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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.10.2012, RV/2764-W/10

Aus der Abgabenerklärung iVm der Zuschussvereinbarung ergibt sich keine "offensichtliche" Unrichtigkeit

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der V-GmbH, Adr, vertreten durch Steuerberater, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Bescheidberichtigung gemäß § 293b BAO (betr. Berichtigung des Gesellschaftsteuerbescheides vom ) entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Gesellschaftsteuererklärung (Kap 11) vom hat die V-GmbH (= Berufungswerberin, Bw) folgenden Rechtsvorgang dem Finanzamt angezeigt: "Direkter Gesellschafterzuschuß der V-Sarl an die V-GmbH" gemäß § 2 Z 4 KVG (freiwillige Leistung eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, die geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen), Wert der Leistung € 51.275.724. Dem beigelegt war die Zuschussvereinbarung ("Contribution Agreement") in englischer Sprache, abgeschlossen und unterfertigt am zwischen der V-Sarl und der Bw, woraus hervorkommt: Die V-Sarl mit dem Sitz in Schweiz hält 100 % am Stammkapital der Bw (Punkt 1.) und leistet an die Bw einen nicht rückzuzahlenden Zuschuss in Höhe von € 51.275.724 (Punkt 2.). Die Leistung erfolgt auf das inländische Konto der Bw bei der X-Bank bis längstens (Punkt 3.).

Das Finanzamt hat daraufhin der Bw mit Bescheid vom , StrNr, betr. diese freiwillige Leistung (direkter Gesellschafterzuschuss) gemäß § 2 Z 4 Kapitalverkehrsteuergesetz vom (KVG), DRGBl 1, S 1058, idgF, die 1%ige Gesellschaftsteuer im Betrag von € 512.757,24 vorgeschrieben. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schreiben vom wurde die Berichtigung des Gesellschaftsteuerbescheides vom gemäß § 293b BAO beantragt und ausgeführt: Im Zuge der Überprüfung der Belegsammlung 2008 sei nunmehr festgestellt worden, dass der Gesellschafterzuschuss nicht vom Gesellschafter sondern von der Großmuttergesellschaft geleistet worden sei, weshalb kein direkter Gesellschafterzuschuss vorliege. Dazu wurde ein Überweisungsbeleg der X-Bank vorgelegt, wonach die V-INC mit Sitz in GB zum den Betrag von € 51.275.724 an die Bw überwiesen hat.

Das Finanzamt hat den Antrag auf Bescheidberichtigung gem. § 293b BAO mit Bescheid vom abgewiesen und in der gesonderten Begründung unter Verweis auf bezughabende Judikatur ausgeführt: Der Abgabenerklärung samt beigelegtem Contribution Agreement sei zu entnehmen, dass ein direkter Gesellschafterzuschuss vorliege. Die vorgebrachte Unrichtigkeit hätte nur nach umfangreichen Ermittlungen erkannt werden können, weshalb keine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b BAO gegeben sei. Im Übrigen werde angemerkt, dass die 100 % Gesellschafterin V-Sarl die Leistungsverpflichtung eingegangen sei und es sich auch dann um deren Gesellschafterleistung handle, wenn die Leistung von einem anderen erbracht werde.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde das Berufungsvorbringen wiederholt und noch ergänzt: Da seitens der Muttergesellschaft keine Zahlung geleistet worden wäre, sei gemäß § 4 Abs. 1 BAO der Tatbestand mangels Leistung nicht verwirklicht und damit die Steuerschuld nicht entstanden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 293b der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 1961/194, idgF, kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78 BAO) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

§ 293b BAO gestattet die Berichtigung des Bescheides, wenn dieser qualifiziert rechtswidrig ist. Die Rechtswidrigkeit muss ihre Ursache in der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung haben, die die Grundlage des Bescheides gebildet hat. Eine Unrichtigkeit ist offenkundig, wenn sie ohne nähere Untersuchung im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist, dh. wenn die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit sogleich hätte erkennen müssen (vgl. ua.). Eine offensichtliche Unrichtigkeit liegt vor, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen (vgl. ua.). Ist die Unrichtigkeit erst nach Durchführung eines diesbezüglichen (über die Bedachtnahme auf die Aktenlage hinausreichenden) Ermittlungsverfahrens erkennbar, so ist sie nicht gemäß § 293b beseitigbar ( ua.; siehe zu vor: Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, 4. Auflage, Tzn. 5-6 zu § 293b BAO mit weiterer VwGH-Rechtsprechung).

Was sohin allein die formellen Voraussetzungen für die Erlassung des Berichtigungsbescheides nach § 293b BAO anlangt, ist entscheidend, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zugrunde liegt. Dies ist - nur - dann zu bejahen, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen.

Im Gegenstandsfall ergibt sich bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung anhand des Inhaltes der beigeschlossenen Zuschussvereinbarung ("Contribution Agreement") keinerlei offensichtliche Unrichtigkeit, wenn nämlich aus beiden Schriftstücken übereinstimmend nichts anderes hervorgeht, als die freiwillige Leistung eines Zuschusses durch die Gesellschafterin V-Sarl an die Bw in Höhe von € 51.275.724. Aufgrund des diesbezüglich eindeutigen Inhaltes der Zuschussvereinbarung in völliger Übereinstimmung mit den eigenen Angaben in der Abgabenerklärung lag für die Abgabenbehörde auch keinerlei Anhaltspunkt etwa in die Richtung vor, dass jemand anderer als die sich zur Leistung verpflichtende Gesellschafterin den Zuschuss erbringen würde. Laut Berufungsvorbringen hat erstmals eine im Jahr 2010 durchgeführte nähere Überprüfung der Belegsammlung 2008 hervorgebracht, dass die tatsächliche Zahlung nicht seitens der Gesellschafterin V-Sarl sondern durch die V-INC erfolgte, was gleichzeitig bedeutet, dass auch die Abgabenbehörde ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren hätte durchführen müssen, um eine allfällige Unrichtigkeit in der Abgabenerklärung zu erkennen, wozu allerdings anhand der zweifelsfreien Unterlagen/Aktenlage überhaupt keine Veranlassung bestanden hat. Ist aber eine allfällige Unrichtigkeit erst nach Durchführung eines über die Aktenlage hinausreichenden Ermittlungsverfahrens erkennbar, so kann sie nach Obigem nicht gemäß § 293b BAO beseitigt werden.

Nachdem sohin keine offensichtliche Unrichtigkeit aus der Abgabenerklärung vom Finanzamt übernommen wurde, sind die formellen Tatbestandsvorausetzungen nach § 293b BAO nicht erfüllt. Der Antrag auf Berichtigung war daher bereits aus diesem Grunde zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen worden.

Abgesehen davon bleibt festzuhalten, dass sich - wie vom Finanzamt zutreffend erkannt - durch die Zahlung des Zuschusses an die Bw durch die Großmuttergesellschaft für die Muttergesellschaft an deren Qualifikation als Leistungsverpflichtete aus dem Vertrag nichts ändert, insoferne auch materiell-rechtlich nicht von einer Unrichtigkeit in der Abgabenerklärung bzw. in der Folge nicht von der Rechtswidrigkeit des darauf gestützten Gesellschaftsteuerbescheides vom auszugehen sein wird.

Der gegen den Abweisungsbescheid erhobenen Berufung kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu und war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Berichtigung
offensichtliche Unrichtigkeit
Abgabenerklärung
Ermittlungsverfahren
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at