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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 22.03.2005, RV/1241-L/04

Festsetzungsbescheid gemäß § 201 BAO

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1241-L/04-RS1
Die im Wege der Selbstberechnung erfolgte Festsetzung der Normverbrauchsabgabe erwies sich als rechtswidrig und begründete damit den Festsetzungstatbestand des § 201 BAO. Die Abgabenbehörde war daher gesetzlich verpflichtet, die Abgabe durch Bescheid richtig festzusetzen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, Handelsagentur, P, vertreten durch Uniconsult WTH und StB GmbH, 4910 Ried, Bahnhofstraße 35a, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Kalendermonat Juni 2002 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Die Normverbrauchsabgabe für den Kalendermonat Juni 2002 wird gemäß § 201 BAO festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:


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Bemessungsgrundlage
Steuersatz
Normverbrauchsabgabe
8.783,-- €
7 %
614,81 €

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (deutsche Staatsbürgerin) übermittelte der Abgabenbehörde erster Instanz die Abschrift eines Meldezettels, woraus hervorgeht, dass diese mit in Österreich, P , ihren Hauptwohnsitz begründet und ihren bisherigen Hauptwohnsitz in Deutschland, F, aufgegeben hatte.

Die Berufungswerberin überführte sodann im Juni 2002 aus der Bundesrepublik Deutschland zwei gebrauchte Fahrzeuge (Citroen Kombi Xantia HDI silbermetallic und Citroen 2CV (Ente) rot) nach Österreich. Die Erstzulassung des Fahrzeuges Citroen Kombi Xantia HDI erfolgte im Jahre 1999 in Deutschland durch die Berufungswerberin.

Beide Erklärungen über die Normverbrauchsabgabe (NoVA 2) wurden beim zuständigen Finanzamt am persönlich eingereicht.

Hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeuges "Citroen Kombi Xantia HDI" (Baujahr 10/1999, Km-Stand im Zeitpunkt der Überführung: 81.000, Leistung: 80 kW, Hubraum: 1997 ccm) berechnete die Berufungswerberin die Normverbrauchsabgabe wie folgt:


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Bemessungsgrundlage
Steuersatz
Normverbrauchsabgabe
8.783,-- €
7 %
614,81 €
Abgabenerhöhung gemäß § 6 Abs. 6 NoVAG (20 %)
122,96 €
737,77 €

Dieser Erklärung beigelegt wurden Abschriften folgender Dokumente:

  • Prüfungsbefund des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung vom ,

  • der Fahrzeugbrief

  • österreichischer Meldezettel

  • Fahrzeugschein

Eine bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe erfolgte nicht. Die Abgabe wurde mit Wert entrichtet.

Im Schreiben vom beantragt die Berufungswerberin die Rückerstattung des 20%igen NoVA-Zuschlages und eine Neufestsetzung der Normverbrauchsabgabe mit der Begründung, dass nach Aussagen des EuGH der NoVA-Zuschlag in Höhe von 20 Prozent (§ 6 Abs. 6 NoVAG) nicht zulässig sei.

Im Bescheid vom (Verf. 36) wird das Ansuchen der Berufungswerberin hinsichtlich des Fahrzeuges "Citroen Kombi Xantia HDI" abgewiesen. Begründend wird dazu ausgeführt, dass es bei einer allfälligen Neuberechnung der NoVA zu keiner Verminderung kommen würde, da der Erstberechnung die Nettomethode (durchschnittlicher Eurotax, abzüglich Umsatzsteuer und NoVA = Bemessungsgrundlage x NoVA + 20 % Erhöhung) zugrunde liegen würde.

Als Bemessungsgrundlage sei jedoch der Eurotaxwert brutto ohne fiktive NoVA anzusetzen. Bei einer Neuberechnung der NoVA wäre daher derselbe Betrag wie bei der Nettomethode vorzuschreiben.

Gegen diesen abweisenden Bescheid erhob die Berufungswerberin mit Schriftsatz vom Berufung, mit der Begründung, dass der EuGH in seiner Urteilsbegründung keinesfalls ausführe, dass als Bemessungsgrundlage der Eurotaxwert brutto anzusetzen sei. Daher beantrage sie, als Bemessungsgrundlage den um die ausländische Umsatzsteuer gekürzten Betrag für die Berechnung der NoVA heranzuziehen.

Die Berufung wurde sodann dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 11 Abs. 2 NoVAG ordnet die Selbstberechnung der Abgabe durch den Abgabepflichtigen an:

"Die Erhebung der Abgabe obliegt in den Fällen des § 7 Abs. 1 Z. 3 dem Finanzamt, in dessen Amtsbereich der Steuerpflichtige seinen Sitz, seinen (Haupt-)Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.Der Abgabeschuldner hat spätestens einen Monat nach der Zulassung eine Anmeldung (Fälligkeitstag) beim Finanzamt einzureichen, in der er den zu entrichtenden Betrag selbst zu berechnen hat. Die Anmeldung gilt als Abgabenerklärung. Der Abgabenschuldner hat die Abgabe spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten."

