Zeitpunkt der elektronischen Zustellung
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache Bf., gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom zu Steuernummer: xxx, betreffend Einkommensteuervorauszahlungen für 2016 und die Folgejahre beschlossen:
Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt und Parteienvorbringen
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde die Einkommensteuervorauszahlungen für 2016 und die Folgejahre mit 12.803,00 € fest. Der Bescheid beinhaltet folgenden Signaturblock:
Weiters erging am eine Benachrichtigung an den Bf. darüber, dass der Vorauszahlungsteilbetrag an Einkommensteuer für den Zeitraum 10-12/2016 in Höhe von € 12.803,00 am fällig wurde.
In der gegenständlichen Beschwerde vom , zur Post gegeben am , brachte der Bf. neben Einwendungen gegen den angefochtenen Bescheid vor, da es keine Nachschaupflicht im Finanzonline für den Steuerzahler gäbe (sondern eine Bringpflicht des Finanzamtes), gelte als Zustellungsdatum des Vorauszahlungsbescheides, das Datum des E-Mails, dass er dazu erhalten habe. Die Ein-Monats-Frist beginne also mit dem . Der Beschwerde fehlt die Unterschrift des Bf.. Ein Mängelbehebungsverfahren nach § 85 Abs. 2 BAO wurde von der belangten Behörde nicht durchgeführt.
Der Beschwerde wurde ein E-Mail von FinanzOnline@bmf.gv.at gesendet am Freitag, 02:28 beigelegt. Demnach wurde der Bf. verständigt, in seine FinanzOnline-Databox (https://finanzonline.bmf.gv.at/) eine Benachrichtigung über Vierteljahresfälligkeiten zugestellt wurde.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die gegenständliche Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus:
"Ihre Beschwerde vom (eingel. am ) wird gem. § 260 Abs 1 lit b BAO zurückgewiesen da diese nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Die Zustellung des Vorauszahlungsbescheides erfolgte am mittels Finanzonline in Ihre Databox. Elektronisch zugestellte Dokumente gelten gem. § 98 Abs 2 BAO als zugestellt sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde beträgt gem. § 245 Abs 1 BAO einen Monat ab Zustellung des Bescheides. Ihre Beschwerde gilt somit als verspätet eingebracht."
Am brachte der Bf. einen Vorlageantrag ein. Zur Begründung führte er aus, dass er als ,,Alt-Informatiker" für eine papierlose Kommunikation und „papierloses Büro sei, es müsse nur richtig funktionieren (Studium der Informatiker an der JKU von 1969 bis 2074 – Anmerkung: sicher gemeint 1974). Im Schreiben vom sei seine Bitte, die Vorauszahlung der ESt für 2016 auf die Hälfte zu reduzieren, abgelehnt worden. Die Begründung " nicht fristgerecht eingebracht" sei ihn nicht einsichtig. Die Databox erhalte dieses Schreiben mit , die Information dazu, sprich das E-Mail, dass die Databox eine neue Mitteilung für den Bf. enthält, hätte er hingegen erst am erhalten. Da es keine Nachschaupflicht im Finanzonline (Databox) für den Steuerzahler gäbe, sondern eine Bring-Pflicht des Finanzamtes, gelte als Zustellungsdatum des Vorauszahlungsbescheides, das Datum des E-Mails, dass er dazu erhalten habe. Die Ein-Monats-Frist beginne also mit dem . EDV-technisch sei es kein Problem beim Abspeichern einer Information in der Databox durch das Finanzamt sofort eine E-Mail an den Steuerpflichtigen automatisch abzuschicken. Es könne nicht sein, dass der Steuerpflichtige jeden Tag in der Databox nachschauen muss, ob denn für ihn eine Information hinterlegt wurde.
Beweiswürdigung
Vorweg wird klargestellt, dass das E-Mail von FinanzOnline@bmf.gv.at gesendet am Freitag, 02:28 den Bf. davon verständigt hat, dass in seine FinanzOnline-Databox (https://finanzonline.bmf.gv.at/) eine Benachrichtigung über Vierteljahresfälligkeiten erfolgt ist. Diese Verständigung bezieht sich nicht auf den angefochtenen Bescheid, sondern auf eine Benachrichtigung vom an den Bf. darüber, dass der Vorauszahlungsteilbetrag an Einkommensteuer für den Zeitraum 10-12/2016 in Höhe von € 12.803,00 am fällig wurde. Ob betreffend den angefochtenen Bescheid eine E-Mail-Verständigung an den Bf. erging ist nicht aktenkundig.
Auf elektronisch zugestellten Abgabenbescheiden ist am Dokumentende die Amtssignatur im Sinn des § 19 E-Government-Gesetz als Signaturblock abgedruckt. In der Zeile „Datum/Zeit“ erfolgen präzise Angaben, welche - wie dem Gericht durch eine generelle Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen bekannt - folgende Bedeutung haben:
Dieser „Zeitstempel“ gibt den Zeitpunkt der Erstellung der elektronischen Signatur an. Es ist jedoch nicht der Zeitpunkt des Einbringens des Bescheides in die Databox. Das Einbringen des Bescheides in die Databox kann nicht vor diesem Zeitpunkt liegen. Wann das Einbringen des Bescheides in die Databox tatsächlich erfolgt, hängt von mehreren technischen Faktoren ab. In der Regel ist aber davon auszugehen, dass dies innerhalb einer Stunde ab Erstellung der Amtssignatur erfolgt.
