Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 10.11.2011, RV/1294-L/11

Keine Aussetzung der Einhebung wegen anhängiger VwGH-Beschwerde

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom über die Zurückweisung eines Aussetzungsantrages gemäß § 212a BAO entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Am erging aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Linz zu St.Nr. 000/0000 (Fa. XY GmbH und Mitges.) an den Berufungswerber ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter Einkommensteuerbescheid 2004, aus dem sich eine Abgabennachforderung in Höhe von 8.469,09 € ergab. Mit weiterem Bescheid vom wurden Anspruchszinsen festgesetzt.

Aufgrund einer Berufung der Gesellschaft gegen den Grundlagenbescheid bewilligte das Finanzamt die Aussetzung der Einhebung der abgeleiteten Einkommensteuernachforderung für das Jahr 2004 und der Anspruchszinsen.

Mit Berufungsentscheidung vom , RV/1341-L/10, wurde die Berufung der Gesellschaft im Feststellungsverfahren abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wurde Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.

Das Finanzamt verfügte aufgrund dieser Berufungsentscheidung mit Bescheid vom gegenüber dem Berufungswerber den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der oben angeführten Abgaben.

Mit Beschluss vom , B 628/11-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, bei dem sie zur Zl. 2011/15/0125 anhängig ist.

Der Berufungswerber brachte daraufhin folgende, mit datiert Eingabe beim Finanzamt ein:

"Erneute Aussetzung der Einhebung des Einkommensteuerbescheides 2004

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit erhebe ich gegen den Bescheid vom über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung das Rechtsmittel der Berufung innerhalb offener Frist.

Begründung:

Das Unternehmen hat gegen die Entscheidung des unabhängigen Finanzsenats das Rechtsmittel der Verfassungsbeschwerde eingebracht. Daher stelle ich den Antrag bis zur Entscheidung im laufenden Verfahren eine erneute Aussetzung der Einhebung zu gewähren.

Zudem teile ich Ihnen mit, dass ich bis Ende Mai 2011 arbeitslos bzw. Notstandshilfebezieher war und erst mit wieder mit einem Nettoeinkommen EUR 1.000,- beschäftigt bin. Die Zahlung von EUR 10.172,14 ist mir daher nicht möglich.

Ich bitte Sie, wegen o.a. angeführter Gründe dem Ansuchen stattzugeben."

Das Finanzamt wies diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab, da gemäß § 212a Abs. 5 BAO der Ablauf der Aussetzung anlässlich einer über die Berufung ergehenden Berufungsvorentscheidung, Berufungsentscheidung, oder anderer das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen sei. Die der Aussetzung zugrunde liegende Berufung sei mit der bereits erwähnten Berufungsentscheidung vom erledigt worden. Es bestehe keine gesetzliche Grundlage dafür, die Aussetzung der Einhebung wegen einer Bescheidbeschwerde über den Zeitpunkt der Erlassung der das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung hinaus auszudehnen.

Darüber hinaus wies das Finanzamt mit Bescheid vom den "Antrag vom um Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a der Bundesabgabenordnung zurück", da kein offenes Berufungsverfahren mehr vorliege. Ergänzend wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, im Verfahren vor den Höchstgerichte Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu stellen.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben und darin neuerlich auf die von der Gesellschaft eingebrachte VfGH-Beschwerde hingewiesen. Aufgrund der Faktenlage sei mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dieser Beschwerde stattgegeben werde. Es werde daher nochmals um neuerliche Überprüfung und Genehmigung seines Aussetzungsansuchens ersucht. Gleichzeitig wurde in dieser Eingabe (mit näherer Begründung) um Gewährung einer Zahlungserleichterung ersucht.

Diesem Zahlungserleichterungsansuchen wurde mit Bescheid vom stattgegeben.

In einer Berufungsergänzung vom teilte der Berufungswerber mit, dass im Zuge der oben erwähnten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt worden sei. Wie bereits erwähnt, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Den auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gestellten Anträgen auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Beschluss vom , AW 2011/15/0027, nicht stattgegeben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 1 erster Satz BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Die Aussetzung der Einhebung setzt einen diesbezüglichen Antrag voraus (Ritz, BAO4, § 212a Tz 2; ). Die Erlassung eines antragsgebundenen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines entsprechenden Antrages verletzt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, Rz 1520 mit Judikaturnachweisen).

Im gegenständlichen Fall wurde in der Berufung vom der Antrag gestellt, bis zur Entscheidung im laufenden (höchstgerichtlichen) Verfahren eine erneute Aussetzung der Einhebung zu gewähren. Mit diesem Antrag wurde dem Inhaltserfordernis einer Berufung im Sinne des § 250 Abs. 1 lit. c BAO (Erklärung, welche Änderungen beantragt werden) entsprochen. Über diesen Berufungsantrag wurde mit der in Rechtskraft erwachsenen Berufungsvorentscheidung vom abgesprochen. Dieser Antrag kann aber nicht gleichzeitig darüber hinaus als zusätzlicher oder eigenständiger Antrag im Sinne des § 212a Abs. 1 BAO gewertet werden, über den mit einem weiteren Bescheid (neben der bereits bescheidmäßig erlassenen Berufungsvorentscheidung) abzusprechen wäre.

Da somit kein weiterer eigenständiger Aussetzungsantrag vorlag, über den bescheidmäßig abzusprechen gewesen wäre, verletzt der angefochtene Zurückweisungsbescheid vom den Berufungswerber im Recht auf den gesetzlichen Richter, und war daher ersatzlos aufzuheben.

Zur Vermeidung von Missverständnissen wird zu der in Rechtskraft erwachsenen Berufungsvorentscheidung vom bemerkt, dass nach § 212a Abs. 5 dritter Satz BAO der Ablauf der Aussetzung anlässlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden Berufungsvorentscheidung, Berufungsentscheidung oder anderen, das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen ist. Aufgrund der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom im Feststellungsverfahren war daher zwingend der Ablauf der Aussetzung der Einhebung zu verfügen. Einer neuerlichen (weiteren) Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung stand die Bestimmung des § 212a Abs. 3 erster Satz BAO entgegen, wonach Aussetzungsanträge nur bis zur Entscheidung über die Berufung gestellt werden können. Es besteht keine gesetzliche Grundlage dafür, die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO wegen der Erhebung einer Bescheidbeschwerde vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts über den Zeitpunkt der Erlassung der das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung hinaus auszudehnen (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise , , , ; ; ). Die Aussetzung der Einhebung dient dem Ziel der faktischen Effizienz von Berufungen, nicht von Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts. Der faktischen Effizienz derartiger Beschwerden dienen die §§ 30 VwGG und 85 VfGG, wonach die Gerichtshöfe den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuerkennen können. Im gegenständlichen Fall kommt daher allein aufgrund der derzeit beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerde keine weitere Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO in Betracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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