Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 19.12.2017, RV/6100002/2017

Anspruchszinsen bei geänderten Stammabgabenbescheiden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Dr. Maria-Luise Wohlmayr, den beisitzenden Richter Mag. Erich Schwaiger und die Laienrichter Dr. Walter Zisler und Dr. Otmar Sommerauer im Beisein der Schriftführerin Sabine Plaichner über die Beschwerde des Bf., vertreten durch Mag. Josef Hauser, Ischlerbahnstraße 23, 5301 Eugendorf, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg – Land, Aigner Straße 10, 5026 Salzburg, vertreten durch Mag. Günter Narat, vom betreffend Anspruchszinsen 2011 und 2012 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Verfahrensgang

A/1. Mit Einkommensteuerbescheiden vom veranlagte das Finanzamt für den Beschwerdeführer (kurz: Bf.) erklärungsgemäß die Einkommensteuer für 2011 und 2012. Beide Bescheide führten zu einer Einkommensteuergutschrift, nämlich EUR 331 für 2011 und EUR 1.069 für 2012.

Die Einkommensteuergutschrift für 2012 löste am folgenden Anspruchszinsenbescheid 2012 (Gutschriftszinsen) aus:

Die Einkommensteuergutschrift für 2011 löste hingegen keinen Gutschriftszinsenbescheid aus, weil deren Festsetzung die Bagatellgrenze des § 205 Abs 2 BAO entgegenstand.

A/2. Am erließ das Finanzamt für beide Jahre gemäß § 295 Abs 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide, die anstatt einer Gutschrift eine Nachzahlung festsetzten, nämlich EUR 528 für 2011 und EUR 65 für 2012.

Am gleichen Tag ergingen folgende Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2011 und 2012:

Anspruchszinsen 2011:

Anspruchszinsen 2012:

A/3. Gegen beide Bescheide wurde am Beschwerde erhoben mit der Begründung, die Anspruchszinsenbescheide basierten auf geänderten, nicht rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden 2011 und 2012 und seien darüber hinaus falsch berechnet. Die Gutschrift der nunmehr belasteten Einkommensteuer sei erst am erfolgt. Die Berechnung der Anspruchszinsen für 2011 gehe aber fälschlicherweise vom aus und für 2012 vom . Es werde daher die ersatzlose Behebung der Anspruchszinsenbescheide beantragt.

Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom als unbegründet abgewiesen Dagegen richtet sich der Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, verbunden mit dem Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat und auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Vorlagebericht vom wurden die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

A/4. Mündliche Verhandlung

In der mündlichen Verhandlung vom brachte der steuerliche Vertreter des Bf. vor, dass eine Verzinsung der Einkommensteuernachforderung nur für den Zeitraum bis zu erfolgen habe. Mit den angefochtenen Bescheiden seien Zinsen für Zeiträume vorgeschrieben worden, in denen der Bf. über die Gutschriften noch nicht verfügte.

Der Vertreter des Finanzamtes verwies auf § 205 BAO bezüglich Anspruchszinsen 2012. Die Einkommensteuergutschrift für 2012 im April 2016 habe den Anspruchszinsenbescheid 2012 ausgelöst, worin Gutschriftszinsen ab dem Zeitraum festgesetzt wurden. Die diesbezüglichen Vorbringen des Bf. gingen ins Leere. Bezüglich des Jahres 2011 sei auszuführen, dass es aufgrund der Bagatellregelung des § 205 Abs 2 BAO zu keiner Vorschreibung von Gutschriftszinsen gekommen sei. Infolge der geänderten Einkommensteuerbescheide vom August 2016 habe aber die Zinsenberechnung ab zu erfolgen.

Der steuerliche Vertreter des Bf. verwies abschließend auf seinen Schriftsatz vom , worin er sich mit einer Aussetzung gemäß § 271 BAO bis zur Entscheidung über die Beschwerde gegen das Festsetzungsverfahren zu St.Nr. xxx einverstanden erklärte.

