Die Vorschreibung von Anspruchszinsen ist verschuldensunabhängig
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0490-L/05-RS1 | Auch dann wenn dem maßgeblichen Sachbescheid eine rechtswidrige Wiederaufnahme zugrunde liegt. |
Folgerechtssätze | |
RV/0490-L/05-RS1 | wie RV/0344-S/03-RS1 Die Vorschreibung von Anspruchszinsen (§ 205 BAO) ist unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Abgabepflichtigen oder der Abgabenbehörde. Da es nicht entscheidungsrelevant ist, warum der Bescheid erst nach dem 30. September erlassen wurde, ist nicht zu prüfen, ob einer der beteiligten Parteien Fehler unterlaufen sind. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch FA, vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2001 entschieden:
Die Berufung gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2001 wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2001 vom setzte das zuständige Finanzamt Anspruchszinsen in Höhe von 1.084,00 ATS (78,78 €) fest.
In diesem Bescheid wurde darauf hingewiesen, dass die Einkommensteuer für 2001 am mit einem Betrag von - 316,00 ATS (- 22,96 €) festgesetzt wurde. Nach Gegenüberstellung mit dem bisher vorgeschriebenen Betrag würde sich dadurch eine Nachorderung (Differenzbetrag) von 13.101,00 ATS (952,09 €) ergeben. Dieser Differenzbetrag sei gemäß § 205 BAO verzinst worden (von bis mit den entsprechenden Tageszinssätzen).
Mit Eingabe vom wurde gegen diesen Bescheid eine Berufung eingebracht (in der gleichen Eingabe wurde auch gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 und den Bescheid betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens Berufung erhoben). Diese Berufungspunkte wurden bereits mit Berufungsentscheidung vom (RV/0420-L/05) erledigt, sodass nunmehr lediglich über die Berufung gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen abzusprechen ist.
In der Berufungsschrift wird angeführt, dass der Bescheid seinem gesamten Inhalt nach angefochten werde. Es werde mangelhafte Tatsachenfeststellung und Gesetzwidrigkeit sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Der Bescheid würde keine Begründung aufweisen, ebenso sei diesem die bezogene Gesetzesstelle nicht zu entnehmen. Es würde nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, dass eine Verzinsung eintritt, wenn man davon ausgehe, dass dieser rechtswirksame Bescheid nachträglich ausschließlich über die amtswegige Tätigkeit der Behörde abgeändert werde. Durch diese Vorgangsweise würde es der Behörde freigestellt werden, unrichtige Bescheide zu erlassen, diese Jahre später im Wege des § 303 Abs. 4 BAO zu sanieren und für die Sanierung der eigenen Fehler noch Zinsen zu verlangen. Dies würde zur Willkürlichkeit führen und sei verfassungswidrig, ebenso wie damit die Vorhersehbarkeit behördlicher Entscheidungen in Frage gestellt werde. Darüber hinaus sei dieser Bescheid auch deshalb unrichtig, da er nicht berücksichtigt, dass erst durch die Berechnung im Bescheid vom ein Guthaben sich ergeben hätte, welches am rückbezahlt worden sei. Es könne daher schon aus diesem Grund eine Verzinsung vor diesem Zeitpunkt nicht statthaben, da kein Rückstand bestanden hätte. Dies könne auch nicht durch eine rechtswidrige Wiederaufnahme konstruiert werden. Es sei daher sowohl Grund als auch Höhe der Berechnung unrichtig, da der tatsächliche Zahlungsfluss nicht berücksichtigt worden sei.
Mit Datum wurde gegenständliche Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus den Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruches folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen.
