Verwertung mehrerer gezielt entwickelter Patente
Rechtssätze
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RV/0061-F/10-RS1 | Entwickelt ein Gesellschaftergeschäftsführer gezielt und regelmäßig Patente, dann handelt es sich bei den von ihm erzielten Lizenzeinnahmen um betriebliche Einkünfte. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Kopf und die weiteren Mitglieder Dr. Gerald Daniaux, Mag. Tino Ricker und Mag. Michael Kühne im Beisein der Schriftführerin Veronika Pfefferkorn über die Berufung des Bw, vertreten durch WT, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer 2007 nach der am in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird entsprechend der (verbösernden) Berufungsvorentscheidung vom abgeändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber, nachfolgend Bw abgekürzt, ist seit in Pension. Er bezieht neben der Pension Lizenzeinnahmen aus der Verwertung eigener Patente. In der elektronisch eingebrachten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr wertete er diese Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit, wobei er für sie die Anwendung des Hälftesteuersatzes begehrte.
Der Bw wurde erklärungsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt.
Gegen den Veranlagungsbescheid brachte der Bw die Berufung vom ein. In ihr ersuchte er das Finanzamt, die Lizenzeinkünfte in unveränderter Höhe als solche aus Vermietung und Verpachtung zu veranlagen. Dies habe zwar keine steuerlichen Auswirkungen, wohl aber Bedeutung für die Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge.
Das Finanzamt erließ die inhaltlich stattgebende, im Spruch abändernde Berufungsvorentscheidung vom . In weiterer Folge hob das Finanzamt im Zuge einer Außenprüfung diese Berufungsvorentscheidung gemäß § 299 BAO jedoch wieder auf. Dadurch war die Berufung vom wiederum unerledigt.
Die wiederum offene Berufung erledigte das Finanzamt durch verbösernde Berufungsvorentscheidung vom . Unter Hinweis auf den Prüfungsbericht wertete es die Lizenzeinkünfte des Bw wiederum als Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Weiters wandte es den Hälftesteuersatz lediglich auf einen Teilbetrag in Höhe von 57.200,00 € an. Begründend ist dazu im Prüfungsbericht festgehalten: Wie bereits bei einer früheren Betriebsprüfung festgestellt, seien alle Kosten der Patententwicklung von der gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft getragen worden. Als Patentinhaber sei der Bw eingetragen. Er könne über die Patente und Gebrauchsmuster frei verfügen. Für die Erfindertätigkeit sei der Bw nicht eigens entlohnt worden. Er habe nur ein Geschäftsführerentgelt bezogen. Schriftliche Vereinbarungen betreffend die Erfindertätigkeit seien nicht abgeschlossen worden. Im Zuge der Betriebsprüfungen sei festgestellt und auch vom Bw bestätigt worden, dass er regelmäßig Erfindungen für das Unternehmen gemacht bzw entwickelt habe. Da die Begünstigung nach § 38 EStG nur für den Erfinder selbst und auch nicht für die Verwertung von Gebrauchsmustern vorgesehen sei, sei das Ausmaß der Tarifbegünstigung entsprechend herabzusetzen.
Der Bw wandte sich gegen die Berufungsvorentscheidung mit Vorlageantrag vom samt Ergänzung vom . In den Schriftsätzen brachte er vor, die Qualifikation der gesamten Lizenzeinkünfte als Einkünfte aus selbständiger Arbeit sei verfehlt. Dies habe zwar keine steuerlichen, wohl aber sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen. Denn nur bei einer Qualifikation als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entfalle die Beitragspflicht. Nach Doralt, EStG9, § 28 Tz 68, stelle aber sowohl die Verwertung von Patenten im Sinne des PatentG als auch jene von Marken im Sinn des Musterschutzgesetzes eine Überlassung von Schutzrechten dar, die unter die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung falle.
In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung, auf deren Teilnahme der Bw laut einer E-Mail seines Vertreters vom verzichtet hat, verwies der Vertreter des Finanzamtes ergänzend zu seinem weiterhin aufrecht gehaltenen Standpunkt auf den Internetauftritt der Personengesellschaft, insbesondere auf die dort dargelegte Bedeutung des Bw für das Unternehmen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sind Einkünfte aus der Überlassung von Rechten auf bestimmte oder unbestimmte Zeit oder aus der Gestattung der Verwertung von Rechten, insbesondere aus
- ...
- der Überlassung von gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen Erfahrungen und von Berechtigungen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 5 gehören.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind gemäß § 22 EStG 1988 :
1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu diesen Einkünften gehören nur
a) Einkünfte aus einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit.
b) Einkünfte aus der Berufstätigkeit der
- staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker oder aus einer unmittelbar ähnlichen Tätigkeit sowie aus der Berufstätigkeit der
...
Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 23 EStG 1988 ua:
Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung nicht als selbständige Arbeit anzusehen ist.
...
