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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 09.11.2011, RV/0100-G/10

Mittelpunkt der Lebensinteressen bei Auslandstätigkeit eines ledigen Steuerpflichtigen (Tischler in Irland für 2 Jahre und 3 Monate)

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/15/0193 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/2100624/2013 erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch K & E Wirtschaftstreuhand GmbH, 8010 Graz, Hofgasse 3, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2005 bis 2007 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend Einkommensteuer 2005 wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2006 und 2007 werden ersatzlos aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) bezog im Jahr 2005 aus seiner Tätigkeit als Tischler Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ( bis - HK-GmbH) sowie Arbeitslosengeld ( bis ).

Danach war er bis in Irland bei der Firma M.B. als Möbeltischler beschäftigt und hat für diese Tätigkeit laut vorliegenden Gehaltsabrechnungen in Irland Steuern entrichtet. Vom bis bezog der Bw. in Österreich ein Arbeitslosengeld.

Nach den am eingereichten Steuererklärungen für die Jahre 2005 bis 2007 erließ das Finanzamt am Einkommensteuerbescheide, die unter Einbeziehung der vom Bw. in Irland lukrierten Bezüge (2005 bis 2007) in die Einkommensteuerbemessungsgrundlagen ("Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug") sowie unter Anrechnung der vom Bw. in Irland entrichteten Steuern Nachforderungen an Einkommensteuer in Höhe von € 1.280,95 (2005), € 3.570,83 (2006) und € 4.675,30 (2007) zur Folge hatten.

Gegen diese Bescheide erhob der Bw. mit Schreiben vom fristgerecht Berufung und beantragte deren ersatzlose Aufhebung. In der Begründung brachte er vor, dass sich mit seinem Wegzug aus Österreich im September 2005 der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nach Irland verlagert hätte, insbesondere deshalb, da er alleinstehend sei. Weiters hätte sich aufgrund seines Arbeitsplatzes in Irland sowie des dortigen Bekannten- und Freundeskreises sein gesamtes privates und gesellschaftliches Leben nur noch in Irland abgespielt. Sein Haus in Österreich sei während seines Irlandaufenthaltes leergestanden und weder vermietet noch zum Verkauf angeboten worden.

§ 1 EStG regle die unbeschränkte Steuerpflicht natürlicher Personen. Danach ist eine natürliche Person unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe.

Mit seinem Wegzug aus Österreich habe er auch in Irland einen Wohnsitz begründet, womit er auch in Irland unbeschränkt steuerpflichtig geworden wäre. Mangels familiärer Bindungen hätte er während dieser Zeit allerdings keinen "Lebensmittelpunkt" in Österreich gehabt.

Die Frage nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen sei in seinem Fall jedoch dahingehend von Bedeutung, als durch das bestehende Doppelbesteuerungsabkommen mit Irland (DBA zwischen Österreich und Irland vom , BGBl. Nr. 66/1968, in der Fassung des Protokolls vom , BGBl. Nr. 12/1989, in der Folge kurz: DBA-Irland) das Besteuerungsrecht an seinen Einkünften geregelt sei.

Das österreichische Einkommensteuergesetz erfasse bei der Einkommensbesteuerung unbeschränkt steuerpflichtiger Personen das Einkommen und damit alle Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 ohne Rücksicht darauf, ob diese Einkünfte aus dem Ausland fließen und ob der ausländische Staat diese Einkünfte seinerseits besteuere. Würden nun von Österreich und einem anderen Staatshoheitsträger dieselben Einkünfte desselben Besteuerungszeitraumes einer gleichartigen Steuer unterworfen, sei - so der Bw. weiter - eine Doppelbesteuerung gegeben, welche durch das oben genannte DBA-Irland vermieden werden solle.

Artikel 2 A Abs. 1 DBA-Irland normiere, dass der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person bedeute, die nach dem Recht Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmales steuerpflichtig ist. Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, gelte sie gemäß lit. a als in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfüge; verfüge sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gelte sie als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe ("Mittelpunkt der Lebensinteressen").