Der Senat hat hierüber erwogen:

B. Sachverhalt

Der vorstehend geschilderte Sachverhalt geht aus dem vom Finanzamt vorgelegten Akt hervor und ist unstrittig. Strittig ist, ob in den Zinsenbescheiden vom die Höhe der Anspruchszinsen richtig berechnet wurde.

C. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

C/1. Rechtsgrundlagen

§ 205 BAO in seinen hier wesentlichen Bestimmungen lautet:

Abs 1: Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus
a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,
b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,
c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.

Abs 2: Die Anspruchszinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.

Anspruchszinsen sind mit Abgabenbescheid (§ 198 BAO) festzusetzen. Bemessungsgrundlage ist dabei die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift.

Die parlamentarischen Materialien (RV 311 BlgNR 21. GP, 210 ff) enthalten dazu folgende Aussagen:

„Der für die Anspruchszinsen maßgebliche Differenzbetrag errechnet sich bei erstmaliger Abgabenfestsetzung aus dem Saldo zwischen der Abgabenvorschreibung (…) und der Summe der Vorauszahlungen sowie entrichteter Anzahlungen. Bei Abänderungen von Abgabenfestsetzungen (zB gemäß § 295 BAO…) ergibt sich der zinsenrelevante Differenzbetrag aus der nunmehr vorgeschriebenen Abgabe abzüglich der bisher vorgeschriebenen Abgabe….

Zinsenbescheide setzen nicht die materielle Richtigkeit des Stammabgabenbescheides(zB des Einkommensteuerbescheides) – wohl aber einen solchen Bescheid – voraus. Solche Bescheide sind daher (ebenso wie etwa Säumniszuschläge) nicht mit der Begründung anfechtbar, der Stammabgabenbescheid sei rechtswidrig. Erweist sich (zB im Berufungsverfahren) nachträglich die Rechtswidrigkeit der maßgebenden (Nachforderungszinsen bedingenden) Abgabenfestsetzung, so egalisiert der Gutschriftszinsenbescheid die Belastung mit Nachforderungszinsen…

Die Anspruchszinsen sind je ihre Festsetzung auslösenden Bescheid jeweils eine Abgabe. Ihre Höhe wird durch einen weiteren Zinsenbescheid (zB als Folge einer Änderung des Einkommensteuerveranlagungsbescheides) nicht berührt.“

C/2. Anpassung von Zinsenbescheiden an geänderte Stammabgabenbescheide

Nach Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 205 Tz 2 sowie Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 205, 557 und der überwiegenden Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates und des Bundesfinanzgerichts (etwa , ; , RV/3100189/2016; , RV/7100066/2017) löst jede bescheidmäßige Nachforderung bzw. Gutschrift der Stammabgaben (Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer) einen eigenen Anspruchszinsenbescheid aus. Es liegt danach je Differenzbetrag eine eigenständige Abgabe vor. Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (z.B. Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung).
Diese Anpassung erfolgt nach dieser Rechtsprechung nicht durch die Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides, sondern in Form eines eigenständigen, weiteren Anspruchszinsenbescheides (vgl. Ritz, BAO6, § 205 Tz 33ff mit vielen weiteren Nachweisen).

Dem widersprach unter anderem die Entscheidung und verwies darauf, das entspreche nicht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Dieser gehe für den Fall der nachträglichen Abänderung des Stammabgabenbescheides von der Anwendbarkeit des § 295 Abs. 3 BAO aus (; , 2006/15/0316). In diesem Sinne sei der auf Grund der Änderung des Stammabgabenbescheides ergangene Anspruchszinsenbescheid als ein den ursprünglichen Anspruchszinsenbescheid ersetzender und nicht als ein zu diesem hinzutretender Bescheid zu verstehen. Trotzdem sei es ausreichend, wenn von Amts wegen ein weiterer Zinsenbescheid ergeht, ohne dass eine Abänderung des ursprünglichen - wirkungslos gewordenen - Zinsenbescheides zu erfolgen habe.

