktischen Gegebenheiten mit geringen Ressourcen zu führende Handel (es bedarf wohl lediglich einer Telefonverbindung, einer entsprechenden Software, eines PCs bzw. eines Notebooks und insbesondere des Knowhows des Geschäftsmannes) findet seine faktischen Anknüpfungspunkte lediglich in dem Umstand, dass die Waren - wenngleich soweit Schmuckwaren, platzsparend - gelagert, umgepackt und weiterversandt werden müssen. Für diese Vorgänge scheinen dem Beschuldigte bestimmte Stützpunkte an den Anschriften in V (bis spätestens Dezember 2007), in B , in I , aber auch in KK , Kroatien, und möglicherweise ab September 2007 auch in W zur Verfügung gestanden zu haben.
Deutlich zu erkennen ist aber jedenfalls, dass die diesbezüglichen Geschäfte des JS im September 2007 keineswegs beendet gewesen sind. Die aktenmäßige Erfassung der gewerblichen Waren- und Geldflüsse, wie oben beschrieben, hat wohl lediglich deshalb geendet, weil die deutsche Zollfahndung ihre zeit- und kostenintensive Nachforschung jeweils auf bestimmte Zeitabschnitte eingegrenzt hatte.
Das Auffinden einer nur relativ geringen Anzahl an Schmuckstücken anlässlich der Hausdurchsuchung in I , am deutet darauf hin, dass sich das Schwergewicht der geschäftlichen Aktivität des Beschuldigten wohl in die Stützpunkte in KK , Kroatien, oder W verlegt hatte.
In umsatzsteuerlicher Hinsicht - hier nicht verfahrensgegenständlich - liegen wohl ein Versandhandel vor bzw. entsprechende steuerfreie Exporte vor, bei welchen die Orte der Verschaffung der Verfügungsmacht noch Gegenstand einer grundsätzlichen Sachverhaltserhebung sein müssten.
In einkommensteuerlicher Hinsicht ergibt sich aus dem Aufenthalt der Ehegatten s und deren Tochter in dem neu errichteten Eigenheim an der Anschrift W , verbunden mit der Tatsache des dortigen Schulbesuches der Tochter, der Anmeldung des Hauptwohnsitzes aller drei Personen an der dortigen Anschrift, der beschriebenen Zulassung von Fahrzeugen des Beschuldigten in Österreich tatsächlich der Verdacht, dass sich mit der Abreise der Familie s mit Ende September 2007 der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschuldigten nach W verlagert hat und daher Österreich ab diesem Zeitpunkt auch unter allfälliger Anwendungen von Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland und Kroatien ein unbeschränktes Besteuerungsrecht seines Welteinkommens zustehe - abzüglich allenfalls erzielter Gewinne, welche - so tatsächlich vorhanden - Betriebsstätten in Kroatien oder Deutschland zuzurechnen wären.
Es ist auch steuerliches Allgemeinwissen, dass man sein Einkommen zu versteuern hat, wobei dieser Vorgang wohl in irgendeiner Beziehung zum Wohnsitz des Steuerpflichtigen stehen würde - eine Erfahrung, die auch der Beschuldigte selbst im Verhältnis zum Finanzamt Neu-Ulm gemacht hat. Der Beschuldigte weiß in diesem Zusammenhang, dass man sich diesbezüglich auch beim Finanzamt zu melden haben wird.
Der Beschuldigte aber hat sich aber bei den österreichischen Abgabenbehörden jahrelang eben nicht gemeldet.
Gegenüber dem deutschen Finanzamt hat er - so der Wissensstand der österreichischen Steuerfahndung aufgrund deren Anfrage bei der deutschen Steuerfahndung - zuletzt als letzte Steuererklärungen im Jahre 2006 Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht (siehe oben) und ist dann ebenfalls auf "Tauchstation" gegangen (Anmerkung: Die als Beilagen 2 bis 4 der Beschwerde beigeschlossenen Kopien zeigen lediglich, dass das Finanzamt Neu-Ulm gegenüber Herrn und Frau s , welche es ihn KK , Kroatien, ansässig wähnte, für das 4. Quartal 2008, das 1. und 3. Quartal 2009, sowie das 1. Quartal 2010 noch Vorauszahlungen an Einkommensteuer in Höhe von jeweils insgesamt lediglich € 55,00 - in Fortschreibung der ursprünglichen Veranlagung, wohl für 2007 - vorgeschrieben hat, wobei mangels Durchführbarkeit einer Abbuchung - das angegebene Konto bei der Sparkasse N war vom Beschuldigten aufgelöst worden - für die Quartale mit Ausnahme des letztgenannten die Vollstreckung angekündigt worden war und nachträglich doch noch eine Bezahlung der Kleinbeträge stattgefunden hatte).