Wie bereits erläutert, wäre er aufgrund seines inländischen Wohnsitzes in der Zeit von September 2005 bis Dezember 2007 sowohl in Österreich steuerpflichtig als auch - aufgrund seines irischen Wohnsitzes - in Irland steuerpflichtig, und somit im Sinne des Artikel 2 A Abs. 2 DBA in beiden Vertragsstaaten ansässig. Unter Anwendung der Kollisionsregel des Artikel 2 A Abs. 2 lit. a DBA gelte er in diesem Zeitraum als nur in Irland ansässig, da er dort den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen begründet hätte.

Artikel 13 DBA-Irland normiere, dass vorbehaltlich der Artikel 14, 16 und 17 Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit beziehe, nur in diesem Staat besteuert werden könnten, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt werde. Werde die Arbeit dort ausgeübt, so könnten die dafür bezogenen Vergütungen in diesem anderen Staat besteuert werden.

Artikel 13 DBA Irland, welcher in Abs. 1 normiere, dass dann, wenn eine in Österreich ansässige Person Einkünfte (...) bezieht, die nach diesem Abkommen in Irland besteuert werden könnten, Österreich auf die österreichische Steuer den Betrag anrechne, der der in Irland (...) im Abzugsweg zu zahlenden Steuer von diesen Einkünften (...) entspreche, sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da er gemäß Artikel 2 A Abs. 2 lit. a DBA während seines Auslandsaufenthaltes (September 2005 bis Dezember 2007) nicht in Österreich sondern in Irland ansässig gewesen wäre.

Sohin sei aus Artikel 13 DBA Irland abzuleiten, dass aufgrund seiner aus Artikel 2 A Abs. 2 DBA abgeleiteten Ansässigkeit in Irland das Besteuerungsrecht an seinen dort erzielten Einkünften Irland und nicht Österreich zustünde; die vom Finanzamt unter Anwendung der Anrechnungsmethode vorgenommene Besteuerung seiner irischen Bezüge sei daher zu Unrecht erfolgt.

In der daraufhin abweisend ergangenen Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt ua. aus, dass für die Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens wesentlich sei, in welchem Staat die Ansässigkeit begründet worden wäre. Da die Ansässigkeit nur im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der Umstände beurteilt werden könne und nicht auf die Aufenthaltsdauer im Tätigkeitsland im jeweiligen Kalenderjahr abgestellt sei, gelte die Ansässigkeit grundsätzlich erst nach 5 Jahren als aufgegeben. Im gegenständlichen Fall hätte der Aufenthalt in Irland lediglich 2 Jahre und 3 Monate gedauert und sei der Bw. danach wieder nach Österreich zurückgekehrt. Anhand des vorliegenden Sachverhaltes könne daher nicht von einer Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen und damit der Ansässigkeit nach Irland ausgegangen werden.

Da gemäß Artikel 13 Abs. 1 DBA Irland das Besteuerungsrecht Irland zugeteilt werde (Ausübung der Tätigkeit in Irland), sei zu Recht Lohnsteuer in Irland einbehalten worden. Gemäß Artikel 22 DBA Irland werde die Doppelbesteuerung durch die Anrechnung der irischen Steuer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung vermieden. Dies bedeute, dass auch Österreich die irischen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit besteuern dürfe, jedoch die irische Steuer auf die österreichische Steuerschuld anzurechnen habe.

Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag führte der steuerliche Vertreter des Bw. ua. aus, dass der Bw. im September 2005 mit der Absicht nach Irland gezogen sei, Österreich auf Dauer zu verlassen, da er ab März 2005 arbeitslos gewesen wäre und es für ihn auch keine Aussicht auf eine neue Arbeitsstelle gegeben hätte. Auch familiär habe es keine weitere Bindung gegeben, da er unverändert unverheiratet und ohne Kinder sei. Er habe daher auch sämtliche Anschlüsse wie Telefon, Internet, ORF, etc. abgemeldet bzw. die Funktion als Kassier der Freiwilligen Feuerwehr St. zurückgelegt. Direkt nach Irland hätte der Bw. vorgehabt, eine Arbeitsstelle in Spanien anzunehmen, ein Vorhaben, das jedoch durch kurzfristige Absage des spanischen Arbeitgebers nicht umgesetzt werden hätte können. Da der Bw. aber mittlerweile seine Arbeit in Irland gekündigt hätte, wäre ein kurzfristiger österreichischer Aufenthalt notwendig gewesen, um im Anschluss daran ab Juni 2008 wieder eine Stelle im Ausland (England) anzunehmen.

