Einleitung eines Finanzstrafverfahrens
Rechtssätze
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FSRV/0007-K/07-RS1 | Ein Verdacht kann immer nur aufgrund der Schlussfolgerung aus Tatsachen erfolgen. Ein erfahrener Geschäftsführer, der im Jahr 2005 unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen einreicht und zu niedrige Umsatzsteuerzahllasten ausweist, sodass eine Umsatzsteuerverkürzung im Ausmaß von mehr als einem Drittel der Jahresumsatzsteuer eintritt, kann als Täter des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit.a FinStrG in Betracht kommen. |
Entscheidungstext
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt K. als Finanzstrafbehörde erster Instanz das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der begründete Verdacht besteht, er habe im Jahr 2005 durch Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen und unrichtig entrichteter Umsatzsteuervorauszahlungen eine Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen iHv. € 13.810,24 bewirkt. In subjektiver Hinsicht begründete das Finanzamt den Bescheid damit, dass der Beschwerdeführer als Unternehmer darüber Bescheid wisse, dass Umsatzsteuervorauszahlungen termingerecht zu entrichten sind.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigtenvom , in welcher schriftlich wie folgt vorgebracht wurde:
"Ich habe die mir vorgeworfene strafbare Handlung nicht begangen."
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 leg.cit. zukommenden Verständigungen und Mitteilungen daraufhin zu prüfen, ob genügend Verdachtsmomente für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt die Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz, nach der Anordnung des Abs. 3, erster Satz, der zuletzt zitierten Gesetzesstelle, das Strafverfahren einzuleiten (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 14. Feber 1991, Zl. 90/16/0210).
Die Einleitungsverfügung stellt einen Bescheid dar; es gelten für Inhalt und Form die Vorschriften der Bundesabgabenordnung (BAO). Im Spruch der Einleitungsverfügung muss das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, welches als Finanzstrafvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen umschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. Die einer Finanzstrafbehörde I. Instanz über begangene Finanzvergehen zukommenden Anzeigen und Mitteilungen sind gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG dahingehend zu prüfen, ob die darin enthaltenen Verdachtsmomente für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ausreichen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinen Erkenntnissen vom 16. Feber 1994, Zl. 93/13/0256, vom , Zl. 93/16/0118, vom , Zl. 90/14/0046, vom 14. Feber 1992, Zl. 90/16/0210, u.a., mit der Rechtsnatur der Einleitungsverfügung eingehend auseinandergesetzt und in den Entscheidungsgründen dargelegt, dass durch die im § 83 Abs. 2 FinStrG vorgesehene Bekanntgabe der in Betracht kommenden Strafbestimmung im Speziellen dem Beschuldigten die Verantwortung vor der Finanzstrafbehörde erleichtert und ihm ermöglicht werden soll, auch Einwände gegen das Vorliegen der einzelnen Elemente des in Betracht kommenden Tatbestandes vorzubereiten. Unter der Einleitung des Finanzstrafverfahrens ist daher die Einleitung des Untersuchungsverfahrens zu verstehen, an dessen Ende entweder ein Schuldspruch (Erkenntnis, Strafverfügung, Verwarnung) oder eine Einstellung zu stehen hat.
Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens ist keine abschließende Beurteilung des zur Last gelegten Verhaltens, sondern "Vorverfahren des Untersuchungsverfahrens".
Bei der Prüfung, ob genügend Verdachtsgründe im Sinn des § 82 Abs. 1 FinStrG vorliegen, geht es nicht darum, schon die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorweg zu nehmen, sondern lediglich darum, ob die der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten Vorerhebungen für einen Verdacht ausreichen Zl. 2004/14/0132, ). Ob der Bf. das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, bleibt jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens gemäß §§ 114 ff FinStrG vorbehalten (vgl. die Erkenntnisse des Zlen 93/14/0020, 0060,0061, und die dort zitierten Vorerkenntnisse).
Ein Verdacht kann immer nur aufgrund der Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. die Erkenntnisse des Zl. 89/16/0183; , Zl. 90/16/0210; , 2007/16/0074, , 2002/15/0036).
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht bloß für möglich sondern für gewiss hält.