Wie von Fischerlehner richtig aufgezeigt, hält sich die Verwaltungspraxis nicht an die höchstgerichtliche Interpretation des Gesetzes (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren2, § 205 Anm 2 mit weiteren Nachweisen). Auch die Literatur weist auf die widersprüchliche Rechtsprechung hin (vgl. etwa Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 205, 557 oder Tanzer/Unger, BAO5, 199).

Tatsächlich vermögen die Aussagen des VwGH Fragen aufzuwerfen. Erstmals äußerte sich das Höchstgericht zu von abgeänderten Stammabgabenbescheiden abgeleiteten Anspruchszinsenbescheiden inhaltlich im August 2008 ( ) und führte aus:

„Ändert sich die Bemessungsgrundlage von Anspruchszinsen und Verspätungszuschlägen mit der Höhe der festgesetzten Abgabe, bietet eine verfahrensrechtliche Handhabe zur Anpassung der Anspruchszinsenfestsetzung und der Verspätungszuschlagsfestsetzung § 295 Abs 3 BAO (vgl. das hg Erkenntnis vom , 2001/13/0167, zum Verspätungszuschlag).“

Mit dem von ihm zitierten Erkenntnis ( ) hatte dieses Höchstgericht 2005 über Verspätungszuschlagsbescheide abgesprochen, die aufgrund der Änderung der Stammabgabenbescheide gemäß § 295 Abs 3 BAO in abgeänderter Form erlassen worden waren. Es handelte sich damals offensichtlich nicht um neue Bescheide, die zu den ursprünglichen Verspätungszuschlagsbescheiden hinzugetreten waren, sondern um Bescheide, die diese ersetzten und abänderten.

In der Folge bezog der VwGH im Mai 2009 ein weiteres Mal Stellung und sprach wörtlich aus ( ):

„… Wird nämlich der Abgabenbescheid abgeändert, so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid gebundenen neuen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Es hat von Amts wegen ein weiterer Zinsenbescheid zu ergehen, ohne dass eine Abänderung des ursprünglichen - wirkungslos gewordenen - Zinsenbescheides zu erfolgen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0150, und Ritz, BAO3, § 205 Tz 35).

Nachdem es dieses Thema in der Entscheidung , ausgespart hatte, griff es das Höchstgericht im September 2012 ein weiteres Mal auf und sprach aus ( ):

„Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen. § 295 Abs. 3 BAO bietet dafür die verfahrensrechtliche Grundlage (vgl. das hg. Erkenntnis , 2006/15/0150).“

Dieses Erkenntnis nahm Ritz zum Anlass, seinen Kommentar zu § 205 um Tz 35a zu erweitern, ohne dies näher zu kommentieren.

Tatsächlich sprach der Verwaltungsgerichtshof aber mit diesen Erkenntnissen nie eine Aufhebung von Anspruchszinsenbescheiden aus, sondern bestätigte im Ergebnis den von Verwaltungspraxis und UFS eingeschlagenen Weg der Erlassung neuer Zinsenbescheide, anstatt die ursprünglichen Zinsenbescheide gemäß § 295 Abs 3 BAO zu ändern.

Somit kann aus der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur trotz des Hinweises auf § 295 Abs 3 BAO nicht der Schluss gezogen werden, dass der VwGH eine Beseitigung des ursprünglichen Zinsenbescheides für gesetzeskonform hält.

Der Senat folgt daher der herrschenden Auffassung und der inhaltlich einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, dass bei einem geänderten Stammabgabenbescheid keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides erfolgt, sondern ein weiterer Zinsenbescheid ergeht (etwa ). Es liegt je Differenzbetrag eine Abgabe vor (vgl. ).

