Erster Erwerb von Gesellschaftsrechten bei formwechselnder Umwandlung einer Körperschaft öffentlichen Rechts in eine inländische Kapitalgesellschaft
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1798-W/05-RS1 | Bei einer formwechselnden Umwandlung von einer Körperschaft öffentlichen Rechts in eine durch die Umwandlung neu entstandene inländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung werden erstmals Gesellschaftsrechte (im Sinne des KVG) an einer neu entstandenen Kapitalgesellschaft erworben, womit ein Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber vorliegt. Dieser Fall ist insoweit nicht mit einer formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Rechtsform zu vergleichen, als eine solche Umwandlung nicht zu einem ersten Erwerb von Gesellschaftsrechten führt. |
RV/1798-W/05-RS2 | Bei einer formwechselnden Umwandlung einer Körperschaft - ohne Vermögensübertragung - in eine inländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche zu einem ersten Erwerb von Gesellschaftsrechten führt, wird keine Gegenleistung bewirkt, womit die Gesellschaftsteuer nach § 7 Abs. 1 Z 1 lit b KVG vom Wert der Gesellschaftsrechte zu berechnen ist. Der Wert der Gesellschaftsrechte ist vorbehaltlich des Mindeswertes nach § 7 Abs 2 KVG nach Maßgabe der Bestimmungen des ersten Teiles des Bewertungsgesetzes, im gegeben Fall im Besonderen des § 13 Abs. 2 BewG, zu ermitteln. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch NÖWP Niederösterreichische Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. Nachf. KEG, 2344 Maria Enzersdorf, Riemerschmiedgasse 9, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr., betreffend Gesellschaftsteuer, Festsetzung gemäß § 201 BAO, entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 289 Abs. 2 BAO abgeändert wie folgt: Die Gesellschaftsteuer für den ersten Erwerb von Gesellschaftsrechten gemäß § 2 Z 1 KVG wird festgesetzt mit €................. (Gemäß § 8 KVG 1% vom Wert der Gesellschaftsrechte gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 lit b KVG iV mit Abs. 2 leg.cit. in Höhe von €.........................).
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen
Entscheidungsgründe
Lt. der "Erklärung über die Errichtung einer Gesellschaft" anlässlich der "Versammlung zum Zwecke der Umwandlung der NÖ Umweltschutzanstalt in eine Kapitalgesellschaft" vom wurde die nach dem NÖ Umweltschutzgesetz 1984 eingerichtete Körperschaft öffentlichen Rechts "NÖ Umweltschutzanstalt" gemäß den Bestimmungen des Bundesgesetzes über Maßnahmen anlässlich der Umwandlung der NÖ Umweltschutzanstalt, BGBl I 90/2001 sowie des NÖ Umweltschutzgesetzes in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, nämlich die Berufungswerberin umgewandelt.
Lt. § 3 Absatz 2 der Errichtungserklärung ist die Gesellschaft in Weiterführung des Betriebsumfanges der bisherigen NÖ Umweltschutzanstalt zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes notwendig oder nützlich erscheinen.
Lt. § 4 der Errichtungserklärung beträgt das Stammkapital € 5.000.000,00. Die gesamte Stammeinlage wird vom Land Niederösterreich übernommen und das Stammkapital durch Einlage des Betriebes der NÖ Umweltschutzanstalt geleistet.
Die Eintragung der Bw. ins Firmenbuch mit Sitz in Maria Enzersdorf und einer voll geleisteten Stammeinlage von € 5.000.000,00 erfolgte mit zur FN.
Die Gesellschaftsteuer wurde vom Bevollmächtigten der Bw. mit ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € mit €.. selbst berechnet.
Anlässlich einer im Jahr 2005 bei der Bw. stattgefunden Außenprüfung stellte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (FAG) den Wert der Gesellschaftsrechte der neu gegründeten Bw. mit der Differenz der Teilwerte der Aktiva abzüglich der Teilwerte der Passiva des Vermögens der NÖ Umweltschutzanstalt fest und führte dazu im Prüfungsbericht aus, dass keine Gegenleistung im Sinne des KVG vorliege, und die Gesellschaftsteuer vom Wert der Gesellschaftsrechte zu bemessen sei.
Unter Bezugnahme auf das Prüfungsergebnis setzte das FAG für die Umwandlung der NÖ Umweltschutzanstalt gegenüber der Bw. mit dem nunmehr angefochtenen Gesellschaftsteuerbescheid gemäß § 201 BAO Gesellschaftsteuer ausgehend von einer dem Wert der festgestellten Gesellschaftsrechte entsprechenden Gegenleistung in Höhe von €x gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 lit. a KVG iV mit § 2 Z 1 KVG in Höhe von €x. fest.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wendete die Bw. ein, dass eine formwechselnde Umwandlung vorliege, die zu keiner Gesellschaftsteuerpflicht führe.