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) war in der Zeit vom bis 13. Feber 2007 Geschäftsführer der Fa. L.1. GMBH und vertrat diese Gesellschaft selbständig. Der Bf. hat die Jahresumsatzsteuererklärung des Jahres 2005 am eingereicht und weist diese eine Umsatzsteuernachforderung iHv. € 13.810,24 aus. Die gesamte Umsatzsteuer des Jahres 2004 beträgt € 49.373,10. In objektiver Hinsicht ist aufgrund der vorliegenden Aktenlage der Verdacht, der Bf. komme als Täter des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung in Betracht ausreichend begründet, weil die Gesellschaft im Jahr 2005 Umsatzsteuervorauszahlungen in zu geringer Höhe entrichtet hat und der Bf. als deren Geschäftsführer für die Entrichtung verantwortlich war. Er hat für die Gesellschaft tatsächlich weder richtige Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch die entsprechenden Zahllasten in richtiger Höhe entrichtet.
Voraussetzung der Strafbarkeit nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist die Vorsatzform der Wissentlichkeit für die Bewirkung der Verkürzung. Im vorliegenden Sachverhalt steht fest, dass der Bf. als verantwortlicher Geschäftsführer der Gesellschaft Umsatzsteuern nicht vollständig ermittelt und abgeführt hat. Voranmeldungen wurden für die jeweiligen Zeiträume nicht eingereicht und vollständige Zahlungen nicht geleistet. Der Bf. arbeitet seit 1998 als Geschäftsführer und war selbständig vertretungsbefugt.
Es ist daher in subjektiver Hinsicht davon auszugehen, dass der Bf. aufgrund seines Wissenstandes und seiner Erfahrung als Geschäftsführer und Unternehmer genau darüber Bescheid weiß, dass Umsatzsteuervorauszahlungen monatlich in der entsprechenden Höhe zu ermitteln und zu entrichten sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bf. unterjährig die Umsatzsteuervorauszahlungen um mehr als einem Drittel verkürzt entrichtet hat.
Aus der Höhe der nicht entrichteten Umsatzsteuerzahllast leitet sich der Verdacht ab, dass es ihm als ordentlichem Unternehmer aufgefallen sein muss, dass er für die Gesellschaft Vorauszahlungen in zu geringer Höhe entrichtet. Daraus leitet sich auch der Verdacht ab, er habe die Umsatzsteuerzahllasten absichtlich verkürzt entrichtet. Das Beschwerdevorbringen, er habe die strafbaren Handlungen nicht begangen, stellt eine Beschuldigtenrechtfertigung dar. Die Frage, ob begründete Verdachtsmomente vorliegen, die die Einleitung des Strafverfahrens rechtfertigen, ist daher nach Ansicht des Referenten beim UFS zu bejahen.
Zum Tatbild der Steuerhinterziehung gehört nämlich keineswegs die endgültige Verkürzung von Abgaben; es genügt auch die vorübergehende Erlangung eines Steuervorteiles. Verkürzt wird eine Steuereinnahme auch dann, wenn sie, ganz oder teilweise, dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er nach dem betreffenden Steuergesetz Anspruch darauf gehabt hat. Gerade beim Tatbestand nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stellt die bloß vorübergehende Erlangung eines Steuervorteiles den Regelfall dar.
Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Verdächtige dieses Vergehen tatsächlich begangen hat, bleibt dem Ergebnis des nachfolgenden Untersuchungsverfahrens gemäß §§ 114 ff FinStrG vorbehalten (vgl. die Erkenntnisse des Zlen 93/14/0020, 0060,0061; vom , Zl. 92/15/0140; vom , Zl. /13/0275; vom , 2007/16/0074). Gerade das anschließende Untersuchungsverfahren dient dem Zweck, das Vorbringen des Bf. zu überprüfen.
Die Verdachtsmomente wurden durch das Beschwerdevorbringen nicht beseitigt und stellen sich inhaltlich als eine Beschuldigtenrechtfertigung dar, die im Untersuchungsverfahren bei der Finanzstrafbehörde I. Instanz zu überprüfen und würdigen sein wird.
Da die der Finanzstrafbehörde I. Instanz zugekommenen Mitteilungen, unter Berück-sichtigung der von ihr durchgeführten für den Verdacht ausreichen, der Bf. könne das ihm zur Last gelegte Tat begangen haben, war gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG dem Bf. bescheidmäßig zur Kenntnis zu bringen, dass ein Tatverdacht gegen ihn vorliege.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Klagenfurt, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 83 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Einleitung Finanzstrafverfahren |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
VAAAC-86283