Die für die Frage der Ansässigkeit gebotene Gesamtbetrachtung der Umstände zeige daher, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen für den Zeitraum September 2005 bis Dezember 2007 nur Irland sein könne und gemäß Artikel 2 A DBA-Irland der Ansässigkeitsstaat sei; somit komme Irland unter weiterer Berücksichtigung der Artikel 13 und 22 DBA-Irland das Recht auf Besteuerung des Welteinkommens zu.

Laut Begründung der Berufungsvorentscheidung stütze sich nun die Nichtverlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen nach Irland bloß auf die in Rz 7596 der EStR 2000 ausgesprochene Rechtsvermutung, dass bei Auslandsaufenthalten grundsätzlich erst nach fünf Jahren ein neuer Mittelpunkt der Lebensinteressen begründet werden könne.

Abgesehen davon, dass das DBA-Irland diesbezüglich keine Fünfjahresfrist vorsehe, führe die Rz 7696 der EStR 2000 aus, dass die Ansässigkeit in Österreich grundsätzlich bereits nach zwei und nicht erst nach fünf Jahren als aufgegeben gelten könne und für Zeiträume zwischen zwei und fünf Jahren die Ansässigkeit "im Einzelfall an Hand der besonderen Umstände des Einzelfalls zu klären ist"; somit ginge die Ansässigkeit auch nach dieser Beurteilung - der Bw. hätte gegenständlichenfalls seinen Lebensmittelpunkt mehr als zwei Jahre in Irland gehabt - auf Irland über.

In Beantwortung eines zweitinstanzlichen Vorhaltes führte der steuerliche Vertreter ua. aus, dass es dem Bw. während seiner arbeitslosen Zeit von bis trotz intensiver Stellensuche nicht geglückt sei, in Österreich einen Arbeitsplatz zu finden. Die Arbeitsstelle als Tischler habe er über das Internet gefunden, sich per E-Mail beworben und einen fixen Arbeitsbeginn vereinbart. Bei seinem dann folgenden Wegzug aus Österreich hätte der Bw. nur vergessen, seine Hauptwohnsitzabmeldung durchzuführen.

Die Frage des Nichtverkaufes bzw. der Nichtvermietung des in den Jahren 1998 bis 2003 errichteten Hauses wurde dahingehend beantwortet, dass der Bw. das schuldenfreie Haus als Wertanlage betrachte, das nur bei finanzieller Notwendigkeit verkauft werden solle. Diese Notwendigkeit wäre beim Wegzug aus Österreich im Jahre 2005 und auch nach wie vor nicht gegeben. Aus dieser Betrachtung heraus sei auch eine Vermietung nicht angedacht worden, da dann, wenn man vorhätte, Österreich auf Dauer zu verlassen, die Suche nach einem Mieter bzw. dessen Verwaltung als zu schwierig bzw. zu teuer beurteilt worden wäre; das mit einer Vermietung verbundene Risiko (vor allem das der überproportionalen Wertminderung) sei jedenfalls höher eingeschätzt worden als ein möglicher Mietertrag. Dies umso mehr, als die Kosten der Beibehaltung des Hauses sehr gering wären (Betriebskosten nur rund € 1000,00 per anno).

Die Frage der Aufenthaltsdauer im Haus in D. während des Irlandaufenthaltes wurde dahingehend beantwortet, dass sich der Bw. nur während und auf Dauer seines gesetzlichen Urlaubsanspruches in Österreich aufgehalten hätte (-, -, - und -).

Zur Frage der Kfz-Anmeldung wurde ausgeführt, dass der Pkw des Bw., der "zur Übersiedlung verwendet wurde", auch während des Irlandaufenthaltes in Österreich angemeldet geblieben sei. Der Pkw sei deshalb nicht in Irland verkauft worden, da er auf Grund seines Alters und Nutzung (über 300.000 km) praktisch unverkäuflich gewesen wäre, dies umso mehr, da bei Einfuhr eines Autos nach Irland 30% an Abgaben abzuführen gewesen wären. Der Bw. habe daher während seines Irlandaufenthaltes zwei Pkws mit irischem Kennzeichen gekauft, dort angemeldet und versichert.