C/3. Berechnung der Anspruchszinsen

Aus den Beispielen in den parlamentarischen Materialien (vgl. RV 311 BlgNR 21. GP, 210 ff bzw. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 205 Tz 2) ergibt sich, dass sich der für die Anspruchszinsen maßgebliche Differenzbetrag bei erstmaliger Abgabenfestsetzung aus dem Saldo zwischen der Abgabenvorschreibung (nach Abzug der gemäß § 46 Abs 1 Z 2 EStG 1988 anzurechnenden durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, wie z.B. Lohnsteuer) und der Summe der Vorauszahlungen sowie entrichteter Anzahlungen errechnet. Bei Abänderungen von Abgabenfestsetzungen (z.B. gemäß § 295 BAO oder als Folge einer Wiederaufnahme des Verfahrens) ergibt sich der zinsenrelevante Differenzbetrag aus der nunmehr vorgeschriebenen Abgabe abzüglich der bisher vorgeschriebenen Abgabe.

Gemäß § 205 Abs 2 BAO betragen die Anspruchszinsen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz und sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen. Anspruchszinsen, die den Betrag von EUR 50,00 nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Diese Bagatellgrenze dient primär der Verwaltungsökonomie (vgl. RV 311 BlgNR 21. GP, 210 ff). Sie kann sich zu Gunsten (bei Nachforderungszinsen) und zu Lasten des Abgabepflichtigen (bei Gutschriftszinsen) auswirken. Da sich die Bagatellgrenze auf jeden einzelnen (weiteren) Zinsenbescheid bezieht, kann sie sich auch mehrfach zu Gunsten bzw. zu Lasten des Abgabepflichtigen auswirken (siehe etwa ).

In der Regel wird durch den weiteren Zinsenbescheid erreicht, dass sich die Nachforderungs- und Gutschriftszinsen im Falle nachträglicher Bescheidänderungen ausgleichen. Der Berechnungszeitraum beginnt dabei jeweils am 1. Oktober des Jahres, das dem Entstehen des Abgabenanspruches folgt. Der Abgabepflichtige hat somit nur jene Zinsenbelastung zu tragen bzw. erhält nur jene Zinsengutschrift, die auch bei einer von Anfang an richtigen Abgabenfestsetzung angefallen wäre. Wenn allerdings eine Zinsenfestsetzung oder -gutschrift auf Grund der Bagatellregelung des § 205 Abs 2 BAO unterbleibt, kommt es nicht zu einer vollständigen Egalisierung der Zinsen (siehe ).

Auch der UFS bestätigte, dass in Fällen, in denen der Erstbescheid wegen der Bagatellgrenze zu keinen Gutschriftszinsen geführt hat, die nachfolgende BVE für den identischen Zeitraum Nachforderungszinsen auslöst. Er merkte aber auch an, dass die gesetzlichen Anordnungen zu einem Ergebnis führen, das unbefriedigend erscheinen mag ().

C/4. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall:

Anspruchszinsen auslösende Nachforderungen oder Gutschriften können sich unter anderem aus der erstmaligen Festsetzung von Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer sowie aus Änderungen solcher Festsetzungen gemäß § 295 Abs 1 BAO ergeben (Ritz, BAO5, § 205 Tz 2, 8). Anspruchszinsen gehören nach § 3 Abs 2 lit b BAO zu den Nebenansprüchen und sind zur festzusetzenden Abgabe formell akzessorisch. Zinsenbescheide setzen somit einen Stammabgabenbescheid voraus. Nicht erforderlich ist jedoch, dass dieser materiell richtig bzw. rechtskräftig ist ().

Der Zinsenbescheid ist mit Bescheidbeschwerde anfechtbar. Wegen der genannten Bindung ist er allerdings nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig ((Ritz, BAO5, § 205 Tz 34).