Die Normverbrauchsabgabe ist somit vom Abgabepflichtigen selbst zu berechnen und zu entrichten, ohne vorherige abgabenbehördliche Tätigkeiten (zB bescheidmäßige Festsetzung) abwarten zu dürfen.

Nach ständiger Rechtssprechung des VwGH (zB , 99/17/0116; , 94/16/0150) bewirkt die Einreichung der Erklärung betreffend eine Selbstbemessungsabgabe kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Festsetzung der Abgabe. Damit verbinden sich dieselben Rechtswirkungen wie mit einer bescheidmäßigen Festsetzung. Die "Quasirechtskraft" einer solchen Festsetzung durch Erklärung wird allerdings durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe, wie sie in den Fällen des § 201 BAO vorgesehen ist, wieder durchbrochen.

Nach § 201 BAO idF vor BGBl. I 2002/97 (Die Neufassung des § 201 BAO durch das AbgRmRefG ist gemäß § 323 Abs. 11 BAO erstmals auf Abgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem entsteht) ist ein Abgabenbescheid nur bei Zutreffen einer der drei in dieser Bestimmung erschöpfend aufgezählten Voraussetzungen zu erlassen und zwar wenn:

  • der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder

  • wenn sich die Erklärung als unvollständig oder

  • die Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Die Erlassung von Festsetzungsbescheide nach § 201 BAO liegt für bis zum entstandene Abgabenansprüche nicht im Ermessen der Behörde. Wird der Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der Selbstbemessung bekannt, so ist sie verpflichtet, einen solchen Bescheid zu erlassen (Ritz, BAO-Kommentar², 446). Demnach kann ein Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung einer Abgabe, die durch Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung bereits als festgesetzt gilt, zulässigerweise auf die Begründung gestützt werden, die entrichtete Abgabe hätte sich als unrichtig erwiesen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Selbstberechnung und Entrichtung richtig oder mangelhaft ist, kommt es nicht darauf an, ob der Abgabepflichtige subjektiv seine Vorgangsweise für richtig hält, sondern darauf, ob sie objektiv zutreffend ist.

Eine solche Rechtswidrigkeit kann etwa Folge einer unrichtigen Rechtsauffassung sein (Ritz, BAO-Handbuch, 114). Rechtswidrig ist eine Selbstberechnung beispielsweise auch dann, wenn sie unter Missachtung des Anwendungsvorranges von Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union eine nationale Abgabenvorschrift anwendet.

Erweist sich die Behauptung der Partei als richtig, so ist die Behörde zur Erlassung eines Abgabenbescheides gemäß § 201 BAO verpflichtet (vgl. ), andernfalls wird sie den Antrag mit der Begründung abweisen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides nach § 201 nicht vorliegen (Stoll, BAO-Kommentar, Wien 1994, 2124).

Im vorliegenden Fall hat die Berufungswerberin die Unrichtigkeit der Selbstbemessung insofern geltend gemacht, als sie im Schreiben an das Finanzamt vom auf die EU-Widrigkeit des 20%igen NoVA-Zuschlages hinweist und die Neufestsetzung der Normverbrauchsabgabe begehrt.

Nachdem das Finanzamt zu der Ansicht gelangte, dass die der Entrichtung zu Grunde liegende Abgabenbemessung durch die Berufungswerberin richtig sei, wies es den Antrag vom als unbegründet ab.

Im Folgenden ist nun zu überprüfen, ob eine Unrichtigkeit der Selbstbemessung im Sinne des § 201 BAO vorliegt:

a) Zuschlag zur NoVA von 20 Prozent

§ 6 Abs. 6 NoVAG bestimmt, dass sich die Steuer in jenen Fällen um 20 Prozent erhöht, in denen die NoVA nicht Teil der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist.

Demgegenüber hat der Weigel/Weigel, C-387/01, entschieden, dass im Falle der Einfuhr eines Gebrauchtfahrzeuges aus einem anderen Mitgliedstaat durch eine Privatperson die Einhebung eines Zuschlages von 20 % auf die Normverbrauchsabgabe nicht mit Artikel 90 EG vereinbar sei.

Die Selbstbemessung war somit insoweit mit einer Unrichtigkeit behaftet, als ein Zuschlag zur Normverbrauchsabgabe erhoben wurde und damit der Vorrang des EU-Rechtes vor nationalem Recht missachtet wurde.

b) Bemessungsgrundlage der Normverbrauchsabgabe

Strittig ist ferner die Bemessungsgrundlage, die der Besteuerung zugrunde zu legen ist.

Gemäß § 5 Abs. 2 NoVAG ist die Abgabe in Fällen, in denen die Steuerschuld nicht auf Grund einer Lieferung entsteht (§ 1 Z 2, Z 3 und Z 4), "nach dem ohne Umsatzsteuerkomponente ermittelten gemeinen Wert des Kraftfahrzeuges zu bemessen".

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung gehört die Normverbrauchsabgabe nicht zur Bemessungsgrundlage.

Im vorliegenden Berufungsfall wurde das im Eigentum der Berufungswerberin befindliche (gebrauchte) Fahrzeug im Zuge einer Übersiedlung nach Österreich gebracht.