Der Beschuldigte hat überdies anlässlich seiner Verlegung (zumindest) des Hauptwohnsitzes weg von Deutschland offenbar zur Verschleierung gegenüber dem deutschen Einwohnermeldeamt unrichtigerweise angegeben, den Hauptwohnsitz nach Kroatien zu verlegen.
Diese Lüge in Verbindung mit der sich aus der Aktenlage erschließenden hohen kaufmännischen Intelligenz des Beschuldigten, seiner langjährigen unternehmerischen Betätigung im Milieu der Produktpiraterie, seinem Verhalten gegenüber den deutschen und österreichischen Finanzämtern bringt den Berufungssenatsvorsitzenden zu dem Verdacht, JS habe in Kenntnis seiner grundsätzlichen Einkommensteuerpflicht in Österreich die beim österreichischen Fiskus anfallenden Abgaben im Höchstausmaß vermeiden wollen, um die ansich anfallende Einkommensteuer anderweitig zu seinem Vorteil zu verwenden.
Aufgrund dieses Tatplanes habe er konkret in den Jahren 2007 bzw. 2008 bis 2010 auch absichtlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich gemäß §§ 120 f Bundesabgabenordnung (BAO) binnen Monatsfrist der zuständigen österreichischen Abgabenbehörde (hier: dem Finanzamt Oststeiermark) alle Umstände hinsichtlich der Begründung seiner persönlichen Einkommensteuerpflicht und seiner selbständigen Erwerbstätigkeit bzw. der Betriebsstätte an der Anschrift W anzuzeigen und in der Folge gemäß § 134 Abs. 1 BAO jeweils bis Ende Juni des Folgejahres für die Veranlagungsjahre 2007 bis 2009 Einkommensteuererklärungen einzureichen, infolge Unkenntnis des genannten Finanzamtes von der Entstehung des Abgabenanspruches eine Verkürzung an Einkommensteuer für die bezeichneten, bescheidmäßig festzusetzenden Veranlagungsjahre in noch zu ermittelnder Höhe bewirkt, wobei es ihm darauf angekommen ist, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und deshalb gewerbsmäßige Abgabenhinterziehungen nach §§ 33 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG [in der Fassung vor der FinStrG-Novelle 2010] zu verantworten.
Ebenso ist es einleuchtend gewesen, dass der Beschuldigte in seinem Wohnhaus in Österreich, um von dort aus seine Geschäfte leiten zu können, auch die erforderlichen betrieblichen Unterlagen und Informationen einschließlich Geld- und Warenbewegungen in Form von Belegen bzw. in einer EDV abgespeicherten und von dort ansprechbaren Datensätzen vor Ort verfügbar halten würde.
Ebenso ist es wahrscheinlich, dass aus in den dortigen Wohn- und Betriebsräumlichkeiten befindlichen Unterlagen bzw. Datensätzen zweckdienliche und für eine allfällige Schätzung gemäß § 184 BAO dringlich benötigte Informationen über die vom Beschuldigten erzielten Einkünfte bzw. über das aus der verheimlichten gewerblichen Betätigung für sich und seine Familie angehäufte Vermögen gewonnen hätten werden können.
Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anordnung des Spruchsenatsvorsitzenden, die Wohn- und Betriebsräumlichkeiten an der Anschrift W nach derartigen Beweismitteln durchsuchen zu lassen, haben daher vorgelegen.
