Leistung eines Aufwandersatzes im Zuge der Baureifmachung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/3144-W/08-RS1 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des W, vertreten durch XY, gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom , Steuernummer, betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, festgestellt, dass gemäß §13 Abs.2 lit.a der Bauordnung für Wien (BO), LGBl. F. Wien Nr. 11/1930 i. d. g. F., die Abteilung von Grundstücken nach dem mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Teilungsplan der Ing. Kons. f. Verm. Wesen xxx vom , G.Z. y, einschließlich der im Teilungsplan vorgesehenen Zu- und Abschreibungen und der in diesem ausgewiesenen Bauplätze, Baulose bzw. Kleingärten bewilligt wird.
Vorgeschrieben wurden diverse lastenfreie Abschreibungen in das öffentliche Gut im Zusammenhang mit der Abteilung von Grundstücken.
Punkt II. des Bescheides besagt, dass die Eigentümer der Bauplätze rot 1, rot 2, rot 3, rot 4 und rot 5, gemäß §50 BO in Verbindung mit §55 BO verpflichtet sind, der Gemeinde für die nach Maßgabe der Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes aus Anlass der Grundabteilung nach den Teilungsplänen der Ing. Kons. f. Verm. Wesen xxx vom , GZ. y , gemäß §17 Abs.1 und 4 BO unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutretenden Grundflächen (in den Teilungsplänen mit K1-K6 bezeichnet), welche jedoch bereits im öffentlichen Gut liegen, einen Kostenersatz für 3555m² in der Höhe des vollen Grundwertes, das sind EUR 186,00/m² zu leisten. Insgesamt sind daher EUR 661.230,00 zu bezahlen.
Auf den Bauplatz rot 1 entfallen 385m² (K1), somit EUR 71.610,00.
auf den Bauplatz rot 2 entfallen 480m² (K2), somit EUR 89.280,00.
auf den Bauplatz rot 3 entfallen 588m² (K3), somit EUR 109.368,00.
auf den Bauplatz rot 4 entfallen 694m² (K4), somit EUR 129.084,00 und
auf den Bauplatz rot 5 entfallen 1.408m² (K5 und K6), somit EUR 261.888,00.
Dieser Betrag ist innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides einzuzahIen Ein Nachweis über die Einzahlung des Kostenersatzes ist dem Grundbuchsgesuch anzuschließen.
Die Bescheidbegründung führt zu Punkt II des Bescheides folgendes aus:
"Für jene Grundflächen, die unentgeltlich aus Anlass einer Grundabteilung abzutreten sind, die jedoch bereits im öffentlichen Gut liegen, und von der Stadt Wien gegen Entgelt erworben wurden, besteht gemäß §50 BO ein Kostenersatzanspruch der Stadt Wien gegenüber dem zur Abtretung Verpflichteten. Die Stadt Wien hat für die gegenständlichen Grundflächen im Jahre 1977 eine Entschädigung geleistet. Daher war ihr nunmehr ein Kostenersatz zuzusprechen. Die Höhe des Kostenersatzes ergibt sich aus einer von den Amtssachverständigen der MA 69 vorgenommenen Grundwertschätzung."
Mit dem spruchgegenständlichen Bescheid setzte das Finanzamt A ausgehend vom Gesamtbetrag der zu leistenden Zahlungen in Höhe von EUR 661.230,00 Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 23.143,05 fest.
Fristgerecht wurde Berufung eingebracht. Die Berufungswerberin (Bw) bringt vor, gemäß Punkt II des Bescheides sei ein Entschädigungsbetrag von 661.230,00 Euro an die Stadt Wien zu bezahlen. Aufgrund der getroffenen Vereinbarung sei die Bw. dafür zahlungspflichtig. Es fehle aber ein dem Grunderwerbsteuergesetz unterliegender Grundstückserwerb, da, wie aus dem Bescheid ersichtlich sei, die zugeordneten Grundflächen K1 - K6 bereits im grundbücherlichen Eigentum der Stadt Wien, Öffentliches Gut, stehen würden.
Da die Entschädigung sohin keine Gegenleistung für einen Erwerb von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten darstelle, sei die Entschädigungszahlung nach dem Grunderwerbsteuergesetz nicht steuerbar.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.
Benötige ein Bauwerber, um eine ihm gehörige Liegenschaft baureif zu machen, Grundflächen, die nach der Bauordnung zur Herstellung der erforderlichen Verkehrsflächen in das öffentliche Gut abzutreten seien und besitze er diese Flächen nicht selbst, so müsse er diese vom Grundnachbar gegen Entgelt erwerben (Erwerb nach §1 Abs.1 Z1 GrEStG). Vereinbare der Bauwerber mit dem Grundeigentümer, dass dieser das benötigte Grundstück direkt der Gemeinde ins öffentliche Gut abtrete, liege ein Erwerb gemäß §1 Abs.2 GrEStG vor.