Das Finanzamt vertritt nun die Auffassung, dass als Bemessungsgrundlage der Eurotaxwert - entgegen der Erstberechnung - brutto ohne fiktive NoVA anzusetzen sei. Nachdem die Erstberechnung nach der Nettomethode (durchschnittlicher Eurotaxwert, abzüglich Umsatzsteuer und NoVA = Bemessungsgrundlage x NoVA + 20 % Erhöhung) erfolgt sei und demgegenüber nun die Bruttomethode anzuwenden sei, wäre daher bei einer Neuberechnung der NoVA der selbe Abgabenbetrag vorzuschreiben wie bei der Nettomethode.

Wie oben angeführt, ist zur Ermittlung der Normverbrauchsabgabe der gemeine Wert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Der gemeine Wert wird gemäß § 10 Abs. 2 BewG durch jenen Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen (ausgenommen ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse) zu berücksichtigen.

Das Gesetz geht bei der Ermittlung des gemeinen Wertes eines Wirtschaftsgutes nicht von tatsächlich erzielten Preisen aus, sondern leitet den gemeinen Wert aus dem Preis ab, der nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes erzielbar wäre und ist somit eine fiktive Größe (fiktiver Einzelveräußerungspreis).

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in seinem Erkenntnis vom , 96/14/0075, die Auffassung vertreten, dass eine (fiktive) Veräußerung im Inland maßgeblich sei, zumal der Steuertatbestand im Inland verwirklicht werde.

Zur Schätzung des fiktiven Veräußerungserlöses werden nach herrschender Verwaltungspraxis die inländischen Eurotax-Notierungen als Grundlage für die Bestimmung des gemeinen Wertes herangezogen. Als gemeiner Wert gilt dabei der Mittelwert zwischen dem Händler-Einkaufspreis und dem Händler-Verkaufspreis. Eine Abweichung von diesem Wert kann in einer unterschiedlichen Ausstattung und Abnutzung, allfälligen Reparaturnotwendigkeit, etc. begründet sein. Nach Abzug der österreichischen Umsatzsteuer- und NoVA-Komponente entspricht dieser Mittelwert in der Regel jenem Preis, der bei einer Veräußerung des eingeführten Fahrzeuges an einen inländischen Abnehmer zu erzielen ist.

Im Urteil Weigel/Weigel spricht sich der EuGH nicht gegen diese Vorgangsweise der österreichischen Finanzverwaltung aus, Eurotax-Notierungen zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage heranzuziehen, vorausgesetzt der auf diese Weise ermittelte Preis spiegelt den tatsächlichen Wertverlust des Fahrzeuges genau wieder (Randnr. 75).

Es entspricht somit sowohl gemeinschaftsrechtlichen als auch innerstaatlichen Vorgaben, wenn der gemeine Wert aus Eurotax-Notierungen abgeleitet wird. Dass in den Wertangaben der Eurotax-Notierung und folglich auch im gemeinen Wert eine Umsatzsteuerkomponente enthalten ist, ergibt sich zwingend aus der Formulierung des Gesetzgebers "ohne Umsatzsteuerkomponente ermittelten gemeinen Wert". Der Gesetzgeber hätte diese Formulierung nicht gewählt, wenn der gemeine Wert nicht die Umsatzsteuer umfassen würde.

Somit haftet aber der Bemessungsgrundlage der Erstberechnung, die auf der Nettomethode basiert, keine Unrichtigkeit an. Der am eingereichten Erklärung über die Normverbrauchsabgabe wurde richtigerweise eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 8.783,- € zugrunde gelegt. Dieser Wert entspricht einem, nach der Eurotax-Notierung ermittelten Mittelwert von 11.276,87 € abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer- und NoVA-Komponente.

Dem Begehren der Berufungswerberin, "den um die ausländische Umsatzsteuer gekürzten Betrag für die Berechnung der NoVA heranzuziehen", ist entgegenzuhalten, dass der gemeine Wert ein inländischer Wert ist (siehe ) und folglich nur die inländische Umsatzsteuerkomponente Berücksichtigung finden kann.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass sich die Selbstbemessung durch die Erhebung des Zuschlages zur NoVA als objektiv rechtswidrig erweist und begründet damit den Festsetzungstatbestand des § 201 BAO. Die Abgabenbehörde ist daher gesetzlich verpflichtet, die Abgabe durch Bescheid richtig festzusetzen.

Der streitgegenständliche Abweisungsbescheid erweist sich folglich als rechtswidrig. Es war daher wie im Spruch ersichtlich unter Aufhebung des bekämpften Bescheides der Berufung stattzugeben und die Normverbrauchsabgabe ohne den strittigen Zuschlag von 20 Prozent festzusetzen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 11 Abs. 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 6 Abs. 6 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 Abs. 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Schlagworte
Festsetzungsbescheid
Selbstbemessungsabgaben
Selbstberechnung
gemeiner Wert
Eurotax-Notierung
Umsatzsteuerkomponente
Anmerkung
Dieser Fall betrifft einen Abgabenanspruch, der vor dem entstanden ist. Die Neufassung des § 201 BAO nach dem AbgRmRefG (BgBl. I 97/2002) war daher nicht anzuwenden.

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at