Richtig ist, dass auch für Hausdurchsuchungen bzw. für die Anordnung derselben der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist, demzufolge staatliche Eingriffe im Verhältnis zum geschützten Rechtsgut angemessen sein müssen (vgl. - ÖStZB 1997, 749; - ÖStZB 1997, 382; - ÖStZB 2002, 444 = SWK 2002 R 27; [weshalb die mögliche Nichtberücksichtigung eines Angebotes, ein bekannt gegebenes relevantes "Lager" sofort besichtigen zu können, einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt] - ÖStZB 2002, 514 = SWK 2002 R 27 = ARD 5352/21/2002; [weshalb eine HD für die Suche nach Beweismitteln bei dem Verdacht einer bloßen Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs 1 lit a FinStrG nicht angemessen ist, wenn die Höhe der zugeflossenen Provisionen auch etwa in einem nach der BAO durchzuführendem Verfahren festgestellt hätte werden können] - ÖStZB 2004, 74).
War eine Beweissicherung nur durch eine Hausdurchsuchung, nicht aber - gleichwertig - durch andere Maßnahmen erreichbar, ist der auf unverhältnismäßigen Mitteleinsatz gegründete Vorwurf des Ermessensmissbrauches nicht berechtigt (, 93/15/0132 - ÖStZB 1995, 31).
Diese Verhältnismäßigkeit bei der Anordnung einer derartigen Hausdurchsuchung wäre aber im gegenständlichen Fall in Anbetracht der Schwere des Vorwurfes, der Dringlichkeit des Verdachtes, des abgabenunredlichen Vorlebens des Beschuldigten und zumal im Falle einer vor der tatsächlichen Umsetzung der Durchsuchungsanordnung dem Beschuldigten bzw. in seinem Hausrecht Betroffenen eingeräumten Möglichkeit, die gesuchten Beweismittel freiwillig herauszugeben, gewahrt gewesen.
Insbesondere hat wohl im gegenständlichen Fall in Anbetracht der vom routinierten und in seinen dunklen Geschäften hoch mobilen Beschuldigten bereits vorgenommenen umfangreichen Absetzbewegungen im Falle einer bloßen Vorladung und Befragung durch die österreichische Finanzstrafbehörde bzw. Steuerfahndung die Gefahr gedroht, er werde mit seinen Beweismitteln einfach weiter ausweichen und diese nach Kroatien verbringen.
Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, dass die Finanzstrafbehörde erster Instanz vor Einholung des Hausdurchsuchungsbefehles noch bei den kroatischen Behörden ermitteln hätte können, dass hinsichtlich der Ehegattin und der Tochter des Beschuldigten gegenüber den kroatischen Behörden behauptet worden sei, dass diese ihren Hauptwohnsitz in KK , Kroatien, begründet hätten, weshalb sich letztlich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Ehegattin des JS (notabene: nicht des Beschuldigten selbst!) in Kroatien ergeben hätte, wäre wohl bei einem derartigen Ermittlungsergebnis für den österreichischen Fiskus nicht Entscheidendes gewonnen gewesen, zumal dem noch immer die unrichtigen Angaben gegenüber den österreichischen Meldebehörden und die Beobachtungen der dortigen Bewohner sowie der Schulbesuch der Tochter in Österreich und nicht in Kroatien entgegengestanden wären.
Der Beschuldigte ist aber als von der Hausdurchsuchung Betroffener mit seiner Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung insoweit im Recht, als in dieser Anordnung nicht angegeben worden ist, was tatsächlich gesucht werden sollte.
Dem Sinn einer Durchsuchungsanordnung nicht entsprechend ist es, nicht anzugeben, was gesucht werden soll (siehe bereits FSRV/0017-G/08, FSRV/0022-G/08).
Da es in der Natur von Hausdurchsuchungen liegt, dass oftmals das konkrete Aussehen und die konkrete Stückzahl der Beweismittel, auf deren Suche die Hausdurchsuchung abzielt, nicht bekannt sind, genügt aber eine Umschreibung des Gesuchten nach allgemeinen Kriterien (vgl. , 0156 - ÖStZB 1997, 382; - ÖStZB 1997, 707; - - StInd 2001/2831 = ÖStZB 2002, 444).
