Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 13.01.2010, RV/0306-I/09

Säumniszuschlag wegen verspäteter Entrichtung der Kapitalertragsteuer trotz Antrag auf Aussetzung der Einhebung

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0306-I/09-RS1
wie RV/3657-W/07-RS2
Ob auf Grund eines nach Eintritt der Fälligkeit der Abgabenschuld gestellten Antrages des Abgabepflichtigen in weiterer Folge eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bewilligt wurde, ist für die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unerheblich, weil nur ein vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachter Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Festsetzung eines Säumniszuschlages entgegenstünde.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Treuhand Partner Hillebrand & Farmer Steuerberatung GmbH, 6020 Innsbruck, Rennweg 25, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde bei der Berufungswerberin (Bw.) eine verdeckte Gewinnausschüttung für das Jahr 2006 festgestellt. Mit Bescheid vom wurde die Bw. zur Haftung für die darauf entfallende Kapitalertragsteuer (76.666,67 €) herangezogen.

Da die Fälligkeit dieser Abgabe zum Zeitpunkt der Vorschreibung bereits eingetreten war, setzte das Finanzamt mit weiterem Bescheid vom einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von 2 % der Nachforderung (1.533,33 €) fest.

In der gegen den Säumniszuschlag erhobenen Berufung vom wurde ausgeführt, ein Säumniszuschlag sei gemäß § 217 BAO zu entrichten, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werde. Im vorliegenden Fall wäre die Abgabe "grundsätzlich einen Monat nach Zustellung", somit bis zum zu entrichten gewesen. Die Festsetzung des Säumniszuschlages vor Ablauf dieser Frist sei rechtswidrig. Weiters wies die Bw. darauf hin, dass sie gegen den Haftungsbescheid vom berufen und gleichzeitig einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt habe (Eingabe vom ).

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung keine Folge. Ausgeführt wurde, dass die im Jahr 2006 zugeflossene verdeckte Gewinnausschüttung der Kapitalertragsteuer unterliege (§ 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988). Da die Kapitalertragsteuer gemäß § 96 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 eine Woche nach dem Zufließen der verdeckten Gewinnausschüttung abzuführen gewesen wäre, sei die Fälligkeit längst eingetreten. Die Grundregel des § 210 Abs. 1 BAO über die Monatsfälligkeit werde durch die spezielleren Regelungen des § 96 EStG 1988 über die Fälligkeit der Kapitalertragsteuer verdrängt. § 210 Abs. 4 BAO normiere lediglich eine Nachfrist für die Entrichtung bereits fälliger Abgaben, wodurch die Fälligkeit nicht berührt werde. Der Säumniszuschlag sanktioniere die Nichtentrichtung von Abgabenschuldigkeiten zum Fälligkeitstag. Dabei komme es nur auf den Bestand einer formellen Abgabenzahlungsschuld und nicht auf die sachliche Richtigkeit der Abgabenschuld an. Ob die dem Säumniszuschlag zugrunde liegende Abgabenschuld in der richtigen Höhe festgesetzt worden sei, spiele bei der Festsetzung des Säumniszuschlages keine Rolle. Da der Umstand, dass gegen die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer berufen worden sei, auf die Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages keinen Einfluss habe, sei die Berufung abzuweisen. Im Fall eines Erfolges der Berufung gegen den Haftungsbescheid vom könne aber ein Antrag auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages gestellt werden (§ 217 Abs. 8 BAO).

Im Vorlageantrag vom vertrat der Bw. den Standpunkt, der Anlastung des Säumniszuschlages stehe die Bestimmung des § 217 Abs. 4 lit. a BAO entgegen, weil in der Berufung vom gegen den Haftungsbescheid vom ein Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO gestellt worden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so ist ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 Prozent des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu entrichten (§ 217 Abs. 1 und 2 BAO).