Zur Frage der Wohnsituation wurde ausgeführt, dass der Bw. während seines Irlandaufenthaltes gemeinsam mit drei irischen Lehrerinnen in einem großen Einfamilienhaus in der irischen Stadt P. als Mieter gewohnt habe. Wohnzimmer und Küche seien dabei gemeinsam benutzt worden. Mit den Mitbewohnerinnen aber auch mit den irischen Arbeitskollegen sei eine bis heute andauernde Freundschaft entstanden, wodurch sich - so der steuerliche Vertreter in der Vorhaltsbeantwortung - das Leben für den Bw. in Irland interessanter und erfüllender gestaltet habe "als zuvor alleine im Haus in Österreich".

Aus diesen nachanhaltenden irischen Freundschaften heraus sei der Bw. auch für eine Stelle in England empfohlen worden, die er dann auch im Juni 2008 angenommen habe, nachdem die geplante direkte berufliche Übersiedlung von Irland nach Spanien kurzfristig auf Grund einer Arbeitsplatzabsage des spanischen Arbeitgebers nicht zustande gekommen wäre.

Ein schriftlicher Dienstvertrag für die Tätigkeit in Irland könne nicht vorgelegt werden, ebenso wenig ein Kündigungsschreiben, da das unbefristete Dienstverhältnis mündlich in gutem Einvernehmen beendet worden wäre.

Der Vertreter des Finanzamtes hat zur Vorhaltsbeantwortung in Wahrung des Parteiengehörs ausgeführt, dass das vom Bw. behauptete "Vergessen" der Wohnsitzabmeldung allein deshalb unglaubwürdig sei, da ihm dieser Umstand spätestens bei einer Mitteilung für eine amtliche Wahl hätte auffallen müssen.

Weiters erscheine es nicht nachvollziehbar, ein Haus eher leer stehen zu lassen als es zu vermieten - insbesondere dann, wenn man geplant hätte, das Haus selbst überhaupt nicht mehr zu nutzen. Der Argumentation, etwaige Mieter wären für eine überproportionale Wertminderung des Hauses verantwortlich, könne nicht gefolgt werden, da - ganz im Gegenteil - davon auszugehen sei, dass ein Haus "völlig verfällt, wenn niemand darin wohnt". Weiters verwildere der Garten, das Haus werde nicht gereinigt, "Wind und Wetter kann sich ungehindert über das Haus hermachen, sollte etwas undicht sein, bemerkt das niemand, Schimmel kann sich ausbreiten, usw. ..... .

Zu den Ausführungen die Kfz-Anmeldung betreffend hielt das Finanzamt fest, dass es sich nicht nur um ein Fahrzeug, sondern um 2 Motorräder und 3 Pkws gehandelt habe, die "zumgegenständlichen Zeitpunkt in Österreich durchgehend angemeldet waren" (Yamaha: seit , BMW: seit , Volvo S 80: - , Volvo V 70: seit und Volvo C 70: seit ). Es sei zwar durchaus möglich, dass ein Fahrzeug zu alt wäre, um es zu verkaufen - nicht erkennbar sei jedoch, warum man dieses dann auch angemeldet und nicht verschrotten lasse. Sollte man der Argumentation des Bw. folgen, "war es offensichtlich sein Plan, die Fahrzeuge mit Kennzeichen ausgestattet vor dem leerstehenden, dem Verfall preisgegebenen mit Strom, Kanal und Heizung versorgten Haus auf ewig verrosten zu lassen".

In Beantwortung eines weiteren telefonischen Vorhaltes legte der steuerliche Vertreter des Bw. ein Schreiben des irländischen und des englischen Dienstgebers vor, worin diese jeweils das Vorliegen eines unbefristeten Dienstverhältnisses bestätigen.