Zwischen den Parteien des zweitinstanzlichen Berufungsverfahrens ist strittig, ob die Einkünfte des Bw. aus der Patentverwertung außerbetriebliche sind und unter § 28 EStG zu subsumieren sind, oder aber ob sie zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit zählen. Bei der Lösung dieser Frage ist vor allem das sich aus den oben zitierten Normen ergebende Subsidiaritätsprinzip zu beachten. Einnahmen aus der Patenverwertung, die zu den betrieblichen Einkünften gehören, sind bei diesen zu erfassen und fallen nicht unter § 28 EStG. Betriebliche Einkünfte liegen vor, wenn die Tätigkeit über eine Vermögensverwaltung hinausgeht und eine gewerbliche bzw. selbständige Tätigkeit begründet (Doralt, EStG9, § 28 Tz 1). (Eine Subsumption der Einkünfte aus Patentverwertung unter § 23 EStG wurde vom Finanzamt nicht in Erwägung gezogen und kann auch mangels steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Irrelevanz dahingestellt bleiben.) Unstrittig ist, dass der begünstigte Steuersatz nur auf einen Teilbetrag der Patenteinkünfte anzuwenden ist.
Doralt führt in seinem Kommentar (Doralt, EStG10, § 23 Tz 57) unter Hinweis auf das Urteil des BFH, BStBl. II 1998, 567, aus, dass eine Erfindertätigkeit grundsätzlich nachhaltig ist. Im zitierten Urteil wurde die "Zufallserfindung" eines Vaters eines Geschäftsführers einer GmbH, der Rentner war und die Idee hatte, wie den Schwierigkeiten der GmbH beizukommen war und dessen Patente nach der Erprobung in der GmbH von ihm angemeldet wurden, verneint. Der BFH hat die planmäßige Erfindertätigkeit angenommen, weil es nach einem spontan geborenen Gedanken weiterer Tätigkeiten bedurfte, um die Erfindung bis zur Verwertungsreife zu fördern. Allein schon, dass im Laufe von mehr als zwei Jahren vier Patente nach Erprobung und Ausarbeitung der Erfindungen durch die GmbH auf den Namen des Beschwerdeführers angemeldet worden waren, hatte zur Annahme der Nachhaltigkeit geführt. Als zu § 28 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 gehörig bleiben insbesondere Zufallserfindungen und jene Fälle übrig, in denen betrieblich genutzte Rechte in das Privatvermögen übernommen (zB bei Betriebsaufgabe) oder veräußert worden sind und beim Erwerber nicht zu einem Betriebsvermögen gehören (vgl. Doralt, EStG9, § 28 Tz 74). Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen und der Rechtsprechung der abgabenrechtlichen Berufungsbehörde ( RV/0110-K/05, bestätigt durch ) teilt der Senat die erstinstanzliche Auffassung, dass die Erfindungen bzw. die Überlassung von gewerblichen Schutzrechten durch den Bw in dessen betrieblichen und nicht im außerbetrieblichen Bereich gelegen sind. Dies aus folgenden Gründen:
Im Zuge der Betriebsprüfungen 2004 und 2005 wurde festgestellt und auch vom Bw bestätigt, dass er regelmäßig Erfindungen für die gewerblich tätige Mitunternehmerschaft entwickelt hat, bei deren Komplementärin er als Gesellschaftergeschäftsführer beschäftigt war.
Verwertungsgegenstand waren keine Zufallserfindungen, sondern eine Mehrzahlt von gezielt für die unternehmerische Tätigkeit der gewerblichen Mitunternehmerschaft erworbenen Schutzrechten.
Laut der Lizenzvereinbarung vom September 2006, ergänzt im September 2008, waren eine Reihe von Patenten Gegenstand des Verwertungsvertrages. Konkret handelt es sich dabei um folgende: Patenta, Patenteb, Patentec, Patente.
Wie der Vertreter des Finanzamtes in der mündlichen Berufungsverhandlung zutreffend vorgebracht hat, ist dem Internet klar und eindeutig zu entnehmen, dass der Bw (neben seinem Sohn und weiteren Mitarbeitern) in technischer und geschäftlicher Hinsicht eine Säule des prosperierenden Unternehmens ist, dass er mit seiner langjährigen Erfahrung und ständigen Innovationen der Produktpalette das Familienunternehmen zu einem global Player entwickelt hat, dass die ständige technische Weiterentwicklung und Patentanmeldung zu den Erfolgsgeheimnissen des Unternehmens zählt.
Die gewerblich tätige Mitunternehmerschaft, zu der der Bw in einem Naheverhältnis stand, hat alle Kosten für die Patententwicklung getragen.
Die Lizenznehmerin hat sich in der Lizenzvereinbarung auch verpflichtet, allfällige Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung zu tragen.
Aus den dargelegten Gründen war die Berufung als unbegründet abzuweisen und die (nicht strittigen) Verböserungen durch die Berufungsvorentscheidung zu bestätigen.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 28 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 22 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 23 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | RV/0110-K/05 |
Zitiert/besprochen in | UFS Newsletter 2012/01 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at