Gemäß § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz und sind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monaten festzusetzen. Anspruchszinsen die den Betrag von 50,00 € nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Gemäß § 205 Abs. 3 BAO kann der Abgabepflichtige, auch wiederholt, auf Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben. Anzahlungen sowie Mehrbeträge zu bisher bekannt gegebenen Anzahlungen gelten für die Verrechnung nach § 214 am Tag der jeweiligen Bekanntgabe als fällig. Wird eine Anzahlung in gegenüber der bisher bekannt gegebenen Anzahlung verminderter Höhe bekannt gegeben, so wirkt die hieraus entstehende, auf die bisherige Anzahlung zu verrechnende Gutschrift auf den Tag der Bekanntgabe der verminderten Anzahlung zurück. Entrichtete Anzahlungen sind auf die Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerschuld höchstens im Ausmaß der Nachforderung zu verrechnen. Soweit keine solche Verrechnung zu erfolgen hat, sind Anzahlungen gutzuschreiben; die Gutschrift wird mit Bekanntgabe des im Abs. 1 genannten Bescheides wirksam. Mit Ablauf des Zeitraumes des Abs. 2 dritter Satz sind noch nicht verrechnete und nicht bereits gutgeschriebene Anzahlungen gutzuschreiben.
Dem angefochtenen Anspruchszinsenbescheid liegt die im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vom festgesetzte Abgabennachforderung von 13.101,00 ATS (952,09 €) zugrunde. Dieser Bescheid beruht auf einer Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO. Der Bw. bekämpft den Bescheid über die Anspruchszinsen 2001 im Zusammenhang mit dem Einkommensteuerbescheid 2001 und Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens 2001.
Dem Berufungseinwand, dass gegenständlicher Bescheid keine Begründung aufweise und auch die bezogene Gesetzesstelle nicht genannt sei, wird hier widersprochen.
Im Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2001 vom ist eindeutig zu entnehmen, dass die Berechnung an den Einkommensteuerbescheid für 2001 vom anknüpfe. Auch die Berechungsgrundlagen sowie die entsprechende Gesetzesstelle (§ 205 BAO) sind diesem Bescheid zu entnehmen. Die Berechnung erfolgte sowohl in Euro als auch in Schilling. Dem Bescheid ist auch eine Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen.
Den diesbezüglichen Berufungseinwendungen kann also hier nicht gefolgt werden.
Der Zinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung führenden Bescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden.
Die Vorschreibung von Anspruchszinsen steht nicht im Ermessen der Abgabenbehörde, weshalb es auch nicht zulässig ist, dabei die Gründe für den Zeitpunkt der Erlassung bzw. der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides zu berücksichtigen. Es ist nicht relevant, warum dieser Bescheid erst nach dem 30. September erlassen wurde. In der Folge war deshalb auch nicht zu prüfen, ob dabei einer der beteiligten Parteien Fehler unterlaufen sind.
§ 205 BAO sieht keine Regelung vor, dass im Falle der nachträglichen Abänderung einer Einkommensteuernachforderung, die die Festsetzung von Nachforderungszinsen ausgelöst hat, diese Zinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages neu zu berechnen (anzupassen) wären. Zinsenbescheide setzten nicht die materielle Richtigkeit des Stammabgabenbescheides, wohl aber einen solchen voraus. Solche Bescheide sind daher auch nicht mit dem Argument anfechtbar, der Stammabgabenbescheid bzw. ein abgeänderter (wieder aufgenommener) Bescheid wäre rechtswidrig. Ob die damals vorgenommene Wiederaufnahme gerechtfertigt war oder nicht, hat keinen Einfluss auf die Erstellung eines Anspruchszinsenbescheides.
Im Falle der (teilweisen) Stattgabe der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid (Wiederaufnahmebescheid) 2001 hat - basierend auf der Berufungsentscheidung - ein neuer Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen zu ergehen, sofern die Höhe der Zinsen den Betrag von 50,00 € übersteigt. Nicht der Anspruchszinsenbescheid wird angepasst, sondern ein jeweils neuer Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen ist zu erlassen. Da der dem Anspruchszinsenbescheid zugrunde liegende Bescheid (Einkommensteuerbescheid 2001) rechtswirksam erlassen wurde, stehen dem angefochtenen Anspruchszinsenbescheid auch keine formalrechtlichen Hindernisse entgegen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Zinsen Anspruchszinsen Fehler Verschulden Gutschrift |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at