Die Angabe in der rechten Spalte der Zeile „Datum/Zeit“ ist wie folgt zu lesen (am Beispiel des mitgelieferten Musterbescheides):
„2016-09-14“ gibt den Tag an (=)
„T21:34:17“ gibt sekundengenau die Uhrzeit an (=21 Uhr 34 Minuten und 17 Sekunden). Es handelt sich um die „Ortszeit“, also österreichische Sommerzeit.
„+02:00“ bedeutet GMT plus 2, also „österreichische Sommerzeit“. Diese Angabe hat im vorliegenden Zusammenhang keine Bedeutung, relevant ist die Angabe der „Ortszeit“ (im Bescheid also die Angabe „T21:34:17“.
Das im Bescheidkopf angeführte Bescheiddatum „“) ist im vorliegenden Zusammenhang irrelevant.
Im gegenständlichen Fall, ist der im „Zeitstempel“ angegebene Tag - also der - als jener Tag zu anzusehen, an welchem der Bescheid in die Databox eingebracht wurde. Dies bestätigt auch der Bf. im Vorlageantrag, indem er selbst zubilligt, dass d ie Databox dieses Schreiben mit erhalte.
Rechtslage
Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.
Streitpunkt der vorliegenden Beschwerde ist die Auslegung des durch das Abgabensicherungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 99, eingeführten, am außer Kraft getretenen § 26a Zustellgesetz orientierten § 98 Abs. 2 BAO, der wie folgt lautet:
"§ 98. (1) (...)
(2) Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."
Die FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006, in der Fassung des BGBl II 2012/373 bestimmt in § 5b Abs 2, dass jeder Teilnehmer in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben kann, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert.
Erwägungen
Für den Beginn der Beschwerdefrist ist der Tag maßgebend, an dem der Bescheid bekannt gegeben worden ist (nach § 109 BAO). Bei schriftlichen Bescheiden beginnt die Frist daher idR am Tag von dessen Zustellung (Ritz, BAO5, § 245 Tz. 4f).
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass der Bf. zum Zeitpunkt des den Streitpunkt bildenden Zustellvorgangs im September 2016 an FinanzOnline teilnahm, er im Sinne des § 97 Abs. 3 vierter Satz BAO der Mitteilung von Erledigungen durch FinanzOnline zugestimmt und diese Zustimmung nicht widerrufen hatte und der ihn betreffende Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid für die Jahre 2016 und die Folgejahre am in seine "Databox" bei FinanzOnline eingebracht wurde.
Die Erläuterungen zu § 98 Abs. 2 BAO idF., BGBl. I Nr. 99 enthalten den Satz, der Zeitpunkt, in dem die Daten "in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt" seien, sei "bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox" (270 BlgNR 23. GP 13). Die Wirksamkeit der Zustellung wird darin - nach dem Muster des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz - an eine negative Bedingung geknüpft, die vom Verhalten des Empfängers abhängt und deren Nichterfüllung meist erst nachträglich hervorkommt. Das Gesetz beschränkt die damit - in der Form nicht bloß einer Wiedereinsetzungsmöglichkeit, sondern der vorläufigen Unwirksamkeit der Zustellung - verbundene Berücksichtigung der nicht rechtzeitigen Kenntnis vom Zustellvorgang aber ausdrücklich auf den vom Bf. nicht behaupteten Fall der Abwesenheit von der Abgabestelle (vgl. dazu ). Die Zustellung eines Bescheides erfolgt somit mit der Einbringung der Daten in die Databox und nicht mit der Verständigung darüber. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den Finanz-Online-Teilnehmer, beispielsweise durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides kommt es nicht an (vgl. -F/13).
Somit gelangte der angefochtene Bescheid unabhängig von der Verständigung des Bf. mit E-Mail, spätestens jedoch am Mittwoch, den in den elektronischen Verfügungsbereich des Bf.. Ab diesem Zeitpunkt gilt er als zugestellt. Die Beschwerdefrist endete somit spätestens am Freitag, den . Eine verspätete Einsichtnahme geht zu Lasten des Bf.. Der Einwand, dass dem Bf. eine laufende Nachschau in die Databox nicht zugemutet werden könne, steht der Wirksamkeit der Zustellung nicht entgegen. Die Einbringung der gegenständlichen Beschwerde am war somit offensichtlich verspätet, sodass die belangte Behörde die Beschwerde zu Recht mit Beschwerdevorentscheidung zurückwies.
Trotz Fehlen der Unterschrift auf der gegenständlichen Beschwerde war ein Mängelbehebungsauftrag nicht zu erlassen, wenn die Eingabe von vornherein offenkundig aussichtslos (etwa verspätet oder von einem nicht hiezu Legitimierten eingebracht) ist ( 421, 422/78, ZfVB 1980/3/976; , 93/12/0095, 0096, ZfVB 1995/5/1827; ).
Zulässigkeit einer Revision
Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Zitiert/besprochen in | Fuchs in AFS 2017, 92 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2017:RV.5102000.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at