Ein bloßer Suchbefehl ohne weitere Angaben überträgt in unzulässiger Weise die Weisungskompetenz des unabhängigen Spruchsenatsvorsitzenden auf nicht weisungsfreie Organwalter und widerspricht insoweit der Bestimmung in § 93 Abs. 4 FinStrG neue Fassung, wonach eine Hausdurchsuchung ohne Befehl nur unter besonders eingeschränkten Umständen bei Gefahr im Verzug zulässig ist.
Im gegenständlichen Fall hätte es für das weitere Verfahren genügt, dass ähnlich wie bereits in der Beschwerdesache zu FSRV/0017-G/08, FSRV/0022-G/08 die diesbezügliche Ergänzung der Durchsuchungsanordnung zumindest fernmündlich nachgeholt worden wäre. Insoweit dies unterblieben ist, war auch die gesetzte Zwangsmaßnahme mit Rechtswidrigkeit behaftet.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Ein allfälliges Verwertungsverbot in Bezug auf die beschlagnahmten Beweismittel ergibt sich aus dem oben beschriebenen verfahrensrechtlichen Missgeschick jedoch nicht.
Die Beantwortung der Frage, ob JS die ihm vorgeworfenen Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt dem Ergebnis der Auswertung der beschlagnahmten Unterlagen bzw. dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens gemäß § 114 ff FinStrG vorbehalten (, 0060, 0061 - ÖStZB 1994, 360; - ÖStZB 1997, 707).
Soweit der Beschuldigte moniert, dass die Notierung von Kontonummer, Bankverbindung und Bankleitzahl der am Durchsuchungsort vorgefundenen Kredit- bzw. Bankomatkarten bzw. die Beschlagnahme eines aufgefundenen Computers im Beschlagnahmeprotokoll nicht vermerkt sei, ist dies allenfalls ein Antrag auf Protokollergänzung, wohl aber kein Aspekt einer Beschwerde gegen die Anordnung einer Hausdurchsuchung.
Im Übrigen ist die Beschlagnahme des Computers im Protokoll angeführt (Finanzstrafakt Bl. 95).
Soweit vorgebracht wird, JS und VS hätten ausdrücklich der Beschlagnahme der in Pkt. 6 und 7 des Beschlagnahmeprotokolls angeführten Unterlagen widersprochen (Seite 6 der Beschwerde), wäre es den Genannten als Betroffene der Hausdurchsuchung frei gestanden, insoweit Beschwerde gegen die am durchgeführte Hausdurchsuchung zu erheben, was nicht geschehen ist.
Ebenso hat - wie oben ausgeführt - generell eine förmliche Absprache über die Rechtmäßigkeit einer Beschlagnahme (als von einer Hausdurchsuchung zwingend mitumfasste behördliche Zwangsmaßnahme, vgl. § 96 FinStrG erster Satz) lediglich dann zu erfolgen, wenn eben die Hausdurchsuchung angefochten worden ist.
Mit seinem Begehren, der Finanzstrafbehörde erster Instanz möge die Zurückstellung der beschlagnahmten Gegenstände aufgetragen werden, ist der Beschwerdeführer überdies auf den Umstand zu verweisen, dass beschlagnahmte Gegenstände unverzüglich zurückzugeben sind, wenn die Aufrechterhaltung der Beschlagnahme nicht mehr gerechtfertigt ist, bzw. die Möglichkeit einer Einsicht- bzw. Abschriftnahme, wohl auch der Herstellung einer Kopie von den beschlagnahmten Unterlagen bzw. Daten gemäß § 96 FinStrG, letzter Satz, in Verbindung mit § 92 leg. cit. besteht.
Über die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde hatte gemäß § 152 Abs.2 FinStrG der Spruchsenatsvorsitzende zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 93 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 93 Abs. 7 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 93 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 §§ 120 f BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 134 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Schmuckwarenhändler Produktpiraterie Markenfälschung Mittelpunkt der Lebensinteressen Hauptwohnsitz unbeschränkte Steuerpflicht Verdacht Hausdurchsuchungsbefehl Hausdurchsuchungsanordnung Beweismittelsuche Hausdurchsuchung Abgabenhinterziehung Umschreibung des Gesuchten |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at