Beim Erwerb von der Gemeinde bleibe die Liegenschaft im Eigentum der Gemeinde, der Bauwerber erlange nicht den Anspruch auf Übereignung, wohl aber die Befugnis, wirtschaftlich über das Grundstück auf eigene Rechnung zu verfügen und zwar dadurch, dass er es zur Baureifmachung verwende. Es liege ein Erwerbsvorgang iSd §1 Abs.2 GrEStG vor.
Für den berufungsgegenständlichen Fall bedeute dies, dass seitens der Berufungswerberin - wenn auch nur für einen kurzen Augenblick - die Teilflächen K l - K6 erworben werden müssten, um sie zur Erlangung der Baureifmachung in das öffentliche Gut übertragen zu können.
Steuerrechtlich lägen zwei Erwerbsvorgänge vor. Einerseits der Erwerb der wirtschaftlichen Verfügungsmacht durch die Berufungswerberin, andererseits die Abtretung in das öffentliche Gut.
Die Bw beantragte daraufhin die Entscheidung der Abgabenbehörde 2. Instanz über die Berufung.
Die Bw. führt ergänzend aus, in der Berufungsvorentscheidung verwechsle das Finanzamt den Fall, dass jemand eine Grundfläche zum Zwecke der Abtretung in das öffentliche Gut erwerbe, mit dem vorliegenden Fall des Kostenersatzes gem. §50 BO für Wien.
§50 BO für Wien laute:
"§50. In den Fällen des §10 Abs.1 lit. a bis c besteht die Verpflichtung zum Kostenersatz, sobald die Gemeinde zur Eröffnung von Verkehrsflächen von den Anrainern
1. unentgeltlich abzutretende (§§17 Abs. 1 und 4 und 18) oder
2. von §17 Abs. 4a erfasste Grundflächen
gegen Entgelt erworben hat. Zu ersetzen sind im Falle der Z 1 die Kosten für den Erwerb und die Freimachung der Grundflächen sowie die Herstellung der Höhenlage, im Falle der Z 2 die Kosten für die Freimachung der Grundflächen sowie die Herstellung der Höhenlage. Wurden von der Gemeinde die Grundflächen vor mehr als fünf Jahren erworben oder die Höhenlage vor mehr als fünf Jahren hergestellt, ist der Kostenersatz neu zu bemessen."
Die Berufungsvorentscheidung gehe in Verkennung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die Bw, "wenn auch nur für einen kurzen Augenblick", die Teilflächen Kl - K6 erwerben musste.
Richtig sei vielmehr, dass diese Teilflächen seinerzeit von der Gemeinde Wien entgeltlich erworben worden seien und bereits seit längerem im öffentlichen Gut liegen würden. Daher sei ein Erwerb durch die Bw. zum Zwecke der Abtretung an das öffentliche Gut denkunmöglich.
Die Magistratsabteilung 64 sei daher in ihrem, der Abgabenvorschreibung zu Grunde liegenden, Bescheid gem. §50 BO für Wien vorgegangen und habe als Entschädigung einen Kostenersatz vorgeschrieben. Dieser Kostenersatz sei keine Gegenleistung für irgendeine Art von Grundstückserwerb oder Erlangung einer Verfügungsbefugnis. Es sei lediglich vom Anrainer, dessen Leistungspflicht zur Grundabtretung deshalb entfallen sei, weil die Gemeinde die Grundflächen in der Vergangenheit bereits erworben hatte, ein Kostenersatz für diesen Aufwand zu leisten.
Da dieser Kostenersatz sohin keine Gegenleistung für einen Erwerb von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten darstelle, sei die Entschädigungszahlung nach dem Grundwerwerbsteuergesetz nicht steuerbar.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wie aus dem Bescheid hervorgeht, sind die Eigentümer der Bauplätze verpflichtet, der Gemeinde für die nach Maßgabe der Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes aus Anlass der Grundabteilung, gemäß §17 Abs.1 und 4 BO unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutretenden Grundflächen, welche jedoch bereits im öffentlichen Gut liegen, einen Kostenersatz gemäß §50 BO in Verbindung mit §55 BO zu leisten.
