DB- und DZ-Pflicht von Bezügen eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der BGM, vertreten durch Mag. Walter Baumann, Steuerberater, 2340 Mödling, Bernhardgasse 6, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Jahre 2003 bis 2006 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw) - Die Firma BGB - wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Herr FG ist alleiniger Geschäftsführer der Bw und vertritt diese. Der Geschäftsführer war vom bis zu 50 % an der Bw beteiligt.
Im Rahmen einer Außenprüfung gemäß den §§ 147 ff BAO bei der Bw wurde den Prüfungszeitraum 2003 bis 2006 betreffend unter anderem festgestellt, dass in den Jahren 2003 bis 2006 Geschäftsführerbezüge an Herrn FG in Höhe von 36.900 € (2003), 31.880 € (2004), 24.056 € (2005) und 6.425 € (2006) ausbezahlt aber nicht dem Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) unterzogen worden seien.
Im Anschluss an die Außenprüfung und unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellungen erließ das Finanzamt am Haftungs- und Abgabenbescheide für die Jahre 2003 bis 2006 in denen Nachzahlungen an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) in Höhe von 6.538,39 € für das Jahr 2003, 5.200,36 € für das Jahr 2004, 3.021,21 € für das Jahr 2005 und 193,72 € für das Jahr 2006 sowie an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) in Höhe von 671,79 € für das Jahr 2003, 485,36 € für das Jahr 2004, 281,96 € für das Jahr 2005 und 18,08 € für das Jahr 2006 festgesetzt wurden.
Die Bw erhob Berufung () gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide für die Jahre 2003 bis 2006 vom und begründete diese ua damit, dass ihr Geschäftsführer seine Privatliegenschaft veräußern müsse, damit er die Geschäftsschulden der Bw abdecken könne. Dieses wichtigste Argument der schlagend gewordenen Geschäftsführerhaftung zeige eigentlich völlig klar, dass der Geschäftsführer niemals Dienstnehmer sein könne. Die Bw verwies auf ein beigefügtes, als "Bestätigung Lohnsteuerprüfung 2003 - 2006" betiteltes Schreiben des Geschäftsführers an das Finanzamt BM vom aus dem ua Folgendes hervorgehe: Der Geschäftsführer der Bw habe die gesamte Projektfinanzierung der Reihenhausprojekte über seine Hausbank abgewickelt. Die Refinanzierung der Projekte sei über den Verkauf der Reihenhäuser erfolgt. Leider habe der schleppende Verkauf und auch die marktbedingten Nachlässe der Jahre 2003 bis 2006 zu erheblichen Verlusten der Bw geführt. Der Geschäftsführer habe die Projektfinanzierung durch Hypotheken auf seine Liegenschaft in Mödling besichert und müsse nun, da er die Bauaktivitäten einstellen wolle, durch Privatverkauf die Geschäftsschulden der Bw, für die er damit voll hafte, abdecken. Hinsichtlich der DB-Pflicht seiner Geschäftsführer-Bezüge verwies der Geschäftsführer darauf, dass er im betrieblichen Organismus der Bw nicht so stark eingebunden gewesen sei, da er in den Prüfungsjahren noch für drei weitere GesmbHs als Geschäftsführer tätig gewesen sei, nämlich für die Firma B, die Firma C und die Firma D. Ein sehr deutliches Indiz seiner Selbständigkeit sei sein schlagend gewordenes Unternehmerrisiko, wofür der Geschäftsführer eine Bestätigung der Raika vorlege: Der Bestätigung der Raiffeisenbank P vom ist zu entnehmen, dass die Kreditlinien der Bw durch persönliche Bürgschaft und Pfandrechte des Geschäftsführers der Bw auf seine Privatliegenschaft besichert seien und der Betriebsmittelkredit der Bw durch Verkauf der Privatliegenschaft rückgeführt werden soll. Des Weiteren verwies der Geschäftsführer der Bw auf seinen Werkvertrag, in dem in Punkt V. ausdrücklich seine Weisungsfreistellung ausgesprochen sei, was - mit der Beteiligung von 50 % - als gravierendes Indiz für seine Unternehmerqualifikation spreche. In diesem Punkt des Werkvertrages sei auch die Haftungsübernahme definiert.
Die Berufung wurde - ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Laut Firmenbuch ist Herr FG seit handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bw und an dieser vom bis zu 50 % beteiligt.Seit Gründung der Bw vertritt Herr FG die Bw selbständig.
Im Prüfungszeitraum wurden an Herrn FG Geschäftsführer-Bezüge in Höhe von 36.900 € (2003), 31.880 € (2004), 24.056 € (2005) und 6.425 € (2006) ausbezahlt.
Herr FG vollendete im August 2006 sein 60. Lebensjahr.