Fest steht somit, dass sowohl die erstmalige Festsetzung der Einkommensteuer 2011 und 2012 vom als auch die gemäß § 295 Abs 1 BAO für beide Jahre geänderten Einkommensteuerbescheide vom grundsätzlich zu zinsenrelevanten Gutschriften bzw. Nachforderungen führten. Der Beschwerdeeinwand, dass die abgeänderten Einkommensteuerbescheide nicht rechtskräftig seien und daher Anspruchszinsenbescheide nicht ergehen dürften, geht ins Leere.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des VwGH, dass jeder geänderte Stammabgabenbescheid einen weiteren Zinsenbescheid nach sich zieht und je Differenzbetrag eine Abgabe vorliegt. Weiters ergibt sich die Bemessungsgrundlage für die Zinsen (Differenzbeträge an Einkommensteuer) nach dem Wortlaut des Gesetzes aus der Gegenüberstellung des vorgeschriebenen Betrages mit dem bisher festgesetzten Betrag. Auch der Zeitraum der Zinsenberechnung wird vom Gesetz festgelegt.

Die Bemessungsgrundlage ist daher in beiden angefochtenen Zinsenbescheiden korrekt berechnet und dargestellt. Ebenso ist der Beginn der Berechnung der Zinsen dem Gesetz entsprechend richtig gewählt. Die Berechnung der Zinsen hat in jedem (auch folgenden) Zinsenbescheid mit bzw. 2013 zu beginnen.

Diese Systematik wird bei den Zinsenbescheiden 2012 deutlich sichtbar: Der erste Zinsenbescheid vom verzinste eine Gutschrift beginnend mit . Dementsprechend hat der Beginn der Festsetzung von Nachforderungszinsen im zweiten Bescheid vom ebenfalls am zu beginnen, sonst könnte ein Ausgleich zwischen Gutschriftszinsen und Nachforderungszinsen nicht erreicht werden. Aus den beiden Bescheiden (Nachforderungszinsen EUR 59,22 und Gutschriftszinsen EUR 51,61) ergibt sich eine Egalisierung der Zinsen, sodass lediglich EUR 7,61 an Zinsen zu bezahlen sind.

Für 2011 steht dem Anspruchszinsenbescheid vom wegen der Bagatellregelung des § 205 Abs 2 BAO allerdings kein Gutschriftszinsenbescheid gegenüber, sodass es tatsächlich zu einer Zinsbelastung für Zeiträume kommt, in denen die Gutschrift noch nicht festgesetzt war (siehe auch -G/11).

Eine Zinsenberechnung, wie sie der steuerliche Vertreter des Bf. vorschlägt, nämlich nur für den Zeitraum vom (Einkommensteuer-Gutschriftsbescheid) bis zum (Einkommensteuer-Nachforderungsbescheid) ist in den gesetzlichen Bestimmungen nicht gedeckt. Dem kann der Senat daher nicht folgen.

Das Bundesfinanzgericht anerkennt, dass der Nachforderungszinsenbescheid 2011 aus Sicht des Bf. zu einem unbefriedigenden Ergebnis führt, weil wegen der Bagatellregelung des § 205 Abs 2 BAO keine Egalisierung der Zinsen erfolgt. Dennoch geht der Senat davon aus, dass dieses Ergebnis den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Auch kann eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung nicht erkannt werden, weil sich die Regelung im Bagatellbereich bewegt und Auswirkungen zu Gunsten und zu Lasten des Abgabepflichtigen haben kann.

Somit hatte der Senat die Beschwerde gegen beide Anspruchszinsenbescheide als unbegründet abzuweisen.

Abschließend erfolgt zur Anregung des Bf. auf Aussetzung der Entscheidung gemäß § 271 BAO noch der Hinweis, dass die Aussetzung der Entscheidung eine Ermessensentscheidung ist und ein Antragsrecht des Beschwerdeführers nicht vorgesehen ist. Somit hat auch keine Entscheidung über diese Anregung zu erfolgen.

D. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig , wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Das Erkenntnis folgt der unter Pkt. C/2. dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die im Ergebnis einheitlich ist. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg-Aigen, am

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