Die Betreuung des Hauses in D. sei - so der steuerliche Vertreter - durch die Eltern des Bw. erfolgt, wobei während der warmen Jahreszeit dafür wenig bzw. nahezu keine Betreuung notwendig wäre. In den Wintermonaten werde die Temperatur auf Frostschutz gestellt und die Pelletsheizung liefe automatisch.

Der Übersiedelungs-PKW sei trotz seines hohen Alters und der hohen Km-Leistung noch sehr zuverlässig gewesen und habe seine erforderlichen Dienste noch geleistet. Eine Verschrottung bzw. Abmeldung und der damit einhergehende Vorteil von Fixkosteneinsparungen bzgl. Versicherungsprämien sei in keinem Verhältnis zum weiteren Nutzen des PKWs gestanden.

Schließlich wurden noch Kopien der jeweiligen Bankverbindung des Bw. in Irland bzw. England beigelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob der Bw. während seines Auslandsaufenthaltes in Irland in der Zeit von Ende September 2005 bis Mitte Dezember 2007 in Österreich ansässig geblieben ist und Österreich daher die vom Bw. in den Streitjahren in Irland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Wege des Steueranrechnungsverfahrens bei der Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer einzubeziehen hat (Auffassung des Finanzamtes), oder ob sich - wie der Bw. meint - seine Ansässigkeit während seiner Auslandstätigkeit nach Irland verlagert hat und daher für diesen Zeitraum das Besteuerungsrecht Österreich nicht zusteht.

Gemäß Artikel 13 Abs. 1 DBA-Irland können vorbehaltlich der Artikel 14, 16 und 17 Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so können die dafür bezogenen Vergütungen in diesem anderen Staat besteuert werden.

Das bedeutet also, dass Einkünfte aus Dienstverhältnissen grundsätzlich in dem Staat besteuert werden, in dem der Dienstnehmer ansässig ist. Der andere Vertragsstaat hat nur dann und insoweit ein Besteuerungsrecht, als die Tätigkeit in seinem Gebiet ausgeübt wurde.

Um eine sich daraus ergebende Doppelbesteuerung zu vermeiden, normiert Artikel 22 Abs. 1 DBA-Irland, dass in jenen Fällen, in denen eine in Österreich ansässige Person Einkünfte bezieht, die nach diesem Abkommen in Irland besteuert werden können, Österreich auf die österreichische Steuer den Betrag anrechnet, der der in Irland unmittelbar oder im Abzugsweg zu zahlenden Steuer entspricht.

Im vorliegenden Fall ist daher entscheidend, wo der Bw. während seiner Auslandstätigkeit in Irland im Sinne des Artikel 2 A DBA-Irland ansässig gewesen ist.

Nach Artikel 2 A Abs. 1 DBA-Irland bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthaltes, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.

Das Einkommensteuergesetz enthält keine Definition der Begriffe "Wohnsitz" und "gewöhnlicher Aufenthalt". Es ist daher § 26 BAO heranzuziehen, wonach gemäß Abs. 1 leg. cit. eine natürliche Person dort einen Wohnsitz hat, wo sie eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Auch ein Untermietzimmer oder ein vom Arbeitgeber benütztes Zimmer am Arbeitsort kann einen Wohnsitz begründen (; ). Ein ständiger Inlandsaufenthalt ist für die Wohnsitzbegründung nicht notwendig, solange die Verfügungsmacht über die Räumlichkeiten besteht, die zum Wohnen geeignet sind. Bleibt eine Wohnung während des Auslandsaufenthaltes vollständig eingerichtet, wird sie unbewohnt zurückgelassen und auch nicht vermietet, ist davon auszugehen, dass der inländische Wohnsitz beibehalten worden ist.