Unter V. Weisungsfreistellung und Haftungsübernahme des Werkvertrags zur Geschäftsführung der Firma BGB vom steht: (1) Weisungsfreistellung: Der Geschäftsführer unterliegt im Hinblick auf die betriebsgewöhnlichen rechtsgeschäftlichen Handlungen und Maßnahmen, die mit dem Unternehmenszweck der Gesellschaft verbunden sind keinen Weisungen durch die Generalversammlung. (2) Haftungsübernahme: Der Geschäftsführer wird für die Projektfinanzierung der Bauprojekte die Haftung der Hausbank R gegenüber übernehmen und dazu seinen privaten Liegenschaftsbesitz verpfänden.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Firmenbuchauszug, den im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen und den im Akt befindlichen Unterlagen.
Der Sachverhalt ist in folgender Weise zu würdigen:
Gemäß § 41 Abs 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs 2 FLAG 1967 in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs 3 FLAG 1967 idF BGBl. Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs 4 lit f FLAG 1967 in der ab Jänner 2004 geltenden Fassung gehören Arbeitslöhne von Personen, die ab dem Kalendermonat gewährt werden, der dem Monat folgt, in dem sie das 60. Lebensjahr vollendet haben, nicht zur Beitragsgrundlage(BGBl I 2003/71).
Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag ist § 122 Abs 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes (WKG).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführt, sind § 41 Abs 2 und 3 FLAG 1967 dahingehend auszulegen, dass der Verweis auf § 22 Z 2 EStG 1988 lediglich Teilstrich 2 der letztgenannten gesetzlichen Bestimmung erfasst.
Unter Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 fallen (neben anderen taxativ aufgezählten Einkünften) gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 leg cit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war.
Die Bestimmung des § 47 Abs 2 EStG 1988, auf welche die Vorschrift des § 22 Z 2 Teilstrich 2 leg cit zur Umschreibung der Merkmale eines Dienstverhältnisses verweist, normiert in ihrem ersten Satz, dass ein Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Der zweite Satz des § 47 Abs 2 EStG 1988 umschreibt die Tatbestandsvoraussetzung des ersten Satzes dahin, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft dann schuldet, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
In Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2003/13/0018, durch einen verstärkten Senat ausgesprochen, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit im betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre.
Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw des wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl und 2001/14/0052). Unerheblich ist, ob der Geschäftsführer im operativen Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist.
Entsprechend dem der Behörde vorliegenden Firmenbuchauszug nimmt Herr FG die Agenden der Geschäftsführung seit , somit seit mehr als 19 Jahren wahr. Der Geschäftsführer vertritt somit die Gesellschaft selbständig nach außen und ist bei der Bw für sämtliche organisatorische, kaufmännische, finanzielle und personelle Aufgaben zuständig. Dieser Tätigkeitsbereich des Gesellschafter-Geschäftsführers wurde seitens der Bw im gesamten Verwaltungsverfahren nicht bestritten.
Vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes ist durch die Verpflichtung des Geschäftsführers im Geschäftsführervertrag, die Aufgaben des handelsrechtlichen Geschäftsführers wahrzunehmen und den Umstand der unbestritten tatsächlichen kontinuierlichen Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung das Merkmal der Eingliederung des Geschäftsführers ohne Zweifel gegeben ().
Soweit die Bw die Eingliederung des Geschäftsführers in das Unternehmen der Bw im Hinblick auf die Leitung weiterer Unternehmen verneint, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof (in einer Vielzahl von Erkenntnissen) vor dem Hintergrund des von ihm vertretenen funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft die Auffassung vertritt, dass es der Eingliederung des tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht entgegensteht, wenn er Geschäftsführungsfunktionen auch für andere Kapitalgesellschaften übernommen hat (vgl unter vielen VwGH v , 2003/13/0018).
Hinsichtlich des Einwandes der Bw, der Geschäftsführer hafte für Betriebskredite, ist ebenfalls auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das Risiko, welches der Geschäftsführer im Falle der Übernahme einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft trägt, der Gesellschaftersphäre zuzuordnen ist und damit kein Indiz für ein Unternehmerwagnis im Bereich der Geschäftsführertätigkeit darstellt (vgl ua ; , 2002/15/0151).
Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass die Betätigung des Geschäftsführers auf Grund der zweifelsfreien Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Bw als eine Betätigung im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 zu qualifizieren ist, und ein - unter diesen Umständen gar nicht mehr zu prüfendes - Unternehmerwagnis des Geschäftsführers nicht festgestellt werden kann. Die Vergütungen des Geschäftsführers sind gemäß den obigen Ausführungen (§ 41 Abs 2 und 3 FLAG) in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) einzubeziehen. Damit erfolgten die Abgabenfestsetzungen für die Jahre 2003 bis 2006 zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 4 lit. f FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 122 Abs. 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | wesentliche Beteiligung Eingliederung in den betrieblichen Organismus Unternehmerwagnis Übernahme einer Bürgschaft Leitung weiterer Kapitalgesellschaften |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at