Die Berufung wurde vom FAG mit der Begründung abgewiesen, dass durch die Neugründung der Bw. erstmals Gesellschaftsrechte an einer inländischen Kapitalgesellschaft erworben worden seien, womit ein in § 2 Z 1 KVG angeführter Ersterwerb vorliege. Eine Befreiung von der Gesellschaftsteuer sei lediglich nach § 6 KVG dann möglich, wenn der Erwerb von Gesellschaftsrechten auf der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Rechtsform beruhen würde. Die Umwandlung einer Körperschaft öffentlichen Rechts in eine Kapitalgesellschaft falle aber nicht darunter.
In dem dagegen eingebrachten Vorlageantrag erklärte die Bw., dass es richtig sei, dass im vorliegenden Fall in Form der NÖ Umweltschutzanstalt keine Kapitalgesellschaft vorgelegen sei. Untersuche man den Steuergegenstand des KVG, so sehe man aber, dass es sich dabei ausschließlich um die Kapitalzufuhr anlässlich der Errichtung einer Kapitalgesellschaft durch Übertragung von Eigenkapital vom (zukünftigen) Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft handle. Der vorliegende Rechtsformwechsel von der Körperschaft öffentlichen Rechts auf die Gesellschaft m.b.H. sei einer Umwandlung von einer Kapitalgesellschaft auf eine andere Kapitalgesellschaft gleichzusetzen.
Auf Grund eines Auftrages gemäß § 279 Abs. 2 BAO ermittelte das FAG den gemeinen Wert der Bw. anlässlich deren Neugründung nach dem Wiener Verfahren mit €.... Die Bw. stimmte diesem Wert zu.
Über die Berufung wurde erwogen:
Fest steht, dass es sich bei der Bw. um eine inländische Kapitalgesellschaft handelt, die auf Grund der oa. Errichtungserklärung gemäß den Bestimmungen des Bundesgesetzes über Maßnahmen anlässlich der Umwandlung der NÖ Umweltschutzanstalt, BGBl I 90/2001 sowie des NÖ Umweltschutzgesetzes mit Eintragung ins Firmenbuch zur Zahl FN am aus der NÖ Umweltschutzanstalt, einer Körperschaft öffentlichen Rechts, durch Umwandlung hervorgegangen ist. Die vom Land Niederösterreich übernommene Stammeinlage in Höhe von € 5.000.000,00 wurde auf Grund der Umwandlung zur Gänze geleistet. Der nach Maßgabe der Bestimmungen des § 13 Abs. 2 BewG ermittelte gemeine Wert der Gesellschaftsrechte an der Bw. beträgt anlässlich der Neugründung unbestritten €....
Bei der gegenständlichen Umwandlung handelt es sich um eine formwechselnde Umwandlung. Eine Vermögensübertragung fand nicht statt (siehe ).
Auf Grund des § 2 Z 1 KVG unterliegt der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber der Gesellschaftsteuer.
Gemäß § 7 Abs. 1 lit b KVG wird die Gesellschaftsteuer beim Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 2 Z 1) vom Wert der Gesellschaftsrechte berechnet, wenn keine Gegenleistung zu bewirken ist. Nach Abs. 2 leg.cit. ist als Wert der Gesellschaftsrechte mindestens der Nennwert abzüglich der darauf ausstehenden Einlagen anzusetzen.
Im gegebenen Fall erfolgte die Umwandlung der Bw. von einer Körperschaft öffentlichen Rechts in eine inländische Kapitalgesellschaft. Auch wenn es sich dabei um eine formwechselnde Umwandlung handelt, ist damit eine inländische Kapitalgesellschaft entstanden und es sind erstmals Gesellschaftsrechte (im Sinne des KVG) an der Bw. erworben worden, womit ein Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber vorliegt. Der gegenständliche Fall ist insoweit nicht mit einer formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft anderer Rechtsform zu vergleichen, als eine solche Umwandlung nicht zu einem ersten Erwerb von Gesellschaftsrechten führt.
Mit Eintragung ins Firmenbuch ist die Gesellschaftsteuerschuld entstanden.
Da eine Gegenleistung nicht bewirkt wurde, ist auf Grund des § 7 Abs. 1 lit b KVG die Gesellschaftsteuer vom Wert der Gesellschaftsrechte zu berechnen.
Gemäß § 1 Abs. 1 BewG 1955 gelten die Bestimmungen des ersten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 2 bis 17), soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben, also auch für die Gesellschaftsteuer.
Nach § 13 Abs. 2 BewG ist für Aktien, für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und für Genussscheine, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (§ 10) maßgebend. Lässt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen.
Bei der Bw. handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Wert der Gesellschaftsrechte an der Bw. ist daher grundsätzlich der gemeine Wert der Geschäftsanteile nach § 13 Abs. 2 BewG.
................... ............ ........
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 Z 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 7 Abs. 1 Z 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 |
Zitiert/besprochen in | AFS 2010, 152 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at