§17 der Bauordnung für Wien bestimmt:
"(1) Bei der Schaffung oder Änderung von Bauplätzen, Baulosen oder Teilen von solchen sind die nach Maßgabe der Baulinien zu den Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen bei beiderseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur Achse der Verkehrsfläche, bei einseitiger Bebauungsmöglichkeit bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, in beiden Fällen aber nur bis zu 20 m, senkrecht zur Baulinie und von dieser aus gemessen, gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung satz- und lastenfrei in das öffentliche Gut zu übertragen; ....Über Auftrag der Behörde ist der jeweilige Eigentümer des anliegenden Bauplatzes oder Bauloses oder von Teilen eines solchen weiters verpflichtet, diese Grundflächen lastenfrei und geräumt der Stadt Wien zu übergeben; bis zur Übergabe steht dem jeweiligen Eigentümer des mit der Übergabeverpflichtung belasteten Bauplatzes oder Bauloses oder von Teilen eines solchen das Nutzungsrecht zu. Die Abtretungsverpflichtung entfällt, wenn eine im Eigentum eines Dritten stehende Grundfläche gegen Entschädigung (Abs. 5) abzutreten wäre.....
(4) Soweit die Verpflichtung zur Übertragung in das öffentliche Gut gemäß Abs. 1 besteht, sind hiebei entlang der Baulinien unbeschadet des Abs. 5 unentgeltlich abzutreten:
a) alle zu den neuen Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen, wobei als neue Verkehrsflächen solche anzusehen sind, an die nach Maßgabe des festgesetzten Bebauungsplanes erstmals angebaut werden soll,
b) die zur Verbreiterung bestehender Verkehrsflächen entfallenden Grundflächen bei Abteilung einer Grundfläche, die bisher unbebaut war und als Bauplatz beziehungsweise als Baulos noch nicht behördlich genehmigt worden ist.
§ 50 leg.cit lautet:
"In den Fällen des § 10 Abs. 1 lit. a bis c besteht die Verpflichtung zum Kostenersatz, sobald die Gemeinde zur Eröffnung von Verkehrsflächen von den Anrainern
1. unentgeltlich abzutretende (§§ 17 Abs. 1 und 4 und 18) oder
2. von § 17 Abs. 4a erfasste Grundflächen gegen Entgelt erworben hat.
Zu ersetzen sind im Falle der Z 1 die Kosten für den Erwerb und die Freimachung der Grundflächen sowie die Herstellung der Höhenlage, im Falle der Z 2 die Kosten für die Freimachung der Grundflächen sowie die Herstellung der Höhenlage. Wurden von der Gemeinde die Grundflächen vor mehr als fünf Jahren erworben oder die Höhenlage vor mehr als fünf Jahren hergestellt, ist der Kostenersatz neu zu bemessen."
§ 55 leg.cit lautet:
" (1) Die gemäß § 17 Abs. 7 und 8, § 50 und § 54 Abs. 5 und 8 zu leistenden Kostenersätze sind durch Bescheid festzusetzen. Die Kostenersätze sind innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Kostenersatzbescheides zu leisten. Hinsichtlich der Kostenersätze gilt nach der erstinstanzlichen Entscheidung § 59 Abs. 8 sinngemäß...."
§ 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 lautet:
"(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:
1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet,
2. der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist,
3. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruches begründet,
4. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufanbot begründet. Dem Kaufanbot steht ein Anbot zum Abschluß eines anderen Vertrages gleich, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann,
5. der Erwerb eines der in den Z 3 und 4 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Erwerb der Rechte begründet.
(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten."
In gegenständlichem Fall hat die Berufungswerberin weder die ins öffentliche Gut abzutretenden Teilflächen selbst erworben, noch eine Abtretung durch einen Dritten veranlasst oder eine Geldleistung für im Eigentum eines Dritten befindliche Grundflächen erbracht.
Die Grundflächen befanden sich vielmehr bereits seit dem Jahre 1977 im Eigentum der Stadt Wien, welche dafür eine Entschädigung zu leisten hatte. Die Berufungswerberin hat zu keinem Zeitpunkt einen Übereignungsanspruch oder die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die streitgegenständlichen Trennstücke erlangt.
Die Bw hatte für diese, von der Gemeinde Wien geleistete Entschädigung einen gesetzlich vorgeschriebenen Kostenersatz (§§50, 55 BO) zu leisten.
Der Bw ist somit in ihrer Argumentation zu folgen, dass dieser Kostenersatz nicht als Gegenleistung für einen Grunderwerb oder die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht geleistet wird sondern einen gesetzlich vorgeschriebenen Aufwandersatz darstellt.
Der Kostenersatz unterliegt nach Ansicht der ho Behörde mangels gesetzlicher Tatbestandsvoraussetzungen nicht der Grunderwerbsteuer. Dem Berufungsbegehren war daher zu entsprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 50 BO für Wien, Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at