Verfügt nun - wie im vorliegenden Fall - eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten über einen Wohnsitz bzw. eine ständige Wohnstätte, so gilt sie gemäß Artikel 2 A Abs. 2 lit. a DBA-Irland als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (= Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Bei der Klärung der Frage, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bw. befindet bzw. für die Beurteilung, ob eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes zwischen zwei Wohnsitzen eingetreten ist, kommt es somit auf persönliche und wirtschaftliche Beziehungen an. Als "persönliche und wirtschaftliche Beziehungen" einer Person sind nach dem Kommentar zu Artikel 4 Z 15 des OECD-Musterabkommens "ihre familiären und gesellschaftlichen Beziehungen, ihre berufliche, politische, kulturelle und sonstige Tätigkeit, der Ort ihrer Geschäftstätigkeit, der Ort, von wo aus sie ihr Vermögen verwaltet", zu berücksichtigen. Es ist also das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend, wobei bei gegenläufigen Beziehungen das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt. Wirtschaftlichen Beziehungen kommt in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen, woraus folgt, dass zB der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person (regelmäßig) am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein wird (; Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 1, Tz 9; Philipp/Loukota/Jirousek, Internationales Steuerrecht, Z 4 Tz 10).

In Anwendung dieser Grundsätze vertritt nun der Unabhängige Finanzsenat die Auffassung, dass der Bw. während seiner Auslandstätigkeit in Irland auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen über einen längeren Beobachtungszeitraum - also nicht nur gegenwartsbezogen - nach Irland verlagert hat und dort ansässig geworden ist.

Für die Verlagerung der Ansässigkeit sprechen die Dauer der Auslandstätigkeit des Bw. - dieser war 2 Jahre und 3 Monate in Irland tätig - , sein unbefristetes Dienstverhältnis, sowie weiters der Umstand, dass der Bw. alleinstehend ist und glaubhaft dargetan hat, sich in Irland einen Freundeskreis aufgebaut zu haben.

Dazu kommt, dass hinsichtlich jener Umstände, die allenfalls für eine Ansässigkeit auch nach dem in Österreich sprechen könnten - Nichtverkauf bzw. Nichtvermietung des aufrechten Wohnsitzes in Österreich, Nichtverkauf bzw. Nichtabmeldung des "Übersiedelungs-PKWs" - seitens des Bw. in diversen Schriftsätzen überzeugend ausgeführt worden ist, weshalb er davon Abstand genommen hat.

Zu den Ausführungen des Finanzamtes, wonach es - folgte man der Argumentation des Bw. - offensichtlich sein Plan gewesen wäre, "die Fahrzeuge mit Kennzeichen ausgestattet vor dem leerstehenden, dem Verfall preisgegebenen mit Strom, Kanal und Heizung versorgten Haus auf ewig verrosten zu lassen" wird bemerkt:

Für die Beantwortung der Frage, ob von einer Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen während einer Auslandstätigkeit auszugehen ist, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Bw. vorgehabt hat, Österreich "auf ewig" zu verlassen, sondern wo er - während seiner Berufstätigkeit in Irland - den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gehabt hat.

Aufgrund des gegebenen Sachverhaltes war jedenfalls - wie bereits eingangs erwähnt - davon auszugehen, dass der Bw. ab dem den Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Irland verlagert hat, weshalb seine in Irland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich von der Besteuerung auszunehmen sind.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Bw. ab Mitte Dezember 2007 seine Ansässigkeit wieder nach Österreich verlagert hat. An dieser Ansässigkeit im Inland hat sich auch unter Beachtung der oben dargelegten Grundsätze durch die achtmonatige Tätigkeit des Bw. in England (Juni 2008 bis Februar 2009) nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates nichts geändert, da es sich dabei bloß um einen kurzfristigen Auslandaufenthalt gehandelt hat, wodurch keine "Rückverlagerung" der Ansässigkeit ins Ausland stattgefunden hat.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Art. 2a Abs. 1 DBA IRL (E), Doppelbesteuerungsabkommen Irland (Einkommensteuer), BGBl. Nr. 66/1968
Art. 2a Abs. 2 lit. a DBA IRL (E), Doppelbesteuerungsabkommen Irland (Einkommensteuer), BGBl. Nr. 66/1968
Art. 13 Abs. 1 DBA IRL (E), Doppelbesteuerungsabkommen Irland (Einkommensteuer), BGBl. Nr. 66/1968
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Doppelbesteuerungsabkommen
Irland
Doppelwohnsitz
Ansässigkeit
Mittelpunkt der Lebensinteressen
Zitiert/besprochen in
AFS 2012/1, 22

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at