Nach § 217 Abs. 4 BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als

a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,

b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,

c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,

d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Die zu den Selbstbemessungsabgaben zählende Kapitalertragsteuer ist vom Abfuhrpflichtigen (Haftungspflichtigen) selbst zu berechnen und zu entrichten, ohne dass eine vorherige abgabenbehördliche Tätigkeit wie etwa die bescheidmäßige Festsetzung abgewartet werden darf. Bei der Kapitalertragsteuer handelt es sich um eine Zahlungsschuld kraft Gesetzes, deren Entstehungszeitpunkt § 95 EStG i. V. m. § 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO normiert. Der jeweilige Fälligkeitstermin ergibt sich aus § 96 EStG, dessen Fälligkeitsregeln speziellere Bestimmungen zu § 224 Abs. 1 zweiter Satz BAO sind. Nach § 96 Abs. 1 Z 1 EStG hat der Schuldner der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer von Beteiligungserträgen im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG, worunter auch verdeckte Gewinnausschüttungen fallen, binnen einer Woche nach dem Zufließen an das Finanzamt abzuführen. Im Berufungsfall ist die der Kapitalertragsteuer unterliegende verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 95 Abs. 4 Z 4 EStG nach Maßgabe des Zufließens im Sinne des § 19 EStG im Lauf des Jahres 2006 zugeflossen. Somit hätte die Bw. die auf diese Kapitalerträge entfallende Kapitalertragsteuer einbehalten und in Befolgung der Anordnung des § 96 Abs. 1 Z 1 EStG innerhalb einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge an das Finanzamt abführen müssen. Aus dieser Verpflichtung zur Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer zum gesetzlich festgelegten Termin folgt, dass die Kapitalertragsteuer gegenüber der Bw. schon lange vor ihrer Haftungsinanspruchnahme () fällig gewesen ist. Durch die Geltendmachung der Haftung betreffend Kapitalertragsteuer wurde für die Bw. keine neue Fälligkeit begründet; ihr stand lediglich eine Nachfrist von einem Monat zu. Nur in jenen Fällen, in denen der Haftungspflichtige nicht schon kraft Gesetzes Zahlungsschuldner, insbesondere als Abfuhrpflichtiger war, wird eine von der Bekanntgabe des Haftungsbescheides abhängige und vom Zeitpunkt, bis zu dem die Abgabe ohne abgabenbehördliche Festsetzung zu entrichten war, abweichende Fälligkeit begründet. Ergibt sich hingegen die Fälligkeit aus einer gesetzlichen Vorschrift, so löst der Haftungsbescheid keine neue Fälligkeit aus (vgl. Ritz, BAO-Kommentar3, § 224, Tz 9; Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung, Orac 1996, § 210, Tz 4 Pkt. 3.2, Tz 19 u. 26; § 224, Tz. 4 und 7). Der Säumniszuschlag ist daher nicht deshalb rechtswidrig, weil er vor Ablauf der einmonatigen Nachfrist des § 224 Abs. 1 zweiter Satz festgesetzt wurde.

Wie bereits in der Berufungsvorentscheidung zutreffend festgestellt wurde, ist der Umstand, dass gegen den Haftungsbescheid vom Berufung erhoben wurde, für die Frage der Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages ohne Bedeutung, weil die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht den Bestand einer sachlich richtigen oder gar rechtskräftigen, sondern einer formellen Abgabenschuld voraussetzt (vgl. ). Dem Umstand der Akzessorietät des Säumniszuschlages trägt die in § 217 Abs. 8 BAO für den Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld getroffene Regelung in der erforderlichen Weise Rechnung.

Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragsteuer wurde erst in der Berufung vom und damit lange nach Eintritt der Fälligkeit gestellt. Zwar hat ein Aussetzungsantrag, soweit ihm einbringungshemmende Wirkung nach § 230 Abs. 6 BAO zukommt, auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung (§ 217 Abs. 4 lit. b BAO). Die Einbringung eines Aussetzungsantrages berührt aber bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht. Wird ein Aussetzungsantrag somit erst nach Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht, so erfährt dadurch der durch Fristablauf bereits verwirkte Säumniszuschlag keine Änderung (vgl. ; ; Ritz, SWK 2001, S 312 ff, Punkt V.2.2.1; Stoll, BAO, 2275). Gleiches gilt für die mit Bescheid vom bewilligte Aussetzung der Einhebung der Kapitalertragsteuer, welche nicht die Wirkung hatte, dass die Säumnis und deren Folgen rückwirkend aufgehoben wurden.

Da das Finanzamt demnach den Säumniszuschlag zutreffend festgesetzt hat, war die Berufung abzuweisen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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